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Bundesliga

Der Fall Dahoud – Eine Frage des Respekts

Kai Butterweck | Dienstag, 28. September 2021 Kommentare deaktiviert für Der Fall Dahoud – Eine Frage des Respekts

Die Presse beschäftigt sich intensiv mit dem folgenreichen Knatsch zwischen Schiedsrichter Deniz Aytekin und BVB-Kicker Mahmoud Dahoud

Im Spiel Mönchengladbach gegen Dortmund stellt Schiedsrichter Deniz Aytekin den BVB-Kicker Mahmoud Dahoud wegen einer abfälligen Handgeste vom Platz. Volker Schulte (sportschau.de) applaudiert: „Was Kinder und Jugendliche auf den Bildschirmen sehen, ahmen sie oft nach. Und wenn sie meckern und abwinken dürfen, so wie die Bundesligaprofis, dann ist der Schritt zu noch heftigeren Protesten klein. Viel zu oft sind Schiedsrichter im Amateurfußball sogar körperlichen Attacken ausgesetzt. Die Problematik ist lange bekannt und gerade deshalb ist es ein Rätsel, warum die Schiedsrichter im Profibereich nicht schon längst härter durchgreifen. Denn das Werkzeug dafür haben sie. Das Regelwerk sieht klar vor, dass Spieler verwarnt werden, wenn sie „durch Worte oder Handlungen“ protestieren.“

Alex Feuerherdt (n-tv.de) schließt sich an: „Tatsächlich ist es üblich und auch sinnvoll, dass Schiedsrichter bei problematischen, für das Spiel oder ihre Autorität potenziell schädlichen Spiel- oder Verhaltensweisen der Akteure in der Mannschaftssportart Fußball ihre Ermahnungen einzelner Spieler als Ansage an das gesamte Team verstanden wissen wollen. Es ist logisch, dass ein Referee nicht jedem Spieler ein respektloses Abwinken zugesteht, bevor er erstmals zur Gelben Karte greift. Und dass ein Spieler wie Dahoud, der bereits verwarnt ist, sich in besonderem Maße zurückhalten sollte, liegt auf der Hand.“

Lehnwörter aus dem Fachjargon der Müllentsorgung

Ulrich Hartmann (SZ) stellt ein paar Mülltonnen bereit: „Vermutlich wird die beileibe nicht nur von Dortmundern benutzte Geste in nächster Zeit sensibler beobachtet. Das geht mit einer neuerlichen Debatte über Respekt auf dem Fußballplatz einher. „Abfällig“ und „wegwerfend“ sind nicht zufällig Lehnwörter aus dem Fachjargon der Müllentsorgung. Entsprechende Gesten gehören als Schadstoff verbannt.“

Auch Jochen Tittmar (spox.com) stärkt dem Schiedsrichter den Rücken: „Wenn nach bereits 40 gespielten Minuten ein schon verwarnter Spieler ein weiteres klares Foulspiel begeht und anschließend Richtung Schiedsrichter meckert sowie eine abfällige Handbewegung macht, kann es über das Strafmaß keine zwei Meinungen geben: Das ist eine Gelbe Karte. Emotionale Diskussionen nach Spielende gehören gewiss dazu, Dahouds Platzverweis war dennoch vollkommen unstrittig.“

Der Spirit der Aufsteiger von 2016

Beim Kick zwischen Leipzig und Hertha spielt nur eine Mannschaft Fußball. Und die hat diesmal Heimrecht. Oliver Fritsch (Zeit Online) gerät ins Schwärmen: „Das Spiel gab wieder mal einen Hinweis, was RB vor allem stark macht: Es sind weniger die jüngsten Transfers, auch nicht irgendeine Spielphilosophie, sondern der Spirit der Aufstiegsmannschaft von 2016. Sechs von damals stehen noch im Kader. Alle fünf Verfügbaren, mehr als bisher, berief Jesse Marsch am Samstag in die Startelf: Emil Forsberg, Yussuf Poulsen, Willi Orban, Lukas Klostermann und Péter Gulácsi. Alle spielten schon zu Zweitligazeiten für RB, sie bestimmen noch immer die Stimmung in der Kabine und machen Leipzig zur Mannschaft.“

Bei der Hertha hingegen läuft noch nicht viel nach Plan. Stefan Hermanns (Tagesspiegel) nimmt Coach Pal Dardai aus der Schusslinie: „In gewisser Weise ist Dardai, den auch die Fans zunehmend kritischer sehen, vor allem Leidtragender der Situation. Denn obwohl der Kader im Frühjahr nur knapp dem Abstieg entronnen ist, hat Hertha die drei besten Offensivspieler abgegeben und damit zumindest fußballerisch eine Menge Qualität verloren. Und weil potenzieller Ersatz – wenn überhaupt – erst auf den letzten Drücker gekommen ist, kann von einer geordneten Vorbereitung auf die Saison eigentlich keine Rede sein.“

Wie ein alter, trauriger Bär

Jakob Böllhoff (FR) tun die Augen weh: „Diese Saison 2021/2022, in der sich die Fußball-Bundesliga, krankend an Attraktionen, wie ein heruntergekommener Zirkus von Wochenende zu Wochenende schleppt, wäre eigentlich die große Gelegenheit für Hertha BSC. Die Chance, endlich heranzurücken an die Spitze, an die eigenen Ansprüche, und die Liga mit einer Mischung aus Tradition und Stärke zu erfrischen, die Liga hat das ja dringend nötig. Stattdessen aber lässt sich der Hauptstadtklub am Nasenring durch die Manege führen wie ein alter, trauriger Bär. 0:5 in München, 0:6 in Leipzig. Man mag ja gar nicht mehr hinsehen.“

In Freiburg steht ein Stadionwechsel an. Thomas Kilchenstein (FR) vergießt ein paar Abschiedstränen: „Sie werden fremdeln mit der neuen Anlage auf dem platten Land, bestimmt, es werden Auswärtsspiele sein. Sie werden sie vermissen, die „Höhle, das Kabuff“, wie Streich sagte, in das kaum Tageslicht fiel, weshalb an „365 Tagen bei uns die Lampen brennen“. Es war eng, alt, schäbig, da in der Schwarzwaldstraße, wo SC-Profis bisweilen Bälle aus der Dreisam fischten oder sie rüber zu den Tennisplätzen kickten, der Sportplatz mit angeschlossenem Biergarten liegt ja mitten in der Stadt. Das wird fehlen, das Vertraute, Gewohnte, diese Nische, in der es sich so herrlich underdogmäßig einrichten ließ.“

Philipp Selldorf (SZ) schätzt die Idylle: „Ernstzunehmende Leute aus der Fußballbranche vertreten die Auffassung, dass hierzulande kein Profi-Verein mit mehr Vernunft, Verstand und Gemeinschaftsgeist geführt werde als der SC Freiburg. Das hört sich an wie eine steile These, ist in Wahrheit aber nicht weit weg vom Gemeinplatz. Wer macht den Job besser als die Freiburger? Womöglich würde nicht mal Uli Hoeneß widersprechen, der im Übrigen ein alter Bewunderer des Sportclubs ist. Die Anerkennung nehmen die Freiburger gern entgegen, aber sie leben auch ständig in dem Bewusstsein, dass ihre wunderbare Nischen-Existenz zerbrechlich ist, weil das nun mal das natürliche Risiko der Idylle ist.“

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