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Bundesliga

Kein Spaziergang in Brüssel

Matthias Nedoklan | Samstag, 4. September 2010 3 Kommentare

Nach dem 1:0-Erfolg gegen Belgien im Auftakt zur EM-Qualifikation sieht die Presse die DFB-Elf im Alltag angekommen. Stolz auf einen soliden Arbeitssieg gegen starke Hausherren schwingt dennoch mit

Christian Kamp (FAZ.net) sieht die DFB-Elf auf einem guten Weg zur Euro nach Polen und in die Ukraine: „Auch wenn noch nicht alles stimmte im deutschen Team, und die Belgier ein in jeder Hinsicht fordernder Gegner waren – daran, dass der Erfolg im Stadion Roi Baudouin in Ordnung ging, gab es wenig Zweifel. Nach nur sechs Minuten im zweiten Spielabschnitt war es eine Münchner Koproduktion, die zum ersten Volltreffer des Abends führte. Müller, in der Bundesliga zuletzt von Bayern-Trainer van Gaal noch für fehlende Orientierung kritisiert, bewies im Nationaltrikot Übersicht. Er sah, dass Klose sich im Strafraum freigelaufen hatte und legte ihm den Ball perfekt vor. Klose nutzte das Zuspiel mit all seiner Erfahrung: Mit Ruhe und Präzision schob er den Ball an Bailly vorbei ins linke Eck. Es war sein 53. Tor im 102. Länderspiel.“

Stefan Hermanns (Tagesspiegel) freut sich, dass die Nationalmannschaft den belgischen Plan durchkreuzt hat: „Als es um die Terminierung der Qualifikationsspiele für die Fußball-Europameisterschaft 2012 ging, haben sie darauf bestanden, sowohl die erste als auch die letzte Begegnung gegen Deutschland bestreiten zu dürfen. Ihr Kalkül sah so aus: Beim ersten Spiel wenige Wochen nach der Weltmeisterschaft sind die Deutschen vielleicht noch nicht ganz wieder auf der Höhe ihrer Schaffenskraft – beim letzten hingegen möglicherweise schon für die EM qualifiziert und daher nicht mehr mit voller Motivation bei der Sache. Teil eins des belgischen Plans ist gestern Abend im (ehemaligen (Anm. d. Red.)) Brüsseler Heyselstadion schon mal nicht in Erfüllung gegangen.“

Offensivwirbel in Südafrika gelassen

Lars Gartenschläger (Welt) sieht Deutschland nach der WM-Euphorie zurück im Alltag: „Es war ein Spiel, in dem wahrlich nicht zu erkennen war, welche Mannschaft in Südafrika brilliert hatte und welche in der WM-Qualifikation mit sechs Niederlagen in zehn Spielen gescheitert war. Der deutsche Offensivwirbel, in dem England (4:1) und Argentinien (4:0) untergegangen waren, schien am ‚Kap der Guten Hoffnung‘ geblieben zu sein. Statt mit frischem Selbstbewusstsein zu stürmen, wurden die Gäste zunächst in die Defensive gedrängt.“

Jan Christian Müller (FR) zitterte phasenweise mit der Löw-Elf: „Kein Mensch hatte erwartet, dass es ein gemütlicher Abendspaziergang am Stadtrand von Brüssel werden würde. Aber dass das DFB-Team in seinem Pflichtspiel nach der glorreichen Weltmeisterschaft einen derart anstrengenden Abnutzungskampf im Gastspiel bei WM-Zuschauer Belgien hinter sich bringen müsste, erschien dann doch überraschend. Schnell war im Stade Roi Baudouin nämlich klar, dass die mutigen Gastgeber der deutschen Nationalmannschaft so ziemlich alles abverlangen würden. Ehe die ausschließlich mit WM-Teilnehmern angetretenen Deutschen sich versahen, waren sie bereits mächtig unter Druck geraten – und konnten froh sein, dass sie nicht recht schnell 0:1 zurück lagen. Manuel Neuer aber verrichtete bei einem scharfen Schuss von Fellaini gute Arbeit.“

