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Deutsche Elf

Taktische Mängel

Oliver Fritsch | Dienstag, 20. Juni 2006 Kommentare deaktiviert für Taktische Mängel

Philipp Selldorf (SZ) erläutert die Unreife Lukas Podolskis, gibt ihm aber im Zwist mit der ARD recht: „Gegen eine satirische Reihe, die der WDR auf seiner Jugendwelle ‚1 Live‘ sendet, setzt sich Podolski zur Wehr, indem er gleich die ganze ARD in Haftung nimmt: Mit einem Interviewboykott, der für Fernsehen wie Rundfunk gilt. Der DFB unterstützt ausdrücklich die Strafaktion. Das Ganze klingt nach Nötigung, ist es auch – und doch kann man es nicht verwerflich finden. Wenn Podolski beklagt, die Reihe ziele ‚unter die Gürtellinie‘, indem sie ihn als primitiven Dummkopf darstellt, dann hat er recht. Es ist eine armselige Sorte Komik, beleidigend und verletzend. Andere Missverständnisse um Podolski aber werden sicher noch eine Weile anhalten, denn sie sind grundsätzlicher und sportlicher Natur. Viel zu lange wurde die Frage ignoriert, was für eine Art Stürmer Lukas Podolski eigentlich ist, weil allein seine spektakulären Tore und seine speziellen Fähigkeiten im Mittelpunkt standen. Er hat einen famosen Schuss, einen sechsten Sinn für den richtigen Stand- und Startplatz und gelegentlich ein exzellentes Pass-Spiel. Aber er hat auch arge Defizite, die auf einer schlechten Erziehung in seinem Klub beruhen, was wiederum darauf zurückgeht, dass Podolski schon als Teenager in den Heiligenstatus versetzt worden ist. Die Privilegien, die ihm beim FC zufielen, die täglichen Oden der Verehrung, die ihm in Köln gewidmet wurden, haben ihn ein wenig verdorben, Allüren haben sich in sein Spiel gemischt, und so korrespondiert eine fehlgelenkte Entwicklung mit einigen natürlichen Unzulänglichkeiten: Podolski hat taktische Mängel bei der Vorneverteidigung, er läuft sich selten effektiv frei, und er bewegt sich zu wenig ohne Ball. Schwächen im Zweikampf und im Durchsetzungsvermögen kommen dazu.“

BLZ: Da kann der Poldi nicht mehr lachen – Lukas Podolski klagt gegen WDR wegen Hörfunk-Satire

FAZ: Lukas Podolski außer Form?

Mittelfeldgewurstel

Matti Lieske (BLZ) stellt vor dem Spiel gegen Ecuador klar: „Fußballbegegnungen werden häufig vom Resultat her bewertet. So gesehen gilt das Match gegen Polen als der deutsche Urknall bei dieser Weltmeisterschaft, sowohl für die Fans als auch für die Mannschaft. Wer soll uns noch aufhalten auf dem Weg zum Finale, nach diesem fantastischen Match? Etwa die Highlander aus Ecuador, die nur so rasant kicken können, weil ihr Hämoglobinwert am oberen Ende der Sachenbacher-Skala rangiert? Niemals! Dass die Polen-Partie, bei nüchterner Betrachtung, bis zu Oliver Neuvilles Tor ein engagiertes, intensives, aber auch wenig inspiriertes Mittelfeldgewurstel darstellte, geht dabei völlig unter. Es ergaben sich zwar einige gute Torchancen, aber die waren fast immer Zufall oder Philipp Lahm geschuldet. Wäre es beim 0:0 gegen diesen verunsicherten Gegner von mittelmäßiger Solidität geblieben, hätte es saftige Kritik gegeben.“

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Verteidigungsmonstrum

Timo Frasch (FAZ) nennt Stärke und Schwäche Ecuadors: „Auf der Suche nach Erklärungen für den bisherigen Erfolg Ecuadors argumentieren die Fachleute, daß Trainer Luis Fernando Suarez über eine gewachsene Mannschaft verfüge, deren Mitglieder sich seit vielen Jahren aus der heimischen Liga kennen. Das stimmt, und das bedeutet, daß sich die Spieler in ihrem 4-4-2-System, das die Nationalmannschaft und die wichtigsten ecuadorianischen Vereine seit Jahren praktizieren, prächtig verstehen. Das bedeutet aber auch, daß die meisten Spieler an das Tempo der besten Ligen nicht gewöhnt sind. Es bedeutet, daß der Nachschub an gutem Nachwuchs nicht allzu üppig sein kann und daß die wichtigsten Spieler wie Ivan Hurtado oder Ulises de la Cruz schon jenseits der Dreißig sind. Während man jedoch bei Frankreich von Überalterung spricht, ist bei Ecuador von Routine die Rede.“ Erik Eggers (FTD) fügt hinzu: „Ihr zur Schau gestellte Selbstbewusstsein ist das Ergebnis eines Spielstils, die der romantisch-poetischen Ader des Trainers widerspricht. Die beiden Siege waren nicht das Resultat eines kreativen Rausches, sondern das eines Konzepts, das auch ein Fußballcomputer programmiert haben könnte. Keine andere Mannschaft bei dieser WM befolgt derart ferngesteuert das 4-4-2-System argentinischer Schule, mit dem die Nationalmannschaft schon beim Vorrunden-Aus 2002 antrat. Fast alle Spieler sind technisch stark. Dennoch wirken sie nicht als Künstler, sondern als Teil einer Taktikmaschine: Suárez’ Vorgaben werden humorlos und effizient vollstreckt. Verantwortlich für den Erfolg ist die Defensive. (…) Wie das Verteidigungsmonstrum bei Rückstand reagiert, ist noch unklar.“

Tsp: Ekuadors Team ist vor dem Deutschland-Spiel entspannt und selbstbewusst

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