Bundesliga
Tendenz fallend
| Montag, 12. Dezember 2011Kurz vor der Winterpause rückt der Bundesliga-Keller immer dichter zusammen. Auch die Blicke beim VfL Wolfsburg und bei Hertha BSC richten sich nach dürftigen Wochen immer weiter Richtung Niederungen der Tabelle
Nach zuletzt drei Spielen ohne Sieg wird die Luft für die Wolfsburger immer dünner. Peter Ahrens (Spiegel Online) knöpft sich VfL-Coach Felix Magath vor: „Der Wolfsburger Trainer macht es seinen Kritikern derzeit überaus einfach. Magath-Bashing ist zu einer der leichtesten Übungen, fast schon zu Folklore geworden, der Trainer liefert bereitwillig die Vorlagen dazu. Der 58-Jährige hat nach dem Bremen-Spiel das gesagt, was er immer sagt: Dass der Kader nicht bundesligatauglich sei, dass man auswärts katastrophal auftrete, dass es Spieler beim VfL gebe, denen die Qualität abgehe. Selten hat ein Coach seine eigene Arbeit so konsequent schlechtgeredet. Seine mantrahaften Wiederholungen über das fehlende Niveau im Kader gehören mittlerweile zum allwöchentlichen Grundrauschen eines Bundesliga-Nachmittags. Ein Kader, den er zu großen Teilen selbst zusammengestellt hat.“
Es war nur eine Frage der Zeit, bis das schief geht
Sebastian Gierke (sueddeutsche.de) hinterfragt die taktische Einstellung der Wolfsburger: „Die Abwehr der Wolfsburger rückte weit raus, die Viererkette empfing den Gegner schon weit vor dem eigenen Sechzehnmeterraum. Doch Felix Magath muss sich fragen lassen: Kann das gegen schnell konternde Bremer die richtige Taktik sein? Die meiste Zeit des Spiels befanden sich jedenfalls alle Wolfsburger Feldspieler zehn Meter links und rechts von der Mittellinie entfernt. Bremen ließ sich davon aber nicht eine Sekunde lang einschüchtern, immer wieder ignorierte Werder den massiven Wolfsburger Abwehrblock einfach – mit langen Pässen. Hin und wieder standen sie dabei im Abseits. Knapp, ganz knapp. Nach 15 Minuten waren sie schon fünf Mal in aussichtsreicher Position zurückgepfiffen worden. Vier Mal davon war die Entscheidung zumindest diskussionswürdig. Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, bis das für Wolfsburg schief geht.“
Stefan Rommel (spox.com) zuckt ratlos mit den Schultern: „Wären die Bremer nicht noch fahrlässiger mit ihren Gelegenheiten umgegangen als der VfL, hätte der Ausflug nach Bremen für die Gäste in einem echten Debakel enden können. Nahe der Selbstaufgabe torkelte die Mannschaft in der zweiten Halbzeit ihrem Schicksal entgegen, unfähig, sich der Bremer Angriffe zu erwehren, die phasenweise im Minutentakt durch die Wolfsburger Defensive schnitten. Dass die Wölfe im Gegenzug recht passabel selbst nach vorne spielten, kaschiert die wahren Probleme vielleicht ein bisschen. Eine nachhaltige Lösung ist aber auch nach der Hälfte der Saison nicht ansatzweise in Sicht.“
Magaths Konzept ging völlig daneben
Frank Heike (FAZ) vermisst vor allem Grundfestigkeit und Einklang im Defensivbereich der Werks-Elf: „Das Prinzip Defensive darf als gescheitert gelten. Mit sieben auf Abwehr ausgerichteten Feldspielern versuchte es der Wolfsburger Trainer Felix Magath am Samstag bei Werder Bremen in der ersten Halbzeit. Nur Mario Mandzukic als einzigen Stürmer und die ihm bei Ballbesitz assistierenden Dejagah und Orozco bot Magath als Offensivkräfte auf. Hinten sicher stehen und dann kontern, das war das Konzept. Es ging völlig daneben. Magaths Mannschaft fehlte es trotz der ultradefensiven Ausrichtung an der nötigen Statik und Abstimmung, um zu bestehen: zur Pause führte Werder 2:0. Und als der VfL in der zweiten Halbzeit aufkam und ein paar Minuten anrannte, nutzte Werder den ersten Konter zur Entscheidung.“
