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Bundesliga

Ohne Ribéry nur Normalmaß?

Oliver Fritsch | Dienstag, 12. Februar 2008 Kommentare deaktiviert für Ohne Ribéry nur Normalmaß?

19. Spieltag, Teil 2: der „Super-Sonntag“ – Kritik an der strategischen Schiedsrichterschelte Uli Hoeneß’ und Thomas Dolls / Bastian Schweinsteiger, Verlierer beim 1:1 der Bayern gegen Bremen / Schalke scheint nach dem Sieg in Dortmund wieder zurück im Titelkampf

Klaus Hoeltzenbein (SZ) will sich die Unverschämtheiten der Herren Hoeneß und Doll gegenüber den Schiedsrichtern nicht länger gefallen lassen: „In einem Spiel, das immer schneller und verbissener wird, das die Abseitsregel immer komplizierter auslegt, muss man sich nicht wundern, wenn versucht wird, mit dieser Rechtsunsicherheit Politik zu betreiben. Es sind meist ja nicht emotionale, sondern strategische Aussagen, die getroffen werden. Hoeneß denkt nicht an das vergangene, er denkt schon an das nächste Abseits – er setzt auf die Drastik seiner Rhetorik, damit im Zweifel auch einmal für Luca Toni entschieden wird. Eine Sportart, die sich beharrlich weigert, das Schiedsgericht mittels optischer Hilfsmittel zu entlasten, muss solche Debatten aushalten. Beängstigend ist nur, welche Qualität diese unter zunehmendem Finanz- und Wettkampfdruck entwickeln. In Dortmund hat der Trainer Doll richtigerweise gesagt, man müsse sich ‚auch ans eigene Näschen’ fassen, ehe er fatalerweise ausführte, warum die Rote Karte gegen Dede keine gewesen sei. Wer Fußball als Beruf angibt und solche Behauptungen auch nach dem Videostudium des Fouls aufrechterhält, sollte künftig bestraft werden: mit Ans-Näschen-Fassen nicht unter drei Monaten.“

Jörg Hanau (FR) unkt: „Mit Ribéry, da waren sich alle Bayern einig, wäre mehr herausgesprungen als nur dieser eine Punkt. Ohne Ribéry ist die kleine Weltauswahl auf Normalmaß zurechtgestutzt. Eine traurige, eine teure Wahrheit, die sich die Bayern da zurechtgeschustert haben. Aber ist sie auch real? Haben es sich die Bayern-Stars nicht vielmehr einreden lassen, dass es ohne das Genie aus Boulogne-sur-Mer nicht gehen kann?

Schonzeit vorbei

Elisabeth Schlammerl (FAZ) stempelt Bastian Schweinsteiger beim 1:1 gegen Bremen zum Verlierer des Tages: „Das Spitzenspiel hätte für Schweinsteiger ein Neubeginn sein können. Er hätte sich in Abwesenheit des verletzten Franck Ribéry auf seiner Lieblingsposition profilieren und die Diskussion, dass der Tabellenführer allzu abhängig sei von seinem französischen Superstar, beenden können. Hätte. Am Ende hat Schweinsteiger wieder einmal eine Chance ungenutzt verstreichen lassen. Es muss für Schweinsteiger bitter gewesen sein, nach seiner Auswechslung unter Pfiffen mit anzusehen, wie Toni Kroos die Aufgabe auf seiner Position interpretierte. Das gerade 18 Jahre alte Talent hat Ottmar Hitzfeld Argumente geliefert, es am beim FC Aberdeen doch einmal mit ihm als ‚Ersatz-Ribéry’ zu versuchen. Kroos‘ Flanken kamen ziemlich präzise, er suchte den direkten Weg zum Tor, und ein frecher Distanzschuss verfehlte nur knapp das Tor. Schweinsteigers Schonzeit in München müsste langsam vorbei sein.“

Hoeltzenbein schreibt noch zwei anderen Bayern-Spielern einen Blauen Brief: „Wer wissen will, was bei den Bayern – neben einem verschossenen Elfmeter von Luca Toni – noch so alles schief gelaufen war, der konnte sich dieses Mal sehr einfach durch die Lektüre des Spielschemas informieren. Selten einmal hatten Auswechslungen mehr Aussagekraft darüber, wo es in einer Elf hakt: Erst ging Schweinsteiger für Kroos, dann wurde Klose durch Podolski ersetzt, kurz darauf kam Sosa für Sagnol. Drei Berühmtheiten des Vereins, drei vermeintliche Stützen dieser Gesellschaft, denen der Trainer an einem richtungsweisenden Heimspielabend das Vertrauen entzog. Warum scheint der Verein jeden pädagogischen Draht zu Bastian Schweinsteiger verloren zu haben? Weshalb zeigt dieser mehr Präsenz bei Filmpreisverleihungen und Fernsehgalas, auf denen seine Freundin das aufregendste Kleid des Abends trägt? Wo hat Miroslav Klose, gesegnet mit allen Talenten eines Angreifers, seinen Sturm und Drang verloren; warum wirkt er wie gelähmt von schwerer Melancholie? Und zum Pensum von Willy Sagnol meinte Franz Beckenbauer in galliger Fürsorge, der Franzose müsse aufpassen, dass er sich ‚keine Erkältung’ hole.“

