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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Champions League

Acht Stiche ins spanische Herz

Kai Butterweck | Donnerstag, 25. April 2013 4 Kommentare

Der FC Bayern München und Borussia Dortmund setzen in den Halbfinal-Hinspielen der Champions League dicke Ausrufezeichen. Die Presse reibt sich die Augen

Nach der Hinspiel-Gala steht München Kopf. Thomas Hummel (SZ) beruhigt die Bundesliga-Konkurrenz: „Die Entschlossenheit, der Fußballwelt zu zeigen, dass die Münchner nicht immer in den entscheidenden Spielen verlieren, hat inzwischen eine Wucht entfaltet, der kein Gegner standhalten kann. Nicht Juventus Turin, nicht der FC Barcelona. Eine Tatsache, die zur Ehrenrettung einiger Bundesligisten wie Wolfsburg, Hamburg, Hannover und all den anderen dient, die von den Münchnern ebenso lustvoll verprügelt worden waren.“

Mehr als angemessene Revanchen

Christian Eichler (FAZ) erinnert an offene Rechnungen: „Damit haben die Bayern nach dem 6:1 im nationalen Pokal gegen den VfL Wolfsburg binnen einer Woche mehr als angemessene Revanche für ihre beiden peinlichsten Niederlagen der letzten fünf Jahre genommen – beide erlitten binnen fünf Tagen im Jahr 2009: erst ein 1:5 in Wolfsburg, das danach Meister wurde; dann, vier Tage später, das 0:4 in Barcelona, die große Show von Lionel Messi. Diesmal, am Dienstag in München, ist der weltbeste Fußballer nur eine Randfigur geblieben.“

Andreas Rüttenauer (taz) lobt die Arbeitsbereitschaft der Münchener: „Die Bayern können Fußballspielen. Das hat man schon oft sehen können in dieser Saison. Was dabei rauskommt, wenn sie dazu auch noch Fußball arbeiten, das konnte man am Dienstag beobachten. Das 4:0 war am Ende ein Triumph der körperlichen Überlegenheit. Es war ein ziemlich deutscher Sieg über depressive katalanische Feinfüßler.“

Für die Zukunft glänzend aufgestellt

Denis Canalp (RP Online) blickt sorgenfrei in die Zukunft: „Ein großer Abend für den FC Bayern, ein großer Triumph auch für Heynckes und vielleicht auch ein erstes Anzeichen für eine Wachablösung im europäischen Vereinsfußball. Die Bayern sind für die Zukunft glänzend aufgestellt, verfügen über ein junges Team, das im Sommer noch durch das Ausnahme-Talent Mario Götze und Trainer-Guru Guardiola verstärkt wird. Barcelona wirkt derzeit im Gegensatz dazu ein wenig in die Jahre gekommen und nicht mehr ganz so titelhungrig wie die Münchner.“

Sebastian Winter (Spiegel Online)verneigt sich vor dem Rekordmeister: „Mit diesem Uns-kann-nichts-passieren-Gefühl, der Mischung aus totaler Fokussierung, selbstbewusster Bescheidenheit und offensichtlichem Spaß an dieser Saison scheint den Bayern jetzt alles zu gelingen. Zumindest auf der sportlichen Ebene. Es ist dabei einerlei, ob sie in Hannover spielen oder gegen Messi. Sie spielen ihr Spiel, wie im Rausch. Und das mit einem Verständnis, bei dem selbst Einzelkämpfer wie Arjen Robben oder Mario Gomez mittlerweile aufopferungsvoll Hilfsdienste in der Defensive verrichten.“

Florian Fuchs und Sebastian Stier (Tagesspiegel) stoßen den großen FC Barcelona vom Thron: „In München ging eine Ära zu Ende, das hatte sich in den Monaten zuvor angekündigt, Niederlagen gegen Real Madrid und den AC Mailand waren die Vorboten. Spielmacher Xavis Zenit scheint mit 33 Jahren überschritten. Nun wurde deutlich, dass Barcelona dringend einer Blutauffrischung bedarf.“

Der Schrecken Reals

Nicht minder durchschlagskräftig präsentieren sich die Dortmunder gegen die Königlichen aus Madrid. Daniel Theweleit (FR) adelt die Borussen-Offensive: „Real hatte größte Mühe, ja eigentlich waren sie außer Stande, die wilden Angriffe des BVB unter Kontrolle zu halten. Lewandowski ist spätestens jetzt der Schrecken Reals, und Marco Reus war wieder einmal dieser unwiderstehliche Angreifer der Hinrunde, der lange nicht mehr zu sehen gewesen ist.“

Stefan Hermanns (Tagesspiegel) freut sich schon auf den abschließenden Wembley-Abend: „Auf deutschem Boden treten die Galaktischen traditionell recht irdisch auf – wenn nicht sogar unterirdisch. Im 25. Europacup-Auswärtsspiel gegen ein deutsches Team kassierten sie am Mittwochabend ihre 18. Niederlage. Nur einmal – gegen Leverkusen – schafften sie einen Sieg. Und so dürfte Reals Traum vom zehnten Sieg im Meisterpokal nach diesem grandiosen Auftritt der Dortmunder unerfüllt bleiben. Stattdessen deutet vieles auf ein deutsch-deutsches Finale im Londoner Wembley-Stadion hin: Dortmund geben Bayern. Und dann wird man bestimmt auch wieder von Mario Götze sprechen.“

