Donnerstag, 25. März 2004
Ballschrank
Fuchs im Hühnerstall
Jens Weinreich (BLZ 2.4.) glossiert. „Konsequenter wäre es natürlich gewesen, sich sofort ganz von Radmann zu trennen. Doch wer kann das schon verlangen, angesichts der komplizierten personellen Bindungen und Interessens-Konstellationen. Die Story von Fedor Radmann, seinen Geschäftsbeziehungen und dem WM-Organisationskomitee ähnelt der sprichwörtlichen Geschichte vom Fuchs im Hühnerstall. Was wird ein Fuchs wohl antworten, wenn man ihn im Holzverschlag entdeckt und fragt: Sag mal, Du willst doch nicht etwa eine Henne verspeisen? Was soll Radmann antworten, wenn sich seine Partner im OK-Präsidium und im Aufsichtsrat erkundigen: Sag mal, liegt da etwa ein Interessenskonflikt vor? „Neeeeiiiiinnnn, antwortet der Fuchs, ich gebe darauf mein großes Fuchs-Ehrenwort. Wer kann es dem Fuchs verdenken? Neeeeiiiiinnnn, antwortet Radmann. Als Ehrenmann gibt er darauf sein Ehrenwort. Die Vorwürfe seien an Niederträchtigkeit nicht mehr zu überbieten, sagt der Freund von Franz Beckenbauer: Soll ich jedem Freund sagen, was für Aktien ich irgendwo habe? Wer kann es dem Mann verdenken? Fedor Radmann ist Lobbyist. Interessenskonflikte sind für ihn kein Problem. Er lebt davon, solche Konflikte in seinem Sinne zu lösen. Er hat dafür zu sorgen, dass die Geschäfte laufen wie geschmiert.“
Günstlingswirtschaft
Zur Entlastung Radmanns wirft Wolfgang Hettfleisch (FR 2.4.) sehr kritisch ein. „Dabei hatte der Marketing-Stratege, für den eine Offenlegungspflicht nur gegenüber Chef Beckenbauer bestand, den Fehler begangen, noch zu mauern, als Politik und Öffentlichkeit schon Fragen stellten. Eine gefährliche Taktik. Bundesinnenminister Otto Schily und dessen Kollegen im Aufsichtsrat dürfen nicht dulden, dass auf die Vorbereitungen zur bedeutendsten deutschen Sportveranstaltung seit 1974 der leiseste Verdacht von Günstlingswirtschaft fällt. Schily sah Klärungsbedarf. Gestern hielt er still. Vielleicht mit der Faust in der Tasche, nicht aber, so verlautete nach der Sitzung, mit der Drohung, beim nächsten Ding sei Radmann fällig. Ähnlich wie den nachträglich des heimlichen Tankens an der Kirch-Zapfsäule überführten Bayern-Bossen fehlt dem Beckenbauer-Adlatus bislang jede Einsicht in die Fragwürdigkeit seines Tuns. Dabei geht es ja gar nicht so sehr um individuelle Schuld. Das von Radmann unterhaltene Beziehungsgeflecht aber ist Sinnbild einer zuletzt immer ungenierter zutage tretenden Raubritter-Mentalität an den Schnittstellen von Fußball und Geschäft. Fällt nicht bald wer den Herren, deren Burgen die zugehörigen Handelsplätze beherrschen, in den Arm, droht ihre Geisel, der Sport, im finstersten Verlies zu verrotten.“
siehe auch:
Der mächtigste Mann Deutschlands?
