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Bundesliga

Frust beim HSV – Michael Oenning unter Druck

Kai Butterweck | Dienstag, 16. August 2011 3 Kommentare

Bereits nach zwei Spieltagen stapeln sich für Hamburgs Coach Michael Oenning die Probleme. Außerdem: Zweikampf in Leverkusen, Chaos in Köln und Hoffnung in Berlin und Hoffenheim

In Hamburg präsentiert sich eine runderneuerte Mannschaft. Für Peter Ahrens (Spiegel Online) kommt der Umbruch beim HSV zu spät: „Hamburg hat seinen Kader vor der Saison radikal entschlackt. Ruud van Nistelrooy, Ze Roberto, Frank Rost, Joris Mathijsen sind nicht mehr da, der Verein hat zudem das ewige Talent Piotr Trochowski abgegeben. Er hat die Altstars aus den Jahren der Selbstüberschätzung in der Ära von Präsident Bernd Hoffmann ziehen lassen. Man kann angesichts der Leistungen, die das Team in den vergangenen zwei Spielzeiten abgeliefert hat, nicht behaupten, dass dies ein falscher Schritt war. Der Umbruch , von dem beim HSV jetzt die Rede ist, hätte höchstens schon viel früher beginnen müssen. Dann wäre er statt des jetzigen Brachialstils sanfter verlaufen.“

Jörg Marwedel (SZ) kritisiert Michael Oenning: „So unsicher wie das Team auftritt, in dem gegen Hertha nur vier Stammspieler des vergangenen Jahres in der ersten Elf standen, so unklar scheint auch der Trainer mit der neuen Situation umzugehen. Der Trainer hat zuletzt mal mit einem 4-3-3, einem 4-4-2 oder 4-1-4-1-System gespielt. Und als der gegen Hertha von der Innenverteidigung vor die Abwehr beorderte Kapitän Heiko Westermann als einziger Sechser überfordert war, hat Oenning ihm in der Pause den früheren Bielefelder Robert Tesche zur Seite gestellt, der meist auch so spielt wie ein Bielefelder. Das waren inzwischen schon die Spieler fünf und sechs auf der Spieleröffnungs-Position. Den größten Fehler aber scheint Oenning wie schon sein Vorgänger Armin Veh mit David Jarolim zu begehen. Klar, der Tscheche ist als Faller und Foulspieler unbeliebt bei den Gegnern; zudem hält er den Ball oft zu lange für das moderne Tempospiel, das Oenning wohl vorschwebt. Die jüngste Mannschaft der Liga aber braucht zurzeit wohl einen solchen Kämpen, der den Ball halten und sicher weiterleiten kann.“

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Eben alles nur eine Frage der Zeit!

Kai Schiller (Hamburger Abendblatt) vermisst den Zug zum Tor beim HSV: „Tatsächlich konnten Hamburgs Verantwortliche anführen, dass mit Jeffrey Bruma, 19, Michael Mancienne, 23, Gökhan Töre, 19, und Per Skjelbred, 24, gleich vier von im Sommer fünf verpflichteten Talenten in der Anfangself standen, die zuvor noch nie ein Bundesliga-Spiel in Hamburg absolviert hatten. Das Durchschnittsalter der Viererkette, am zweiten Spieltag der Vorsaison bei 27,5 Jahren, lag in der Partie gegen Berlin bei gerade mal 21,7 Jahren. Je länger diese vielversprechenden Nachwuchskräfte gemeinsam spielen, so die Hoffnung von Arnesen und Oenning, desto besser wird das Zusammenspiel. Eben alles nur eine Frage der Zeit! Ob diese Rechnung aber tatsächlich aufgeht, wird wohl erst in einigen Monaten seriös bewertet werden können. Was allerdings bereits im Hier und Jetzt hinterfragt werden muss, ist, warum sich der HSV in 90 Minuten gegen den Aufsteiger aus der Hauptstadt lediglich drei Torchancen erspielen konnte.“

Ballack war achtzig Minuten nur dabei gewesen

Im Leverkusener Mittelfeld bahnt sich ein interner Zweikampf zwischen Michael Ballack und Simon Rolfes an. Richard Leipold (FAZ) erwartet mehr vom ehemaligen Kapitän der Nationalelf: „Am Ende war er doch wieder mittendrin. Der berühmteste, aber nicht mehr über jeden Zweifel erhabene Fußballprofi von Bayer Leverkusen nahm in einer Reihe mit seinen Arbeitskollegen Aufstellung vor der Fantribüne, um den ersten Saisonsieg zu feiern, ein dürres 1:0 über Werder Bremen. Zuvor war Ballack mehr als achtzig Minuten lang nur dabei gewesen – als Kapitän, aber ohne auf dem Rasen ein Anführer zu sein, der von seinen Mitstreitern gesucht und von seinen Gegnern gefürchtet wird. Insgesamt fünfzig Ballkontakte zeugen nicht gerade von der zentralen Rolle, die Ballack im Mittelfeld hätte spielen sollen. Gemessen an den Ansprüchen und den Fähigkeiten, die ihm immer noch zugeschrieben werden, hatte er nicht viel zustande gebracht, bis er ein paar Minuten vor Ultimo Feierabend machte und von Simon Rolfes abgelöst wurde.“

