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WM 2010

Der Himmel ist die einzige Grenze

Jan-Kristian Jessen | Freitag, 11. Juni 2010 Kommentare deaktiviert für Der Himmel ist die einzige Grenze

Die Bafana Bafana hofft auf den zwölften Mann, Mexiko verwechselt Anspruch und Wirklichkeit, Frankreich startet ohne den Glanz vergangener Tage ins Turnier

Das Feld ist bereitet, nun muss Südafrikas Nationalteam nur noch die Erwartungen des Landes und seiner 50 Millionen Einwohner erfüllen. Christian Hackl (derstandard.at) fasst die Situation zusammen: „Seit zwölf Partien ist Bafana Bafana unbesiegt. Die Gegner waren nicht unbedingt die allergrößten, aber im letzten Test wurde immerhin Dänemark 1:0 geschlagen. Parreira versichert: ‚Wir haben alle Aufgaben erledigt, sind gut vorbereitet. Die Fans sind unser zwölfter Mann. Mit ihrer Hilfe können wir Berge versetzen.’ Auch Mittelfeldmann Siphiwe Tshabalala ist optimistisch. ‚Wir denken nur ans Gewinnen. Der Himmel ist die einzige Grenze, die uns stoppen kann.’ Laut Wetterbericht soll der während des Eröffnungsspiels mit Wolken verhangen sein.“

Mexikanisches Anspruchsdenken

Die mexikanischen Presse sieht dies erwartungsgemäß etwas anders, wie Klaus Ehringfeld von der Frankfurter Rundschau beschreibt: „Am Tag nach dem großen Sieg [gegen Italien] war Mexiko wieder einmal schon so gut wie Weltmeister. Zumindest in den Medien: ‚Wir können jeden schlagen’, titelte das Fußball-Fachblatt Récord nach dem Erfolg über den schlappen Weltmeister Italien. Und Ovaciones sekundierte: ‚Mexiko ist bereit für etwas ganz Großes.’ Der Sieg im letzten Vorbereitungsmatch vor dem Eröffnungsspiel gegen Südafrika befeuerte einmal mehr die größte mexikanische Schwäche: das Einschätzen der eigenen Fähigkeiten.“ In keinem anderen Land der Region klaffe Anspruch und Wirklichkeit so weit auseinander wie in Mexiko – auch im Fußball. Hauptgrund für die fehlende Konkurrenzfähigkeit sei die mangelnde internationale Erfahrung der mexikanischen Fußballer, die nur ungern ins Ausland wechseln: „José Ramón Fernandez, Sportkommentator beim Fernsehsender ESPN, fragt: ‚Warum sollten sie gehen? Um zum Beispiel in Deutschland zu leiden? Die Sprache! Die Deutschen! Sie sind hart, stark und grob, sie treten zu… Und dann das Essen: Würste, Kartoffeln, Gemüse, die Kälte, der Winter, die Disziplin.’“

Équipe Tricolore ohne Strahlkraft

Der Tagesspiegel erwartet von dem zweiten Spiel der Gruppe A nichts Atemberaubendes: „Schön wird es wohl nicht, wenn die Himmelblauen aus Uruguay und die mittlerweile eher blassblauen Franzosen aufeinander treffen. (…) Während die Südamerikaner traditionell über das Spiel in den Kampf finden, hat die Equipe Tricolore unter dem Seitenlinien-Grobmotoriker Raymond Domenech das feine Spiel anscheinend verlernt. Die Grande Nation hat sich eher halbtot durch die Qualifikation geschleppt und besiegte die Iren in den Play-offs nur durch die Dreistigkeit des Welthandballers Thierry Henry, der aber sonst auch nur wie ein billiges Abziehbild jenes Stürmers wirkte, der einst bei Arsenal ganze Viererketten allein zerfurchte.“

Nach der blamablen 0:1-Testspielniederlage gegen China ist auch in Frankreich selbst jegliche Euphorie im Keim erstickt worden. Christian Eichler (FAZ) geht hart mit den Franzosen ins Gericht: „Nur eine Revolution kann sie noch retten.“ Letztlich sei es Henry und dessen Handspiel zu verdanken, dass sie überhaupt in Südafrika sein dürfen – aber auch, dass sie dort vermutlich das unbeliebteste Team sein werden: „Auch in der Heimat hat die Strahlkraft der ‚Équipe Tricolore’ schwer gelitten. Ihren Finesse gewöhnten Landsleuten haben sie seit langem fast nur Tristesse vorgesetzt: das Aus als Gruppenletzter bei der EM 2008, die schwache WM-Qualifikation (darunter ein 1:3 in Österreich), Henrys Handspiel, Ribérys Rotlichtaffäre, Domenechs bockige Arroganz. Beim 0:2 gegen Spanien im Frühjahr buhte das Pariser Publikum das Team und vor allem Henry gnadenlos aus.“

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