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„Es zählt nicht nur die Leistung. Die Politik wird eben nicht bei Werder gemacht, sondern bei anderen Vereinen“
„Am lautesten beklagte sich der Bremer Torhüter Frank Rost, dass ihm vom ehemaligen Leverkusener Sportdirektor der Leverkusener Konkurrent Jörg Butt als Nummer drei vorgezogen wurde. „Es zählt nicht nur die Leistung. Die Politik wird eben nicht bei Werder gemacht, sondern bei anderen Vereinen“, sagte Rost, dessen Klub schon von den Planungen des Deutschen Fußball-Bundes für die WM 2006 im eigenen Land bitter enttäuscht wurde. Als WM-Spielort war Bremen am lokalen Konkurrenten Hannover gescheitert, was für böses Blut und lautstarken Protest aus der Hansestadt gesorgt hatte. „Für mich ist das unverständlich“, sagte Rost nun in eigener Sache. Völler verwahrte sich gegen solche Verschwörungstheorien und bezeichnete sie als „absoluten Quatsch“. Rost sagte, er werde diese Enttäuschung wegstecken, was ihn aber nicht daran hinderte, noch einmal kräftig nachzutreten: „Als Sportsmann bin ich es gewohnt, mit unfairen Dingen umzugehen.“ Verständnis für die Entscheidungen und Nöte eines Teamchefs hört sich anders an.“
Philipp Selldorf (SZ 07.05.02) billigt die Auswahl des Teamchefs Völler:
„Völler besitzt inmitten der üblichen Panik vor der WM den Verstand, die trügerischen Fakten vom Nutzen und von der Idee für sein Spiel zu trennen. Deshalb wiegen Carsten Janckers – derzeit unsichtbare – Fähigkeiten schwerer als die 18 Tore von Martin Max, und deshalb zählt Gerald Asamoahs Vielseitigkeit für Völler mehr als die Hoffnungen, die Lars Ricken regelmäßig weckt und enttäuscht. Zur Panik besteht noch genug Gelegenheit.“ (Volltext)
Ludger Schulze (SZ 03.05.02) über die WM-Chancen Deutschlands nach Nowotnys Ausfall:
„Drastisch ausgedrückt kann Rudi Völler 50 Prozent seiner Konzeption verwerfen, weil sich die Klasse seines Teams in etwa halbiert. Ihm bleibt ein exzellenter Torwart und ein gutes Mittelfeld; Abwehr und Sturm aber sind ein Torso. Den schlechten Nachrichten jedoch wohnt eine gute inne: Noch nie wurde eine deutsche Mannschaft, die bislang gewohnheitsmäßig zu den Favoriten zählte, von so geringen Erwartungen zu einem WM-Turnier begleitet. Jeder Schritt über die Vorrunde hinaus wäre eine feine Überraschung: Rudi, Ihr habt keine Chance, aber nützt sie.“ (Volltext)
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Der DSF-Trainer
Roland Zorn (FAZ 16.4.) schreibt zum selben Thema. „Am Montag war plötzlich auch noch Udo Lattek ein Thema. Der DSF-Trainer, wie er in der Doppelpaß-Stammtischsendung Sonntag für Sonntag launig vorgestellt wird. Thomas Hörster, der meist traurig dreinschauende, vom Amateur- zum Profitrainer promovierte Ur-Leverkusener wollte den Weg frei machen, um ein letztes Rettungssignal für Calmunds havariebedrohten früheren Vergnügungsdampfer zu setzen. Es war aber vorerst nicht mehr als ein blinder Alarm, der in der ohnehin hochgradig aufgescheuchten Leverkusener Fußballwelt ausgelöst wurde. Lattek, der es vielleicht anstelle von Hörster hätte machen sollen, und Kohler, zunächst als Latteks erster Zuarbeiter in die Diskussion gebracht, wollten zur weiteren Panik auf der Bayer-Titanic nicht auch noch beitragen, und außerdem erklärte sich die Mannschaft mit Hörsters Arbeit einverstanden. Also bewegt der redliche Mann ohne Charisma seine Mannschaft ohne Kämpfernaturen weiter (…) Calmund als Krisenmanager? Ausgeschlossen. Der Schönwetter-Rheinländer gönnt sich einfach zuwenig Zeit, um auch einmal in Ruhe nachzudenken. Lieber redet er ständig drauflos, um die mal verzweifelt, mal grotesk anmutende Situation seines Klubs möglichst originell und volkstümlich zugleich zu beschreiben. So präsentiert der Zirkusdirektor Calli seine Leverkusener mehr und mehr wie einen ganzjährig geöffneten Karnevalsverein, in dem nur einer, dafür aber andauernd Büttenreden hält: Reiner Calmund.“
