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Bundesliga

Die Karten neu gemischt

Martin Hauptmann | Freitag, 14. Januar 2011 2 Kommentare

Manche Bundesligisten bangen, andere träumen, doch alle hoffen sie. Management, Trainer und Spieler haben Mut getankt und treten die Rückserie optimistisch an. Die Gründe dafür sind verschieden

Ob sich das Dortmund mit diesen Fans und diesem Trainer wirklich noch einmal nehmen lässt? Christian Kamp (FAZ.net) freut sich auf einen spannenden Meisterschaftskampf: „Zehn Punkte? Sind ein Brett. So oder so ähnlich würde es Jürgen Klopp wahrscheinlich ausdrücken, wenn nicht seine Dortmunder, sondern irgendein anderer Klub mit diesem Abstand an der Tabellenspitze thronen würde. Wären es die Bayern, würde die Konkurrenz vermutlich gleich die Rollos runterlassen und sagen: Männer, lasst es sein, den Meister sehen wir dieses Jahr nur mit dem Fernglas. Das Schöne an dieser 48. Bundesliga-Saison ist aber, dass selbst ein derart komfortabler Vorsprung zur Halbzeit nicht als Garantie für Silberware im Mai angesehen werden kann. […] In der vergangenen Saison verlor Bayer noch den Champions-League-Platz an Bremen – trotz eines Vorsprungs von 16 Punkten nach 20 Spieltagen. Nicht nur deshalb wäre es auch ein Fehler, die Bayern vorzeitig abzuschreiben, die gut erholt und offenkundig hungrig aus der Winterpause kommen. Ob Rechnungen dieser Art auch am anderen Tabellenende aufgehen können? Zehn Punkte, das ist die kümmerliche Bilanz der Mönchengladbacher Borussia. Sieben Punkte beträgt der Rückstand auf Platz 15. Aus der Perspektive von Michael Frontzeck ist das gewiss: ein Brett.“

Leverkusen mit starkem Ensemble

Gleich zum Auftakt in die Rückrunde kommt es zu einem hochkarätigen Aufeinandertreffen an der Tabellenspitze: Leverkusen empfängt die Borussia aus Dortmund. Inzwischen hat man sich beinahe daran gewöhnt: Der 34-jährige Michael Ballack schaut zunächst nur zu und weicht damit den aufstrebenden Defensivkünstlern Arturo Vidal und Lars Bender im Mittelfeld. Philipp Selldorf (Süddeutsche Zeitung) karikiert das luxuriöse Dilemma: „Jupp Heynckes hat am Mittwoch Stellung zu seinen Problemen als Trainer von Bayer Leverkusen nehmen müssen. Es ging darum, dass er mehr Stammspieler hat, als er einsetzen darf, weil sein Kader mittlerweile nur noch aus Spielern zu bestehen scheint, die Stammspieler sein müssten, […]. Das Konzept des Luxus hat Leverkusen schon vor einigen Jahren praktiziert, allerdings im Ausmaß spätrömischer Dekadenz. Manager Reiner Calmund hatte zwar beim Spielerkauf und der Talentsuche das Richtige gewollt, aber die Übersicht verloren. […] Calmunds Erben […] haben gelernt. Deswegen wächst Jahr für Jahr das Stammspielerpotential in Heynckes‘ Team, und deswegen ist Bayer als letzter oder wenigstens vorletzter Titelrivale von Borussia Dortmund übriggeblieben. Während Heynckes über die Eröffnung der Rückrunde räsonierte, meldete sein Verein wieder die Verpflichtung eines Nachwuchsmannes, der ins Beuteschema passt: Der 20-jährige Mittelfeldflitzer Karim Bellarabi kommt ablösefrei aus Braunschweig und steht in der Folge anderer Leverkusener Transfers mit Perspektive.“

