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Deutsche Elf

Vernachlässigung sämtlicher Folklore

Oliver Fritsch | Mittwoch, 17. August 2005 Kommentare deaktiviert für Vernachlässigung sämtlicher Folklore

Holland gegen Deutschland unter van Basten und Klinsmann – Christof Kneer (SZ 17.8.) hofft auf Abschied von Klischee und Abscheu: „Einige Zeitungen haben Hölzenbeins Schwalbe aus dem 74er-Finale abgedruckt, andere haben Bilderserien vom spuckenden Rijkaard veröffentlicht, und wieder andere haben genüsslich den ungezogenen Koeman gezeigt, der sich mit Thons Trikot rückwärtig reinigte. Und heute? Heute ist es so, dass am Tag vor dem Spiel noch 15 000 Tickets übrig sind, und nur die scharfen Sicherheitsvorkehrungen rund ums berüchtigte Stadion De Kuip erinnern an Kampfhandlungen früherer Tage. Selten wohl war die Chance größer, dieses Fußballspiel unter Vernachlässigung sämtlicher Folklore einfach als Fußballspiel zu begreifen. Man darf es erholsam finden, dass der Tonfall jetzt von zwei straffen Sportlehrern geprägt wird, die von außerhalb des Verbandes stammen und sich lieber mit ihrem kühlen Reformertum beschäftigen als mit der Hitze der Geschichte. Und siegen wollen sie vor allem, um ihre Projekte glaubwürdig zu machen.“

Verwässerung

Andreas Lesch (BLZ 17.8.) könnte auf Dietmar Hamann und Christian Wörns verzichten: „Was soll das? Natürlich war die Rückholaktion der Routiniers lange geplant. Aber haben die Ereignisse beim Confederations Cup Klinsmanns Pläne nicht überholt? Bei diesem Turnier haben gerade die Frische und der Übermut eines jugendlichen Teams die Zuschauer begeistert. Nun aber fügt Klinsmann plötzlich zwei Akteure ein, die so gar nicht zu diesem neuen deutschen Stil passen wollen. (…) Es wird spannend sein zu beobachten, inwieweit die beiden Personalien Klinsmanns Reformen verwässern, wie stark sie die Spielweise der Mannschaft verändern, ob sie von Dauer sind. Und: Ob die Rückkehrer eine neue Denkweise prägen.“

FR-Interview mit Christian Wörns (leider nicht als Podcast)
Welt-Interview mit Wörns
SZ: der Konkurrenzkampf im Nationalteam wird weiter verschärft

Homogen

Christoph Biermann (SZ 17.8.) schreibt über den Zweck der Verpflichtung Marco van Bastens als Hollands Nationaltrainer: „Die Entscheidung für van Basten war der Wechsel zu einem radikalen Neuanfang. Zunächst schien sich mit van Basten die holländische Fußballideologie vom mooi voetbal, vom schönen Fußball, in ihrer übergeschnapptesten Form durchzusetzen. Er sollte attraktiv spielen und zugunsten eines Neuaufbaus der Nationalmannschaft wurde ihm sogar erlaubt, die WM 2006 zu verpassen. Es geschah jedoch das Gegenteil: Die holländische Mannschaft hat keines ihrer zehn Spiele unter van Basten verloren, spielerisch aber nicht immer überzeugt. Doch niemand hält ihm das vor, weil das Team vieles von dem abgestreift hat, was die Fans im eigenen Land immer nervte. Auf mitunter schon unheimliche Weise hat er aus einer Fülle von Neulingen und einigen alteingesessenen Spielern eine Mannschaft geformt, die so homogen als Team arbeitet wie seit der WM 1998 unter Guus Hiddink keine holländische Nationalmannschaft mehr.“

FAZ: Marco van Basten ist wie Leonardo da Vinci
BLZ: Denny Landzaat ist Hollands kreativer Geist im Mittelfeld
BLZ: Rückblick auf deutsch-holländische Rivalität
Bildstrecke: Deutschland-Holland – ein Klassiker, sueddeutsche.de

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