Souveräner Tastenmann der Medienklaviatur
Von Erik Eggers (FTD 16.4.) lesen wir. „Natürlich ergaben sich Anschlussfragen nach dem Warum zu dieser Gespensterdebatte um einen Trainer, der nun doch bleibt. Calmund wand sich wie ein Aal bei diesen Fragen. Den Kontakt zu Udo Lattek etwa, der von der Boulevardpresse als Trainer ins Gespräch gebracht worden war, und den der neue Sportdirektor Jürgen Kohler als sein „großes Vorbild“ bezeichnet hatte, wollte er weder bestätigen noch dementieren. Auch schloss er eine Veränderung auf Trainerebene in dieser Saison nicht grundsätzlich aus. Und die Frage, wie förderlich eine solche Diskussion in dieser Situation sei, die schmeckte ihm so gar nicht. „Es ist völlig legitim“, so Calmund, „dass der Trainer sich in Frage stellt, das spricht sogar für diesen Mann.“ Noch mal: Muss sich Calmund, der sich doch gern als souveräner Tastenmann der Medienklaviatur sieht, nicht vorwerfen lassen, diese Debatte überhaupt nach draußen dringen zu lassen? „Das ist eine ein bisschen unnötige Diskussion“, sagt Calmund, aber das Problem sei heute ja, dass alles an die Medien komme, das könne man gar nicht verhindern. Das klang verblüffend kleinlaut, viel defensiver als alles, was der selbstbewusste Manager sonst von sich gibt. Ihm ist offenbar bewusst, dass er die Spekulationen letztlich selbst losgetreten hat. Schließlich hatte Calmund Hörster nicht daran gehindert, auch der Mannschaft seinen Rücktritt anzubieten. Er müsste wissen, dass so etwas eine sofortige Trainerdiskussion zur Folge hat.“
Neun zu null für Hörster
Dirk Graalmann (SZ 16.4.) betrachtet die vermeintliche Rückendeckung der Spieler skeptisch. „Seit zwei Monaten ist Hörster als Nachfolger des geschassten Klaus Toppmöller Cheftrainer in Leverkusen. Acht Niederlagen in zwölf Spielen stehen auf seinem Konto. Allein das Auftreten des Teams in Stuttgart hinterließ schon den Eindruck eines eindeutigen Misstrauensvotums gegen den nun wieder aktuellen Übungsleiter. Calmund ist das nicht verborgen geblieben. Doch dem Manager kommt in der unwirtlichen Krisensituation nicht nur der Instinkt abhanden. Auch sein Einfluss ist offensichtlich starkem Verfall ausgesetzt. Er, der schon der Idee verfallen war, Otto Rehhagel als Sportdirektor zu installieren, scheiterte auch mit seinem Begehr nach Udo Lattek. Ausgerechnet das Votum des erweiterten Spielerrates unterstützte den Klub nun in seiner quälenden Abwartetaktik. Nach dem Vormittagstraining saßen Calmund und Kohler mit den neun Akteuren um Nowotny, Ramelow, Kirsten und Butt zusammen. Es muss zugegangen sein wie in der Schule beim Vokabeltest. Jeder Einzelne wurde von Jürgen Kohler explizit gefragt, ob er „absolut zufrieden“ sei mit dem Trainer Hörster, „voll und ganz und mit 100 Prozent hinter ihm“ stehe, wie Calmund zu berichten wusste. Und alle Spieler hatten die Antworten fleißig gelernt. Die Abstimmung endete neun zu null für Hörster. „Ich nehme das zur Kenntnis“, sagte der Gesalbte und verströmte exakt jene Aura, die ihm seit Amtsantritt zu schaffen macht. Ein fleißiger Arbeiter, ein Bayer-Fan; aber einer, den die Arbeit mit den zunehmend als „untrainierbar“ geltenden Profis überfordert. Calmund konnte froh sein, dass keiner der Bayer-Profis, die hinter vorgehaltener Hand nicht nur gegen Hörster, sondern auch schon gegen die „Stimmungskanone“ Kohler sticheln, den Mumm hatte, sich zu verweigern. „Das wäre eine bittere Situation gewesen“, gestand Calmund ein. Ein Team, das den Trainer auch öffentlich demontiert – und kein Nachfolger in Sicht. So kann er jetzt wenigstens mit einem Trainer weiterarbeiten, der zwar „seit zwei Monaten nur Lack von allen Seiten kriegt“ (Calmund), aber zumindest genügend Masochismus besitzt, weiter den Prügelknaben zu mimen. Außer Zeit aber bringt das wenig.“
