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Deutsche Elf

Noch in der Beweispflicht

Oliver Fritsch | Mittwoch, 7. Juni 2006 Kommentare deaktiviert für Noch in der Beweispflicht

Vermutlich erwarten Beckenbauer, Netzer und ihre Stammtischbrüder, daß Michael Ballack seine Mannschaftskameraden mal vor aller Welt so richtig zur Sau macht – das würde ihrer Vorstellung von einem Führungsspieler entsprechen. Michael Horeni (FAZ) hegt andere Ansprüche an den Kapitän und verweist auf die Differenz zwischen dem Image Ballacks im Inland un dem im Ausland: „Michael Ballack ist ein bedeutender Teil der globalen Fernseh- und Marketinginszenierung. Er ist der einzige Weltstar, den der deutsche Fußball noch zu bieten hat, und es ist auffällig, wie die öffentlichen Bilder zerfallen von Michael Ballack, in ein nationales Image und ein internationales. In Deutschland gibt es einen Michael Ballack als verständigen, weichen Mann, ausgestattet mit einer gewissen Selbstironie. Der dreifache Familienvater findet in den Spots eine Nähe zu Kindern, die ihm bewundernd die Hand reichen oder ihn auffordern, die Weltmeisterschaft zu gewinnen, nur damit das Bahnfahren ein paar Monate länger günstig bleibt. Aber dann gibt es auch noch den Ballack von Ausrüster Adidas, die international ausgerichtete Kampagne. Sie produziert ein anderes, hartes Bild von Ballack. Es hängt derzeit riesenhaft auf Megapostern an Hochhäusern. Ballack wirft sich in Pose. Er reckt sein Kinn wie ein griechischer Olympiakämpfer. Er sieht sehr männlich aus, fast kriegerisch, ein Kämpfer für Deutschland. Ein Feldherr. Nur so nimmt ihn das Ausland wahr. In Deutschland aber überschneiden sich die zwei Bilder, die eigentlich nicht zusammenpassen, aber sie sagen viel aus über die Vorstellungen der Deutschen, was ihr bester Fußballspieler in sich verkörpern soll. Ein sensibler und bluttriefender Kapitän, das wäre es wohl. Vielleicht glaubt Michael Ballack auch tatsächlich, beide Rollen ausfüllen zu müssen. Ballack ist der mit Abstand beliebteste Fußballspieler der Nation, und das liegt an seiner weichen Seite. Aber einigen Fußballexperten ist dieser Ballack nicht genug. Zu weich, zu soft, sagen sie. Es ist schon seltsam, daß der Kapitän der Nationalmannschaft auch mit bald 30 Jahren, nach drei deutschen Meisterschaften, zwei Pokalsiegen und der Tatsache, daß er die deutsche Mannschaft vor vier Jahren mit zwei außergewöhnlichen Momenten ins WM-Finale brachte, noch immer den Beweis erbringen muß, eine Mannschaft erfolgreich führen zu können.“

SZ: Die Wade der Nation – der verletzte Michael Ballack will gegen Costa Rica spielen

Tagesspiegel-Interview mit Michael Ballack

Im verwörnsten Vorstopperland

Christof Kneer (SZ) erblickt in Christoph Metzelder die Zukunft der deutschen Abwehrschule: „Wie es Metzelder in dieses Turnier geschafft hat, das allein ist schon eine spezielle Geschichte. Am Anfang schien es ja so zu sein, als hätten sie die WM 2006 allein für ihn erfunden, oder vielleicht war das auch umgekehrt. Vielleicht hat Rudi Völler Christoph Metzelder erfunden, er hat diesen 21jährigen No-Name einfach mit zur WM nach Asien genommen, nachdem ihm die Altvorderen Nowotny und Wörns verletzt ausgefallen waren. Als der No-Name sechs Wochen später wieder deutschen Boden betrat, war der Prototyp einer neuen Generation aus ihm geworden. Christoph Metzelder war der erste Vertreter der so genannten Generation 2006, und nach dem WM-Finale in Yokohama ist Pele auf ihn zugelaufen und hat ihn umarmt, die anderen deutschen Spieler hat Pele nicht mal angeschaut. Bald buhlte Real Madrid um diese junge Abwehrbegabung, die einem ziemlich verwörnsten Vorstopperland eine Ahnung vermittelt hatte, wie das Abwehrspiel der Zukunft aussehen könnte. Die Zukunft ist dann bekanntlich ausgefallen; zweimal wurde Metzelder an der Achillessehne operiert, viel hat nicht gefehlt, und die Zukunft hätte ihre Karriere wegen Sportinvalidität beendet. Jetzt hat Metzelder von der Dortmunder Ersatzbank aus doch noch den Weg zurück in die Zukunft gefunden, aber erstaunlicher als das ist die Rolle, die er darin spielen soll. Nicht nur, dass er mit Per Mertesacker wohl die deutsche Innenverteidigung verantworten wird; wer Klinsmanns Aussagen der vergangenen Wochen auswertet, darf davon ausgehen, dass Metzelder den inoffiziellen Titel ‚Abwehrchef‘ für sich reklamieren darf. (…) Christoph Metzelder ist das vielleicht kühnste Experiment des experimentier-freudigen Bundestrainers.“

FR-Interview mit Metzelder

FAZ-Interview mit Tim Borowski

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