Wechselhafte Berliner Seele
Hertha BSC hat seit fünf Spieltagen nicht mehr gewonnen. Beim anspruchsvollen Hauptstadt-Publikum macht sich langsam Unruhe breit. Boris Herrmann (SZ) beobachtet in Berlin ein emotionales Wechselbad der Gefühle: „Bis zum Schalke-Spiel hieß es: Der Aufsteiger hat erst viermal verloren. Jetzt wird die Statistik so herum gelesen: Hertha hat nur viermal gewonnen. Für den Verein, vor allem aber für Markus Babbel beginnt nun eine sehr kurze, sehr kritische Phase, die aus einem Ligaspiel in Hoffenheim und einem Pokalspiel gegen Kaiserslautern besteht. Mit zwei Siegen könnte sich die Hertha bis dahin im Tabellenmittelfeld einnisten und zum dritten Mal in diesem Jahrtausend das Viertelfinale im Pokal erreichen. Wer die wechselhafte Berliner Seele kennt, der ahnt, wie schnell dann wieder Großstadt-Euphorie ausbräche in und um Charlottenburg. Bei zwei Niederlagen aber dürften die Wettquoten auf einen neuen Hertha-Trainer im Januar dramatisch einbrechen.“
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Auch Stefan Hermanns (Tagesspiegel) warnt vor einer unruhigen Winterpause: „Pfiffe gegen den eigenen Trainer, die anhaltende Ungewissheit um Babbels berufliche Zukunft, dazu die aktuell unbefriedigende sportliche Situation mit inzwischen fünf Spielen ohne Sieg: Hertha nähert sich mehr und mehr einem kritischen Punkt, an dem die Stimmung umzuschlagen droht. Man hat das Gefühl, dass sich bei den Berlinern gerade etwas in die falsche Richtung entwickelt. Von Besinnlichkeit ist bei Hertha in diesen Tagen wenig zu spüren. Der Trubel um den Trainer hat auch deshalb derartige Dimensionen angenommen, weil die sportliche Situation immer weniger beruhigend wirkt. Zwei Spiele bestreitet Hertha bis zur Winterpause noch, in der Bundesliga bei der TSG Hoffenheim und dann zum Abschluss im Pokal-Achtelfinale gegen Kaiserslautern. Die beiden Spiele werden mehr als alle zuvor darüber entscheiden, mit welcher Stimmung die Berliner in die Weihnachtsferien gehen.“
Deutliche Schwächen in punkto Beweglichkeit und Stellungsspiel
Michael Jahn (FR) tadelt die Berliner Innenverteidigung: „Nimmt man die Vorstellung bei der Heimniederlage zum Maßstab, könnte man auf den Gedanken kommen, dass das Hickhack um einen Verbleib des Aufstiegstrainers doch nicht ganz spurlos an den Hertha-Profis vorbeigegangen war. Nicht überraschend war, dass die Schalker gegenüber dem Aufsteiger die reifere Spielanlage besaßen. Dass aber Babbels Team vor allem in der ersten Hälfte kaum einmal eine geordnete Offensivaktion zustande brachte, war irgendwie sinnbildlich. Abseits der ungeklärten Zukunft des Trainers spielte dabei auch eine Rolle, dass der bislang so solide im Rennen liegende Bundesliga-Rückkehrer zuvor vier Spiele ohne Sieg geblieben war. Die Schwächen damit allein zu erklären, wäre indes zu einfach. So zeigte sich gegen das Team des einstigen Hertha-Trainers Huub Stevens wieder einmal, dass die beiden Berliner Innenverteidiger Andre Mijatovic und Roman Hubnik in punkto Beweglichkeit und im Stellungsspiel deutliche Schwächen haben.“
Kommentare
10 Kommentare zu “Tendenz fallend”
Montag, 12. Dezember 2011 um 16:56
Was soll denn am Wolfsburger Kader bitte nicht bundesligatauglich sein? Das ist ja wohl ein schlechter Scherz, denn an den Namen fehlt es sicher nicht, und an der Kaderstärke (knapp 40 Spieler) sicherlich genauso wenig. Magath schafft es einfach nicht, die teilweise zu seinem eigenen, sehr problematischen Charakter passenden Spieler zu einer funktionierenden Mannschaft zu formen. Und das Ergebnis aus all dem? Magath holt sich 5 neue Spieler zur Winterpause..