Golfspielen in Sonthofen
Richard Leipold (FAZ 16.4.) beschreibt anschaulich die Szenerie. “Die Vorzeichen waren düster. Am Dienstag war bei Bayer Leverkusen wieder einmal über einen Trainerwechsel spekuliert worden, und auch als die Frühlingssonne ihren höchsten Stand erreicht hatte, vermuteten viele, es werde mit einem neuen Fußball-Lehrer verhandelt, womöglich gar mit Udo Lattek, dem stammtischerprobten Altmeister. Doch Lattek hielt sich zum Golfspielen in Sonthofen auf. Und überhaupt war es ein viel zu schöner Sonnentag für eine Trainerentlassung. Dennoch war die Neugier groß. Obwohl kein offizieller Pressetermin anberaumt war, campierten viele Reporter, Fotografen und Kameraleute auf einem Rasenhügel vor der Westtribüne und warteten. Aber auf wen? Auf Godot? Auf Lattek oder bloß auf Jürgen Kohler den Sportdirektor, der eine Woche lang so wunderbare Stimmung unter dem Bayer-Kreuz verbreitet hatte, bis die Mannschaft mit einem peinlichen Auftritt in Stuttgart das zarte Pflänzchen der Zuversicht wieder zerstörte. Lattek als Feuerwehrmann wie vor drei Jahren um die gleiche Zeit in Dortmund? Nicht nur das rote Auto der Werksfeuerwehr, das für eine Weile um die Arena kreiste, deutete in diese Richtung. Auch Reiner Calmund, der Geschäftsführer des Leverkusener Fußball-Unternehmens, hatte die Spekulationen gefördert. Er wisse nicht, ob Hörster am Sonntag gegen Schalke noch auf der Bank sitze, am Ende gebe es vielleicht eine Überraschung. Calmund hatte nicht zuviel versprochen. Es kam anders, als die meisten gedacht haben. Statt des Gespanns Kohler und Lattek marschierten Calmund und Hörster am frühen Nachmittag in den Presseraum ein.“
Direkte Freistöße
Interview mit Gerald Asamoah Welt
zur Situation Sebastian Deislers SZ
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„Le jour de gloire est arrivé“
„Schon bei den ersten Tönen der Marseillaise gellten dissonant die Pfiffe von der Südkurve herüber. Sie kamen aus der korsischen Ecke, Tausende waren von der schönen Insel nach Paris gereist, um den SC Bastia zu unterstützen. Nun pfiffen sie. Präsident Jacques Chirac stand auf der Ehrentribüne. Bei der zweiten Zeile „Le jour de gloire est arrivé“ war sein Gesicht erstarrt. Wer ihn auch nur von weitem sah, spürte seine Wut, und besonders spürte sie Claude Simonet, der Chef des französischen Fußballverbandes (…) Wütend verlässt Frankreichs Präsident Chirac seinen Tribünenplatz, weil korsische Fans das Abspielen der Nationalhymne stören.“ (Volltext)
Ralf Itzel (taz 13.05.02) dazu:
„Es ist schon das zweite Mal in sechs Monaten, dass in Paris auf die Marseillaise gepfiffen wird, im Oktober bei der ersten Partie einer französischen Nationalmannschaft gegen die Elf der früheren Kolonie Algerien stürmten einige Fanatiker sogar das Feld. So weit kam es diesmal nicht, aber auch so langte es Chirac. Er traute seinen Ohren kaum und suchte mit ungläubigem Blick Bestätigung bei Übergangspremier Jean-Pierre Raffarin. Man konnte dem Präsidenten die Worte von den Lippen ablesen: Die pfeifen? Ich gehe! Gesagt, getan: Chirac suchte das Weite, die aufgereihten Fußballer unten trippelten genauso ratlos auf der Stelle wie oben der Präsident des französischen Fußballverbands, Claude Simonet. Der griff mit versteinerter Miene zum Stadionmikrofon, wurde aber ebenfalls niedergepfiffen.“ (Volltext)
