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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Champions League

Dortmunds Super-A-Jugend in Europa

Christoph Asche | Freitag, 21. Oktober 2011 2 Kommentare

Dortmund ist noch zu grün für die große Bühne, Leverkusen hat einen neuen alten Boss auf dem Platz und Laserpointer-Attacken sind die neue Unsitte in Europas Stadien

Die Leichtfüßigkeit des Vorjahres-Meisters Borussia Dortmund scheint nach der schwachen Vorstellung bei Olympiakos Piräus erst einmal verpufft. Freddie Röckenhaus schreibt in der Süddeutschen Zeitung gar von „Champions-League-Lektionen, die Dortmund selbst von mittelmäßigen Gegnern erteilt bekommt“. Die Grundhaltung, jeden Gegner dominieren zu wollen, sei einer Klasse-Elf zwar angemessen, „aber zur Klasse gehört auch, eigene Torchancen zu nutzen und in der Defensive humorlos die Versuche des Gegners abzuwürgen. Für Klopps junge Elf aber scheint jede Abwehraktion darauf ausgerichtet zu sein, mit ihr schon den nächsten Angriffszug einzuleiten. Schön – solange die Abwehraktion gelingt.“ Für den Geschmack des Autors hat sich Jürgen Klopp für eine zu offensiv ausgerichtete Elf entschieden: „Er leistete sich mit Kagawa, Gündogan und Perisic drei Spieler in seiner Startaufstellung, deren Defensivverhalten noch nicht auf dem Niveau ist, das es für das komplexe Angriffsspiel des BVB braucht.“

Dortmund kühl bestraft worden

Klaus Hoeltzenbein vergleicht Borussia Dortmund – ebenfalls in der Süddeutschen Zeitung – mit einem „Hochbegabten, der aus der Jugend zu den Senioren, also auf die nächste Ebene wechselt, und der sich nicht ändern und anpassen will, sondern der auch bei den Erwachsenen stur jenen Stil durchzusetzen versucht, mit dem er im Nachwuchs Klassenbester war.“ Genauso verhalte es sich derzeit mit Götze & Co. In Marseille und nun in Piräus sei der Versuch, auch international jenen Offensivstil durchzusetzen, mit dem der Dortmunder Talentschuppen die deutsche Meisterschaft 2011 gewann, kühl bestraft worden. Hoeltzenbein erinnert daran, dass man für die Königsklasse Reife und Abgeklärtheit im Team benötigt: „Wer hier bestehen will, braucht eine gewachsene Hauskultur – eine solche besaßen die Dortmunder einst, als sie 1997 mit einer Elf um Kohler, Sammer, Reuter und Riedle dieses Turnier gewannen. Damals kam die Jugend von der Bank, erzielte der 20Jahre junge Lars Ricken das legendäre 3:1 gegen Juventus. Die Finalelf hatte ein Durchschnittsalter von 28,5 Jahren, bei erst knapp 23 liegt der Dortmunder Kader derzeit.“ Die Umsetzung von Klopps Idee vom Fußball benötige Zeit, bis dahin müsse man jetzt die Kritik aushalten, „dass es so aussieht, als habe sich da eine Super-A-Jugend nach Europa verlaufen.“

Tobias Rabe (FAZ.net) verurteilt den Einsatz von Laserpointern im Stadion, nachdem Mario Gomez kurz vor Ausführung des Elfmeters in Neapel bewusst gestört wurde. „Eine Marginalie ist das Phänomen längst nicht mehr. Fast wöchentlich werden Spieler vor der Ausführung eines Einwurfs, Eckstoßes oder Elfmeters von den Tribünen mit Laserpointern geblendet.  Rabe fordert von den Funktionären und den Zuschauern, „mehr als ein Auge auf diesen gefährlichen Eingriff ins Spiel zu haben, um die Gesundheit der Beteiligten zu schützen. Im April wurde das Spiel St. Pauli gegen Schalke nach einem Bierbecherwurf auf den Schiedsrichter-Assistenten abgebrochen. Eine Attacke mit einem Laserpointer auf einen Menschen ist kein minderschweres Vergehen.“

