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Bundesliga

Mit Brecht in die Rückrunde

Frank Baade | Dienstag, 1. Dezember 2009 Kommentare deaktiviert für Mit Brecht in die Rückrunde

Hertha BSC Berlin hält seine Jahreshauptversammlung in denkbar ungünstigen Zeiten, umgestürzt wird das Präsidium aber auch nach heißen Diskussionen nicht, Preetz zitiert Brecht …

Michael Rosentritt fühlt im Tagesspiegel das Damoklesschwert, das über der Hertha hängt: „Es lag eine angespannte, ja gereizte, Stimmung über den in blau getauchten Saal. Rund 1900 Mitglieder waren gekommen – ein sicheres Indiz dafür, dass der Haussegen schief hängt. Hertha im Herbst 2009 steckt in einer Krise, wie sie der Verein seit dem Aufstieg 1997 nicht erlebt hat, weshalb mehr als doppelt so viele Mitglieder erschienen waren wie üblich.“ Zur Rede von Michael Preetz befindet Rosentritt: „Insgesamt benutzte Preetz gestern Abend zum Teil schwere, oft abgelesene Worte, doch seine zumeist rückwärtsgewandten Ausführungen blieben inhaltlich und emotional beliebig.“

Michael Jahn sieht das in der Berliner Zeitung anders: „Unwohl dürfte sich Stürmer Wichniarek gefühlt haben. Als Hertha-Manager Michael Preetz die Neuverpflichtungen der Saison begründete und dabei auf den Polen zu sprechen kam, gab es wütende Pfiffe. Der Manager selbst wurde zu Beginn seiner Rede durch Zwischenrufe unterbrochen. Etwa als er von der gefährlichsten Krise der Herthaner seit dem Wiederaufstieg 1997 sprach. Doch gelang es Preetz, das Publikum auf seine Seite zu ziehen. Mit Bemerkungen wie: ‚Aufgeben ist für mich ein Tabu.‘ Er habe als Spieler ‚viel auf die Socken bekommen‘, doch habe er sich den Herausforderungen stets gestellt. Die Sympathie der Mitglieder war ihm endgültig gewiss, als er Bertolt Brecht zitierte: Der Mensch müsse immer kämpfen; wer nicht kämpfe, habe schon verloren.“

Daniel Stolpe und Uwe Bremer (Welt) haben die genauen Zahlen der einen von eigentlich neun geplanten Abstimmungen über das Präsidium, welche nicht zurückgezogen wurde: „Am Ende ging das Präsidium um Gegenbauer gestärkt daraus hervor. Der Abwahlantrag wurde mit 1073:277 Stimmen überwältigend abgelehnt. Der Aufsichtsrat erhielt sogar 1104 der 1477 abgegebenen Stimmen. Diese Wende darf zu großen Teilen Geschäftsführer Michael Preetz als Verdienst für sich verbuchen. Seine Rede mag kein mitreißendes Meisterwerk der Fußball-Rhetorik gewesen sein. Aber mit Ruhe und Souveränität beruhigte der Ex-Profi das Auditorium. Er beschwor Zusammenhalt und ließ sich auch von wiederholten polemischen Zwischenrufen nicht beeindrucken. (…) Der Geschäftsführer brach öffentlich mit Lucien Favre. Er dankte dem Ex-Trainer für die geleistete Arbeit, aber: Favre habe in der Nacht nach dem 1:5-Debakel in Hoffenheim Ende September ‚angeschlagen und grau‘ gewirkt und ‚ungeschminkt‘ gezeigt, dass es für ihn nicht mehr geht. Nachfolger Friedhelm Funkel sei nun einer, ‚den so schnell nichts aus der Ruhe bringt‘ – eine dringende Tugend in der Krise.“

Lorenz Maroldt zieht in einem launigen Audiokommentar beim Tagesspiegel ausführliche Vergleiche zur Lage der SPD. Sportlich nicht ganz falsch weist er daraufhin, dass einzig Dieter Hoeneß erkannt hatte, dass der Erfolg im letzten Jahr nicht allein am später geschassten schweizer Trainer festzumachen gewesen wäre. Für die verbleibende Saison schlägt er vor, entweder noch mal richtig zu investieren und dann wie ein typisch Berliner Klub eben total pleite abzusteigen oder, wenn man doch ohnehin ständig verliere, die Spiele gleich an die Wettmafia zu verhökern, auf diese Weise könne man noch ein wenig Geld eintreiben.

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