Ralf Itzel (SZ 06.05.02) über das Siaonfinale in Frankreich und den neuen Meister Olympique Lyon:
„So ein Finale gab es in Frankreich noch nie. Am letzten Spieltag empfing der Zweite Olympique Lyon mit einem Punkt Rückstand den Ersten RC Lens. Ein echtes Endspiel, aus dem schließlich die Lyonnais als Triumphator hervorgingen. Durch ein 3:1 fing die Mannschaft den Konkurrenten noch ab, der 27 Spieltage lang die Liga angeführt hatte. Es ist der erste Meistertitel für Lyon. Nach 52 Jahren seines Bestehens wurde es höchste Zeit für den Klub, der die zweitgrößte Stadt Frankreichs vertritt und zu den reichsten der Liga zählt. Durch dieses Endspiel bekam eine chaotische Saison einen versöhnlichen Abschluss. Vorher lief das Meiste schief in der Liga das Welt- und Europameisters. Am auffälligsten war der Sittenverfall: Einige Trainer und Präsidenten gebärdeten sich wie Halbstarke. Luis Fernandez, Coach von Paris Saint Germain, schubste neulich im Zorn den vierten Offiziellen, als hätte der ihm die Freundin ausspannen wollen. Nach der Partie parkte er mit quietschenden Reifen auch noch die Stadionausfahrt zu, um die Schiedsrichter zu stellen und weiter anzupflaumen. Sechs Monate Sperre waren die Quittung.“ (Volltext)
Christian Eichler (FAZ 29.04.02) berichtet von der Hoffnung des RC Lens auf die zweite Meisterschaft nach 1998.
„Lens, das ist das Schalke von Frankreich. Früher die Hauptstadt der Kohle, heute die der Passion, die Fußball heißt. Sogar die Farben: Gelb und Rot, das waren auch einst die von Schalke 04. In Lens sind sie es noch immer, seit 1906, man nennt es „Les sang et or“. Blut und Gold – das erinnert an die Zeiten in den Minen, als viele litten und wenige den Profit machten. Arbeitslose Bergarbeiter bauten 1929 das Stadion, das englische Vorbilder hatte. Das Arbeitsethos der Kumpel prägte die Erwartung an die Spieler: Wer nicht alles gab, hörte den Ruf „A la mine“ – ab in die Mine.“
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„Der FC Bayern hätte sich eine solche Berichterstattung, wie sie die deutsche Nationalmannschaft erfahren musste, nicht gefallen lassen.“
Anm.: Bei diesem Spiel war außer Oliver Kahn kein Akteur des FC Bayern im DFB-Kader.
siehe auch: über das Verhältnis zwischen Berichterstattern und Politikern
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Frankfurt, klein und grau, ärgert sich über Benachteiligung
SC Freiburg – Eintracht Frankfurt 1:0
Ich kann den Ärger verstehen
Ingo Durstewitz (FR 25.11.) ärgert sich mit den Frankfurtern: “Es gibt ein paar Stereotype über den Fußballlehrer Volker Finke, die dem Pädagogen Volker Finke zum Halse raushängen: Querdenker, Freigeist, Öko-Rebell oder, ganz schlimm, der etwas andere Trainer. Beschreibungen, die schrecklich ausgelutscht sind, längst ist Finke, seit 13 Jahren in der schnuckeligen Stadt an der Dreisam und beim SC daheim, angepasst, nicht stromlinienförmig oder aalglatt, aber angepasst. Eines aber hat er sich bewahrt: die phrasenschweinfreien Sätze mit Subjekt, Objekt, Prädikat. Nach dem 1:0 gegen Eintracht Frankfurt hat der Oberstudienrat, 55, gesagt: Wir hatten einfach nur Glück. Nachsatz: Ich gehe jetzt aber nicht in die Kirche und zünde eine Kerze an. Er weiß, er hätte es besser tun soll, denn noch einmal werden die Breisgauer nicht so viel Dusel haben, ein Fußballspiel, das sie hätten verlieren müssen, zu gewinnen. Bei Eintracht-Trainer Willi Reimann ist der Ärger über die krassen Fehlentscheidungen von Schiedsrichter Lutz Michael Fröhlich, der die Frankfurter gleich in fünf (!) spielentscheidenden