Am Samstag war von Schlammerl in etwas erstauntem Ton noch über Miroslav Kloses gelungene Integration in München die Rede: „Er hat sich reibungslos integriert. Dabei fehlt ihm auf dem Platz jene Eigenschaft, die eigentlich Voraussetzung ist, um im Münchner Starensemble nicht unterzugehen: eine Portion Egoismus. Zu selbstlos gibt Klose den Ball manchmal dem in seinen Augen vielleicht einen Tick besser postierten Mitspieler ab, statt selbst die Chance zu nutzen. Die meisten Spieler, die ähnlich dachten, sind nach ihrem Wechsel zum FC Bayern gescheitert. Wer sich klaglos hinten anstellte, seine Interessen nicht mit dem nötigen Nachdruck durchzusetzen versuchte, blieb höchstens ein Mitläufer. Jüngstes Beispiel ist Valérien Ismael. Der Franzose war als Stütze der Bremer Abwehr nach München gekommen. Der lange sehr höfliche, aber eben manchmal zu höfliche Verteidiger hat bis zu seiner schweren Verletzung zu sehr den Ausputzer für Lucio gegeben und somit oft sehr schlecht ausgesehen. Sein Aufbegehren kam zu spät und war – kurz vor seinem Wechsel nach Hannover – auch unpassend. Geschafft haben es in München bisher diejenigen, die neben großer Klasse auch ein großes Selbstbewusstsein hatten wie Michael Ballack, Stefan Effenberg oder Giovane Elber. Selbst Torsten Frings als gestandener Nationalspieler konnte sich in München nicht durchsetzen, er blühte erst bei Werder wieder auf. Ähnlich war es knapp zehn Jahre zuvor Andreas Herzog ergangen. Nach nur einem Jahr bei Bayern kehrte der Österreicher damals ins beschauliche Bremen zurück. Und wie es bei Lukas Podolski ausgeht, ist noch nicht entschieden.“

Die Spitze nicht mehr außer Reichweite

Richard Leipold (FAZ) rechnet nach dem 3:2-Sieg in Dortmund wieder mit Schalke 04: „Der ‚Supersonntag’ hat Schalke wieder dorthin gebracht, wo der Klub seinem Selbstverständnis nach hingehört, wo er auch mindestens stehen muss, um Aufwand und Ertrag in ein angemessenes Verhältnis zu bringen: auf den dritten Tabellenplatz. Der Rückstand auf Bremen ist auf zwei Punkte geschrumpft, und sogar Spitzenreiter Bayern München ist, bei fünf Punkten Abstand, nicht mehr außer Reichweite. Sollte Schalke nach dem besten Rückrundenstart aller Spitzenmannschaften gar als Überraschungskandidat in den Kampf um die Meisterschaft eingreifen? Noch wagen sie es nicht auszusprechen.“

Freddie Röckenhaus (SZ) hält dem Dortmunder Trainer seine Analyse entgegen: „Den charmanten Sonnyboy, den Thomas Doll als Standard in seinem Repertoire hat, konnte man an diesem Derbyabend beim besten Willen nicht entdecken. Während Dolls Gegenstück, Mirko Slomka, in sanfter Rhetorik das übliche Rumpeln des 131. Ruhrpott-Duells entschärfte, gab Dortmunds gefrusteter Trainer den schlechten Verlierer und moserte reichlich unelegant gegen den Schiedsrichter. Das 2:3 gegen Schalke wollte Doll zu großen Teilen Peter Gagelmann anlasten – und das in einem Stil, der dem Debakel von Dortmunds Abwehr beinahe ebenbürtig war. Dabei waren sich selbst hartgesottene BVB-Anhänger einig, dass Doll sich besser die Abwehrarbeit seiner Mannschaft vorgenommen hätte.“

NZZ: Väter der Klamotte – Eintracht Frankfurt mit dem Duo Bruchhagen/Funkel im Aufwind

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