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Bundesliga

Trainersuche beim HSV – wie wäre es denn mit Lothar Matthäus?

Kai Butterweck | Donnerstag, 22. September 2011 3 Kommentare

Wie nicht anders zu erwarten wartet die Presse mit illustren Namen hinsichtlich der Oenning-Nachfolge auf. Auch Lothar Matthäus gehört zu den möglichen Optionen

Lothar Matthäus ist einer der Kandidaten für die Oenning-Nachfolge beim HSV. Jens Uthoff (taz) hält das für keine gute Idee: „Matthäus ist keine ernsthafte Traineroption für den coach- und sieglosen HSV. Lothar Matthäus stellt im Profifußball den Idealtypus der Witzfigur dar. Unabdinglich, dass er, so er mal wieder irgendwo entlassen wird (wie kürzlich als bulgarischer Nationaltrainer), die Fußballöffentlichkeit zu absurden Gedankenspielen einlädt – und zu Häme. Ob Belgrad, Paranaense (Brasilien), Salzburg, überall wurde er schnell geschasst. Und das als einer der erfolgreichsten deutschen Fußballspieler überhaupt. Dazu kommt sein nicht so privates Privatleben. Gerne wohnen wir dem Fall dieses Helden bei. Der Profifußball, dem Segment Show zugehörig, bietet uns das. Es kann gar nicht schnell genug gehen, bis Loddar in seinen beiden Tätigkeitsbereichen (Fußball, Frauen) wieder arbeitslos wird.“

Matthäus hat sich seinen Ruf selbst zuzuschreiben

Peter Heß (FAZ) hält dem Rekordnationalspieler den Spiegel vor: „Das Ansehen, das sich Lothar Matthäus während seiner über 20 Jahre währenden Karriere aufgebaut hat, ist in den vergangenen 15 Jahren durch die Schlagzeilen in der Boulevardpresse über sein bewegtes Privatleben atomisiert worden. Dazu hat er selbst beigetragen, durch viele ungeschickte Kommentare und durch den Versuch, mit einigen Medien zu kungeln. Seine Vorstellung, die Berichterstattung über seinen Öffentlichkeitsdrang kontrollieren oder auch nur lenken zu können, hat sich als fatal erwiesen. Matthäus wurde immer wieder bloß gestellt, in einem Ausmaß wie kaum ein anderer Prominenter.“

Thomas Schaaf arbeitet, wie man sich das bei Werder vorstellt

Pünktlich zum bevorstehenden Herbstanfang dreht sich das Trainer-Karussell wieder auf Hochtouren. Christian Kamp (FAZ) applaudiert in Richtung Bremen: „Kein halbes Jahr ist es her, dass auch Schaaf in Frage gestellt wurde. Doch obwohl Werder zwischenzeitlich in große Not geriet und die öffentliche Meinung sich erstmals gegen Schaaf zu wenden schien, hielten die Verantwortlichen an ihm fest. Weil sie aus jahrelanger Erfahrung wissen, wie er arbeitet. Weil er arbeitet, wie man sich das bei Werder vorstellt: ohne große Worte, aber mit einem offensiv geprägten Fußballideal, das die Bremer sich mit einigem Erfolg zur Marke gemacht haben. Die Lehre daraus ist nicht, dass Kontinuität automatisch belohnt wird und man deshalb im Zweifel an seinem Trainer festhalten sollte. Sondern dass man es, entgegen landläufiger Meinung, schaffen kann, an seinem Trainer festzuhalten, wenn man denn restlos von ihm überzeugt ist.“

Der Fußball wartet nicht auf seine Helden

Christof Kneer (SZ) nimmt eine Generation von Vergessenen tröstend in den Arm: „Die 90er-Weltmeister können nicht lassen vom Fußball, sie sind emotional immer noch abhängig von ihm, aber der Fußball, den sie heute vorfinden, ist nicht mehr der, den sie kennen. Der Fußball wartet nicht auf seine Helden, er hat sich inhaltlich fortentwickelt, und jeder Monat, den die Ja-gut-ich-sach-mal-Generation länger aus dem Geschäft ist, wird gegen sie verwendet. Man darf das schade finden, weil Lothar Matthäus nach allem, was man hört, das Zeug zum modernen Trainer hätte. Sein Problem ist nur, dass er sich von den hoffnungsvollen Talenten, die er fördert, meistens wieder scheiden lässt.“

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Kommentare

3 Kommentare zu “Trainersuche beim HSV – wie wäre es denn mit Lothar Matthäus?”

  1. Augelibero
    Donnerstag, 22. September 2011 um 11:23

    Dass Lothar Matthäus als öffentliche Figur alles falsch macht, steht völlig außer Frage. In Sachen Fußball kann ihm aber keiner der oberschlauen Fussballfeuilletonisten das Wasser reichen. Tragisch ist, dass er dennoch keine Bundesligamannschaft übernehmen kann, um es zu beweisen. Beispiele aus seiner Trainerkarriere gelten nicht, denn Ungarn oder Bulgarien haette selbst mit Mourinho oder Guardiola die Quali nicht schaffen können – hoechstens mit Matthäus als Spieler. Trainerkarrieren nehmen manchmal interessante Wendungen. Wer erinnert sich noch an einen gewissen Joachim Loew, der in den Karlsruher Zweitliga-Niederungen oder im türkischen Mittelmaß unehrenhaft gescheitert ist?

  2. Grünwalder
    Donnerstag, 22. September 2011 um 14:56

    Augelibero: … oder an Joachim Löw, der beim VfB Stuttgart und in Innsbruck sehr viel aus nicht so großen Möglichkeiten machte? (Europacupfinalist gegen Chelsea/österreichischer Meister mit einem Verein, der keine Gehälter mehr zahlte). Ich glaube schon, dass man auch an früheren Stationen einen Unterschied in der Trainerqualität Lothar – Löw erkennen konnte.

  3. Horst Kaputnik
    Donnerstag, 22. September 2011 um 17:23

    Ich würde mir wirklich wünschen, dass ein Verein endlich mal den Mut aufbringt, sich gegen diesen langweiligen Konsens zu stellen, laut dem man sich halt übern Loddar lustigzumachen hat und ihm eine Chance gibt, sich in der Bundesliga bei einem ernstzunehmenden Verein zu beweisen.

    Mir scheint, als hätte man auch irgendwo ganz tief drinnen Angst, er könnte ja tatsächlich gar kein so schlechter Trainer sein – was macht man denn dann mit all den hübsch bequemen Vorurteilen?

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