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Real Madrids Mangel an Bescheidenheit führt zum Fiasko

Frank Baade | Freitag, 12. März 2010 Kommentare deaktiviert für Real Madrids Mangel an Bescheidenheit führt zum Fiasko

Real Madrid scheitert an Arroganz und Mangel an Bescheidenheit, mal wieder wird der Trainer wohl gehen müssen, Bayern will Ribery halten, noch mal: Rooney

Real Madrid scheitert zum sechsten Mal in Folge im Achtelfinale der Champions League, trotz immenser investierter Summen.

Ralf Itzel (Berliner Zeitung) war im Estadio Bernabeu: „Frustration und Ohnmacht herrschten vor, aber es kam nicht zu lautstarken Protesten oder Ausschreitungen, wie man hätte befürchten können. Das Ausscheiden im Achtelfinale der Champions League ist bereits Gewohnheit für die Fans Real Madrids. Der Sport dreht gerne den Hochmütigen eine Nase. Und so scheiterte die teuerste Elf aller Zeiten an einem soliden Mittelklasseverein wie Olympique Lyon“ Drei Spieler für sehr viel Geld habe Madrid im Sommer eingekauft, allein Ronaldo überzeuge. Karim Benzema und besonders Kaká müssten bislang als Flop gewertet werden. „Der Brasilianer ist dabei, sich alle Sympathien zu verspielen. Gegen seine Auswechslung protestierte er, später tauchten dumme Kommentare seines Pressesprechers und der Ehefrau im Internet auf.“ Nach dem Scheitern im Pokal sei Reals Saison bereits jetzt verkorkst, was am Ende Trainer Pellegrini werde ausbaden müssen.

Eine „von Wahnwitz und Delirium geprägte reale Gegenwart“ erkennt Javier Caceres in der SZ nach dem Ausscheiden Madrids: „Was sich am Mittwoch vollzog, war das große Scheitern der Arroganz, im Großen wie im Kleinen. Die Megainvestitionen, die nun im Orkus verschwunden sind, weil die Chance, die Champions League auf eigenem Grund zu gewinnen, erst einmal nicht wieder kommt, sind nur ein Aspekt des Fiaskos. Ein anderer ist, dass Madrider Medien und Spieler sich der fortgesetzten Verachtung des Gegners schuldig machten.“ Auch Caceres rechnet mit einem Abgang Pellegrinis nach der Saison.

Ruf nach neuer Bescheidenheit verhallt

Nicht alle in Madrid seien so hochnäsig wie Präsident und Teile der Spieler, kommentiert in der FR Tanja Kokoska: „Iker Casillas hatte vor wenigen Wochen gefordert, es solle eine neue Bescheidenheit bei der teuersten Fußballmannschaft der Welt einkehren. Man brauche nicht nur spektakuläre Namen – wie die exquisiten Einkäufe Cristiano Ronaldo, Kaká oder Karim Benzema. Für ein gelungenes Zusammenspiel benötige der Verein auch Spieler, die weniger im Rampenlicht stehen, die die Truppe zusammenhalten. Doch Vereinspräsident Florentino Pérez ließ bislang vor allem die Sprache des Geldes und der großen Namen sprechen. Es ist genau dieser Mangel an Bescheidenheit, der Real jetzt so tief hat fallen lassen.“

Bei Spiegel Online nennt Peter Ahrens den Abend ein „Fiasko furioso“ und beschreibt die Situation in Madrid: „Präsident Pérez sagt, die teuersten Spieler seien letztlich jene, die das meiste Geld in die Vereinskasse bringen. Für ihn sind Spieler Markenprodukte. Das Beste muss gerade gut genug sein. Für einen Trainer ist das Paradies und Hölle gleichermaßen.“ Bestes Material zur Verfügung, aber beim leisesten Anflug von Misserfolg stehe der Trainer sofort in der Kritik.

Doch noch ist für Trainer Pellegrini nicht alles verloren, berichtet in der FAZ Paul Ingendaay: „Es gäbe einige Lehren aus dem Scheitern des galaktischen Neuaufgusses zu ziehen. In den letzten sechs Jahren durfte nur Bernd Schuster länger als zwölf Monate auf der Trainerbank verweilen. Die hysterische Madrider Sportpresse übt einen höchst ungesunden Druck auf den Verein aus. Immerhin scheinen die Leser von Marca klüger zu sein als die Zeitung: Eine Zweidrittelmehrheit fand, Manuel Pellegrini solle bleiben. Es wartet Arbeit auf ihn.“

Zuweilen genial

Einen weiteren Rückblick auf das Weiterkommen der Bayern an einem windigen Abend in Florenz liefert Oliver Birkner bei Spiegel Online: „Was bleibt? Erstens ein guter Eindruck von David Alaba zum Beispiel. In der insgesamt schwachen Defensive der Bayern war bloß auf den 17-jährigen Champions-League-Debütanten Verlass. Der österreichische Außenverteidiger erledigte seinen Part tadellos und ohne Nervosität. Zweitens steigert der Einzug ins Viertelfinale die Chancen der Bayern, Franck Ribéry über den Sommer 2011 hinaus halten zu können. Damit Ribéry bleibt, brauchen die Bayern weitere internationale Erfolge – um eine Forderung ihres zuweilen genialen Mittelfeldspielers zu erfüllen: sportlich exzellente Perspektiven.“

Wayne Rooney ist zurück: in der Mitte und in Form

Ein anderer Champions-League-Teilnehmer spielt nicht nur zuweilen genial. Selbst dem britischen Boulevard gingen mittlerweile die Superlative für die Hochform Rooneys aus, berichtet Raphael Honigstein für die SZ. Auch Honigstein ist der Auffassung, dass sich Rooney zuvor als Zuarbeiter von meist Cristiano Ronaldo aufgerieben habe, während er zurück in der Sturmmitte wieder aufblühe. „In dieser Saison darf Rooney sich auf das Wesentliche konzentrieren. Die Flügelspieler Nani und Antonio Valencia flanken im Zweifel lieber brav auf ihn, als nach innen zu ziehen. In der Folge erzielt Rooney, der auf der Insel lange als typisches Verbindungsglied zwischen Mittelfeld und einem größeren Zielstürmer galt, auf einmal ein Kopfballtor nach dem anderen.“ Diese Form sei auch für Englands Nationaltrainer Capello ein Problem, weil Rooney dort noch als hängende Spitze zum Einsatz komme. „Auf einen guten Rat von Ferguson kann er dabei nicht hoffen. Der Mann ist Schotte und an der Lösung dieses speziellen Problems gänzlich uninteressiert.“

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