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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Deutsche Elf

Von wegen Lockerheit

Jens Behler | Freitag, 25. Juni 2010 1 Kommentar

Das Spiel hat es gezeigt: Die Coolness der deutschen Elf vor dem Ghana-Spiel war nur aufgesetzt. Auf dem Platz wirkte sie gehemmt und nervös. Gegen England muss sich das ändern

Christoph Kneer (SZ) versucht, eine Erklärung für den schwachen Auftritt der Nationalmannschaft zu finden: „Wahrscheinlich ist diese Mannschaft noch so neu, dass sie sich selbst noch nicht recht einschätzen kann. Die Deutschen wirkten selbst überrascht von der Verzagtheit, die sie pünktlich zum Anpfiff befallen hatte. Auch nach dem Abpfiff sah es so aus, als steckte ihnen der Schreck noch in den Gliedern. Mit sehr matter Begeisterung begingen sie ihren Gruppensieg, allein Sami Khedira gelang es, kurz die Arme emporzureißen, wobei er sie ungefähr auf Brusthöhe brachte. Dann sanken sie ihm wieder herunter, als habe ihm ein amerikanischer Fitnesscoach ein paar unsichtbare Hanteln mit aufs Feld gegeben. Womöglich war das derselbe Fitnesscoach, der Khedira und Kumpanen auch diese unsichtbaren Rucksäcke auf den Rücken geschnallt hatte.“ Viel Zeit, sich über die gerade so bestandene Prüfung zu freuen, bleibt der DFB-Elf nicht. Der nächste Schritt wartet bereits am Sonntag: „Germany vs. England, das könnte ein Spiel wie früher werden, rassig, aufregend, kampfbetont. Für die Entwicklung dieser sehr begabten, sehr spielbetonten deutschen Nationalmannschaft könnte es der nächste Lernschritt werden. Bewältigt sie ihn, folgt schon die nächste spannende Aufgabe. Im Viertelfinale könnte Weltklasse auf dem Lehrplan stehen: Argentinien.“

Michel Horeni (FAZ) sieht die deutsche Mannschaft in einem Lernprozess, ebenso  Joachim Löw: „Des Bundestrainers Vorliebe für Stahlbäder war bisher nicht bekannt, eher für Seidenschals – was man durchaus auch auf den Fußball übertragen kann, den er seine Mannschaft bei dieser WM spielen lässt. Wenn es gegen England geht, dann wird man mit dem eleganten Seidenschal-Fußball aus dem Eröffnungsspiel gegen Australien allein nicht weit kommen, das weiß Löw sehr genau. Da muss sich seine junge Mannschaft auch gestählt zeigen. Im Endspiel der Gruppe D, das nun nur wie das Vorspiel für das ewige Duell gegen die Engländer erscheint, wusste die deutsche Mannschaft aber lange nicht, wie an diesem Abend die richtige Fußballmischung aus Seide und Stahl, aus Eleganz und Widerstandskraft aussehen sollte, um in Südafrika noch weiter eine schöne Rolle zu spielen.“

Rollentausch in der Innenverteidigung

Jan Christian Müller (Kölner Stadtanzeiger) widmet sich der Problemzone Innenverteidigung. Besonders der ansonsten so sichere Per Mertesacker machte gegen Ghana keine gute Figur. Er steht noch nicht zur Diskussion, dafür habe er sich in der Vergangenheit zu viel Kredit erspielt, aber „irgendetwas scheint mit ihm, der schon bei Werder Bremen eine eher durchwachsene Saison absolvierte, nicht zu stimmen. Als die unangenehme Angelegenheit gegen Ghana endlich vorbei war, hat sich Mertesacker aus gutem Grund zu Arne Friedrich gesellt. Der war just in diesem Moment auf die Knie gesunken, erschöpft und erleichtert nach der schweren mentalen und physischen Anstrengung und einer wahrhaft großen Leistung – vermutlich seiner größten in acht von einer breiten Öffentlichkeit allenfalls flüchtig wahrgenommenen Jahren als treues Mitglied der deutschen Nationalelf. Jetzt, im Frühherbst seiner Karriere, schickt sich der Jubilar (75 Länderspiele) an, ohne großes Aufhebens Schluss zu machen mit dem Schattenmann Arne Friedrich. Geraume Zeit verharrten Mertesacker und Friedrich also gemeinsam am Boden und umarmten einander. Die Szene hatte die Anmut einer dramatischen Filmsequenz nach einem Kampf um Leben und Tod im Abspann.“

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Kommentare

1 Kommentar zu “Von wegen Lockerheit”

  1. sascha
    Samstag, 26. Juni 2010 um 11:52

    Ja ja! Dieser Sieg hatte keinen Glanz, aber die drei Punkte sind gerettet und nun geht es ins Achtelfinale gegen England! Das wird ein Klassiker, aber da muß Deutschland noch drei Schippen drauflegen, sonst heißt es nachhause fahren! Das blöde 1:5 gegen England damals habe ich noch nicht vergessen! Morgen müssen wir gewinnen!

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