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Bundesliga

Kühles Kalkül, kluger Kopf und individuelle Klasse

Oliver Fritsch | Montag, 4. Oktober 2004 Kommentare deaktiviert für Kühles Kalkül, kluger Kopf und individuelle Klasse

4. Oktober

Der 7. Bundesliga-Spieltag: FC Bayern, „kühles Kalkül, kluger Kopf und individuelle Klasse“ (Tsp) / „gewöhnungsbedürftig, daß Andrés D’Allesandro beim VfL Wolfsburg sein Geld verdient“ (FAZ) / Alarm auf dem Betzenberg, „die Beziehung zwischen Mannschaft und Fans ist nachhaltig gestört“ (FAZ) / Borussia Dortmund, „nur noch Mittelmaß“ (SZ) u.v.m.

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Werder Bremen-Bayern München 1:2

Frank Hellmann (Tsp 4.10.) erlebt ein Déjà-vu: „Umfassend ist der Imagewandel der Münchner wohl nicht: Der Erfolg im Weserstadion war kühlem Kalkül zu verdanken, klugem Kopf und individueller Klasse. Damit weist der FC Bayern vom Herbst 2004 frappierende Ähnlichkeit mit dem FC Bayern unter Ottmar Hitzfeld auf. Erfolge sind weniger das Produkt spielerischer Klasse und ansehnlichen Offensivfußballs als das Resultat kämpferischer Hingabe und solider Defensivleistung. Magath, der den schönen Fußball nach München bringen sollte und wollte, hat sich mittlerweile damit arrangiert: Wenn es zum Sieg reicht, dann haben wir auch gut gespielt. In dieser Mannschaft steckt mehr Ottmar Hitzfeld, als dem als Revolutionär angetretenen Felix Magath lieb sein kann.“

Zurück in die Zukunft

Ralf Wiegand (SZ 4.10.) sieht das ähnlich: „Der FC Bayern wies nur in einer statistischen Unterabteilung einen höheren Wert auf als der Gegner: 15 Fouls der Bremer standen 30 der Bayern gegenüber. Daran mag man erkennen, wie die Münchner zu ihrem ersten Sieg im Weserstadion seit fünf Jahren gekommen waren – über den Kampf. Ernüchternd gewöhnlich war das Aufeinandertreffen des amtierenden Deutschen Meisters aus dem Norden gegen den All Time Champion aus dem Süden, die beide unter der Woche noch ihre Heimstätten derart vibrieren ließen, dass Seismographen beinahe kleine Erdbeben angezeigt hätten. Die Münchner hatten, wie Uli Hoeneß im noch nicht ganz abgeebbten Überschwang der Gefühle wiederholte, „mit dem 4:0 gegen Amsterdam ganz Deutschland restlos zufrieden gestellt“, während Werder mit einer furiosen Aufholjagd den Skalp des spanischen Spitzenklubs FC Valencia in seine Trophäensammlung einreihte. Im Bundesliga-Alltag schrumpften beide wieder auf Normalmaß. (…) Felix Magath jedenfalls ist in seinem Anspruch vom schönen Offensivfußball bereits nach drei Monaten in München erschreckend flexibel geworden. Die anfangs vom neuen Trainer irritierten, weil seit Generationen aufs Ergebnis fixierten Spieler finden gleichsam in gewohnt archaische Verhaltensmuster zurück, die ihren natürlichen Anspruch auf die Alpha-Rolle belegen sollen: Zurück in die Zukunft.“

Auch Sven Bremer (FTD 4.10.) würde Magath gerne an seinen Worten messen: „Pragmatiker nennen das clever, Fußballästheten werden deshalb wohl niemals Fan des FC Bayern München werden. Richtig ansehnlichen Fußball spielte eigentlich nur Michael Ballack. Doch darum, so klärte Felix Magath auf, würde es ja auch gar nicht gehen. „Es geht nicht darum, alle drei Tage optimal zu spielen, sondern darum, so lange wie möglich in allen drei Wettbewerben Erfolg zu haben.“ Das kommt einem irgendwie bekannt vor. Doch es saß nicht der stets kühl kalkulierende Ottmar Hitzfeld auf dem Podium, sondern Felix Magath. Jener Trainer, der zu Saisonbeginn noch das Ziel formulierte, den schönen, modernen und offensiven Fußball in München zu installieren. Erst jetzt scheint er dort richtig angekommen zu sein. Und die Erkenntnis erlangt zu haben, dass es doch nicht so einfach ist, bei dem Verein etwas grundlegend zu verändern. Leidenschaftlicher Offensivfußball wie gegen Ajax Amsterdam dürfte also auch in Zukunft nur in kleinen Dosen verabreicht werden.“

