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Bundesliga

Quo vadis?

Kai Butterweck | Dienstag, 7. Dezember 2010 8 Kommentare

Während die Presse sich in München mit aktuellen und vermeintlich neuen Personalien beschäftigt, rückt in Dortmund der Mannschaftsteil hinter der Mittellinie in den Fokus der Berichterstattung. Außerdem: Stagnation beim HSV und Sorge um Borussia Mönchengladbach

Jörg Hanau (FR) beschäftigt sich mit der Zukunft von Louis van Gaal: „Der FC Bayern schlittert im Dezember 2010 orientierungslos durch die Arenen. Erst ein einziger Auswärtssieg ist ihm in dieser Saison gelungen − die Jagd auf Borussia Dortmund ist abgeblasen. Van Gaals Kurzarbeiter kickten eine Viertelstunde richtig gut auf Schalke, passgenau, aber nicht effizient. Und wer seine Chancen nicht nutzt, darf sich anschließend nicht beklagen. Das gilt erst recht für jene im FCB-Dress, die dringend eine Auszeit brauchten: Philipp Lahm etwa, der fraglos große Verdienste besitzt, wirkt überspielt. Eine Verschnaufpause, wie sie zuletzt Thomas Müller nutzte, könnte dem Nationalmannschaftskapitän nur gut tun. Was passiert nun eigentlich mit van Gaal? Der öffentliche Schulterschluss mit den Bayern-Bossen wird nach jeder Niederlage neu hinterfragt − auch oder gerade von ihm selbst. Ob er die Weihnachtsferien als Trainer des FC Bayern übersteht? Seriös lässt sich das nicht beantworten.“

Wohin führt der Weg von Manuel Neuer?

Till Schwertfeger (Welt Online) rückt die Personalie Manuel Neuer in den Fokus: „Es gilt als offenes Geheimnis, dass Neuer in der Führungsetage des FC Bayern der Wunschkandidat für die Nachfolge des soliden Jörg Butt ist, dessen Vertrag zwar noch bis 2012 läuft, der im Mai aber bereits seinen 37. Geburtstag begeht. Auch der Vertrag des Schalker Kapitäns hat noch bis 2012 Gültigkeit. Wollen die bedürftigen Gelsenkirchener noch eine Transfereinnahme erzielen (die in zweistelliger Millionenhöhe liegen würde), müssten sie ihn also nach dieser Spielzeit verkaufen. Die Bayern sind traditionell berüchtigt dafür, die nationale Konkurrenz zu schwächen, indem sie ihr die Schlüsselspieler wegkaufen. Auch die Schalker, Erzrivalen dieses Jahrzehnts, wird der Rekordmeister seine wirtschaftliche Überlegenheit spüren lassen, man kann das auch als kleine Revanche für die jüngste bedeutsame Niederlage auf dem Spielfeld ansehen. Eine Großinvestition in Neuer wäre allerdings auch sportlich sinnvoll – und mit der Verpflichtung Oliver Kahns aus Karlsruhe 1994 zu vergleichen. Zwar hat van Gaal seinem Torwarttrainer Frans Hoek dem Vernehmen nach den Auftrag erteilt, den 22-jährigen Reservisten Thomas Kraft zum nächsten Stammkeeper zu formen. Doch mit dem Ansatz, die eigenen Spieler besser zu machen und gegen den Rat des Vorstands auf teure Zugänge zu verzichten, ist der niederländische Star-Trainer schon diese Saison gescheitert.“

Oliver Völkl (Focus Online) vermisst Das Siegesverlangen bei den Bayern: „Was Bayern allerdings wirklich fehlt, ist die Gier. Die Gier, unbedingt gewinnen zu wollen. Dabei macht es Dortmund doch so schön vor. Nerlinger würde seinem Team gerne einen neuen Impuls anhand eines Wintertransfers gönnen. Vorschlag: Warum nicht in alter Bayern-Manier die Liga-Konkurrenz schwächen? Unter den `BVB-Bubis` befinden sich der Ex-Bayer Mats Hummels und daneben gleich noch Marcel Schmelzer. Ein Innen- und ein Außenverteidiger. Beide junge spielstarke deutsche Nationalspieler. Vielleicht kann der deutsche Rekordmeister ja doch noch Geschenke unterm Weihnachtsbaum feiern? Und so langfristig die Erwartungen auch wieder hochschrauben.“

