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Bundesliga

Leverkusen und Bayern am Boden, Dortmund obenauf

Kai Butterweck | Montag, 17. Januar 2011 2 Kommentare

Nach dem beeindruckenden Sieg des BVB beim vermeintlich ärgsten Verfolger aus Leverkusen macht sich die Presse große Sorgen um aufkommende Langeweile in der Rückrunde. Außerdem: Personelle Zwickmühlen in Hamburg und Hoffenheim und Fragen an Louis van Gaal

Freddie Röckenhaus (SZ) schwärmt vom BVB: „Irgendwie erscheint das ewige Hochrechnen der Chancen zu profan für die Schönheit des Dortmunder Spiels. Ob nun Meister oder nicht: Selten hat eine deutsche Elf selbst das neutrale Publikum so mit ihrer puren Spielfreude und ihrer gutgelaunten Leichtfüßigkeit in Verzückung versetzt. Den zum Teil herbeigeredeten Prognosen von einem `Einbruch in der Rückrunde` erteilte Jürgen Klopps junge Elf eine atemberaubende Abfuhr. Für die Konkurrenz ist es keine gute Nachricht, dass die Dortmunder in der Winterpause den zuletzt nicht mehr hundertprozentig vollen Akku offensichtlich wieder aufladen konnten. Die Elf spielt und rennt jetzt selbst Gegner der Klasse von Bayer Leverkusen in Grund und Boden.“

Ein Debakel für Leverkusen

Stefan Hermanns (Tagesspiegel) befürchtet eine monotone Rückrunde: „26 Tage hat die Winterpause der Fußball-Bundesliga gedauert. 26 Tage musste sich Borussia Dortmund, der souveräne Tabellenführer, von einem Verdacht gerade verfolgt fühlen: dem Verdacht, dass die junge Mannschaft des BVB den selbst geweckten Erwartungen auf Dauer ganz bestimmt nicht standhalten könne, dass der Spitzenreiter doch noch ins Straucheln komme. Am 26. Tag hat Borussia Dortmund darauf eine ziemlich eindeutige Antwort gegeben. Zum Auftakt der Rückrunde musste die Mannschaft von Jürgen Klopp beim Tabellendritten Bayer Leverkusen antreten, dem mutmaßlich gefährlichsten Verfolger. Das Spiel war als vorzeitiges Finale um die Meisterschaft deklariert worden; wenn das stimmt, droht der Liga eine ziemlich langweilige Rückrunde. Das vermeintliche Spitzentreffen endete mit einem Debakel für die Leverkusener.“

Nach Ansicht von Roland Zorn (FAZ) gibt es für die Konkurrenz kaum noch Hoffnung: „Wer jetzt noch an der deutschen Meisterschaft von Borussia Dortmund zweifelt, kann nur ein notorischer Schwarzseher oder ein glühender Anhänger des FC Bayern München sein. Der BVB entledigte sich am Freitagabend zum Auftakt der Rückrunde in der Fußball-Bundesliga seiner vermeintlich schweren Aufgabe beim Tabellendritten Bayer Leverkusen mit Grandezza.“

Zweifel an der Trainerweisheit von Jupp Heynckes

Für Philipp Selldorf (SZ) hätte es im Spitzenduell durch frühere personelle Veränderungen auf Seiten der Bayer-Elf auch anders ausgehen können: „Die letzte halbe Stunde der Partie wurde einerseits ducrh ducrh den Spielstand geprägt – 0:3 – , der den Vorwärtsdrang des BVB dämpfte, und andererseits dadurch, dass Heynckes in der 60. Minute seine Besetzung schlagartig so verändert hatte, wie das viele der einheimischen Zuschauer bereits zur Pause ersehnt hatten. Nachdem der komplett wirkungslose Patrick Helmes, der ungewohnt unsichere Simon Rolfes und der ermattete Sidney Sam den Platz verlassen hatten, spielte Bayer unter dem Einfluss der eingewechselten Vidal, Derdiyok und Barnetta weit angriffslustiger. Und die Leverkusener Fans erhielten den schmerzlichen Eindruck, dass diese keineswegs vom Schicksal vorbestimmte Partie auch einen anderen Verlauf hätte nehmen können – wenn Heynckes eine Viertelstunde früher die Lehren aus der ersten Halbzeit gezogen hätte.“

Van Nistelrooy verkauft sein Anliegen mit Charme

Daniel Theweleit (Berliner Zeitung) prophezeit einen prominenten Abgang beim HSV: „Es ist eine alte Liebe entflammt im Herzen van Nistelrooys. Der 34-Jährige hat ein Angebot von den Madrilenen erhalten und will den Hamburger SV verlassen. Und zwar sofort. Klar, dass van Nistelrooy diese Schmeichelei verlockend findet. Zumal in Hamburg permanent Chaos herrscht. Trainer wechseln, der Präsident ist angeschlagen, einen Sportdirektor gab es lange gar nicht, nun ist Bastian Reinhardt da. Trotzdem wird Matthias Sammer umworben, es wird noch eine Weile dauern bis diese Situation sortiert ist. Zu lange für einen 34-Jährigen wie van Nistelrooy.  Dabei handelt es sich im Prinzip um einen dieser Erpressungsversuche, mit denen sich auch Schalkes Farfan und Hoffenheims  Ba aus ihren Verträge herauswinden wollten. Der einzige Unterschied: Van Nistelrooy verkauft sein Anliegen mit Charme. Denn statt zu streiken, hatte der Torjäger in Gelsenkirchen recht gut gespielt, nebenbei den Siegtreffer des HSV erzielt, und statt öffentlich einen Konflikt zu schüren, gewährte er Einblick in die Welt seiner Gefühle.“

