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Bringt das Abschiedsspiel für Kahn Klinsmann auf die Palme?

Oliver Fritsch | Mittwoch, 19. März 2008 Kommentare deaktiviert für Bringt das Abschiedsspiel für Kahn Klinsmann auf die Palme?

Oskar Beck greift in der Stuttgarter Zeitung das Abschiedsspiel für den privilegierten Oliver Kahn auf und schließt, dass Geld und Macht die wichtigsten Faktoren bei der Entscheidung des DFB gewesen seien. Zudem wundert er sich, dass das Thema von den Medien verschwiegen worden sei. Da kann man ihm nur empfehlen, den freistoss zu abonnieren.

Beck weist, einige andere Ex-Nationalspieler im Sinn, auf die seltsamen Begründungen („außergewöhnlicher, vorbildlicher, einzigartiger Sportsmann“) der Ausnahmeregelung hin und stört sich zudem an Kahns Manieren: „Man bekommt spontan Mitleid mit ein paar dieser von Kahn weit überragten anderen, von Jürgen Klinsmann über Jürgen Kohler bis Thomas Häßler, die als noch viel außergewöhnlichere, vorbildlichere und einzigartigere Welt- und Europameister auf 108, 105 und 101 Länderspiele zurückblicken und dabei weder Freund noch Feind je an die Gurgel gesprungen sind – hat ihnen am Ende aber doch diese ‚ungewöhnliche Art’ gefehlt, der Olli Kahn nun sein von der Nationalelf gekröntes Abschiedsspiel verdankt, und das mit lumpigen 86 Länderspielen und ohne jedes WM- und EM-Happy-End? Die Wege des Herrn sind unergründlich, vor allem aber die Wege des DFB.“

Auf den künftigen Bayern-Trainer und ehemaligen Nationaltrainer und dessen Meinung zu dem Thema kommt Beck vertiefend zu sprechen: „Warum Klinsmann diesen Laden auseinander nehmen wollte, wusste er schon als Spieler. Nach seiner Karriere als Kanone und Kapitän hat er anno 1998 beim damaligen DFB-Chef Egidius Braun wegen eines Abschiedsspiels nachgefragt, und die Antwort hieß Ja, worauf der rührige Schwabe zügig ein Konzept entwickelte, ein halbes Jahr lang die Sache generalstabsmäßig organisierte – bis ihm das DFB-Präsidiumsmitglied Karl Schmidt mittels Fax plötzlich die Umkehr des Braunschen Ja in ein Nein mitteilte. Abschiedsspiele der alten Art waren nicht mehr vorgesehen. Die Faust in der Tasche hat der Klinsmann aber erst recht geballt, als der DFB auch noch für Lothar Matthäus eine Ausnahme machte. (…) Das DFB-Jawort zu Kahn, hört man, bringt Klinsmann seit Tagen in Kalifornien auf die Palme.“

Batzen statt Hungerlohn

Angewidert erinnert uns Beck an den nachfolgenden Streit um Moneten: „Die Bayern und Matthäus gerieten sich in die Wolle, eine lausige Spendenmoral musste Rekordlothar sich bescheinigen lassen, und selbst der Letzte hat kapiert, dass bei so einem Abschiedsspiel nicht die Ehre zu stimmen hat, sondern die Kohle. Aufgrund eines grässlichen Sprachfehlers ist stets von ‚außerordentlichen Verdiensten’ die Rede – in Wahrheit ist aber das außerordentliche Verdienen gemeint. So ein Abschiedsspiel ist für alle Beteiligten eine Lizenz zum Gelddrucken.“

Kalkulierend-spekulierend berichtet Beck, was denn so drin sein wird für Kahns Konto: „Bis zu sieben Millionen Euro, munkeln Insider, sind mit Oliver Kahns Abschiedsspiel zu machen. Den dicksten Batzen, rund vier Millionen, schießt das Fernsehen zu. Das ist bei solchen Anlässen der Tarif, wenn die Nationalmannschaft mitspielt – würden stattdessen nur irgendwelche All Stars auflaufen, wäre lediglich ein TV-Hungerlohn von achthunderttausend Euro drin. So ungefähr war es damals bei Klinsmann, dem der DFB den Geldesel Nationalelf noch verweigert hat und der in eigener Regie dann kleinere Brötchen backen musste, die er komplett für soziale Zwecke gespendet hat.“

Beck entlarvt auch die Rechtfertigung des DFB für eine weitere Ausnahme, die drei Jahre zurückliegt: „Schon 2005 hatte sich geschwind eine zündende Begründung für das Vorhaben gefunden, die Eröffnung der Allianz-Arena vom FC Bayern und der Nationalmannschaft bestreiten zu lassen – kurzerhand erklärte der DFB, man werde künftig jedem Club, der seine Kicker schon für mehr als 1000 Länderspiele abgestellt hat, so ein ‚Freispiel’ gewähren.“

Ich sag ja: Klinsmann, der künftige Bayern-Trainer, wird Kahn auf die Bank setzen. Weitere Links: Hier zieht Theo Zwanziger Argumente an den Haaren herbei, um die Ausnahmegenehmigung für Kahn zu rechtfertigen. Hier sind Pressestimmen zur Eröffnung des Münchner WM-Stadion 2005. Hier gibt’s die Diskussion zu Uli Hoeneß’ Moraltrumpf.

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