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Bundesliga

Bruno Labbadia – Das Aus in Runde drei

Kai Butterweck | Dienstag, 27. August 2013 4 Kommentare

Die Presse beschäftigt sich intensiv mit der Trainerentlassung von Bruno Labbadia

Andreas Glas (SZ) präsentiert zwei völlig verschiedene Welten: „Bruno Labbadia ist nicht mehr Trainer des VfB Stuttgart. Damit endet die Geschichte eines ungleichen Paares: Auf der einen Seite Manager Bobic, der Visionär, ein positiver Typ, der gerne über große Pläne redet. Auf der anderen Seite Trainer Labbadia, der Bremser, ein knochentrockener Realist, der große Pläne gerne klein redet.“

Leichtfertig und sprunghaft

Uwe Marx (FAZ) nimmt sich Manager Fredi Bobic zur Brust: „Labbadias Vertrag ist bis 2015 gültig, was nicht allzu schlau erscheint. Wer im Januar eine Weiterbeschäftigung für die nächsten zwei Jahre zusichert und im August umfällt, hat entweder zu volle Kassen, oder er ist leichtfertig und sprunghaft. Weil sich der überschaubar ausgestattete VfB Geldverbrennungen eigentlich nicht leisten kann, kommt die erste Variante nicht in Frage.“

 Jan Christian Müller (FR) gibt dem Gescheiterten die Hauptschuld: „Fredi Bobic hat die negative Rhetorik Labbadias zum Abschluss des Trainingslagers in Donaueschingen registriert, er hat sich darüber geärgert, und Labbadia konnte sich spätestens zu diesem Zeitpunkt nicht mehr der Rückendeckung des stärksten Mannes im Klub gewiss sein. Nur mit Siegen hätte sich der Trainer stützen können. Drei Niederlagen in der Bundesliga und der mutlose Auftritt in Kroatien haben gereicht, die letzte dünne Bande zwischen Sportvorstand und Chefcoach zu zerreißen. Bruno Labbadia hat sich mal wieder selbst im Weg gestanden.“

Labbadia stellte harte Arbeit über Talent

Peter Stolterfoht (Stuttgarter Zeitung) klebt Bruno Labbadia den Altherren-Button auf die Stirn: „Der Trainer war einfach nicht mit dem Grundanspruch des Vereins in Einklang zu bringen, verstärkt auf die eigenen Talente zu setzen. Labbadia setzte stattdessen auf altdeutsche Fußballwerte. Ihm widerstrebte es, junge Spieler früh eine Chance zu geben. Einen Auftritt in der Bundesliga, so seine Überzeugung, muss man sich über einen längeren Zeitraum verdienen. Harte Arbeit stellte er beim VfB über Talent. Die Herangehensweise des Gerechtigkeitsfanatikers ließ sich mit den Ansprüchen eines Ausbildungsvereins nicht vereinbaren. Und so führte kein Weg um die Entlassung herum.“

Oliver Fritsch (Zeit Online) schmuggelt dem Ex-Coach einen Lachsack ins Gepäck: „Fußball ist Arbeit, stimmt. Fußball ist aber auch Spiel und Spaß, verlangt Kreativität und Enthusiasmus. Zwischen diesen beiden Polen findet Labbadia nicht immer die Balance. Er hätte sich von den Stuttgarter Fans anstecken lassen können. Minutenlang besangen sie auf der Mitgliederversammlung das neue, alte Logo. Optimismus, Schwärmerei, Aufbruchstimmung sind im Sport wichtig.“

Eine mutige Lösung

Tom Vaagt (sport1.de) hofft auf bessere Zeiten in Stuttgart: „Das Ende im Schwabenland könnte sich für alle Beteiligten als Erlösung erweisen – zumal Labbadia und sein ebenfalls geschasster Co-Trainer Eddy Sözer bei Teilen der Mannschaft nicht mehr ganz oben in der Gunst stand. Der Begriff „Neuanfang“ erscheint beim VfB allerdings ein wenig überstrapaziert. In den vergangenen neun Jahren verschliss der Klub acht Trainer. Nun darf sich Thomas Schneider versuchen. Eine mutige Lösung.“

Lars Gartenschläger (Welt Online) freut sich über gelöste Ketten: „Nun könnte man sagen, dass Bruno Labbadia einfach nur realistisch bei seiner Einschätzung war. Anderseits wurde man das Gefühl nicht los, als würde der Coach die hohe Erwartungshaltung als Belastung empfinden. Labbadias Verhalten passte nicht ins öffentliche Bild des VfB, der neue Wege gehen will und ab September mit Bernd Wahler einen neuen Präsidenten hat. Wahler ist es wichtig, dass der Klub wieder Strahlkraft bekommt und bundesweit zu einer Marke wird. Da wirkt ein Trainer, der die Euphorie bremst, wie ein Klotz am Bein. Pardon: wirkte wie ein Klotz am Bein.“