Ein Tiefschlag für Demba Ba

Frank Hellmann (FR) sieht schwarz für die Zukunft von Demba Ba: „Stoke City hatte mitgeteilt, dass Hoffenheims streikender Stürmer beim Medizincheck durchgefallen sei. Dass der Deal nicht zustande kommt, ist ein Tiefschlag; auch für Ba, den derzeit von seinen diversen Beratern auf der Insel wie Sauerbier angebotenen Senegalesen. Was beim Angreifer gesundheitlich nicht stimmt, sagte Pulis nicht. Tanner hat nun ein handfestes Problem, denn national ist der 25-Jährige kaum mehr vermittelbar. Und auch international dürfte sich herumgesprochen haben, dass dem Provokateur ähnliches schon mal widerfahren ist.“

Fragen an den Bayern-Trainer

Klaus Hoeltzenbein (SZ) sucht nach Antworten von Louis van Gaal: „Spätestens jetzt, da die WM-Belastung vieler Profis als Entschuldigung wegfällt, richten sich konkrete Fragen an den Trainer: Warum hat er Schweinsteiger und Müller von jenen Positionen abgezogen, auf denen van Gaal selbst sie vergangene Saison so stark gefördert hat? Warum irrwandelt Schweinsteiger auf der Zehn, obwohl er auf der Sechs, wo er das Spiel stets vor sich hat, zum international respektierten Impulsgeber wurde?“

Christian Eichler (FAZ) sieht Thomas Kraft als einzigen Gewinner des Münchner Spiels: „  Er konnte zwar bei seinem ersten Bundesligaeinsatz das 1:1 seines Klubs nicht verhindern. Aber mit einem spektakulären Reflex hielt er in der Nachspielzeit der ersten Hälfte einen Strafstoß. Drei Bayern-Trainern war Kraft aufgefallen. Aber es musste Louis van Gaal kommen, der Mann mit dem Mut zum Talent, um ihm die große Chance zu geben, von der Torwartkarrieren abhängen: einen Platz auf der großen Bühne. Vielleicht wäre es schneller gegangen, wenn Kraft mehr von einem Selbstdarsteller hätte.“

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Kommentare

2 Kommentare zu “Leverkusen und Bayern am Boden, Dortmund obenauf”

  1. Jeff Kelly
    Dienstag, 18. Januar 2011 um 19:04

    Mich irritiert, dass die absolut skandalöse Schiedsrichterarbeit beim Spiel Nürnberg – Gladbach – ja in der Tat das ganze Spiel – nirgends erwähnt wird.

    Ein Schiedsrichter der selbst für seine Verhältnisse bei diesem Spiel die schlechteste Arbeit dieser Saison abgeliefert hat, mindestens 3 kapitale Fehlentscheidungen zu verantworten hat (darunter ein nicht gegebenes Tor und zwei klare Elfmeter) und großen Anteil am Endergebnis hat und es findet in der Presse noch nicht einmal Erwähnung.

    Hätte es eine ähnliche Situation bei einem Schalke-, Bayern- oder Dortmundspiel gegeben würde die deutsche Sportpresse Zeter und Mordio schreien und den Kopf des Schiedsrichters fordern, es gäbe wochenlange Abhandlungen über die Notwendigkeit des Videobeweises und mehr.

    Will ich ja gar nicht aber etwas anderes als komplette Nichtbeachtung hätte es schon sein dürfen.

  2. Felix Richter
    Mittwoch, 19. Januar 2011 um 16:34

    Zum Thema Leverkusen-Dortmund kann ich Phillip Selldorf nur zustimmen. War es zum Anpfiff noch verwunderlich, dass Heynckes mit Vidal einen der stärksten Spieler der Hinrunde auf die Bank setzte, so wurde das ganze spätestens nach der ersten Halbzeit schlicht und ergreifend fahrlässig. Die Präsenz Vidals fehlte dem Leverkusener Spiel an allen Ecken und Enden und vor allem im Zentrum, in dem der nervöse Bender und ein neben sich stehender Simon Rolfes das Spiel zu keinem Zeitpunkt unter Kontrolle bekamen. Zum Thema Patrick Helmes bleibt nur zu sagen, dass die Leverkusener Verantwortlich wohl nie so froh über einen Anruf von Dieter Hoeneß gewesen wären wie jetzt. Auch wenn das Wort Fehleinkauf bisher noch nicht gefallen ist, scheint Helmes‘ Zeit in Leverkusen doch spätestens im Sommer abzulaufen. Dann nämlich, wenn André Schürrle kommt. Das wäre dann neben Kiessling und Derdiyok der dritte Konkurrent für einen Patrick Helmes, der sich seit seiner Genesung beharrlich weigert am Leverkusener Kombinationsspiel teilzunehmen.

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