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Bundesliga

HSV – Schrecken ohne Ende

Kai Butterweck | Montag, 7. November 2016 Kommentare deaktiviert für HSV – Schrecken ohne Ende

HSV-Fans durchleiden gerade wieder einmal eine „Phase“ des unvorstellbaren Leids. Nach der Heimschlappe gegen Dortmund beträgt der Abstand zu einem Nichtabstiegsplatz bereits sechs Punkte. Und Besserung ist nicht in Sicht

Keine Ideen, kein Einsatz, kein Mut: Der HSV bleibt auch nach dem zehnten Spieltag auf dem letzten Tabellenplatz kleben. Christian Kamp (FAZ) ist sprachlos: „Das heillose Durcheinander in der Führung, die Eitelkeiten und Profilierungsversuche, die unablässig und dabei oft unrealistisch geschürten Erwartungen (nur zur Erinnerung: Platz sechs bis acht dürfe es schon sein, hatte Investor Kühne gefordert) – das alles hat ein Klima hervorgebracht, in dem einem das kickende Personal wirklich leidtun kann. Weil es in letzter Instanz ganz alleine dasteht, von allen guten Geistern verlassen, wie man sie in schwierigen Phasen auch einmal brauchen kann, um Halt zu finden. Die Wagenburg darf man sich im Herbst 2016 nicht als Hamburger Erfindung vorstellen.“

Dem Untergang geweiht

Patrick Krull (Welt) sieht schwarz: „Wäre der HSV eine mittelständische Firma in der Privatwirtschaft, würden Wirtschaftsberater dem Unternehmen eklatantes Versagen des Vorstands attestieren, unglückliches Handeln der mittleren Führungsebene und eine unmotivierte Belegschaft. Außerdem würde der Hinweis auf ein existenzbedrohendes Finanzproblem nicht fehlen, sollte nämlich Hamburgs externer Geldgeber (Kühne) die Lust am Löcherstopfen verlieren, gehen die Lichter aus. Weil der HSV aber in Hamburg trotz allem als Kulturbetrieb der leichten Muse gilt, wird er am Leben gehalten. Doch das ist mittlerweile nicht mehr als Dahinvegetieren. Wir erleben einen Klub, der dem Untergang geweiht ist. Das Wort Krise trifft es nicht mehr. Es steht viel schlimmer um den Klub.“

Gerd Gottlob (ndr.de) fordert grundsätzliche Veränderungen: „Ich glaube, dass der HSV einen radikalen Neuanfang braucht, damit die immer gleiche, derzeit völlig unrealistische und unangemessene „Wir sind ein Topverein“-Haltung ein Ende hat. Die werden einmal Zehnter nach zwei katastrophalen Jahren und geben das Ziel Platz sechs bis acht aus! Kühne haut 30 Millionen rein und dann muss das doch machbar sein. Was für eine verheerende Fehleinschätzung. Da der HSV zweimal dem Bundesliga-Tod von der Schippe gesprungen ist, gab es keinen erzwungenen Neuanfang. So wahrscheinlich wie in dieser Saison ist der Abstieg noch nie gewesen. Mit über 100 Millionen Verbindlichkeiten in die Zweite Liga? Das wird ein Überlebenskampf!“

Dem HSV fehlt ein zeitgemäßer Architekt

Peter Burghardt (SZ) zerstört Luftschlösser: „Dem HSV fehlt ein zeitgemäßer Architekt, der Klub lebt von der Vergangenheit. In der Gegenwart sind vor allem die Abwehr, aber auch Teile von Mittelfeld und Angriff kaum erstligatauglich. Dennoch gilt der HSV nach wie vor als gute Adresse, weil man da immer noch ordentlich verdient und Hamburg ein schöner Wohnort ist. Die Planer holen neue Spieler aus Barcelona oder vom FC Arsenal, ihrem gewünschten Niveau, doch der junge Alen Halilović ist vorerst nicht mal Ersatz, und der ältere Johan Djourou macht unerklärliche Fehler.“

HSV-Coach Markus Gisdol spricht nach dem Spiel gegen Dortmund von einer „schwierigen“ Situation. Frank Lüdecke (Tagesspiegel) kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen: „Ich muss ehrlich sagen, ich finde, das Wort „schwierig“ entspricht nicht ganz der aktuellen Hamburger Lage. Denn in dem Wort „schwierig“ steckt auch etwas Kämpferisches. Die Lage ist schwierig, aber … und dann kommt doch immer irgendwas Positives. Etwas, das Hoffnung vermittelt. Was sollte das sein, in Hamburg? Die Lage ist schwierig, aber wir haben ja einen neuen Trainer? Die Lage ist schwierig, aber wir vertrauen auf unsere Abwehr, die schon 23 Tore kassiert hat? Oder: Die Lage ist schwierig, aber Uwe Seeler ist immer noch ein toller Typ, auch mit 80? Wenn man realistisch ist, wird man es anders formulieren müssen. Die Lage ist schwierig, aber es hat noch keine Mannschaft geschafft, in der Bundesliga zu bleiben, die nach zehn Spieltagen nur zwei mickrige Punkte auf dem Konto hatte.“

Lasogga hat den Antritt eines Viertklässlers

Pit Gottschalk (reviersport.de) geht auf die Spieler los: „Der Mannschaft fehlt eine Achse, die in einer zuverlässigen Abwehr beginnt und über einen Stabilisator im Mittelfeld bis zu einer Anspielstation im Sturmzentrum reicht. Die Abwehrspieler Djourou und Spahic sind zu langsam. Cleber: nicht der Rede wert. Jung ist allen zentralen Anforderungen im Mittelfeld (zum Beispiel Übersicht, Ballverteilen, Raumdeckung) nicht gewachsen. Der Schlimmste von allen: Lasogga hat als Mittelstürmer den Wirkungskreis einer Telefonzelle, kein Ballgefühl und den Antritt eines Viertklässlers.“

Julian Meißner (sport1.de) hat das letzte Wort: „Kann man dem HSV eine erneute Rettung überhaupt noch wünschen? Angesichts der Konkurrenz im Abstiegskampf, die ihre Arbeit teilweise mit einem Bruchteil des Budgets, dafür aber solide und zielgerichtet erledigt? Wäre ein Jahr in der Zweiten Liga nicht das Richtige, um mit einem durchdachten Konzept wieder in die Spur zu finden und die Fans zurückzugewinnen? „Erste Liga, keiner weiß warum“, stand am Samstag dick und fett auf einem Banner im Volksparkstadion. Eine Frage, die sich nach dieser Saison vielleicht erübrigt hat. Selten hatte ein Klub den Abstieg so verdient wie der HSV.“

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