Schneider ist anders als Labbadia

Oliver Trust (Tagesspiegel) beschäftigt sich mit Thomas Schneider, dem neuen Mann auf der Stuttgarter Trainerbank: „Schneider ist anders als Labbadia. Labbadia war Stürmer und hat als Trainer einiges hinter sich. Schneider war Verteidiger und betreute zuletzt die U 17 des VfB, mit der er im Juni gegen Hertha BSC die deutsche Meisterschaft gewann. Schneider fiel zuletzt durch ein Zitat auf, das zeigte, er könnte der Mann sein, der in Stuttgart die Rückkehr zur „Marke der jungen Wilden“ anschiebt. Timo Werner werde einige Tore in der Bundesliga schießen, sagte Schneider. Werner ist 17 und gehört zu den großen VfB-Talenten. Für Schneider spricht zudem, dass er zu einer Generation junger Trainer gehört, die es aus dem Nachwuchs nach oben schafften. Weil Klubs erkannt haben, dass sich mit systematischer Ausbildungsarbeit Erfolge im Profibereich erzielen lassen.“

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Kommentare

4 Kommentare zu “Bruno Labbadia – Das Aus in Runde drei”

  1. #Link11: 1. Liga. 2. Liga. 3. Liga. Internationale Ligen. Champions League. | Fokus Fussball
    Dienstag, 27. August 2013 um 10:47

    […] Kai Butterweck (Indirekter Freistoß) hat die Reaktionen zu Bruno Labbadias Rausschmiss lesenswert […]

  2. Hans Klemm
    Mittwoch, 28. August 2013 um 14:52

    Der arme Labbadia!

    Uwe Marx (FAZ) hat es auf den Punkt gebracht.
    Wenn dazu auch noch der Manager Bobic einen
    Tag vor dem Rausschmiss vor den laufenden Kameras so miemt, seinen sportlichen Leiter schützen zu wollen, in dem er Fragen dazu regelrecht als häßlich empfindet, ist das schon eine traurige, fast schon hinterhältliche Angelegenheit.

    Leider hat man sich als allgemeiner Sportinteressierter daran gewöhnt, mit regelrechten Lügen und Veralberungen abfinden zu müssen, wie es dieser „Fall Bruno Labbadia“ wieder einmal beweist. Die Vereinsspitze kann doch solch eine Entscheidung nicht schon nach gerade erst drei (!) absolvierten Spielen treffen. Sie hätte doch vor der Vertragsverlängerung mit ihrem Trainer spüren müssen. dass die „Chemie“ zwischen allen Beteiligten untereinander im Verein nicht mehr so richtig stimmte. Wie immer ist dieser letztlich der Dumme, aber nur scheinbar. Ihm wünsche ich nämlich sehr, dass er sich von seinen letzten Wochen möglichst noch richtig lange so richtig erholt, ohne an die Wörter „Verantwortung“ und „unbedingt Punkte zu holen zu müssen“ zu denken. Wenn das eintrifft und sein bekannter sportlicher Ehrgeiz nicht ihm ein Strich in diese Rechnung macht, indem er sich nicht gleich wieder in das nächste Abenteuer stürzt, sollte er im Norden gut mit den jährlichen 1,5 Millionen € Schmerzensgeld seines letzten Arbeitsgebers bis 2015 leben können, der scheinbar doch noch über genügend Geldreserven zu verfügen scheint ..

  3. Lennart
    Montag, 2. September 2013 um 23:22

    Wieder mal jemand, der keine Ahnung vom VfB hat, aber sich berufen fühlt, seine Meinung dazu zu geben. Der VfB hat Labbadia nicht nach drei schlechten Spielen rausgeworfen. Ja er hat ihn nicht einmal nach drei schlechten Ligaspielen und drei völlig verkorksten Europapokalspielen und einem peinlichen Pokalspiel rausgeworfen.

    Nein, er hat ihn rausgeworfen, nachdem sich die Mannschaft seit über einem Jahr spielerisch nicht weiter entwickelt hat, nachdem immer noch keine Handschrift des Trainers erkennbar war, nach einer grauenhaften Saison voller schmerzhafter Heimniederlagen gegen Abstiegskandidaten (0:3 gegen Hoffenheim! 1:4 gegen Bremen!) und katastrophalem, unansehnlichem Fußball. Labbadia hatte die Chance, nach seiner Vertragsverlängerung zu zeigen, was er kann.

    Er kann es einfach nicht. Und viel mehr Trainer als andere Vereine haben wir auch nicht verschlissen.

    Aber Sportjournalist wird man in Deutschland schließlich auch im Selbststudium.

  4. Hans Klemm
    Mittwoch, 4. September 2013 um 16:22

    @Lennart

    Lieber Experte des Stuttgarter Fußballs!

    War bei meiner Meinungsäußerung nicht schon angedeutet worden, dass

    - ich mich wunderte, warum der Alttrainer trotz der beschriebenen Ungereimtheiten mit der Mannschaft, bei deren Auftreten man angeblich keine Handschrift des Trainers erkannte, eine Vertragsverlängerung erhielt?

    - dieses angebliche Missverhältnis des Trainers mit seiner Truppe doch zumindest bis zum Vortag seines Rausschmisse auch seinem immer zu ihm stehenden Sportlichen Leiter, Bobic, hätte auffallen müssen, der Labbadia bis zu diesem Zeitpunkt ständig lobte und verteidigte?

    Genau dieses plötzliche Erwachen und Umdenken des Herrn Bobic störte mich an dieser Sache…..

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