indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

EM 2020

Euro 2020 – Was muss Flick jetzt alles flicken?

Kai Butterweck | Donnerstag, 1. Juli 2021 1 Kommentar

Auch zwei Tage nach dem Schlusspfiff ist das Achtelfinal-Drama zwischen England und Deutschland noch in aller Munde

Deutschlands EM-Reise ist vorzeitig beendet. Joachim Löw hat fertig. Was nun? Tammo Blomberg (Zeit Online) spricht für die Nation: „Auch Identifikationsfiguren nutzen sich ab. Das Land will neue Helden. Nach dem Spiel gegen Portugal blitzte diese Sehnsucht auf, als sich alle auf Robin Gosens stürzten. Endlich war da wieder einer, der so aufregenden, dynamischen Fußball zu verkörpern schien wie zu Beginn der Ära Löw – und dazu auch noch unbekümmert Interviews gab. Doch dieses Gefühl hielt nur kurz.“

Martin Einsiedler (Tagesspiegel) hält den Ball flach: „Quantitativ bestehen ohnehin keine Sorgen. Die Lust am Fußball ist ungebrochen. Der Deutsche Fußball-Bund zählt dauerhaft über sieben Millionen Mitglieder. Und als Letztes stimmt positiv, dass in Hansi Flick nun ein Trainer das Amt von Joachim Löw übernimmt, der zuletzt einen Vereinstitel nach dem anderen gewonnen hat. Es steht daher gar nicht so schlecht um den deutschen Fußball. Daran ändert nicht mal eine Niederlage gegen England etwas.“

Der eigenen Brillanz beraubt

Till Erdenberger (n-tv.de) leidet mit Ilkay Gündogan: „Er ist ein echtes Löw-Opfer: In der Premier League, unter Pep Guardiola, ist Gündogan einer der spannendsten Mittelfeldspieler der Welt. Torgefährlich, häufig genial, immer kreativ, stets präsent und in der Lage, Mitspieler in ausgezeichnete Abschlusspositionen zu bringen – oder eben selbst aufs Tor zu schießen. Das macht er erfolgreich. In der Premier League, unter Pep Guardiola. Unter Joachim Löw ist er Teil einer Doppel-Sechs, agiert viel weiter weg vom gegnerischen Tor und wirkt im Umkreis von Toni Kroos bisweilen völlig verloren. Jedenfalls seiner eigenen Brillanz beraubt.“

T-online.de-Kolumnist Stefan Effenberg bastelt bereits an der Mannschaft der Zukunft: „Joshua Kimmich wird künftig in der Nationalmannschaft zentral spielen müssen als Führungsspieler des FC Bayern auf dieser Mittelfeldposition. Musiala sollte langsam zum Stammspieler aufgebaut werden. Dazu sollte Flick vielleicht mit Mittelfeldspieler Florian Wirtz, Rechtsverteidiger Ridle Baku und Lukas Nmecha aus der U21 neue Spieler einbauen. Nmecha hat bei der U21-EM in sechs Spielen vier Tore geschossen und auch im Finale gegen Portugal den entscheidenden Treffer erzielt. In der abgelaufenen Saison hat er in 41 Spielen 21-mal in Belgien für Anderlecht getroffen. Und Baku könnte vielleicht als Rechtsverteidiger den Weg für Kimmich ins Zentrum freimachen.“

Einstellung, Wille, Erfolg

Dieter Hoß (stern.de) freut sich auf Hansi Flick: „Ob es ein gutes Zeichen ist, dass die größte Hoffnung „der Mannschaft“ auf bessere Zeiten die Person des Trainers ist, sei dahingestellt. Hansi Flick bringt aber mit, was zuletzt im DFB-Tross nicht mehr zuhause war: positive Einstellung, Wille zum Erfolg, Siegergen. Die Art und Weise, wie er dem taumelnden Dauermeister FC Bayern Beine machte und mit sechs Titeln die Saison 2019/20 zur erfolgreichsten der ohnehin mit Titelgewinnen gespickten Clubgeschichte machte, war beeindruckend.“

Jürgen Kaube (FAZ) bedankt sich bei Thomas Müller: „Manche meinen, wenn Müller nur getroffen hätte, wäre das Spiel womöglich noch gekippt. Doch was wäre dann passiert? Wir gewinnen wieder einmal ein Elfmeterschießen gegen England? Wir schlagen im Viertelfinale die Ukraine knapp und im Halbfinale Dänemark mit 7:1? Um dann, die Gruppenphase vergessend und das England-Spiel als neuerlichen historischen Sieg bezeichnend, wieder sieben Jahre lang irrtümlicherweise zu glauben, wir seien gut im Fußball, gehörten zur Weltspitze, hätten das richtige System, müssten nur das Bisherige fortschreiben und für Hansi Flick sei alles gut eingerichtet? Wer das nicht für wünschenswert hält, sondern Lernfähigkeit als Bereitschaft zur Revision von Irrtümern, muss sich bei Thomas Müller geradezu dafür bedanken, dass sein Schuss danebenging.“

Fabian Scheler (Zeit Online) gratuliert den Kickern von Gareth Southgate: „Schon jetzt hat das Turnier hohen symbolischen Charakter. Schafft es England ins Finale, hätten sie sechs von sieben Spielen im Wembley gespielt. Die eine Auswärtsfahrt führt nach Rom, dort wird das Viertelfinale stattfinden. Es ist die Chance, gleich mehrere Traumata auszukurieren. Die WM 1990 in Italien, die an deutschen Elfmetern scheiterte. Die EM 1996 im Wembley, die an deutschen Elfmetern scheiterte. Die 55 titellosen Jahre.“

Sven Haist (SZ) stellt viele Gesundschreiben aus: „In aller Nüchternheit dargelegt, hat England Deutschland mit 2:0 im EM-Achtelfinale besiegt. Und wahrscheinlich muss das Ergebnis in dieser trivialen Form auch genauso dastehen, um sein ganzes Ausmaß zu entfalten. Denn ein derartiges Resultat war mehr als ein halbes Jahrhundert lang nach einem K.-o.-Spiel eines Turniers nirgends mehr zu finden: Seit dem englischen WM-Heimsieg und einzigen Titelgewinn 1966 verloren die Three Lions nacheinander auf dramatische Weise gegen Deutschland: bei der WM 1970, der WM 1990, der EM 1996 und der WM 2010. Der Erfolg gleicht nun einer anderthalbstündigen Therapiesitzung für England.“

freistoss des tages

Kommentare

1 Kommentar zu “Euro 2020 – Was muss Flick jetzt alles flicken?”

  1. alinka.biz
    Freitag, 3. September 2021 um 15:52

    alinka.biz

    Euro 2020 – Was muss Flick jetzt alles flicken? | indirekter freistoss

  • Quellen

  • Blogroll

  • Kategorien

  • Ballschrank

118 queries. 0,448 seconds.