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Champions League

Aufholjagd – mal wieder

Matthias Nedoklan | Donnerstag, 9. Dezember 2010 5 Kommentare

Drei deutsche Siege in der Champions League – ein Grund zur Freude für die Presse. In München und Gelsenkirchen hofft man mal wieder auf eine Trendwende

Jürgen Schmieder (SZ) legt trotz des 3:0-Sieges der Bayern den Finger in die Wunde:  „So hielten sie sich an die Kurzfassung der Erklärung – und die lautete: 3:0 gewonnen, Ribéry hat zwei Tore geschossen, die Mannschaft kann selbstbewusst in die drei Partien vor der kurzen Winterpause gehen. Sie haben schnell den Teppich gelegt über dieses Spiel, damit niemand den Schmutz bemerkt, der da doch auf dem Boden herumliegt. So sprach keiner darüber, dass der FC Basel nach 30 Minuten mit 3:0 hätte führen können. Zuerst nahm Xherdan Shaqiri seinem Gegenspieler Breno auf 15 Metern fünf ab, scheiterte jedoch frei am hervorragenden Torhüter Thomas Kraft. Dann schaffte Marco Streller gegen Breno den gleichen Raumgewinn und schoss ebenfalls Kraft an. Und schließlich war sogar Alexander Frei schneller als Breno, aber auch er konnte den Ball nicht im Tor unterbringen. Niemand musste also die Antrittsschwäche des brasilianischen Verteidigers erklären, sondern durfte darauf verweisen, dass die Defensive zu Null gespielt habe.“

Elisabeth Schlammerl (FAZ) sieht die Bayern ebenfalls weiter unter Druck: „Das 3:0 gegen den FC Basel zum Abschluss der Champions-League-Vorrunde am Mittwoch brachte dem Klub vor 66.000 Zuschauern in der Münchner Arena immerhin 800.000 Euro ein und Deutschland in der für die Verteilung der Europapokal-Startplätze wichtigen Fünfjahreswertung der Uefa wertvolle Punkte. Dem wegen eines rekordverdächtigen Rückstands von 17 Punkten auf Tabellenführer Borussia Dortmund in der Bundesliga unter Druck geratenen Trainer Louis van Gaal aber verschaffte der Erfolg wohl kaum Luft. Der Holländer weiß, dass dafür nur Siege auch in den kommenden drei Spielen bis zur Winterpause sorgen können.“

Kraft oder Neuer?

Carsten Eberts (Tagesspiegel) stellt die Torwart-Frage: „Der junge Torwart, der sich insgeheim Hoffnungen macht, trotz seiner jugendlichen 22 Jahre in der kommenden Saison Nachfolger des betagten Stammkeepers Jörg Butt zu werden, durfte diesen im letzten Champions-League-Gruppenspiel gegen den FC Basel probeweise schon mal vertreten. Die Bayern waren ja längst für das Achtelfinale qualifiziert; Kraft konnte gefahrlos zeigen, was die Bayern-Bosse an ihrem Nachwuchstorhüter haben. Seine Abwehr ging dankenswerterweise anfangs recht sorglos zu Werke, so dass Kraft zeigen konnte, was in ihm steckt. Am Ende des Abends herrschte die einhellige Meinung: Der Kraft, der wird ein Guter. Zumindest in der ersten Halbzeit sorgte noch das Duell zwischen Kraft und den Basler Stürmern für Spannung. Mehrfach parierte Kraft hervorragend, der Reihe nach gegen Xherdan Shaqiri , Alexander Frei und Marco Streller. Entscheidet sich Nationaltorhüter Manuel Neuer doch noch für einen Wechsel nach München, bleibt Nachwuchsmann Kraft nur die Rolle als Reservist. In allen anderen Fällen hat er hervorragende Karten, im nächsten Jahr neue Nummer eins des FC Bayern zu sein.“

Christian Kunz (FTD): „Der Erfolg der Münchner, bei denen Ribéry einen persönlichen Aufwärtstrend andeutete, auch wenn ihm speziell im ersten Durchgang nicht alles gelang, war nie in Gefahr. Allerdings offenbarte vor allem die zentrale Abwehr erneut einige Unsicherheiten, so dass die Gäste gleich zu vier, fünf besten Möglichkeiten kamen. Für die Bayern, die ohne Danijel Pranjic (Muskelverletzung) auskommen mussten, war es neben der 800.000-Euro-Prämie ein Sieg für das gute Gefühl. Bei der Achtelfinal-Auslosung am 17. Dezember liegt der FC Bayern im ersten Lostopf, der die vermeintlich schwersten Brocken als Achtelfinalgegner ausschließt.“