Spannung beim Kartenspiel

Patrick Strasser (stern.de) beobachtete gute Leistung auf und neben dem Platz: „Es war nicht einmal ganz eine Stunde vergangen nach dem 1:0 der deutschen Nationalelf zum Auftakt der EM-Qualifikation in Belgien, da ging es im DFB-Mannschaftsbus eine halbe Stunde vor Mitternacht ordentlich zur Sache. Jeder gegen jeden, an einem Tisch. Ein Duell auf höchstem Niveau. Beim Kartenspielen traten gegeneinander an: Philipp Lahm, Thomas Müller, Heiko Westermann und Stefan Kießling. Längst war die Welt in Ordnung für die deutschen Nationalspieler. Der Bus hatte direkt am Ausgang der Kabine vor der ‚Tribune rouge‘ geparkt. Wer schon drin war und auf den Rest wartete, vertrieb sich die Zeit ein wenig. Es war eben der klassische Arbeitssieg, wie aus so vielen Spielermünden zu hören, dieses 1:0 im Stade ‚Roi Baudouin‘ von Brüssel. Und nach der Arbeit kommt bekanntlich das Vergnügen, in dem Fall ein zwangloses Spielchen.“

Lukas Rilke (Spiegel Online) feiert den glanzlosen Auftaktsieg der Deutschen: „Ohne die Mithilfe des Gegners tat sich das Team von Bundestrainer Joachim Löw beim ersten Pflichtspiel nach dem Spiel um WM-Platz drei schwer. Belgien, in der Fifa-Weltrangliste auf Platz 48 zwischen Venezuela und Lettland angesiedelt, bereitete der deutschen Auswahl immer wieder Probleme, nutzte seine Chancen aber nicht.“

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Kommentare

3 Kommentare zu “Kein Spaziergang in Brüssel”

  1. schubbiaschwilli
    Montag, 6. September 2010 um 11:35

    Gude!

    Bin ich eigentlich der einzige, dem die miese Bildregie aufgefallen ist? Oder sind diese sinnlosen Großaufnahmen als Zugeständnis an die SportBlöd-Leser jetzt normal? Ich dachte nach der WM sind die Event-Fans weg?
    Abgesehen davon, dass das Spiel der deutschen Elf sicher nicht das Beste war, konnte man bei der Bildregie so was wie ein System sowohl bei den Schnitten als auch bei den Kameraeinstellungen überhaupt nicht erkennen – Was aber kein Wunder ist, wenn man nicht mal beide Seitenauslinien sieht und ein schmaler Streifen von 10 m gezeigt wird, dazu noch diese ständigen Großaufnahmen: Zuspiel – Schnitt – Großaufnahme des Spielers nach der Ballannahme und beim Pass ins Irgendwo – Schnitt – Ball fliegt durch die Gegend, meist auf einen Mitspieler links oder rechts außerhalb des Bildausschnitts – Und war’s ein Fehlpass, dann fliegt der Ball zurück, und die Kamera schwenkt hin und her, man meint, es wäre ein Tennismatch.
    Wie soll man bitteschön sehen, wie und wo die Mitspieler stehen, oder wie sich die Stürmer wohin bewegen, wenn man sie nicht sieht?

    Gegenbeispiel war das Halbfinale, als dann auch dem Kommentator auffiel, dass die Spanier gepflegt überall Dreiecke aufgebaut haben, und man im Aufbau sah, wer wo steht.

    Man kann ja über die Fifa geteilter Meinung sein, aber das Bild und die Regie bei der WM waren auf einem ganz anderen Niveau als dass, was ich am Freitag gesehen habe, man könnte nicht meinen, dass die Jungs schon mal ein Fußballspiel übertragen haben.

    Gruß Schubbiaschwilli

  2. Manu
    Montag, 6. September 2010 um 13:39

    Wobei ja gerade bei der WM die Emotionalisierung viel stärker war als jetzt z. B. beim Spiel am Freitag. Zumindest habe ich nicht andauernd die Gesichter irgendwelcher Stadionbesucher sehen müssen, während das Spiel lief…

    Ansonsten stimme ich zu.

  3. schubbiaschwilli
    Montag, 6. September 2010 um 14:27

    Gude!

    Ist ja auch wichtig, Leute zu zeigen, die beim Singen der Hymmne fast schon heulen – Und einen Euro für jedes mal ‚Die Spanier singen nicht mit, die Hymne hat ja keinen Text!‘

    Dafür gab’s am letzten Samstag in der Sportschau geheimste Einblicke in geheimste Logen der Freundin von Diego, inklusive dümmlicher und überflüssiger Kommentare bei der gefühlten 84. Einblendung, als die Familie in Decken gehüllt da saß – Wohlgemerkt bei einem Spiel, das nach 3:0 noch 3:4 ausging! – Und ich dachte, dieser Blöd- und Bunte-Klatschquatsch wäre nach ran gegessen, aber es fehlt nur noch, das Frauke Ludowig oder so die Sportschau moderiert – Und ich hatte die Hoffnung, die Event-Fans seien weg…

    Gruß Schubbiaschwilli

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