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Champions League

Stuttgart gegen Barcelona: Richtige Mischung aus Leidenschaft und kühlem Kopf

Frank Baade | Mittwoch, 24. Februar 2010 2 Kommentare

Stuttgart spielt in der ersten Halbzeit den großen FC Barcelona an die Wand, leidet aber gegen Ende der Partie an mangelnder Kraft, Messi wird gut beherrscht, verantwortlich für das große Spiel sei Trainer Gross

Der VfB Stuttgart kommt zu einem 1:1 gegen Titelverteidiger Barcelona – und die ganze Welt schaut zu, erinnert Peter Penders (FAZ): „So schnell kann es gehen im Fußball. Vor ein paar Wochen, im grauen November-Herbst, schied der VfB Stuttgart relativ unbeachtet im nationalen Pokalwettbewerb beim Zweitligaklub Greuther Fürth aus – und nun schalteten sich gleich Fernsehstationen aus 91 Ländern zu, um das Achtelfinale in der Champions League gegen den FC Barcelona zu verfolgen.“

Dabei präsentierten sich die Stuttgarter in allerbester Spiellaune, findet nicht nur Oliver Trust im Tagesspiegel: „Die Sensation hat der VfB Stuttgart zwar nicht geschafft. Den 42.101 Zuschauern in der Stuttgarter Arena aber zeigten die Schwaben im Hinspiel des Achtelfinals der Champions League gegen den FC Barcelona trotzdem ein höchst unterhaltsames Spiel, in dem der Favorit nur kurz wankte. Wer einen souveränen Erfolg der Katalanen erwartet hatte, dürfte sich nach einer halben Stunde verwundert die Augen gerieben haben. Barcelona tat sich schwer gegen die Stuttgarter, die das mit stoischer Gelassenheit vorgetragene Positionsspiel der Katalanen durch frühe Attacken störten.“

Ansammlung gehfauler Kicker

Beim Blick auf den FC Barcelona reibt sich Christoph Ruf (Spiegel Online) verwundert die Augen: „Diese mutlose Ansammlung gehfauler Kicker sollte also das ruhmreiche Barça sein? Falls ja, spielte die in blau-rot gestreifte Trikots gewandete Mannschaft so, als wolle sie den Mühseligen und Beladenen im internationalen Fußball zeigen, dass sie mit dem gleichen Wasser wie alle kocht.“ Stuttgart dagegen sei stark gewesen: „Auch in der zweiten Halbzeit spielte der VfB gut. Die enorme Laufarbeit aus dem ersten Durchgang blieb aber nicht ohne Folgen. Zumal sich beim Gegner nach dem Ausgleich durch Zlatan Ibrahimovic allmählich die Lähmungserscheinungen lösten.“ Verantwortlich gemacht wird wieder einmal der Trainerwechsel: „Vor allem die jüngeren Spieler scheinen seit dem Trainerwechsel von Markus Babbel zu Gross einen enormen Selbstvertrauensschub mitgemacht zu haben. Da stürzte der VfB den Gegner durch schnelles, druckvolles Spiel und flotte Seitenwechsel von einer Verlegenheit in die nächste. Da zeigten Cacau und vor allem Pogrebnjak ein nahezu perfektes Stürmerspiel.“

Auch die FR ist verwundert ob des Auftritts des FC Barcelona. So befindet Tanja Kokoska: „Eine Halbzeit lang liefen die Katalanen wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen über die Baustelle des Stuttgarter Stadions. Der VfB dagegen marschierte in einem derartigen Hochgeschwindigkeitstempo nahezu pausenlos auf das Tor der Spanier zu, dass ein Tor nur eine Frage der Zeit sein konnte.“ Gegen Ende der zweiten Halbzeit schwächelte der VfB allerdings. „Die Gäste drehten nun auf, den VfB verließen etwas die Kräfte, Pässe wurden ungenau gespielt, aber der VfB blieb nicht chancenlos. Für den folkloristischen Höhepunkt sorgte schließlich Jens Lehmann mit einer völlig überflüssigen eingesprungenen Blutgrätsche gegen den verdutzt abbremsenden Puyol.“

