indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Deutsche Elf

Er denkt und handelt amerikanisch

Oliver Fritsch | Donnerstag, 23. Dezember 2004 Kommentare deaktiviert für Er denkt und handelt amerikanisch

Thomas Kilchenstein (FR 23.12.) stellt Jürgen Klinsmann ein sehr gutes Zeugnis aus: „Binnen kurzem hat er wahr gemacht, was er nach seinem Amtsantritt Ende Juli dieses Jahres angekündigt hatte, nämlich dass „man im Grunde den ganzen Laden auseinander nehmen“ müsse. Das hat man schon oft gehört, Klinsmann handelte entsprechend, jedenfalls im unmittelbaren Umfeld der A-Mannschaft. Nur die wenigsten hatten ihm ein solches Tempo zugetraut: Im Auftreten ist er verbindlich, umgänglich, er lächelt viel. Aber er denkt und handelt amerikanisch: schnell, kühl, messerscharf, kompromisslos.“

Was halten wir von Jürgen Klinsmann als Bundestrainer? Und vor allem: Wie beurteilen wir die Berichte über ihn, die „Klinsmania“, wie die taz ungläubig feststellt? Hat Klinsmann tatsächlich die „geistig-sportliche Wende“ (FAZ) im deutschen Fußball bewirkt? Die Zeit schreibt: „Er begeistert, er hat es geschafft, dass seine Leute wieder an sich glauben. Er gilt als Deutschlands mutigster Reformer.“ In der SZ lesen wir: „Seit Klinsmann den Posten des Bundestrainers übernommen und programmatisch revolutioniert hat, sind Länderspiele keine isolierten Sportveranstaltungen mehr, sondern kulturschaffende Ereignisse.“ Die FR stimmt ein: „Die deutsche Nationalmannschaft ist wieder zu einem Erlebnis geworden.“ Vereinzelt sind mahnende Sätze und Texte zu finden. Der Spiegel will Sein von Schein trennen: „Die Figur Klinsmann wirkt wie eine einzige Marketing-Inszenierung. (…) Seine Sprache, die Bewunderer an Führungskräfteseminare und Skeptiker an Psychosekten erinnert, lebt vom gleichen Schlagworte-Pathos wie die Produktpräsentationen der Sportartikelindustrie.“ Und die taz resümiert unerbittlich: „Am meisten überzeugt der Schwabe bisher in seiner Rolle als öffentlicher Schönredner.“ Also, liebe freistoss-Leser: Was ist dran an der Klinsmann-Euphorie, die auch eine Verkleinerung Rudi Völlers bedeutet? Wie ist die – vereinzelte, aber deutliche – Kritik an ihm zu verstehen? „Klinsmanns Methoden der Motivation werden sich schneller verbrauchen als ihm lieb ist“, sagt my.pov voraus. Diskutieren Sie mit ihm, anderen Usern und mir in der Südkurve!

Bildstrecke 2004, faz.net

Bildstrecke der Aisen-Reise, Zeit

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