Das energetische Herzstück

Frank Hellmann (FR) adelt die Dortmunder Defensive: „So sicher im Schneetreiben seine ulkige Ringelmütze gesessen hatte, so gut stand abermals die Deckung seines Teams. In 13 von 24 Pflichtspielen ist die Borussia nunmehr ohne Gegentor geblieben, das Spiel gegen den Ball ist Basis allen Wirkens. Nur wer die defensive Denke tief verinnerlicht hat, bekommt Klopps Urvertrauen geschenkt. Exzellent agieren Verteidiger wie Neven Subotic (schnell) und Mats Hummels (stellungssicher), effektiv Mittelfeldblockierer wie Nuri Sahin (dynamisch) und Sven Bender (omnipräsent) – dieses Quartett ist das energetische Herzstück einer noch nicht ans Limit gelangten Mannschaft. Wegweisend dürfte nun weniger das nächste Heimspiel am Samstag gegen Bremen werden, sondern übernächsten Mittwoch das Endspiel zum Überwintern in der Europa League in Sevilla. Mit einem Ausscheiden hätte der BVB bessere Aussichten, Meister zu werden.“

Auch Oliver Trust (Tagesspiegel) schwärmt vom schwarz-gelben Verteidigungswall: „Die Bilanz ist beeindruckend. Nur einmal – beim 0:2 im ersten Spiel gegen Leverkusen –, kassierte der BVB mehr als ein Gegentor und die bisher einzige Bundesliga-Niederlage. In 15 Spielen kassierte Weidenfeller nur neun Gegentore. In sieben Bundesligapartien blieb die Borussia ohne Gegentor. Die Gesamtbilanz fällt ähnlich gut aus. In 13 der insgesamt 24 Pflichtspiele gelang dem Gegner kein Treffer gegen die Borussen. Nur gegen Karpaty Lemberg in der Europa League kassierte der BVB im September beim 4:3-Sieg drei Tore. Der lange Abend in Nürnberg – das Charterflugzeug der Borussen konnte wegen vereister Tragflächen erst mit über einer Stunde Verspätung starten –, schien der richtige Zeitpunkt, um über Verteidigungsstrategien zu sprechen, obwohl die Dortmunder auf der anderen Seite mit 37 geschossenen Toren ebenfalls für den Spitzenwert stehen. Die Erklärung dafür scheint einfach, denn Balleroberungen münden blitzschnell in Gegenattacken. Die Erfolgsgeschichte des BVB fängt hinten an. Es zahlt sich aus, dass die Defensivformation seit langem zusammenspielt und wichtige Abläufe einstudiert sind.“

Wer soll die Borussia stoppen?

Andreas Burkert (SZ) rechnet in dieser Spielzeit nicht mehr mit einem Wechsel an der Spitze: „Wer Dortmund allerdings stoppen sollte, ist nicht zu erkennen. Denn Mainz schwebt nicht mehr, und Leverkusen besitzt einen hochwertigen Kader, aber keine meisterliche Konstanz. Die Bayern? Abgehängt und müde. Nur die Borussia kann sich jetzt noch aufhalten, mit einem Einbruch, den es jedoch so noch nie gab. Wahrscheinlich ist das nicht, zumal auch der Winter und die Fluglotsen irgendwann den Widerstand aufgeben dürften.“

Der HSV verharrt an der Schwelle zur nationalen Spitze

Stefan Osterhaus (NZZ Online) zeigt sich verwundert über den bisherigen Saisonverlauf beim HSV: „In Hamburg hat Veh eine schwierige Aufgabe zu bewältigen. Der Klub, der sich in den letzten Jahren gern den Anstrich eines Unternehmens mit glänzenden Zukunftsperspektiven gab, ist in einer Sackgasse angekommen, die Stagnation der letzten Jahre ist vor allem mit dem Namen des Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann verknüpft. Die Hoffnungen der Anhängerschaft, an die Zeiten der frühen achtziger Jahre anknüpfen zu können, als der HSV mehr als nur ein Herausforderer der Bayern war und in der Bundesliga wie in Europa reüssierte, sind in den letzten Jahren geschwunden. Auf eigenartige Weise verharrt der Klub trotz einem guten Kader an der Schwelle zur nationalen Spitze.“