Henning Engelage (Welt Online) bringt einen dritten Mann ins Spiel: „Am Tag nach dem Sieg von Bayer 04 Leverkusen gegen Bremen ist nicht ganz klar, wer sich neben Trainer Robin Dutt als persönlicher Gewinner der Partie fühlen darf. Michael Ballacks kleinem Sieg im Konkurrenzkampf um einen Platz in der Anfangself folgte sogleich die Niederlage, den Siegtreffer wieder von der Bank miterleben zu müssen. Und auch Simon Rolfes kann trotz der entscheidenden Torvorlage mit nur sechs Minuten Spielzeit nicht zufrieden sein. Heimlicher Gewinner des Duells zwischen den beiden defensiven Mittelfeldspielern ist ein Youngster: Lars Bender spielte am Samstag erneut volle 90 Minuten durch. Während sein Nebenmann Ballack mit wüsten Grätschen allein ein Luftloch in den Sonntagabend grätschte, lief Bender allerdings durch gutes Positionsspiel die Bälle einfach ab. Ballack forderte die Bälle, Bender bekam sie.“

Der innere Frieden gilt nun als fragil

Daniel Theweleit (Berliner Zeitung)fordert eine klare Linie vom Coach der Leverkusener: „Dutt fehlen Gelassenheit und Souveränität, das zeigt sich auch im Umgang mit den Torhütern. Nach jeweils einem Fehler verlor er das Vertrauen in David Yelldell und Fabian Giefer, in Bernd Leno stellte er im dritten Pflichtspiel bereits den dritten Tormann auf. Und dann eröffnete er in der vorigen Woche ohne Not die seltsame Debatte um Rolfes und Ballack. Die beiden können nicht zusammen spielen, verkündete Dutt. Da beide Spieler wichtige Figuren im Mannschaftsgefüge sind, Leute, die sich als Stammspieler betrachten und auch mal Forderungen stellen, gilt der innere Frieden nun als fragil.“

Panik ist ein ständiger Begleiter in Köln

In Köln geht es bereits nach zwei Spieltagen drunter und drüber. Matti Lieske (FR) bemitleidet Coach Stale Solbakken: „Seine Entscheidung, nicht wie geplant Nachfolger von Egil Olsen als Nationaltrainer zu werden, dürfte Stale Solbakken inzwischen anders sehen, wenn nicht gar bereuen. In Norwegen hätte er ein Team übernommen, das wohl in der Lage gewesen wäre, seine Vorstellungen auf Anhieb zu verstehen. In Köln ist das anders. Nach dem Ende von Christoph Daums erster Amtszeit erfolgte Anfang der Neunziger der Absturz ins Mittelmaß – und noch tiefer. Eines der Hauptprobleme des Klubs ist seitdem, dass Stadt, Umfeld und Fans dies immer noch nicht wahrhaben wollen. Die Erwartungen sind stets höher als die Möglichkeiten, Panik ist ein ständiger Begleiter. Deshalb fehlt das wichtigste Gut, das ein Trainer zum Aufbau einer funktionierenden Mannschaft braucht: Zeit! Das muss jetzt Stale Solbakken erleben. Noch zwei, drei Spiele dürften ihm bleiben. Laufen seine Spieler dann immer noch herum wie beim Blindekuh-Spiel, wird er sich 2012 wohl doch Norwegen widmen dürfen – wenn ihn der Verband noch nimmt.“

Hertha ist auf dem Weg sich zu finden

In Berlin feiert man den ersten Punktgewinn der laufenden Saison wie einen Sieg. Michael Rosentritt (Tagesspiegel)klopft den Hauptstädtern anerkennend auf die Schultern: „Gemessen an der faulen und feigen Spielweise seiner Mannschaft gegen Nürnberg war der Auftritt in Hamburg um Klassen besser – in allen Bereichen. Die Berliner  befinden sich nun in einem kleinen psychologischen Vorteil. Das Spiel in Hamburg hat den Spielern den Glauben an die eigenen Möglichkeiten zurückgebracht. Noch ist dieser Glaube, es mit der Bundesligakonkurrenz erfolgversprechend aufnehmen zu können, nicht zur Gewissheit geworden. Das kommende Spiel in Hannover bietet aber einen ganz interessanten Anlass. Die Niedersachsen haben ihre beiden Auftaktspiele gewonnen und sind klarer Favorit. Aber Hertha ist auf dem Weg, zu sich zu finden.“

Hoffenheim präsentierte sich wieder als Mannschaft

Tobias Schächter (taz) lobt den Zusammenhalt in Hoffenheim: „Bei der TSG hat der Hype nach der Herbstmeisterschaft 2008 das einst spannendste Projekt des deutschen Fußballs in eine tiefe Krise gestürzt. Den Sieg gegen den deutschen Meister feierten die Fans deshalb wie ein Erweckungserlebnis. Die zentrale Frage in Hoffenheim lautet: Kann Holger Stanislawski, der in zuvor 18 Jahren beim FC St. Pauli zum bundesweit beliebten ‚Stani‘ wurde, diese Mannschaft noch einmal vitalisieren? Seit Samstag keimt die Hoffnung, dass der Plan aufgehen könnte. Endlich präsentierte sich diese Ansammlung von talentierten Einzelspielern wieder als Mannschaft. Jürgen Klopp lobte, Hoffenheim sei ein unangenehmer Gegner gewesen – das hat schon lange kein gegnerischer Trainer mehr über diese Mannschaft gesagt.“

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Kommentare

3 Kommentare zu “Frust beim HSV – Michael Oenning unter Druck”

  1. Geert H
    Dienstag, 16. August 2011 um 10:58

    Warum denn immer wieder Peter Ahrens?

  2. Alexander | Clubfans United Fanmagazin
    Dienstag, 16. August 2011 um 11:09

    In Sachen Oenning überrascht das in Nürnberg niemand wirklich. Die laufenden Systemumstellungen sind Programm.

  3. breeze
    Dienstag, 16. August 2011 um 11:20

    Ich finde den zitierten Taz-Ausschnitt ein wenig unglücklich. Der Artikel dreht sich eigentlich um Dortmund, auch wenn es hier etwas anders wirkt. Welche Idee hat denn da hinter gesteckt, den Artikel so zu zitieren?

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