Montag, 12. Dezember 2011 um 17:36
Peter Ahrens (SPON) zeigt uns wieder wie schlecht er ist. Auf eine derartige Einleitung („Der Wolfsburger Trainer macht es seinen Kritikern derzeit überaus einfach. Magath-Bashing ist zu einer der leichtesten Übungen, fast schon zu Folklore geworden, der Trainer liefert bereitwillig die Vorlagen dazu.“) lässt wohl jeder andere das große „Aber“ folgen. Was macht Ahrens? Natürlich Magath-Bashing…
Mittwoch, 14. Dezember 2011 um 13:02
Felix Magath ist in meinen Augen nur noch ein Kasperle. Kurzsichtig, albern und unbelehrbar stellt er sich mit seinen Auftritten und Vorhaben in der Öffentlichkeit dar.
Die „Idee vom Rosicky“ ist der größte Witz seit dem Einkauf von Alexandr Hleb und Konsorten.
Es sieht alles danbach aus, als wolle Magath aus Wolfsburg einen Klub der erfolgsmüden, geldgierigen Versager formen – mit ihm an der Spitze.
Werft den selbstsüchtigen Mann doch hochkant raus! Besser jetzt, bevor er sein stumpfsinniges Spiel noch weiter gen Ruin treibt.
Mittwoch, 14. Dezember 2011 um 22:45
Vor drei Jahren wurde Magath mit einem anderen Verein als dem FCB Meister. Vor zwei Jahren spielte er eine sensationelle Saison S04, die ihm keiner zugetraut hätte und einigen jungen Spielern aus der eigenen Jugend. Nach der souveränen CL-Qualifikation erreicht die Mannschaft von Magath – auch wenn er am Schluss nicht mehr dabei ist – das Halbfinale der CL und gewinnt den Pokal. Da er die Mannschaft zusammengestellt und den größten Teil der Saison trainiert hat könnte er ja daran auch Anteil gehabt haben.
Jetzt läuft es wieder weniger gut, bei einem Verein, bei dem vor seiner Ankunft und seit seinem Abgang 2008, alles Mist war.
Bei aller berechtigten Kritik an Magath, bei allen seinen großen und kleinen Fehlern: Die Kritik, wie sie von einigen in der Presse und in diversen Kommentarbereichen geübt wird, ist an Lächerlichkeit nicht mehr zu überbieten.
Und ich sehe es schon kommen, wenn sich die nächste menschliche Tragödie in der Bunesliga abspielt, dann wird auf allen Informationskanälen das Geschrei über die ach so unmenschliche Fussballgesellschaft anheben…
Mittwoch, 14. Dezember 2011 um 23:27
Prinzipiell stimme ich dir zu, Mustard.
Nur würde eine perfekt funktionierende Maschine wohl sogar noch mehr Erfolg als Felix Magath und Joachim Löw zusammen erzielen.
Erfolg allein sollte niemals als allein gültiges Kriterium bei der Bewertung der Arbeit eines Trainers dienen.
Man muss genauso immer auch nach dem „Wie“ des Erfolgswegs fragen dürfen, nach dem empfundenen Glück während dieser Zeit – ich erinnere an seine sehr strenge Arbeitsauffassung, wo der Spaß trotz aller Errungenschaften meist gänzlich auf der Strecke geblieben ist, wo doch in der Regel die Angst die antreibende, motivierende Kraft dargestellt hat.
Ich selbst habe Magath lange in Schutz genommen. Es ist tatsächlich unfair, immer mit dem Wind der Masse nach zu schreien. Aber das tue ich nicht!