Wunder mit irdischen Erklärungen

Bayer Leverkusens Sieg über den FC Valencia war Gold wert, da sich das Team um Robin Dutt nun berechtigte Hoffnungen auf den Achtelfinal-Einzug machen kann. Wie dieser Sieg zustande kam, ist jedoch kurios, da man in der ersten Hälfte noch hoffnungslos unterlegen war. Unmittelbar nach der Pause entschied sich die Partie dann zugunsten der Werkself. Daniel Theweleit bezeichnet die zehn Minuten nach dem Seitenwechsel in der taz als „Moment des unverhofften Glücks“. Dieses Wunder ist allerdings mit irdischen Maßnahmen zu erklären: „Manuel Friedrich, der in dieser Saison bisher ganze sieben Minuten mitspielen durfte, kam für den überforderten Stefan Reinartz in die Partie, und das entpuppte sich als entscheidender Schachzug. Plötzlich war die bleierne Unsicherheit der ersten Halbzeit verflogen. Generell passt der Sieg in das verbesserte Klima in der Mannschaft. So sei Robin Dutt „nach den vielen Geschichten über sein schwieriges Verhältnis zu einigen Spielern sehr darauf bedacht, mehr Milde walten zu lassen. So enthält das tägliche Buffet für die Spieler wieder Nutella, Milchreis und Schnitzel, zwischenzeitlich hatte Dutt solche Kaloriensünden vom Speiseplan verbannt. Ein paar Leute aus dem Umfeld des Teams werden vom Trainer nun respektvoller behandelt. Es sind kleine Schritte, aber Dutt kommt der Mannschaft entgegen.“

Klaus Bellstedt (stern.de) hat einen wiedererstarkten Michael Ballack beobachtet: „Er war der Feldherr auf dem Platz: dominant, immer anspielbar und torgefährlich. An beiden Treffern war Ballack beteiligt. Vor dem 1:1 durch André Schürrle gewann Ballack eigenen Strafraum den entscheiden Zweikampf. Den Siegtreffer von Sam leitete Ballack mit einem perfekten Pass direkt in den Lauf des Sprinters ein. Der ‚Capitano‘ dirigierte das Bayer-Spiel mit seiner unmissverständlichen Körpersprache wie in besten Zeiten, beruhigte seine Teamkollegen und trieb sie immer wieder an.“

Abend der Ernüchterung

Heiko Rehberg schreibt in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung über Hannovers verpassten Heimsieg gegen den FC Kopenhagen: „Es war kein europäischer Fußball-Festabend, kein Spiel, das lange für Diskussionsstoff sorgen wird. Und es war ein Abend der Ernüchterung.“ Europa League, das sei immer auch ein bisschen eine internationale Geduldsmeisterschaft. „Am Donnerstagabend waren in der AWD-Arena die ersten 26 Minuten zwei Mannschaften zu beobachten, die sich belauerten, aber nichts unternahmen. 26 Minuten ohne Torchance, 26 Minuten Ballgeschiebe, 26 Minuten, in denen die bemerkenswerteste Szene die kaputte Fahne eines der beiden Schiedsrichterassistenten war.“ Besonders die Gäste aus Dänemark haben Rehberg nicht überzeugt: „Wenn eine Elf wie Kopenhagen die dänische Liga souverän anführt, dann möchte man gar nicht wissen, welches Niveau die anderen Klubs haben. Dass 96 das nur selten ausnutzen konnte, sprach am Donnerstag Bände.“

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Kommentare

2 Kommentare zu “Dortmunds Super-A-Jugend in Europa”

  1. Augelibero
    Freitag, 21. Oktober 2011 um 14:08

    Die Analysen zu den Spielen von Borussia Dortmund sind zwar sachlich zutreffend, die unterschwellige Häme finde ich zum kotzen. Dass es mit einer jungen Mannschaft und einem international nerfahrenen Trainer so kommen würde, konnte man im Vorjahr nach dem Aus in der Euro-League sowie heuer VOR den Spielen bereits lesen. Zum diesem Zeitpunkt hat sich darüber noch niemand in den Fussballfeuilletons Gedanken gemacht. Jetzt damit anzuufangen ist unterhalb des BILD- und ran-Niveaus.

    Jeder Fussballverstaendige – bis auf Klinsmann, Wenger, van Gaal und Co. – weiß wie CL-Erfolge zustande kommen. Und neuerdings ach das deutsche Fussballfeuilleton. Aber immer nur hinterher und kurz. Wenn nämlich Gladbach tatsaechlich oben bleibt, ist das die nächste Mannschaft, die Lehrgeld bezahlen wird.

    Das macht aber nichts. Denn bis auf Bayern hat die Bundesliga international seit langem nichts zu bieten. Deshalb, liebe Dortmunder, lernt weiter. Ihr seid auf dem richtigen Weg, in drei Jahren sehen wir weiter!

  2. Ole Super-Adelmann!
    Freitag, 21. Oktober 2011 um 23:26

    Sorry, Augelibero: Aber da ist ganz einfach keine Häme in den Texten über Dortmund.

    Ansonsten: Klaus Bellstedt/stern.de unerträglich wie eh und je in seiner reflexartigen Ahnungslosigkeit. Vermutlich druckt ihr ihn so oft, um zu provozieren.

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