Krisengebiet Mönchengladbach

Frank Hellmann (FR) sorgt sich um die Gladbacher: „Die Realität weist Mönchengladbach als Tabellenletzten und damit als aktuelles Krisengebiet aus. Dass deren Hitzkopf Raul Bobadilla nun vom DFB bestraft und vom Verein verbannt wurde, ist zwar konsequent, übertüncht aber nur die wahren Probleme bei der Kaderzusammenstellung. Zu viele Nationalitäten, zu wenig Zusammenhalt; zu viel Masse, zu wenig Klasse; im Tor wie im Angriff. Dazu hat Michael Frontzeck den Nachweis erst noch zu erbringen, ein erfolgreicher Fußballlehrer für den Überlebenskampf zu sein − sowohl in Aachen als auch Bielefeld scheiterte der Trainer an dieser Mission. Dass Sportdirektor Max Eberl an dem gebürtigen Mönchengladbacher festhalten will, mag irgendwo nachvollziehbar sein. Doch eingedenk der ewig gleichen Fehlerquellen, Stichwort Gegentore, steht auch Frontzeck in der Verantwortung.“

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Kommentare

8 Kommentare zu “Quo vadis?”

  1. Van Kuchen
    Dienstag, 7. Dezember 2010 um 12:46

    es heißt: Die Bayern sind traditionell berüchtigt dafür, die nationale Konkurrenz zu schwächen, indem sie ihr die Schlüsselspieler wegkaufen.
    und weiter: man kann das auch als kleine Revanche für die jüngste bedeutsame Niederlage auf dem Spielfeld ansehen.

    Für mich ist das ein Foul außerhalb des Platzes und müßte mit Rot geahndet werden!

    Wenn Bremen weiterhin Aufbau-Gegner bleibt, kann sich Dortmund ja schon auf das nächste Spiel freuen. Oder kann Werder wieder wie eine Spitzenmannschaft agieren?

  2. Heffer
    Dienstag, 7. Dezember 2010 um 13:34

    es ist schon recht schwierig, einen gescheiten Text über die Bayern zu lesen.
    Alles ist voll mit Floskeln und abgedroschenen Anschuldigungen, etwas neues gibt es fast nie zu erfahren. Im Endeffekt sind das alles nur Stammtischgespräche in Artikelform.

    Es ist schwierig. Wahrscheinlich ist alles schwierig.

  3. Ulfert
    Mittwoch, 8. Dezember 2010 um 13:44

    „Auch die Schalker, Erzrivalen dieses Jahrzehnts, […]“

    Sonst wurde Werder immer der größte Bayern-Konkurrent der letzten Jahre genannt. Bei 5 verschiedenen Meistern in den letzten 10 Jahren (davon 6x Bayern) kann man aber wohl nicht von „dem Erzrivalen“ der Bayern sprechen.

    Wie es halt grade passt. Hauptsache es klingt irgendwie nach Krawall oder Sensation.

  4. Van Kuchen
    Mittwoch, 8. Dezember 2010 um 23:16

    @Ulfert

    Wenn Bremen nicht vorletzte und diese Saison so desaströs wenig Punkte gesammelt hätten, wäre es wohl eindeutige, wer in den letzten 10 Jahren näher an Bayern war.
    So jedoch müßten die Tabellen einfach durchgegangen und die Punkte addiert werden.

    Ergebnis?

  5. Ulfert
    Donnerstag, 9. Dezember 2010 um 00:29

    @Van Kuchen

    Selbst wenn bei einer solchen Zählung Werder oder Schalke „eindeutig“ auf Platz 2 wäre – bei 6:1 Meisterschaften kann man wohl nicht von meinem Erzrivalen sprechen.

  6. Ulfert
    Donnerstag, 9. Dezember 2010 um 12:05

    Ein kleiner Nachtrag: Gegenüber Schalke wäre es natürlich ein Meisterschaftsverhältnis von 6:0. Wie konnte ich das nur übersehen 🙂

  7. Van Kuchen
    Freitag, 10. Dezember 2010 um 13:36

    Nun, bis zum DFB-Pokalspiel war Schaaf der einzige Trainer, der gegen Bayern eine positive Bilanz hatte. Ob diese nun ausgeglichen ist, weiß ich nicht. ich finde den Begriff angemesse – meine Meinung

  8. Ulfert
    Freitag, 10. Dezember 2010 um 13:40

    Ist halt eine Frage der Definition, Aber: Schaaf ist afair Trainer von Werder, nicht von Schalke. Daher bleibt die Aussage im Artikel Quatsch 🙂

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