Mehreinnahmen kommen Magath gelegen

Andreas Morbach (FR) schöpft Hoffnung für die Schalker: „Zudem hat der hoch verschuldete Klub, wie Magath in Lissabon grob überschlug, in der Liga des rollenden Rubels bislang fünf Millionen Euro mehr eingenommen als geplant. Ein paar Euro können noch hinzukommen – wobei der Trainer nun den Gedanken genießt, im Achtelfinale zunächst auswärts antreten zu dürfen. Dringend umbiegen wollen seine Kicker vorher ihre schlechte Angewohnheit, einem Feiertag in Europa stets ein Trauerspiel in der Liga folgen zu lassen.“

Philipp Selldorf (SZ) blickt auf Achtelfinalist Schalke 04: „Den Sieg vergoldet die Uefa mit 800000 Euro, der Einzug ins Achtelfinale ist weitere drei Millionen wert, dazu kommen Beteiligungen am deutschen Marketingpool (die dadurch steigen, dass man nicht mehr mit Werder Bremen, nur noch mit Bayern München teilen muss), mindestens eine weitere Zuschauereinnahme (1,5 Millionen Euro) sowie Sonderzahlungen der Sponsoren. Ein kleines Rettungspaket also für den Klub, der noch vor einem Jahr als möglicher Konkursfall galt, seine Liquidität durch den Verkauf von Stadionanteilen an eine städtische Gesellschaft sicherte und im letzten Geschäftsjahr einen Verlust von fast 17 Millionen Euro auswies. Auch in der jüngeren Vergangenheit hatten wieder Gerüchte über Schalker Finanznöte die Runde gemacht, passend zur sportlichen Misere. Konkret ist jedoch nichts an Licht gekommen. Felix Magath schwört vielmehr Eide, ihm bereite die wirtschaftliche Lage keine Sorgen.“

Abschied für wie lange?

Jörg Marwedel (SZ) verabschiedet Bremen aus der Champions League: „Immerhin 30000 Bremer hatten sich aufgemacht, um das Ende von sieben fetten Europacup-Jahren des SV Werder zu feiern. Feiern? Ja. Es war noch keine halbe Stunde in dieser bis dahin ereignisarmen Begegnung mit dem Champions-League-Titelverteidiger Internazionale Mailand vorbei, da haben die Fans schon die Welle gemacht. Wie damals, in besseren Zeiten, als man im Weserstadion die Besten Europas, den FC Chelsea oder Real Madrid, besiegte. Ob der fröhliche Ausbruch diesmal vor allem ein Mittel gegen die Kälte war oder der Versuch, den Schmerz des Abschieds zu verdrängen? Wohl beides. Viele Zuschauer hatten vorher debattiert, wie lange ihr Team wohl nicht mehr dabei sein werde auf internationaler Bühne. Zwei Jahre, sagen die Zuversichtlichen, die nicht an das Ende einer Ära glauben wollen. Viele Jahre, sagen die Schwarzmaler, die wissen wollen, dass nun ein großer Umbruch bevorsteht.“

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Kommentare

5 Kommentare zu “Aufholjagd – mal wieder”

  1. woki04
    Donnerstag, 9. Dezember 2010 um 12:26

    Der junge Torwart,
    der sich insgeheim Hoffnungen macht, trotz seiner jugendlichen 22 Jahre in
    der kommenden Saison Nachfolger des betagten Stammkeepers Jörg Butt zu
    werden,

    WAS weiß dieser Reporter schon ,
    dass der Manuel N. noch nicht weiß ?

    so einen Quatsch zu schreiben;

    na dann, Glück Auf

  2. anderl
    Donnerstag, 9. Dezember 2010 um 12:45

    @woki04
    er schrieb über Thomas Kraft, wenn ich mich nicht irre…

  3. Ulfert
    Donnerstag, 9. Dezember 2010 um 13:43

    „Zwei Jahre, sagen die Zuversichtlichen“

    Bla bla – Die Zuversichtlichen (zB Ich) sagen, dass Werder diese Saison noch unter die Top 6 kommen kann und somit nächstes Jahr wieder dabei sein kann.

    Formulierungen wie „Viele Leute sagen“ oder „es wird gemunkelt“ dienen nur dazu der Meinung des Autors und/oder wilden Spekulationen einen Anstrich von Serösität zu verleihen.

  4. Heffer
    Donnerstag, 9. Dezember 2010 um 21:05

    Man könnte meinen, dass es für die vorherigen Siege keine 800k Prämie gegeben und die 5-jahreswertung vorher keine Rolle gespielt hat.

  5. Van Kuchen
    Freitag, 10. Dezember 2010 um 13:41

    @heffer,

    nein, die 5-Jahreswertung wurde mitten in der Saison eingeführt 😉

    Guter Kommentar!

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