Situationen benachteiligte, auch einen Tag später noch nicht verflogen, er redet nach wie vor einer Konspiration das Wort. Auch die Fans mochten sich nicht beruhigen, sie denken ernsthaft über Aktionen (Frankfurt wehrt sich) nach. Andere rudern zurück. Vorstandssprecher Heiko Beeck etwa: Wir sollten es dabei belassen, sonst kann der Schuss nach hinten losgehen. Auch Andreas Möller mahnt: Wir sollten aufhören zu lamentieren. Alles am Schiedsrichter festzumachen, ist zu billig. Der Gescholtene selbst zeigt sich weitgehend uneinsichtig, nur bei Bajramovics Handspiel hätte ich Elfmeter geben müssen. Fröhlich zeigte Mitleid mit den sich schändlich betrogen fühlenden Verlierern: Ich kann den Ärger verstehen. Aber wir haben die Anordnung, nur das zu pfeifen, was wir sehen. Das war offenbar nicht viel.“
Jan Christian Müller (FR 25.11.) hält Schiedsrichtergunst für eine Frage von Macht und Einfluss: “Es gibt angenehmere Dinge, als in einem rappelvollen Fußballstadion mit der Pfeife im Mund offensichtliche Fehlentscheidungen zu treffen. Insoweit gebührt dem erfahrenen Referee Lutz Michael Fröhlich Mitgefühl. Aber der Berliner hat auch Glück: er hat lediglich im überregional unbedeutenden Fußballspiel SC Freiburg gegen Eintracht Frankfurt ein paar Mal daneben gelegen, nicht etwa, wie vor einem Jahr der junge Kollege Michael Weiner beim Giganten-Treff Bayern gegen Dortmund, als Elber dem BVB-Torwart Jens Lehmann mit Vollspann gegen den Kopf trat, aber dafür nicht belangt wurde, ehe Lehmann wegen Lamentierens und Verlassens des Strafraumes vom Feld geschickt wurde. Hinterher gab es eine wahre Hexenjagd auf den Unparteiischen, die sicher nicht zu den Glanztaten des deutschen Sportjournalismus‘ gehörte. Dass Fröhlich so pfiff wie er pfiff und hinterher bei der Fehleranalyse auch auffällig wenig Einsicht zeigte, ist sicherlich nicht mit einer absichtlichen Böswilligkeit oder tiefen Abneigung gegenüber den Hessen zu erklären, eher mit Psychologie. Wie von Fröhlich wurde die mausgraue Frankfurter Eintracht bereits zuvor viermal zuvor von dessen Kollegen Jörg Keßler, Peter Gagelmann, Uwe Kemmling und Florian Meyer benachteiligt. Die Parallele zur ebenfalls unbedeutenden Bielefelder Arminia, die sich zu Beginn der vergangenen Saison völlig zu Recht über sieben gravierende Fehlentscheidungen binnen weniger Wochen beschwerte, ist offenkundig. Und der Verdacht drängt sich auf, dass die subjektive Wahrnehmung eines vermeintlich Unparteiischen beeinflusst ist dadurch, wie viel Respekt sich ein Club und seine Spieler erarbeitet haben. Da hat die Eintracht noch eine ganze Menge Nachholbedarf.“
1. FC Kaiserslautern – Hertha BSC Berlin 4:2
Die Reparaturen am lädierten Selbstbewusstsein verlangen viel Geduld
Martin Hägele (SZ 25.11.) führt den Sieg Kaiserslauterns auf die Schwäche Berlins zurück: „Hoeneß und Stevens hatten recht, dass sie auf der Tölpeleien der verantwortlichen Profis und ihren hervorgehobenen Status verwiesen: Kiraly, ungarischer Nationalkeeper; Simunic, Abwehrchef des EM-Teilnehmers Kroatien; der deutsche Nationalspieler Friedrich; und nicht zu vergessen der brasilianische Weltmeister Luizao, der allein vor Torwart Wiese auftauchte und den Treffer zum 1:3 verpasste, der Hertha wohl unweigerlich zum Sieger befördert hätte. „Und wir stünden jetzt auf Platz 13 der Tabelle, mit Kontakt zum Neunten“, träumte Hoeneß. Ohne Konjunktiv befindet sich der selbsternannte Champions League-Kandidat als Fünfzehnter nur noch einen Zähler entfernt von der Abstiegszone. Für den Rest der Saison geht es allein um das neu formierte Ziel „gesichertes Mittelfeld“. Die Reparaturarbeiten am lädierten