Ganz stoppen kann man einen Messi nie

Eine „ganz starke Leistung“ attestiert Thomas Haid dem VfB in der Stuttgarter Zeitung: „Cacau machte so entschlossen wie in Köln weiter – und mit ihm auch der Rest der Mannschaft. Wie entfesselt trat der VfB im ersten Abschnitt auf und stürzte den großen Gegner von einer Verlegenheit in die nächste. Die richtige Mischung aus Leidenschaft und kühlem Kopf hatte Gross vor dem Anpfiff gefordert“ – und auch erhalten. „Angetrieben von dem erneut starken Christian Träsch spielte der VfB auch zu Beginn der zweiten Hälfte entschlossen weiter. Eine einzige Unachtsamkeit brachte die Elf dann allerdings um ihren Lohn. Erst danach zeigte Barcelona, zumindest im Ansatz, jene Dominanz, die alle von Beginn an erwartet hatten. Dennoch blieb der VfB, der nun für das hohe Tempo in der ersten Hälfte etwas Tribut zollen musste, gefährlich.“

Der beste Weltfußballer dieser Welt enttäuschte dagegen Heiko Hinrichsen, der in der Stuttgarter Zeitung konstatiert: „Gemessen an der Erwartungshaltung hat es auch gestern Abend in der Stuttgarter Arena viel zu lange gedauert, ehe Lionel Messi erstmals richtig in Schwung gekommen ist. In der 39. Minute ließ der 1,69 Meter kleine Mann sein Können kurz in Gänze aufblitzen: Da zog der Argentinier, dessen Ablösesumme auf 250 Millionen Euro festgeschrieben ist, beim Stand von 0:1 von der Strafraumgrenze ab. Der VfB-Schlussmann Jens Lehmann hatte noch seine Finger im Spiel – und der Schuss landete am Pfosten.“ Gut gespielt habe er insgesamt aber nicht, was auch am VfB lag. „Vor allem sein Gegenspieler Cristian Molinaro durfte Messis Klasse ab und zu hautnah erfahren. Die Nummer zehn der Katalanen ist ein Linksfuß, doch er kurbelt das Barça-Spiel über rechts an. Ganz stoppen kann man einen Messi nie, doch Molinaro schlug sich sehr beachtlich. Unterstützt von Alexander Hleb, der auch defensiv gut arbeitete, bekam der VfB den Ausnahmekönner gut in den Griff. So schlich Messi am Ende auf leisen Sohlen von dannen.“

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Kommentare

2 Kommentare zu “Stuttgart gegen Barcelona: Richtige Mischung aus Leidenschaft und kühlem Kopf”

  1. Stuttgart - Blog - 24 Feb 2010
    Mittwoch, 24. Februar 2010 um 20:15

    […] Stuttgart gegen Barcelona: Richtige Mischung aus Leidenschaft und … […]

  2. tafelrunde
    Mittwoch, 24. Februar 2010 um 20:27

    Hey, was geht ab?

    Zuerst brachte seine über-allen-Dingen-Schwebendkeit M.R. aus vorauseilender Unterwürfigkeit gegenüber den Göttern aus Katalonien am Stück Lobpreisungen hervor, wie sie sonst nur im arabischen Sprachraum zelebriert werden – und dann sowas.

    Das Barca von gestern waren die verdammten Spätzle-Schwaben. Schnell, überraschend, mutig, präzise, diszipliniert. Die spielten v.a. in der 1. Halbzeit einen Ball, wie man es nur mit der perfekten Line beim Freeriden vergleichen kann. Alles flutscht. Vergnügen pur. Wolke 7.

    Man könnte denken, der Gross, dieser Magier, hat zur Vorbereitung mit diesen Kids „Bob, der Baumeister“ gekuckt: Jo! Wir schaffen das!

    Selbst wenn der FC Barcelona gestern nicht seinen besten Tag erwischt hatte und sicher auch die Einstellung nicht wie z.B. gegen Chelsea war, so hat der VfB trefflich aufgezeigt, wie diese Mannschaft in Schwierigkeiten zu bringen ist. Ob sich allerdings mit dem System Stuttgart von gestern auf Dauer ein neues, erfolgreiches Fußballmodell etablieren lässt, scheint ohne Dopingfreigabe zweifelhaft.

    Dennoch ist es unabhängig davon tatsächlich extrem beeindruckend, wie die Katalanen Fußball interpretieren. Nämlich als Mannschaftsspiel, das von der gelernten Struktur lebt. Und das stur und stoisch vorgetragen, immer im Bewusstsein, ein System zu pflegen, dass zwangsläufig zu Toren führt.

    Da blickt man neidisch nach Barcelona.

    So ganz nebenbei: Van Gaal scheint denselben Fußball-Traum zu träumen. Dass dieses sehr lange Zeit braucht, ist wohl unstrittig. Ob die je ein Trainer irgendwo im Profifußball bekommt, ist zumindest fraglich.

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