Oke Göttlich (taz 4.10.) beschreibt den Münchner Stil: „Wie sehr die Bayern das Recht des Stärkeren strapazierten, zeigte sich Mitte der zweiten Spielhälfte. Einem harmlosen Duell zwischen Miroslav Klose und Oliver Kahn schloss sich die unwürdigste Szene des Spiels an. Wie ein tumber und alkoholisierter Oktoberfestbesucher ging der Bayern-Keeper auf Klose zu und versuchte zweimal seinen Zeigefinger mitsamt Torwarthandschuh in dessen Nase zu bohren. Mit aller Entschlossenheit trat die bayerische Wiesngang im Weserstadion auf, als ob sie sich ganz Ostfriesland zu Eigen machen wollte.“

Freigeist

Frank Hellmann (FR 4.10.) begutachtet Johan Micouds Schuhsohlen: „Wann immer der sensible Genius außer Form, nicht aufgelegt ist oder womöglich schlecht geschlafen hat, hakt das auf flexible Passfolgen abgestellte Vorwärtsspiel. Ohne den kreativen Kopf wirkt Bremen bieder, mitunter mittellos. Werders Verantwortliche wissen, dass das Vertrauen, das sie selbst in den divenhaften Franzosen setzen, nicht frei von Risiken und Nebenwirkungen ist. Micoud, 31, stieg dank seines findigen Beraters Alexander Wacker und einem vorzeitig bis 2007 verlängerten Kontrakts zum „bestverdiensten Werder-Profi aller Zeiten“ (Clubchef Jürgen L. Born) auf – er kassiert rund drei Millionen Euro per annum. Die Gegenleistung sind Geistesblitze – wie just beim Siegtor gegen Valencia. Aber ansonsten verweigert sich der Individualist gern dem kollektiven Geiste. Er setzt sich erfolgreich zur Wehr, deutsch zu sprechen (obwohl er alles versteht), er geht wie in Bochum oder gegen Valencia nicht mit zu den Fans (auch wenn alle gehen). Die Nummer zehn bei Werder hat den Status als Freigeist.“

VfL Wolfsburg-Borussia Mönchengladbach 2:1

Muss man Wolfsburger Zuschauer ins Stadion zwingen, Dirk Steinbach (BLZ 4.10.)? „Die Wahrscheinlichkeit auf die Meisterschaft, das haben Statistiker ausgerechnet, liegt nun bei knapp 40 Prozent. Eine Zahl, über die Gerets nur müde lächelt. „Wenn wir uns nicht steigern, werden wir nicht lange oben bleiben“, sagte er. „Deshalb müssen wir jede Woche genießen.“ Was zunehmend auch die Anhänger machen. Waren gegen Kaiserslautern nur 18 000 Besucher gekommen, bildeten sich nun ungewohnt lange Schlangen an den Kassenhäuschen. Die Zahl auf der Anzeigentafel war dann aber doch etwas übertrieben. Für die verkündeten 32 719 Zuschauer hätte das Stadion um 3000 Plätze erweitert werden müssen. Am Ende waren es 26 726, der beste Besuch in dieser Saison. Im nächsten Heimspiel gegen Bochum könnten es noch mehr werden, denn Hauptsponsor VW will die 2 000 Mitarbeiter mit dem geringsten Krankenstand mit Karten belohnen.“

Gewöhnungsbedürftig, daß er beim VfL Wolfsburg sein Geld verdient

Frank Heike (FAZ 4.10.) bewundert Andrés D‘Alessandro: „Technisch ist der Antreiber der argentinischen Nationalmannschaft der vielleicht beste Spieler der Bundesliga. Es bleibt gewöhnungsbedürftig, daß so ein Ausnahmefußballer beim VfL Wolfsburg sein Geld verdient. Schaut man genauer hin, paßt es aber ganz gut. Denn der 24 Jahre alte Profi genießt hier alle Freiheiten. Rund um seine Auftritte für die heißgeliebte Heimat spielt er auch ein bißchen beim VfL. Während die Kollegen noch Interviews gaben, fuhr D‘Alessandro schon nach Hannover. Von dort flog er via Frankfurt nach Buenos Aires. Nationaltrainer José Pekerman hat gerufen. (…) In Wolfsburg sorgt man sich, daß der neun Millionen Euro teure Mann daheim verheizt wird.“