Selbstbewusstsein der Mannschaft verlangen viel Geduld. Denn nicht den Rafael, 19, Madlung und Mladenov, beide 21, fehlt die psychische Stabilität. Es geht um die Qualität der Routiniers, und den Zusammenhang zwischen Konzentration und Klasse – weshalb sich Hoeneß und Stevens die Frage gefallen lassen, ob sie sich nicht bei einem großen Teil ihres Kaders vertan haben. Unter diesen Vorbehalten lässt sich auch der Kaiserslauterer Erfolg schwer einordnen. Der Betzenberg ist zwar berühmt geworden für seine eigenen Gesetzmäßigkeiten und Wunder; doch das jüngste Mirakel haben mehr die arglosen Hertha-Profis als der Glaube der FCK-Kicker ans eigene Können möglich gemacht.“
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1:1 in Sarajevo
Die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen nehmen ihre Arbeit derzeit ernster als die Spieler der deutschen Nationalmannschaft und bewerten das dürftige 1:1 in Sarajevo sehr kritisch. „Die Reise nach Sarajevo wird für den DFB zum karitativen Erfolg, sportlich aber geht einiges daneben“, fasst die FR die Erkenntnisse der Reise in ein vom Krieg zerrüttetes Land zusammen. Immerhin bleibt die positive Wirkung des Besuchs der deutschen Friedenstruppe. „Die deutschen Soldaten hatten ihren Spaß. Für die Moral der Truppe schickten die Amerikaner Marylin Monroe. Wir haben Oliver Kahn“ (FAZ).
Sportlich gesehen jedoch schrammte man knapp an einer blamablen Niederlage vorbei. „Das Problem ist nicht neu, dass die deutschen Profis ein Länderspiel ohne Punktwertung mit der gleichen Lust und Liebe betrachten wie Kaspar seine Suppe. Aber es ist immer wieder aufs Neue ärgerlich“ findet die SZ, während der FR – ähnlich wie Teamchef Rudi Völler – für die Zukunft Schlimmes schwant: „Es wird eher schlimmer: Nach der Europameisterschaft 2004 drohen dem DFB wegen fehlender Qualifikationsspiele für die 2006 in Deutschland anstehende WM lauter Muster ohne Wert – zwei Jahre lang. Schon jetzt graust es dem Teamchef vor dieser Zeit.“ Zu Völlers Forderungen, im Zeitraum vor der WM 2006 im eigenen Land eine Südamerikareise durchzuführen, wirft die taz ein: „Das hätte dann auch den Vorteil, dass dort keine Feldküchen der Bundeswehr besichtigt werden müssen. Hoffen wir zumindest.“
Außerdem: schwache Italiener, rassistische Vorfälle in Bratislava u.v.m.
Philipp Selldorf (SZ 14.10.) fasst die Reaktionen nach dem Spiel zusammen. „Für die triste Vorstellung fanden die Beteiligten mehr Erklärungen als es Moscheen in Sarajevo gibt – und das sind überraschend viele, erst kürzlich hat der saudische König Fahd einen kostspieligen Neubau gestiftet. So fehlten zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen die tragenden Mittelfeldakteure Michael Ballack und Dietmar Hamann – sie werden am Mittwoch in Hannover beim EM-Qualifikation aber wieder mitwirken können –, und während der wirklich miserablen ersten Hälfte hatte auch Bernd Schneider auf der Bank gesessen. Dank seines Eingreifens wurde es im zweiten Abschnitt ein wenig besser – was aber immer noch fern von gut liegt. Kapitän Kahn hielt dann zwar ein Plädoyer auf mildernde Umstände, aber welche Jury hätte ihn damit erhört?“
Thomas Kilchenstein (FR 14.10.) fragt sich zweifelnd. „Macht so ein Länderspiel in aller Freundschaft in Bosnien-Herzegowina Sinn? Natürlich macht es, im Nachhinein betrachtet, keinen Sinn. Eine kurze Vorbereitung, mieses Wetter, ein eigentlich unbespielbarer Platz, die Angst vor verletzungsfördernden Zweikämpfen, keine richtige Lust und organisatorische Unwägbarkeiten in einem von Bürgerkriegswirren noch sichtbar ruinierten Land – all das sind Dinge, die aus sportlicher Sicht nicht unbedingt für ein Länderspiel auf dem Balkan sprechen. Ansonsten wurde Kaffee mit Sfor-Soldaten getrunken und Schecks für soziale Einrichtungen verteilt. Das ist sicherlich ein feiner Zug, nur wird die Abenteuerreise Rudi Völler keine wesentlichen neue Fingerzeige gegeben haben. Bleibt also die, auch nicht mehr ganz brandheiße, Feststellung: Deutsche Nationalmannschaft und Freundschaftsspiele gegen so genannte „Kleine“ passen irgendwie nicht recht zusammen.“
