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EM 2016

EM 2016 – Portugal schnarcht sich ins Halbfinale

Kai Butterweck | Freitag, 1. Juli 2016 3 Kommentare

Kein Tempo, keine Ideen, kein Feuer: Auch der fünfte EM-Auftritt der Portugiesen lässt Freunde filigraner Rundlederkunst nur müde abwinken. Der Mannschaft um Superstar Cristiano Ronaldo ist das aber schnuppe. Man steht schließlich im Halbfinale

Nach dem ermüdenden Halbfinaleinzug der Portugiesen muss man sich erst einmal kräftig schütteln. Sven Flohr (Welt) schlägt die Hände vors Gesicht: „Den beiden Teams gelang Beachtenswertes: Sie lieferten einen neuen sportlichen Tiefpunkt, was bei dieser EM ja wirklich nicht leichtfällt. Ein schnelles Tor der Polen, ein abgefälschter Treffer der Portugiesen – der Rest war 120 Minuten unwürdiger Folterfußball, den auch ARD-Mann Tom Bartels mit seiner Begeisterung für den neuen Bayern-Jüngling Renato Sanches irgendwann nicht mehr schönreden wollte. Nein, dieses Viertelfinale war die nächste Attacke auf den guten Geschmack. Mit einem Sieger, den dieses Turnier mit seinen viel zu vielen Mannschaften und seinem kruden Modus wohl verdient hat. Dass ausgerechnet Portugal im Halbfinale steht, ist ein schlechter Witz.“

Gealterter Weltstar

Michael Schlieben (Zeit Online) begleitet Cristiano Ronaldo in die Stadionkatakomben: „Wären die Portugiesen im Elfmeterschießen nicht so cool geblieben, dann hätte vermutlich Ronaldo dieses Viertelfinale als tragische Figur verlassen. Als gealterter Weltstar, der es bei seiner letzten EM nicht mehr zur Topform brachte. Er hätte sich eingereiht in die Riege der Rooneys und Ibrahimovićs, die mit den Bales und Griezmanns nicht mehr mithalten können.“

Matti Lieske (FR) hätte Ronaldo gerne den Weg zur Auswechselbank gezeigt: „Normalerweise hätte ihn Trainer Fernando Santos auswechseln müssen, seinen Kapitän, als der nach Ende der regulären Spielzeit dieses angstbeladenen EM-Viertelfinales Portugal gegen Polen beim Stande von 1:1 mit hängenden Schultern umherschlich, die Binde auf den Boden pfefferte und vor sich hin schimpfte, unzufrieden mit den Kollegen und mit sich, vor allem mit sich. Nichts war Ronaldo gelungen, teilweise auf groteske Weise hatte er seine Torchancen vergeben. Aber natürlich, das weiß auch Santos, wechselt man einen Cristiano Ronaldo nicht aus, selbst wenn er noch so schlecht drauf ist. Und zumindest fürs Elfmeterschießen kann man ihn eigentlich immer gebrauchen. Immerhin das funktionierte.

Auch Hendrik Buchheister (Spiegel Online) schläft am Spielfeldrand fast ein: „Der portugiesische Minimalismus folgt keinem Plan. Gegen Polen sah es so aus, als sei die Mannschaft am Ende ihrer Kräfte, als sei sie außer Stande, den Gegner mit Hilfe ihrer höheren individuellen Klasse auseinander zu spielen. Ronaldo war ein gutes Beispiel. Seine Freistöße landeten zumeist in der Mauer. Bei seinen wenigen Chancen trat er über den Ball oder am Ball vorbei. In der ersten Halbzeit hatte er Pech, dass er keinen Elfmeter bekam nach dem Schubser von Michal Pazdan. Insgesamt war es eine unglückliche Leistung vom dreimaligen Weltfußballer.“

Marco Zschieck (taz) fasst das Gerumpel in der Verlängerung treffend zusammen: „Zu Anfang kommt die gefühlt fünfzigste Flanke aus dem Halbfeld dann doch mal zu Ronaldo. Der ist so überrascht, dass er am Ball vorbeisäbelt. Milik und Nani versuchen sich an Fernschüssen. Ein Flitzer in der 109. Minute! Sind jetzt vielleicht alle wieder wach? Nein. Beide Teams schleppen sich Richtung Elfmeterschießen.“

Portugals Held ist Renato Sanchez

Einziger Lichtblick: Bayern-Neuzugang Renato Sanches. Sven Goldmann (Tagesspiegel) verneigt sich: „Portugals Held von Marseille ist einer, der zum ersten Mal bei dieser EM von Anfang an spielen darf, der gerade 18 Jahre alt ist und ein grandioses Tor zum zwischenzeitlichen Ausgleich in der regulären Spielzeit schießt. Der wie selbstverständlich als zweiter Elfmeterschütze nach Ronaldo antritt und dazu später nur sagt, einer musste nun mal sein. Portugals Held ist Renato Sanches.“

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Kommentare

3 Kommentare zu “EM 2016 – Portugal schnarcht sich ins Halbfinale”

  1. wowiki
    Freitag, 1. Juli 2016 um 11:43

    tja,

    sollte man sich nicht doch das „Golden Goal“ wieder wünschen ! ? ! ? ?

    Dieses taktische Gekicke auf’s Elfmeterschießen hinaus ,
    ist m.E. doch nur „Kacke“ .
    Ob für Spieler toll ?
    Vor allem zahlende Zuschauer ( egal bei welchen turnieren )
    absolut – unfähr- / unschön !

  2. Bernhard
    Montag, 18. Juli 2016 um 23:13

    tja, und so wurden die Europameister, nun, der 1. Titel, ich gönne es ihnen!

  3. OlayF
    Dienstag, 2. August 2016 um 22:30

    Man musste sich trotzdem erstmal an das neue System gewöhnen. War anfangs etwas verwirrend

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