Javier Cáceres (SZ 4.10.) auch: „Die Maschine zum Anschlussflug nach Buenos Aires wärmte in Hannover-Langenhagen schon die Motoren, doch so viel Zeit musste noch sein. Andrés D’Alessandro empfing den Ball am Rande des Strafraums und forderte eins, zwei, drei, vier Mönchengladbacher heraus, seine Bewegungen zu erraten; eins und zwei versuchten sich gleich zweimal daran, wie drei und vier: Vergebens. Am Resultat änderte der Tanz nichts mehr; doch ums Spielfeld herum erhoben sich 26 000 Zuschauer von ihren Sitzen – in entrückter Begeisterung. Denn D’Alessandro mit dem Ball am linken Fuß zu sehen ist, als berühre man den Orgasmotron – die Lustmaschine aus Woody Allens Sleep. Sogar für jene, die ihm von Berufs wegen feindlich gesinnt sein müssten: Als Mönchengladbachs Regisseur Thomas Broich, ein übrigens ebenfalls großer Stilist, gefragt wurde, wie er D’Alessandros Auftritt empfunden habe, bekam er fast glasige Augen. In jedem Fall versagte ihm der Satzbau: „Bärenstark… Was der mit dem Ball macht … Eine Augenweide… Ein ganz toller Spieler…““

1. FC Kaiserslautern-Hertha BSC Berlin 0:2

Die Beziehung ist nachhaltig gestört

Claus Dieterle (FAZ 4.10.) sorgt sich um die Verlierer: „Jahrelang stand das Pfälzer Publikum in dem berechtigten Ruf, tatsächlich so etwas wie die zwölfte Kraft zu sein. Wie oft sind unter dem akustischen Druck der zum Fanatismus neigenden Massen Schiedsrichter ihrer Linie untreu geworden, wie oft sind in den letzten Minuten schon verloren geglaubte Spiele gekippt. Die leidenschaftliche Beziehung der pfälzischen Fußballprovinz zu ihrem Klub ist schon länger etwas abgekühlt, aber am Samstag dürfte sie auf dem Nullpunkt angekommen sein. Es waren nicht einmal die gellenden Pfiffe und die „Jara-raus-Rufe“ gegen den ungeliebten Trainer, die zu denken geben. Es waren der Hohn und der Spott gegen die eigene Mannschaft, die verblüfften, und das in einem Stadion, wo bedingungslose Unterstützung bis zum bitteren Ende der Normalfall war. Wenn sich die Fans kollektiv in Sarkasmus flüchten und „Oh, wie ist das schön, so was hat man lange nicht geseh‘n“ skandieren, dann ist das für Spieler und Trainer so etwas wie die Höchststrafe. Mal abgesehen davon, daß ohnehin nur 30 696 Zuschauer den FCK im Fritz-Walter-Stadion noch erleben wollten, das ist Minusrekord. Und wohl eine Reaktion auf die Publikumsschelte von Trainer Kurt Jara. Die Beziehung ist nachhaltig gestört (…) Die Berliner, die mindestens genauso viel Anlaß zur Nervosität gehabt hätten, wußten das freundliche Entgegenkommen lange Zeit gar nicht recht zu schätzen. Kapitän Arne Friedrich konnte nach sechs Wochen Verletzungspause seltsam unbeschwert sein Comeback feiern, und Rückkehrer Yildiray Bastürk nutzte seine Einwechslung zu einem Reha-Spaziergang unter Wettkampfbedingungen. Eine halbwegs entschlossene Mannschaft hätte den Nachmittag für Kaiserslautern zum Debakel gemacht.“

Borussia Dortmund-1. FC Nürnberg 2:2

Nur noch Mittelmaß

Ach, Borussia! Freddie Röckenhaus (SZ 4.10.): „Das ganze Stimmungstief in Dortmund macht sich mehr und mehr an der Einsicht fest, dass neben dem finanziellen Fiasko auch sportlich nicht allzu viel zu erwarten ist. Gegen den munteren, lauffreudigen, aber in der Defensive alles andere als sattelfesten Neuling verfestigte sich die Diagnose der letzten Wochen: Dortmund ist nur noch Mittelmaß. Bei den zwei gescheiten Nürnberger Toren wussten weder die Zuschauer noch BVB-Trainer Bert van Marwijk, wer da in Dortmunds Defensive alles geschlafen oder falsch reagiert hatte. Nürnbergs slowakisches Duo Marek Mintal und Robert Vittek schnitt bei den Toren so unbedrängt durchs Dortmunder Abwehr-Stilleben wie das Messer durch die Leinwand. Als Alleinunterhalter Jan Koller mit zwei schönen Toren den Ausgleich hergestellt hatte, erwarteten 73 000 Zuschauer eine drängende Borussia für die zweite Hälfte. Doch die war dann so passiv und drucklos, dass es dem BVB-Anhang im wahrsten Sinne des Wortes die Sprache verschlug. (…) Zudem hat van Marwijk gleich mehrere Brandherde mit gefrusteten Helden. Den Brasilianer Dede, vor Monaten noch als Kandidat für den FC Barcelona gehandelt, durfte nur als Notnagel für den verletzten Kehl ins Spiel, der für Demütigungen besonders empfindliche Oliseh wurde nach 36 Minuten vom Feld beordert und war stinksauer. Und Dortmunds Dauertalent Lars Ricken ist von van Marwijk zuletzt zu den Regionalliga-Amateuren beordert worden. Freunde macht er sich nicht gerade. Wenn nicht bald der Knoten platzt, dürfte der Holländer ein heißer Kandidat fürs Fliegen werden.“

