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Favre-Aus beim BVB – Die große Leere

Kai Butterweck | Montag, 14. Dezember 2020 Kommentare deaktiviert für Favre-Aus beim BVB – Die große Leere

Eigentlich wollte man in Dortmund zusammen mit Lucien Favre nach den Sternen greifen. Doch es kam alles anders. Heute kommentiert die Presse die vorzeitige Entlassung des BVB-Trainers

Nach der Niederlage gegen Stuttgart muss BVB-Coach Lucien Favre vorzeitig seinen Hut nehmen. Marcus Bark (spiegel.de) schaut nach oben: „Er war sich immer treu. Auch die „Entscheidungsträger des BVB“, die sich nun laut der Mitteilung „einmütig“ für die Freistellung entschieden, blieben sich treu. Sie wären die Zweifel gerne losgeworden, aber Favre blieb einer für den zweiten Platz, der vor der letzten Stufe steht wie ein Kletterer vor einer drei Meter hohen, spiegelglatten Wand.“

Oliver Fritsch (Zeit Online) nimmt Lucien Favre aus der Schusslinie: „Ja, Lucien Favre hat noch nicht bewiesen, dass er ein Trainer für große Titel ist. Er hat noch nie eine internationale Spitzenmannschaft trainiert. Sein erstes Champions-League-Match bestritt er mit 60, in Dortmund. Doch Favre war nicht das entscheidende Problem, dass der BVB nicht von einem 1b- zu einer 1a-Mannschaft werde. An diesem Schritt scheitert der Verein seit fast einem Jahrzehnt, weil es der Mannschaft an Identität und Homogenität sowie dem Verein an einer klaren Rollenaufteilung fehlt.“

Anne van Eickels (tagesschau.de) schließt sich an: „Wieder einmal stimmt die Einstellung der Mannschaft nicht. Das alleine an der zurückhaltenden, leicht nerdigen, distanzierten Art Lucien Favres festzumachen, finde ich unfair. Wer Lucien Favre verpflichtet, weiß, was er bekommt.“

Watzke & Co. müssen liefern

Oliver Schmidt (zdf.de) zeigt mit dem Finger in Richtung Chefetage: „Es geht auseinander, was inhaltlich und menschlich nie so recht zusammengefunden hat. Der neue Cheftrainer heißt Edin Terzić. Eine spannende (Übergangs-)Lösung. Sollte die Borussia perspektivisch wieder prominente Trainerideen verfolgen, müssen Watzke & Co. liefern. Längst drängt sich mehr auf als die stete Wiederholung der Trainerfrage.“

Jan Christian Müller (FR) begibt sich auf die Gefühlsebene: „Borussia Dortmund ist in dieser Konstellation kein Perspektivteam mehr. Dass viele junge Leute im Kader sind, heißt nicht, dass alles noch Zeit braucht. Das demonstriert Leipzig gerade eindrucksvoll. Favre ist ein Fachmann, der mehr vom Fußball versteht als die allermeisten Kollegen und sämtliche Presseleute, dazu menschlich über viele Zweifel erhaben. Aber er hat diese Truppe wohl nicht mehr emotionalisieren können, eine Entwicklung, die mit seinem Wesen und seiner Ansprache zu tun haben dürfte – und damit, dass sich nach zweieinhalb intensiven Jahren manches im Miteinander abgenutzt hat.“

Carsten Heidböhmer (stern.de) weiß, wann die ersten Risse sichtbar wurden: „Spätestens seit er in seiner ersten Saison einen Sieben-Punkte-Vorsprung nach dem 20. Spieltag aus der Hand gab und die sicher geglaubte Meisterschaft verspielte, gab es Zweifel, ob sich mit Favre tatsächlich Titel gewinnen lassen. Die Mannschaft wirkte dabei bisweilen mutlos, Favre wurde als zaudernd wahrgenommen, in seinen Pressekonferenzen redete er oft auch kleine Gegner stark.“

Züge einer Selbstaufgabe

Daniel Theweleit (FAZ) macht große Augen: „Selbst ein 1:7 oder ein 2:8 hätte gut zum Verlauf dieses Spiels gegen den schwäbischen Aufsteiger gepasst. Erfahrene Spieler, Weltmeister, Nationalspieler, Europameister und große Anführer wie Mats Hummels, Axel Witsel, Marco Reus, Emre Can oder Raphael Guerreiro waren genauso hilflos untergegangen wie die jungen Talente Jude Bellingham, Jadon Sancho oder Mateo Morey. Es war der Tag, an dem endgültig klar wurde, dass der BVB nicht nur eine Phase der Formschwäche durchläuft. Nach nur einem Sieg aus den fünf jüngsten Pflichtspielen und einer zweiten Halbzeit, die Züge einer Selbstaufgabe trug, ist nicht zu übersehen, dass irgendetwas nicht stimmt mit diesem BVB.“

Freddie Röckenhaus (SZ) nimmt Favre-Nachfolger Edin Terzic unter die Lupe: „Wahrscheinlich hätten sie in Dortmund schon wesentlich früher Konsequenzen ziehen müssen. Und sich trauen dürfen, einem ganz normalen Menschen ohne vermutete Qualitäten als Handaufleger oder Wasserwandler zu vertrauen. Gerade Dortmunds junge Spieler könnten eine neue Orientierung bekommen. Gute Laune, das weiß man, kann Terzic in jedem Falle besser verbreiten als sein Vorgänger.“

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