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Bundesliga

Auf Augenhöhe

Kai Butterweck | Dienstag, 10. November 2020 Kommentare deaktiviert für Auf Augenhöhe

Borussia Dortmund rückt dem FC Bayern München auf die Pelle. Außerdem: Partystimmung in Berlin-Köpenick

Im Bundesliga-Spitzenspiel ringt Borussia Dortmund den vermeintlich übermächtigen Bayern beinahe ein Unentschieden ab. Sebastian Fischer (SZ) applaudiert: „Ob die Titelfrage diesmal länger spannend bleibt, kann nach dem siebten Spieltag natürlich nicht abschließend beantwortet werden. Am Samstag war der BVB zumindest schon einmal einem Unentschieden weit näher als im Mai. Damals fehlten Ideen und Mittel, die Münchner ernsthaft zu gefährden. Diesmal hatten die Dortmunder am Ende sogar die Chance zum 3:3, die Marco Reus jedoch in den Nachthimmel schoss. Das Kräftemessen bot Spannung auf höchstem Niveau.“

Marcus Bark (spiegel.de) hört ganz genau hin: „Hansi Flick wurde gefragt, warum er sich nach dem Schlusspfiff ausgerechnet vor Thomas Müller verneigt habe. Der Trainer erklärte es mit einem Zufall: „Er war gerade in der Nähe.“ Dabei hätte er Müller durchaus loben können, denn mal wieder war er Flicks Sprachrohr auf dem Rasen. Die trostlose Kulisse im größten Stadion Deutschlands erlaubte es, Müllers Reportage auf dem Rasen zu lauschen. Er kommentierte jede Szene. Müller gab das Zeichen zum riskanten Pressing, er teilte die Gegenspieler zu, er ordnete die Seitenverlagerungen an. Müller war es auch, der gegen Ende der ersten Halbzeit in die Hände klatschte und rief: „Jetzt noch mehr. Jetzt noch mehr.““

So viel fehlt dem BVB gar nicht

Oliver Fritsch (Zeit Online) outet sich als Haaland-Fan: „Die Niederlage diesmal spendete den Dortmundern Mut, vielleicht auch den Glauben daran, dass ein 2:3 eine knappere Niederlage ist als ein 0:1 (mathematisch könnte man dieses Gefühl leicht untermauern: Differenz statt Quotient). Und Erling Haaland, dem kein Abwehrspieler der Bayern vollends gewachsen war, wird zunehmend zur Führungskraft, seine Energie macht manche Abwehrschwäche in diesem Team wett. So viel fehlt dem BVB gar nicht. Doch die Hupkonzerte blieben aus, Lucien Favre ist nicht Joe Biden. Gewonnen hat der FC Bayern, wie so oft.“

Nach der Verletzung von „Mentalitätsmonster“ Joshua Kimmich machen sich viele Bayern-Fans große Sorgen. Peter Ahrens (spiegel.de) beruhigt die aufgebrachten Gemüter: „Es spricht bei nüchterner Betrachtung einiges dafür, dass die Bayern auch die zwei Monate ohne Kimmich ganz gut überstehen werden. Personell dürfte neben Leon Goretzka der zuletzt sehr überzeugende Corentin Tolisso gesetzt sein. Dazu können sich die Bayern beglückwünschen, nach dem Abgang von Thiago nach Liverpool den unverwüstlichen Javi Martínez gehalten zu haben, auch er ist nach wie vor eine solide Alternative für das Spiel auf der Sechs.“

Der Zocker von Köpenick

In Berlin-Köpenick feiert man ein gebürtiges Nordlicht mit breiten Schultern. Oskar Beck (Welt) feiert mit: „Max Kruse vollstreckt so eiskalt, dass man spätestens jetzt kapiert, warum Peter Handke „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ geschrieben hat. Kruse ist der größte Zocker des Fußballs. Er ist ein linker Leichtfuß und ein falscher Neuner, man sieht ihm nie an, was er vorhat. Pokerface nennen sie ihn, er schaut nach links, spielt den Ball nach rechts, und im nächsten Moment gibt der Lautsprecher den neuen Spielstand bekannt. Beim Elfmeter macht er es ähnlich: Kurzer Zwischenschritt und falscher Blick, bis der Torwart auf dem verkehrten Fuß steht – und dann locker reinschieben. Der Zocker von Köpenick.“

Niklas Scheifers (fussballtransfers.com) schließt sich an: „Gerne wird in der Öffentlichkeit das Fehlen dieser sogenannten Typen beklagt, andererseits bei sportlichen Krisen deren Lebenswandel als Hauptproblem ausgemacht. Kruse weiß das, er hat sich sehenden Auges auf dieses Spiel eingelassen. Mehr noch als andere muss er liefern, damit sein Image ihm und Arbeitgeber Union Berlin nicht auf die Füße fällt. Was macht Kruse also? Er liefert.“

Johannes Mittermeier (focus.de) hebt das Glas: „Max Kruse ist jemand, von dem die Leute sagen, dass er eine ausgestorbene Spezies in der Bundesliga revitalisiert: als Antipol, wenn ein sog. Typ gesucht und immer selten gefunden wird. Also einer, der den verklärten Glanztaten der Baslers und Effenbergs nacheifert, laut und lärmend und bloß nicht duckmäuserisch, das Prinzip der Gleichmacherei ablehnend, wie langweilig, raus aus dem Korsett, gerne mal einen über den Durst trinken – und dann, am Wochenende, das Spiel mit einer genialen Aktion entscheiden. Alkohol trinken übrigens weder der private Max noch der Profifußballer Kruse. In 32 Lebensjahren nicht.“

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