Soviel Phantasie wie die BVB-Aktie

„Auch im Kerngeschäft keine Gewinne Dortmund enttäuscht mit jeder Bilanz“, spottet Richard Leipold (FAZ 4.10.): “Alle Konten im Minus? So ist es nun auch wieder nicht bei Borussia Dortmund. Es gibt ja noch das Punktekonto. Und das ist notorisch ausgeglichen: ein Sieg, eine Niederlage, fünf Unentschieden, so lautet die Eröffnungsbilanz. Aber auch sie bereitet den Verantwortlichen der westfälischen Fußball-Kapitalgesellschaft keine Freude. Denn auch im Kerngeschäft auf dem Rasen weist das Unternehmen keine Gewinne aus. Auf dem Rasen war den Dortmunder Fußballspielern etwa soviel Phantasie zu eigen wie der BVB-Aktie auf dem Börsenparkett. Die Nürnberger spielten, wie es ihnen gefiel; die Borussen spielten bloß mit – wenn überhaupt.“

SC Freiburg-FSV Mainz 1:2

Ist in der Bundesliga nur Platz für einen „anderen“ Verein, Michael Eder (FAZ 4.10.)? „Stadionzeitungen sind nicht dafür gemacht, die eigene Mannschaft zu kritisieren, schon gar nicht in Freiburg. Da fiel am Samstag ein Satz in einem Text auf, der sich bewundernd mit dem Gegner Mainz befaßte. Verdammt unterhaltsam sei, was die Rheinhessen nach ihrem Aufstieg böten. In Freiburg hingegen sei „der Zauber über die Jahre etwas verflogen“. Gewiß bringe Mainz aber „genug davon mit für einen richtig aufregenden Nachmittag“. Volltreffer! Die Spieler hüben wie drüben gaben sich alle Mühe, die Vermutung des Autors auf dem Platz zu verwirklichen. Die frechen Mainzer Aufsteiger zeigten, was Jürgen Klopp unter guter Unterhaltung, unter britischem Fußball versteht: laufen, kämpfen, spielen. Die Freiburger demonstrierten hingegen einen in die Jahre gekommenen Stil, der pomadig wirkte und in Ratlosigkeit endete. Die Mainzer Kampfkraft und Laufbereitschaft gönnten dem Gegner keine Zeit. Kaum am Ball, sah sich jeder Freiburger von zwei oder drei Gegenspielern bedrängt, was dazu führte, daß die Südbadener den Ball öfter in den eigenen Strafraum spielten als in den gegnerischen und aus dem gewohnten Kurzpaß- ein eigenartiges Langpaßspiel wurde.“

Malte Oberschelp (SZ 4.10.) blickt in das, scheinbar einflussreiche, Freiburger Stadionmagazin und verpasst das entscheidende Tor: „„Für mich ist die Situation perfekt, wenn man mit geschlossenen Augen im Stadion sitzen kann und mitbekommt, was passiert“, hatte Jürgen Klopp dem Stadionmagazin erzählt. Perfekt, weil besonders gut vernehmbar, war der entscheidende Moment der Partie, die Entwicklung des letzten Treffers kurz vor dem Schlusspfiff: Zu hören war da jener verzweifelte Lärm, mit dem das Publikum eine Heimmannschaft das letzte Mal nach vorne schreit. Dann ein dumpfes Aufstöhnen: Ballverlust. Gegrummel wird laut, es klingt ärgerlich, besorgt, schließlich voller Angst. Ein winziger Moment der Stille folgt – und plötzlich jubelt wie aus naher Ferne eine Ecke, die vorher gar nicht anwesend schien.“