Japaner begehrt wie nie

In Deutschland sprießen asiatische Schnellrestaurants mehr denn je wie Pilze aus dem Boden. Johannes Ehrmann und Mathias Klappenbach (Tagesspiegel) fällt auch der Zuwachs an Spielern aus Fernost in der Bundesliga auf: „Immer mehr Asiaten wechseln nach Deutschland. Sie bringen den Bundesligisten Wendigkeit, Disziplin und Vermarktungschancen. Gerade junge Japaner sind zudem oft echte Schnäppchen – weil sie in ihrer Heimat meist zunächst nur Ein-Jahres-Verträge bekommen. Auch der FC Bayern wollte jetzt seinen Japaner. […] Die Bundesliga bedient sich derzeit in Asien. Und seit den sensationellen Auftritten von Shinji Kagawa für Borussia Dortmund vor allem in Japan, [denn] dort gibt es günstig immer besser ausgebildete Spieler. […] Bis auf Außenverteidiger Mazino (1.FC Köln, Anm. d. Red.) sind sie allesamt Offensivspieler. ‚Das ist sicher kein Zufall. Die Japaner sind von ihrer körperlichen Konstitution her und auch aufgrund ihrer Schnelligkeit für diese Positionen sehr geeignet’, sagt Thomas Kroth, der unter anderem Shinji Kagawa berät. ‚Und das sind in Japan auch schlicht die Positionen, auf denen aktuell viele Talente da sind.’ Nach wie vor werden Zeit und Raum für jede Handlung auf dem Platz knapper, da ist es nicht von Nachteil, wenn man selbst nicht so viel Platz wegnimmt und vor allem wendig ist. Am vergangenen Montag belegten bei der Wahl zum Weltfußballer des Jahres in Andres Iniesta, Xavi und Lionel Messi drei Spieler die ersten Plätze, von denen keiner größer ist als 1,70 Meter. Wendigkeit wird auch auf den Außenverteidigerpositionen, wo der Gegner für den Ballgewinn am liebsten in die Enge getrieben wird, immer wichtiger. Bei Schalke 04 hat sich dort in dieser Saison Atsuto Uchida durchgesetzt. Attraktiv macht die Asiaten auch ihre nicht nur dem Klischee nach bestehende Mentalität. Man könnte sagen, dass sie – besonders im Vergleich zu den bisweilen kapriziösen Südamerikanern – für die Fußballklubs eher pflegeleicht sind. […] Für seinen japanischen Spieler brauche er im Grunde keinen Dolmetscher mehr abzustellen, sagt Kroth. […] Japaner sind sehr fleißig, nicht nur auf dem Trainingsplatz.’ Kroth, der in Japan bestens vernetzt ist und den Tipp Kagawa zuerst vom früheren Frankfurter Naohiro Takahara erhalten hat, sagt, dass japanische Spieler gefragter seien, seit Hasebe mit Wolfsburg Deutscher Meister geworden ist. ‚Aktuell hilft natürlich, dass Kagawa so eingeschlagen hat. Ihm hat besonders das junge Team beim BVB geholfen – vor älteren Spielern haben junge japanische Profis oft einen lähmenden Respekt.’“

Robben kehrt zurück

Oliver Lück (Zeit Online) möchte den Holländer nicht liegen, sondern gesund über den Platz fliegen sehen: „In seinem ersten Bundesliga-Jahr lässt Robben Spiele wie Training und Gegenspieler wie Fahnenstangen aussehen. Dem schmächtigen Bayern-Neuzugang gelingt nahezu alles. Das irrsinnige Tempo ist die Basis seines Spiels, gepaart mit einer brillanten Technik und seiner unglaublichen Wendigkeit. Obwohl sein Trick immer derselbe ist: Linksfuß Robben kommt mit dem Ball von rechts, irgendwann zieht er in die Mitte, Schuss, Tor. Das ist alles. Die entscheidende Frage: Wann zieht er nach innen? ‚Ich bin ein intuitiver Spieler. Ich weiß nie, wo es endet’, sagt Robben. Ähnlich wie der Weltfußballer Lionel Messi hält er den Ball auch dann noch, wenn andere ihn längst abgespielt hätten. Sie suchen die optimale Schussposition oder die Chance für den Pass in die Tiefe. Und alles sieht so einfach aus.[…]
‚Diagnose’, ‚Pause’ oder ‚Comeback’ – solche Worte begleiten ihn beharrlich wie böse Flüche. In seiner Krankenakte finden sich in den vergangenen Jahren diverse Knie- und Wadenverletzungen, Knochenbrüche, Leistenbeschwerden, Bänderrisse im Sprunggelenk und immer wieder muskuläre Probleme: Zerrungen, Verhärtungen, Faserrisse. Seit der Weltmeisterschaft in Südafrika, zu der Robben bereits verletzt angereist war, hat er keine Minute spielen können – ein Muskelriss im Oberschenkel, sechs Monate Pause. […] Auch das ist die Wirklichkeit des 26-Jährigen. […] Am Samstag im ersten Rückrundenspiel beim VfL Wolfsburg könnte er endlich zurückkehren.“

