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Deutsche Elf

Marco Reus – Und wieder nix

Kai Butterweck | Mittwoch, 1. Juni 2016 5 Kommentare

Bundestrainer Jogi Löw hat seinen endgültigen EM-Kader bekanntgegeben. Wieder zurück in die Heimat müssen Karim Bellarabi, Julian Brandt, Sebastian Rudy und Dortmunds Offensiv-Ass Marco Reus. Letzteren trifft die Entscheidung besonders schwer

Marco Reus verpasst erneut ein großes Turnier. Oliver Fritsch (Zeit Online) kann es nicht fassen: „Sein Ausfall ist eine Schwächung der deutschen Elf. In großen Spielen taucht Reus zwar manchmal ab, zuletzt im Pokalfinale gegen Bayern. Auch hat der 27-Jährige noch keinen Titel gewonnen, Weltmeister wurde die deutsche Elf ohne ihn. Aber er ist einer der besten deutschen Flügelstürmer und war ein Kandidat für die Startelf. Löw zitierte die Ärzte, Reus könne nur geradeaus laufen. Was heißt hier eigentlich nur? Das ist doch mehr als manch anderer draufhat.“

Der größte Pechvogel des deutschen Fußballs

Auch Lars Wallrodt (Welt) schüttelt den Kopf: „Eigentlich hätte alles ganz prima werden können. Die Kollegen aus der Nationalmannschaft hätten ihm ein Ständchen gesungen, abends hätten sie am Sektglas nippen dürfen, um dann von der bevorstehenden Europameisterschaft zu schwärmen und sich leicht beschwipst einzuschwören auf das Großereignis. Doch: Marco Reus war da schon gar nicht mehr im Trainingscamp. Tief enttäuscht war er abgereist, gestrichen aus dem EM-Kader. Und gebrandmarkt als der größte Pechvogel des deutschen Fußballs.“

Stefan Giannakoulis (n-tv.de) kann die Entscheidung des Coaches nachvollziehen: „Warum muss Marco Reus zu Hause bleiben? Und warum nimmt Joachim Löw die ebenfalls verletzten Bastian Schweinsteiger und Mats Hummels mit zur Fußball-Europameisterschaft? Das sind die beiden Fragen, die sich aufdrängen, nachdem der Bundestrainer sein 23er-Aufgebot für Frankreich benannt hat. Die Antwort lautet: Weil er die beiden Weltmeister offensichtlich für wichtiger hält als den Dortmunder. Das ist sein gutes Recht.“

Ein Signal des Vertrauens in die Qualität des restlichen Kaders

Dirk Preiß (Stuttgarter Nachrichten) blickt gespannt in die Zukunft: „Dieser Verzicht auf Reus ist auch ein Signal des Vertrauens in die Qualität des restlichen Kaders. Und doch stehen hinter den 23 Mann, die nun fix mit nach Frankreich reisen werden, nicht nur Ausrufezeichen. Einige Spieler kommen aus Verletzungspausen, andere haben keine überzeugende Saison gespielt, manch einer scheint seinen sportlichen Zenit überschritten zu haben, die Jung-Stars wie Leroy Sané, Joshua Kimmich oder Julian Weigl müssen sich im elitären Kreis einer EM erst noch beweisen. Und so wird es in den kommenden Wochen vor allem darauf ankommen, dass Löws Gerüst aus Weltmeistern von 2014 nahezu perfekt funktioniert.“

Holger Luhmann (sport1.de) wundert sich: „Tagelang war von leichten Adduktorenproblemen die Rede. Dass Reus in Ascona nicht am Mannschaftstraining teilgenommen hatte und auch nicht mit zum Länderspiel am Samstag nach Augsburg gegen die Slowakei geflogen war, wurde als reine Vorsichtsmaßnahme abgetan. Nun sprach Löw von massiven gesundheitlichen Problemen. Die Diagnose ist nicht in Zweifel zu ziehen. Warum der DFB aber eine schwerwiegende Verletzung über mehrere Tage verharmlost hat, bleibt fragwürdig.“

Marian Laske (derwesten.de) glaubt an eine fulminante Rückkehr des Dortmunder Pechvogels: „Marco Reus wird diesen erneuten Rückschlag verdauen. Er wird ihn stärker machen. Und sollte sich der BVB unter Thomas Tuchel weiter verbessern, wird Reus in den kommenden Jahren auch einen Titel in die Luft stemmen. Erst am Ende der Karriere sollte man Bilanz ziehen.“