Die Säbener Straße als Schlossallee

Kurz vor dem Spiel der Dortmunder wird der Wechsel von Mario Götze zum FC Bayern bestätigt. Christian Eichler (FAZ) zieht die Augenbrauen zusammen: „Nach zwei Jahren, in denen die Dortmunder sie düpierten, heißt das Spiel der Münchner nicht mehr „Mensch, ärgere dich nicht“, sondern wieder „Monopoly“. Mit der Säbener Straße als Schlossallee. Dagegen ist nichts zu sagen, es gelten auch im Fußball die Gesetze des Marktes. Aber eben nicht nur die. Und auf Dauer bedroht es die Attraktivität des deutschen Fußballs, wenn die sportlichen Verhältnisse zu sehr die wirtschaftlichen Verhältnisse spiegeln.“

Frank Hellmann (sportschau.de) sieht das ähnlich: „Eines scheint mit dem Transfercoup  klar: Die von Hoeneß bereits wieder verworfene Überlegung, dem  Leistungsgefälle innerhalb der Liga gemeinsam mit dem BVB-Boss Hans-Joachim Watzke zu begegnen, ist grober Unfug gewesen. Dortmund dürfte die vielen Millionen auch nutzen, um nun Vereine wie Mönchengladbach, Hannover oder Frankfurt zu schwächen. Und: Der Bundesliga droht mehr denn je der nächste Alleingang des FC Bayern – es sei denn ein als Heiliger angesehener spanischer Fußballlehrer kommt mit den besonderen Verhältnissen und den vielen Stars an der Säbener Straße gar nicht klar.

Perfektes Timing zum Schaden des Gegners

Andre Schweins (finanzen.net) kritisiert den Zeitpunkt der Bekanntgabe: „Das perfekt inszenierte Beben in der Fußball-Bundesliga als Erfolg auf allen Ebenen für den FC Bayern München? Nicht ganz! Der Wechsel von Mario Götze von Borussia Dortmund an die Isar kann nicht ansatzweise von der Steueraffäre des Uli Hoeneß ablenken. Die war von Anfang an kein Sportthema, sondern ein Politikum – und wird nicht zur Randnotiz verkümmern. Das Signal indes ist stark: Bayern erschüttert nichts. Ungerührt geht ein Vorzeigeklub seinen Erfolgsweg. Das alles vor dem so wichtigen BVB-Spiel gegen Madrid, das die Münchener argwöhnisch verfolgen werden. Perfektes Timing zum Schaden des zuletzt so aufmüpfigen Gegners.“

Auch Simon Walter (pz-news.de) richtet wütende Blicke gen München: „Sportlich gesehen ist der Transfer absolut verständlich. Unsportlich ist aber der Zeitpunkt seiner Verkündung: Dass die Münchner über ihr Haus- und Hofblatt einen Tag vor Dortmunds Champions-League-Halbfinale die Wechsel-Meldung streuen, ist ein Unding. Natürlich soll diese auch von Hoeneß‘ Steuerbetrug ablenken. Doch gerade er, Präsident Uli Hoeneß, war es, der noch vor wenigen Wochen über den Wert einer ausgeglichenen Liga und fußballerisches Fair Play fabulierte. Jetzt zeigt sich: Auch das waren nur leere Worte. Leider.“

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Kommentare

4 Kommentare zu “Acht Stiche ins spanische Herz”

  1. Manfred
    Donnerstag, 25. April 2013 um 10:26

    Es wird doch niemanden wirklich wundern, dass Uli ganz vorne mit dabei ist, wenn’s um die Wurst geht^^.
    Nach einem diesbezüglichen Verweis auf einen Hit von Stefan Remmler möchte ich noch anmerken, dass erst die Hinspiele durch sind.
    Zugegeben: sieht stark danach aus, als lägen schon reichlich Handtücher auf den Sitzen im Wembley-Stadion, aber die dicke Alte hat noch nicht gesungen. Loben, Tag und Abend und so…

  2. Stefan
    Freitag, 26. April 2013 um 19:40

    Alter, verwechselst du was?! Hier geht es um trivago und nicht um viagogo….!?

  3. HUKL
    Samstag, 27. April 2013 um 14:28

    Stefan,
    gut aufgepasst, mein Junge! Vielen Dank, ich merkte es selbst bereits, konnte das aber aus Zeitgründen erst jetzt bestätigen. Trotzdem bin ich der Meinung, man sollte diese Art von Werbung an einer anderen Stelle platzieren, oder?

  4. Guy Simonow
    Montag, 29. April 2013 um 15:16

    Werbekommentar gelöscht. Bitte um Entschuldigung für die Störung. Die haben auch nicht bezahlt für die Webung; das wär ja noch ganz nett gewesen…

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