Feuer löscht man mit Wasser – der Dialog besänftigt erhitzte Gemüter

Leidenschaftliche Fans im Fußballstadion stehen Feuer und Flamme hinter ihren Clubs. Doch wenn pure Begeisterung in ein fanatisches Streben nach Herrschaft und Intoleranz überschwappt, zieht selbst die eigene Mannschaft keinen Gewinn mehr, sondern lediglich Angst und Schrecken daraus. Wolfgang Hettfleisch und Georg Leppert (FR) suchen eine intelligente Kompromisslösung: „In der Vorrunde dieser Saison habe es in höheren deutschen Ligen so viele ‚pyrotechnische Vorfälle’ gegeben wie in der gesamten vorigen Spielzeit. ‚Wir kriegen es mit Polizei und Ordnungskräften nicht in den Griff’, resümiert  Helmut Spahn, Sicherheitsbeauftragter des DFB. […] Der Deutsche Fußball-Bund denkt über eine Initiative von 55 Ultra-Fangruppen nach, die in Fußballstadien ganz legal zündeln wollen. Eine Vertreterin der […] Kampagne ‚Pyrotechnik legalisieren’ übergab Spahn ein Konzept, das den Weg aus der Sackgasse weisen soll, in die der repressive Kurs geführt hat. Das Angebot zum Dialog ist bemerkenswert, dass es umgehend angenommen wurde, nicht minder. Spahn versprach ein Treffen und eine „ergebnisoffene Diskussion“. Und Holger Hieronymus betonte zwar die Verantwortung der Klubs für alle Zuschauer und hat wegen baulicher Eigenheiten einiger Arenen ‚Fragen, die beantwortet werden müssen’. Doch auch der DFL-Geschäftsführer Spielbetrieb sperrte sich nicht rundweg gegen die Rückkehr zur feurigen Tribünen-Show. Wie könnte nun ein Kompromiss aussehen, mit dem Feuerwehr, Ordnungsdienst und Stadionbesucher mit Kindern auf der einen und Anhänger von Bengalo-Choreografien auf der anderen Seite leben können? Die ‚Legalize it’-Initiatoren zeigen sich ausweislich ihres Konzepts in einigen Fragen entgegenkommend. Sie sind für den Verzicht auf minderwertige und damit besonders gefährliche Produkte und wollen in einem Akt der Selbstkontrolle dafür sorgen, dass Knallkörper und Leuchtraketen aus den Arsenalen verschwinden.“

freistoss des tages

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Kommentare

2 Kommentare zu “Die Karten neu gemischt”

  1. Linksaussen
    Freitag, 14. Januar 2011 um 18:17

    „In Deutschland sprießen asiatische Schnellrestaurants mehr denn je wie Pilze aus dem Boden.“

    Ist das nur eine launige Einleitung oder gibt es da Zahlen für?

  2. Ulfert
    Sonntag, 16. Januar 2011 um 02:05

    „Nicht nur deshalb wäre es auch ein Fehler, die Bayern vorzeitig abzuschreiben, die gut erholt und offenkundig hungrig aus der Winterpause kommen.“

    Wie gut dass Dortmund nicht hungrig ist, und auch nicht gut erholt. Woran auch immer das fest gemacht wird – an ein paar launigen bzw markigen Sprüchen?

    Bayern kann nicht aus eigener Kraft Meister werden. Da ist es wurscht ob sie die letzten 16 Spiele gewinnen, wenn Dortmund auch „nur“ noch 11x gewinnt wird Bayern nicht Meister, egal wie hungrig oder gut erholt sie sind. Auch für Bayern besteht eine Saison aus zwei Hälften, nicht nur für die anderen. Das einzige was die Bayern in solch einer Situation besonders macht ist dass noch drüber geredet wird ob und wie sie Meister werden können – entgegen jeder Logik. Oder sollen damit noch mehr markige Sprüche provoziert werden um die Zeitungen zu füllen?

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