indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Bundesliga

Charakterlich nicht immer stabil

Oliver Fritsch | Freitag, 29. Oktober 2004 Kommentare deaktiviert für Charakterlich nicht immer stabil

Warum hat Gladbach Holger Fach entlassen, Daniel Theweleit (taz 29.10.)? „Charakterlich war der 42-Jährige nicht immer stabil. Inhaltlich hatte man wenig an seiner Arbeit auszusetzen, spielerisch gab es sogar gewisse Fortschritte. Fachs öffentliche Auftritte hingegen hinterließen bisweilen einen faden Geschmack. Schon in der vergangenen Saison hatte der Trainer mehrfach öffentlich an der Bundesligatauglichkeit seines Teams gezweifelt, damals betreute er jedoch eine Mannschaft, die seine Vorgänger zusammengestellt hatten. Als Fach Ende September verkündete, es fehle „auch dieses Jahr wieder die persönliche Klasse“, verlor er ein gewaltiges Stück Glaubwürdigkeit. (…) Das ungeduldige Präsidium mit Textilunternehmer Rolf Königs, Geschäftsführer Stephan Schippers und Vizepräsident Siegfried Söllner hat die Gelegenheit ergriffen und ihn rausgeworfen. Alles Herren übrigens, die nicht aus dem Fußball kommen, die aber das Unternehmen Borussia mit dem neuen Stadion zu einem florierenden Unternehmen formen wollen. Auch dieser Eindruck bleibt nach der Entlassung Fachs: Da treffen fachfremde Menschen sportliche Entscheidungen und scheinen bisweilen zu vergessen, dass Erfolge im Fußball, anders als ein Stadion, nicht am Reißbrett planbar sind.“

Imperator Rex

In Gladbach verspricht man sich viel von einem Neubeginn; __Gregor Derichs-_ (FAZ 29.10.) notiert die Hoffnung und Träume des Präsidenten: „Rolf Königs sprach mit geschliffenen Worten (…) Am Tag nach der Beurlaubung von Holger Fach umriß der Präsident von Borussia Mönchengladbach sein Anforderungsprofil für einen neuen Cheftrainer. Eine langfristige Lösung und keine „Job-Hopperei“ werde angestrebt, um den in die Abstiegszone zurückgefallenen Traditionsverein innerhalb der nächsten drei bis vier Jahre wieder stabil in die Bundesliga-Spitze zurückzuführen. Der in der Branche der Automobilzulieferer erfolgreiche Unternehmer, den die Westdeutsche Zeitung kürzlich als „Imperator Rex“ bezeichnete, hat vor allem ein Interesse: Klangvoll soll der Name des neuen Trainers sein, am besten mit einem internationalen Bekanntheitsgrad. „Der Cheftrainer ist der wichtigste Mitarbeiter des Vereins.“ Ein Mann von Format mit Weltklasseruf an seiner Seite – das fände Königs ideal. Der Unternehmer spricht gerne von „neuen Dimensionen“, vom Aufbau eines Images der „Marke Borussia Mönchengladbach“. Daß im neuen Borussia-Park wie von ihm geplant kein „neues Lebensgefühl“ entstanden ist, sondern die Frustration wegen der bescheidenen Punkteausbeute wieder groß, hat Fach den Job gekostet. Beim Ziel, den Verein so erfolgreich sein zu machen wie einst in den siebziger Jahren, handelt Königs nach eigener Einschätzung nicht ungeduldig, sondern konsequent. Gefühlsduseleien sind dem dynamischen Präsidenten fremd, der erstmals hauptverantwortlich für die Einstellung eines Cheftrainers ist. Es soll der große Wurf werden.“

Die Suche soll oben beginnen, mal sehen, wo sie enden wird

Horst Köppel, eigentlich ein Kandidat für die „Was-macht-eigentlich…?“-Rubrik – Christoph Biermann (SZ 29.10.): „Man spürte, wie sehr Köppel die Aufmerksamkeit genoss. Kein Wunder, das letzte Mal hat er vor weit mehr als einem Jahrzehnt in der Bundesliga als Trainer auf der Bank gesessen. Am 16. Mai 1992 war das, mit Fortuna Düsseldorf siegte er damals gegen den Hamburger SV – und stieg trotzdem ab. Im Laufe der Jahre hatte sich Köppel immer weiter in windgeschützte Ecken des Trainergeschäfts zurückgezogen. Über Innsbruck, die Red Urawa Diamonds in Japan, das Amateurteam von Borussia Dortmund war es gegangen und zuletzt heim nach Gladbach. „Ich habe immer gesagt, dass man im Fußballgeschäft nie nie sagen soll“, erzählte er, und da merkte man, wie viel Spaß ihm die Phantasien machten, dass aus dem Spiel gegen die Bayern „vielleicht ein paar mehr werden“. Außerdem wäre es schließlich was, wenn man gerade aus dem stillen Winkel gesprungen gleich mal den alten Rivalen stürzen würde. Doch Träumereien hin, Unwägbarkeiten der Branche her, so richtig wird es den Coach Horst Köppel beim Bundesligateam der Borussia nicht geben. Nun werden die Mittel der modernen Welt ins Feld geführt. „Wir werden benchmarken“, erklärte Königs, was nicht etwa der englische Begriff für die Suche nach dem ist, der demnächst sein Revier auf der Gladbacher Bank markiert. Der erfolgreiche Textilunternehmer hatte die Sprache der Betriebswirte mit ins Stadion gebracht (…) Die Suche soll oben beginnen, mal sehen, wo sie enden wird.“

Kommentare

Comments are closed.

  • Quellen

  • Blogroll

  • Kategorien

  • Ballschrank

118 queries. 0,433 seconds.