Ich habe für mich erkannt, dass Magath nicht der Typ Trainer ist, dem man nacheifern sollte. Er ist mir zu autoritär und größenwahnsinnig. Er will einfach nicht einsehen, dass man sich keinen Erfolg kaufen kann.
Wäre ich Manager des VfL und Magath würde mit 40 Spielern Meister werden, ich würde ihn trotzdem rausschmeißen. Ganz einfach, weil seine Arbeitsauffassung nicht meiner Philosophie der Übersichtlichkeit, Klarheit und Einfachheit entspricht.
Donnerstag, 15. Dezember 2011 um 10:29
Die Basis – das Innerste – von Magaths Arbeitsweise ist (genau wie bei van Gaal) offenbar, die Spieler ist eine Art existentiellen Angstzustand zu versetzen. Damit kann man offenbar sehr großen Erfolg haben, zumal wenn man wie van Gaal auch noch taktisch ein hervorragender Fachmann ist. Aber sollten wir im Jahr 2011 wirklich solche Methodiker aus der Diktatorenschule preisen, nur weil sie – interessanterweise immer nur kurzfristig – Erfolg haben? Es gibt andere, bessere Wege, auch zum Erfolg: Löw, Klopp, Heynckes, Tuchel, Slomka – die Liste der aktuell besseren Trainervorbilder ist lang.
Donnerstag, 15. Dezember 2011 um 22:33
Und wie viel von den Vorwürfen hier ist jetzt eigentlich Hörensagen, und wie viel Fakt?
Das hier das Beispiel Heynckes fällt überrascht mich auch. Ich erinnere mich noch gut an die Sprüche über den Armeesportclub Frankfurt, oder das seine Zeit vorbei wäre nach den Engagements auf Schalke und in Mönchengladbach. Jetzt, gerade mal vier Jahre später ist der alte Mann das tollste seit der Erfindung von geschnitten Brot.
Slomka ist jetzt wieder oben auf. Anfang letzter Saison nach dem Pokalaus gegen einen Amateurverein in der ersten Runde galt er als erster Kandidat für eine Trainerentlassung.
Löw – zu dem habe ich hier schon so viel geschrieben. Und Klopps und Tuchels Zeit wird auch noch kommen.
Einen Trainer zu beurteilen ist schwer, besonders aus der Entfernung. Selbst Journalisten, die oft viel näher an der Thematik dran sind scheitern oft daran.
Freitag, 16. Dezember 2011 um 09:25
@mustard: Heynckes 1995 in Frankfurt ist nicht der Heynckes 2011 in Leverkusen/München. Das, zum Beispiel, unterscheidet ihn von Magath, der immer noch so trainiert/sich so verhält, wie er es in den Achtzigern von Zebec und Happel gelernt hat.
Gute Trainer entwickeln sich.
Freitag, 16. Dezember 2011 um 21:54
Der knochentrockene, verständnis- und mitgefühllose Magath hat z.B. die vielen Jungen Spieler in Stuttgart, die man damals die jungen Wilden nannte, mit allen Stimmungs- und Leistungsschwankungen die das junge Alter mit bringt, über längere Zeit erfolgreich trainiert?
Ich bin mir da nicht so sicher.
Montag, 19. Dezember 2011 um 09:40
Ja, mustard, Magath hat Lahm, Tiffert, Hinkel, Hildebrand und so weiter damals in Stuttgart mit genau denselben Zebec-Dikatator-Methoden trainiert und genau deshalb nennt keiner von denen Magath heute einen „richtig guten Trainer“.
Die „längere Zeit“, von der Du sprichst, in Stuttgart dauerte übrigens zweieinhalb Jahre; die erfolgreiche davon zwei Jahre.
Ich glaube, wenn Du meinen post richtig liest, wirst Du darin die Aussage finden, dass Magath – kurzfristig – durchaus oft ein erfolgreicher Trainer war. Aber unter einem methodisch guten Trainer verstehe ich etwas anderes. Das war mein Punkt.
Und damit würde ich es gerne lassen. Denn ich habe das Gefühl, Du willst gar nicht argumentieren, sondern es nur anders sehen als alle anderen. Schönen Gruß.