Es braucht mindestens einen, besser mehrere Gute-Laune-Onkel

Marcus Bark (sportschau.de) freut sich auf „lustige“ Wochen: „Es ist müßig, nun tagelang zu diskutieren, ob es nicht besser gewesen wäre, diesen oder jenen mitzunehmen und stattdessen etwa Lukas Podolski Urlaub zu gönnen, der in den vergangenen Jahren zweifelsfrei an Qualität eingebüßt hat. Joachim Löw sind außer der sportlichen Klasse auch andere Faktoren wichtig. Es mag abwertend klingen, aber es braucht mindestens einen, besser mehrere Gute-Laune-Onkel. Da gibt es keinen besseren als Lukas Podolski, zumal der bei Galatasaray ja auch unter Beweis gestellt hat, dass er auf hohem Niveau immer noch mithalten kann.“

Michael Rosentritt (Tagesspiegel) beschäftigt sich mit den Herren Schweinsteiger und Hummels: „Was Schweinsteiger und auch Mats Hummels betrifft, geht der Bundestrainer das Risiko ein, mit zwei angeschlagenen Spielern nach Frankreich zu fahren. Und ja, es sind nicht irgendwelche Spieler. Dieses Privileg hat ein Weltmeistertrainer sich verdient, unabhängig davon wie sich diese beiden Spieler das Vertrauen verdient haben. Doch auf dem Platz wird es nicht mehr um Verdienste gehen. Genauso wenig darum, wer die Nummer 17, 18, 19 oder 20 im Kader ist, also mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht zum Einsatz kommen wird. Als Löw nach dem WM-Titel den Spieler mit den meisten Ausfallzeiten zum Kapitän machte, nämlich Bastian Schweinsteiger, hat er gesagt, dass er diesen nur für die großen, wichtigen Spiele brauche. Nun hoffen alle deutschen Fans mal, dass sie diese auch erreichen. Ob nun wegen oder trotz Schweinsteiger.“

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Kommentare

5 Kommentare zu “Marco Reus – Und wieder nix”

  1. wowiki
    Mittwoch, 1. Juni 2016 um 12:15

    nun,
    sollte o. kann man das mit Reus auch mal „Positiv“ sehen ?

    Hat er seinen FS inzwischen schon ?
    Noch nix zu gelesen ;
    dann hätte er doch nunmehr ausreichend Zeit dazu
    ihn zu bestehen , oder ? !
    GlückAuf

  2. wowiki
    Mittwoch, 1. Juni 2016 um 12:17

    Was heißt hier eigentlich nur? Das ist doch mehr als manch anderer draufhat.“
    Da kann man dem Oliver wohl zustimmmen !

  3. Charly
    Mittwoch, 1. Juni 2016 um 19:28

    Wowiki-Gags am laufenden Band. Und alle brandneu.

  4. Charly
    Mittwoch, 1. Juni 2016 um 20:04

    Meine Antwort an Giannakoulis lautet:
    Weil die beiden Weltmeister im Gegensatz zu Reus demnächst gesunden.

    Zu Holger Luhmann:
    Man weiß von keiner Verharmlosung, jetzt jedoch von einer unterlassenen DFB-Info an HL.

    Zu Bark:
    Was nun, Poldi? Gute-Laune-Onkel oder noch auf hohem Niveau? Oder beides? Knallharte Kante.

    Zum Niveau:
    Hybris meets Ahnungslosigkeit und berichtet.
    Emotionaler Sportjounalismus halt.

  5. Danny
    Sonntag, 5. Juni 2016 um 23:38

    Tja – es hat leider wieder nicht sollen sein, aber dort sitzen ja keine indischen Strassen Docs beim DFB. Die werden schon wissen, wen sie wieder fit bekommen und bei wem es ein Risiko bleibt am Ende die wertvollen Plätze durch verletzte Spieler zu blockieren.

    Davon hat letztendlich niemand etwas. Hätte Löw Reus mitgenommen und es hätte sich dann bestätigt, dass er nicht Einsatzfähig ist, dann wäre die Heulerei bei den Millionen Stammtisch-Trainern auch wieder groß.

    Ich kann schon vor meinem geistigen Augen Kommentare sehen wie: „Der Idiot Löw – wieso nimmt der Spieler mit, wo vorher klar war, dass sie nicht spielen können?“

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