Bundesliga
HSV: Der Nächste, bitte!
| Montag, 17. Februar 2014Der Hamburger SV entlässt Trainer Bert van Marwijk. Nun soll es Mirko Slomka richten. Die Presse hingegen sucht die Schuldigen der HSV-Misere eher abseits des Rasens
Nach 143 Tagen endet die Amtszeit von HSV-Coach Bert van Marwjik. Seinem Nachfolger präsentiert sich ein Verein am Abgrund. Jan Feddersen (taz) gibt die Richtung vor: „Beim HSV ist es einerlei, wer Marwijk als Trainer nachfolgt. Dieser Verein, der einzige, der aus der Bundesliga nie absteigen musste, braucht die Verbannung in die Zweite Liga. Und zwar, um sich zu erholen. Um all die wichtigtuerischen Vereinslackel und Lackhalbschuhträger mit neoliberalem Fußatmerbewusstsein zu deckeln. Was es braucht, ist ein HSV, der klein wieder anfängt und seine Honoratioren und Dreinsprecher in eine Art Alumniverein ohne Mitspracherecht verklappt. Will der HSV, etwa Ende dieses Jahrzehnts, wieder international mitspielen, bräuchte er den Abstieg.“
Absage? Auf welches Angebot hin denn überhaupt?
Neben Mirko Slomka war auch Felix Magath beim HSV im Gespräch. Der entschied sich jedoch für den Trainerposten beim abstiegsbedrohten englischen Premier-League-Klub FC Fulham. Klaus Wille (derwesten.de) erzürnt sich über Magaths „Nachspiel“: „Von Teilen des HSV – warum auch immer – herbeigesehnt wie ein Erlöser, ist Magath zweigleisig gefahren. Es ist sein gutes Recht, nebenher mit Fulham zu verhandeln um Plan B aus der Tasche ziehen zu können. Unerträglich ist nur, wie scheinheilig Magath sich hinterher als Opfer verkauft, als den verprellten Retter mit der Raute im Herzen, der schließlich absagen musste. Absage? Auf welches Angebot hin denn überhaupt? Aber es ist wohl so: Im Showgeschäft Bundesliga wiegt das Image schwer. Darum wird einer wie Jens Keller, der viel ausgehalten hat und nun mit Schalke eine beachtliche Kurve nach oben nimmt, stets zu kämpfen haben. Im Gegensatz zu anderen, die – auch auf Schalke schon – verbannte Erde hinterlassen und immer noch zeigen dürfen, worum es ihnen geht: sich selbst.“
Lars Gartenschläger (Welt Online) geht auf die Hintermänner los: „Wenn man Revue passieren lässt, was in den vergangenen Tagen an der Elbe vonstatten ging, ist es unabdingbar, dass beim Hamburger SV auf der Führungsebene einen Wechsel gibt. Es wäre nur konsequent, wenn das eintritt, was seit Sonntagabend kolportiert wird – nämlich der Rücktritt von einigen Mitgliedern des Aufsichtsrats. Der Klub gab sich bundesweit der Lächerlichkeit preis und wurde von Felix Magath auch noch am Nasenring durch die Manege geführt. Auch wenn die Posse kein gutes Licht auf Magath warf, der sich als Retter des HSV angeboten, aber parallel offenbar auch mit dem FC Fulham Gespräche geführt hatte. Den größeren Schaden jedoch trug der Hamburger SV davon.“
Große Namen, kleine Taten
Jörg Marwedel (SZ) hingegen nimmt sich die Akteure auf dem Rasen zur Brust: „Was hilft einem ein Torhüter, der zwar zurecht einen großen Namen trägt, aber gleich zweimal patzt und das Spiel zugunsten der Gastgeber kippen lässt? Was soll man mit Spielern wie Heiko Westermann und Tolgay Arslan, die vom Braunschweiger Karim Bellarabi veralbert wurden wie Anfänger? Und was bringt eine Holland-Connection, die ihre Fähigkeiten so kärglich einbringt wie Kapitän Rafael van der Vaart und die beiden Talente Ouasim Bouy und Ola John, die so spielten, als sei es ihre erste Partie bei den Profis.“
Jörg Wehling (mt-online.de) winkt frustriert ab: „Tief, tiefer, HSV. Wenn es so etwas wie ein Sinnbild für den sportlichen Niedergang eines Traditionsvereins im Profigeschäft gibt, dann ist es die Lage bei den Hanseaten. Ein völlig konzeptloses Führungsgremium verwaltet einen immensen Schuldenberg und gibt mittlerweile mehr Geld für Trainerabfindungen aus, als für neue Spieler. Diese werden schon seit geraumer Zeit von einem Gönner fremdfinanziert. Das Prädikat „Bundesliga-Dino“ können die Hamburger wohl bald aus ihrem Wortschatz streichen, sofern nicht ein Retter – wie immer er auch heißen mag – ein Wunder vollbringt.“
Eine Invest-Ruine für narzistische Glücksritter mit großem Sendungsbewusstsein
Stefan Osterhaus (NZZ Online) findet harte Worte: „Das Spiel in Braunschweig markiert einen Tiefpunkt der Klubgeschichte, er ist das Symptom einer Klubpolitik, die sich in byzantinischen Ränkespielen hinter den Kulissen formuliert. Deren destruktives Potenzial hat längst den gesamten Klub erfasst. Vor ein paar Wochen noch feierten sie sich dafür, dass sie auf einer Mitgliederversammlung den HSV für Investoren öffneten. Doch im gegenwärtigen Zustand ist der Klub nicht mehr als eine Invest-Ruine, allenfalls attraktiv für narzisstische Glücksritter mit großem Sendungsbewusstsein.“
Maximilian Rau und Christian Otto (Spiegel Online) legen die Stirn in Sorgenfalten: „Ob der Trainerwechsel den Sturzflug des HSV beenden kann, ist nicht zuletzt durch die neuerliche Niederlage fraglich. Entnervt und enttäuscht waren die Hamburger Profis nach einer Partie vom Platz geschlichen, die die volle Härte des Abstiegskampfes mit sich gebracht hatte. Neun Gelbe Karten, viele Nickligkeiten und sogar eine Schubserei von Sportdirektor Kreuzer mit seinem Braunschweiger Kollegen Marc Arnold an der Außenlinie dokumentierten, wie angespannt die Lage bei beiden Clubs ist.“
Kommentare
2 Kommentare zu “HSV: Der Nächste, bitte!”
Montag, 17. Februar 2014 um 14:43
danke für den schönen Artikel…Oliver
Dienstag, 18. Februar 2014 um 12:14
[…] zusammen und arbeitete hektisch am letzten Schliff zu unserem HSV-Konzept. Kai Butterweck (Indirekter Freistoß) hat eine Presseschau zum HSV erstellt. Jan Feddersen (taz) fordert: Der HSV muss […]