Bayer Leverkusen-Hamburger SV 3:0

Macht der Erinnerung

Erik Eggers (FR 4.10.) leidet mit dem schwermütigen Klaus Toppmöller: „Toppmöller steht gewaltig unter Druck. Hätte sein Team nicht in Leverkusen, sondern in Bochum oder Hannover verloren, er wäre seinen Job wohl los. Mancher wäre in seiner Lage geflüchtet. Toppmöller ging an den Tresen des kleinen Presseraums und bestellte sich ein Kölsch. Ein Lächeln huschte über sein zuvor noch düsteres Gesicht. Natürlich war es kein feierliches Prosit auf die Niederlage. Toppmöller, der unverbesserliche Romantiker, beging auf diese Weise seine Rückkehr an die Stätte seiner größten Erfolge. Von 2001 bis 2003 hatte er Bayer Leverkusen gecoacht und bis ins Finale der Champions League geführt. Die gewohnte Umgebung erinnerte ihn daran, wie er nach dem glorreichen Sieg gegen Barcelona das Trikot von Patrick Kluivert erobert hatte; wie sie das Defensivmonster FC Liverpool zerlegt hatten; wie sie beinahe Deutscher Meister geworden waren; wie Fußball-Europa den enthusiastischen Offensiv-Stil seiner Mannschaft bejubelt hatte. Die Leverkusener Fans hatten ihn am Ende dieses Nachmittags mit „Toppi, Toppi“-Rufen gefeiert, was Toppmöller auch damit erklärte, dass die Anhänger eben wüssten, „dass ich einer von Ihnen bin“. Und so stand er zur Überraschung der Hamburger Journalisten noch da, trank sein Bier und klönte mit einstigen Weggefährten. In diesem Moment verflogen die Probleme der Gegenwart. Macht der Erinnerung.“

Die Mannschaft lebt, sie ist nicht untrainierbar

Welche Erkenntnis darf der Leverkusener Trainer ziehen, Peter Heß (FAZ 4.10.)? “Zuletzt hatte Klaus Augenthaler moniert, elf Spieler, aber keine Mannschaft zu haben. Da hatten die Bayer-Profis sich als Künstler versucht. Gegen den HSV präsentierten sich die Leverkusener als Mannschaft, aber ohne Spieler, nur mit Kämpfern. Wenn das Team irgendwann mal die goldene Mitte findet, wird es seinen eigenen Ansprüchen dauerhaft genügen. Immerhin konnte Augenthaler schon jetzt widerspruchslos behaupten: „Die Mannschaft lebt, sie ist nicht untrainierbar.“ Der Hamburger SV hingegen übertraf spielerisch alle Erwartungen, die man gemeinhin an eine abstiegsgefährdete richtet. Neben einer guten kämpferischen Einstellung verblüfften die Norddeutschen durch eine gewissenhaft eingehaltene Raumordnung und durch ein gepflegtes Paßspiel. Nur wenn es darum ging, den Ball ins Tor zu schießen, machten es sich die Hamburger unnötig kompliziert.“

Hansa Rostock-Hannover 96 1:3

Spart sich Hansa in die zweite Liga, Ronny Blaschke (SZ 4.10.)? „Die alljährlichen Krisenwochen haben begonnen. Erstmalig wurde Trainer Schlünz hinterfragt. Fast vier Jahrzehnte ist er jetzt Mitglied im Klub, bei den Fans genießt er noch immer Immunität, er wurde sogar gefeiert, doch der Bonus schwindet allmählich. Stoisch stand er an der Seitenlinie, wortlos und eingeschüchtert, wie ein schlechter Film schien das Spiel an ihm vorbei zu laufen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann ehemalige Funktionäre wieder aus ihren Löchern kriechen und auf dem Boulevard Veränderungen fordern. Offiziell, so bekräftigte die Vereinsführung, ist die Trainerdiskussion noch nicht ausgerufen. Natürlich nicht. Fünf Punkte nach sieben Spielen, ein erstes Vorzeichen dafür, dass die zehnte Bundesligasaison in Serie vorerst die letzte sein könnte. Wirtschaftlich geht es dem FC Hansa so gut wie nie zuvor. Der Sponsorenpool ist von 118 auf 150 Unternehmen angewachsen, alle Werbeflächen sind vermietet, der Hauptsponsor zahlt 700 000 Euro mehr pro Saison. Der Verein ist schuldenfrei – und qietschlebendig ins Chaos geschlingert. Er hat darauf verzichtet, den Kader mit teuren Kräften anzureichern. Schon vergangene Spielzeit war Hansa stark von Martin Max abhängig. Eine halbe Million Euro investierte Hansa im Sommer in fünf neue Spieler, fußballerisches Mittelmaß, gegen Hannover spielte nur der Schwede Marcus Allbäck. Die Sparsamkeit könnte im Abstieg münden.“

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