Die Situation des Fußballs in Bosnien-Hercegevonina beschreibt Hans-Joachim Leyenberg (FAZ 12.10.). „Die Fußballszene hatte sich, den politischen Trennlinien folgend, in drei ethnisch getrennte Sektionen von Moslems, Kroaten und Serben gespalten. Erst im Mai dieses Jahres gelang es, alle Kicker unter dem Dach der bosnisch-hercegovinischen Fußball-Föderation zu vereinen. Wie in anderen Lebensbereichen auch, hat die internationale Gemeinschaft Druck ausgeübt. Sie drohte mit Geldentzug, sonst hätte sich nichts bewegt. Bis in dieses Frühjahr hinein wurden im Liga-Fußball mit seinen insgesamt 750 Klubs drei Meisterschaften ausgetragen. Jede Volksgruppe spielte einen eigenen Titel aus. Folgerichtig durfte keines der drei Teams an den europäischen Wettbewerben teilnehmen. Weder die Europäische Fußball-Union noch der internationale Verband akzeptierte dieses vom alten Nationalismus geprägte Treiben. Erst als die Titelträger den wahren Meister im Play-Off-Verfahren ermittelten, durften sie endlich zurück auf die europäische Bühne.“
Zur Bedeutung des Spiels lesen wir von Matti Lieske (taz 14.10.). „Ein echter Härtetest für das zuletzt so erfolgverwöhnte Team, ein Crashkurs über all das, was einem in den Niederungen des Weltfußballs an Grässlichkeiten widerfahren kann. Ein Stadion, in das sich außer den 700 geladenen Soldaten kaum jemand verlaufen hatte, ein Platz, den man eigentlich nur mit Schwimmflossen und Taucherbrille hätte betreten dürfen, ein unverschämter Gegner, der den hohen Besuch mit frechem Angriffsfußball quälte, und ein italienischer Schiedsrichter, der zwar noch nichts von Carsten Janckers akuter Strafraumfallsucht gehört hatte, aber dafür unversehens Doppelrot zückte, als sich Wörns und Salihamidzic einen bundesligaüblichen Austausch von Handgreiflichkeiten leisteten. Als vorweggenommene Zugabe hatte es tags zuvor an gleicher Stätte bereits ein 1:5 der U 21 gegeben, damit auch der deutsche Nachwuchs nicht zu übermütig wird (…) Rudi Völler nahm die schwache Leistung beim glücklichen 1:1 gelassen. Wenige Tage vor dem EM-Qualifikationsspiel gegen die Färöer-Inseln am Mittwoch in Hannover schien ihm der Dämpfer gerade recht zu kommen. Schließlich geht es ihm seit dem verwunderlichen Einzug ins WM-Endspiel vor allem darum, zu verhindern, dass sich die alte Einteilung der Fußballwelt in Giganten (wir!) und Zwerge (die!) wieder in den Köpfen der Spieler festsetzt.“
Hans-Joachim Leyenberg (FAZ 14.10.) zum selben Thema. „Die Tour nach Sarajevo, die mancher versucht ist, als Tortur zu deuten, führte in ein Land, in dem vor sieben Jahren noch Ausnahmezustand herrschte. Mit einem Krieg mitten in Europa. Im Vorbeifahren sahen die deutschen Nationalspieler Einschusslöcher in den Hauswänden, Torsi von Gebäuden, zerbombte Straßenbahnen auf dem Abstellgleis in Sarajevos Depot, die von tatsächlichen Torturen kündeten. „Eine wertvolle Erfahrung für eine Generation, die keinen Krieg erlebt hat“, sagte Gerhard Mayer-Vorfelder, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), als handelte es sich um eine Bildungsreise (…) Es gab Nebenschauplätze, auf denen die Deutschen punkteten. Mit seinem ihm eigenen, bisweilen etwas aufdringlichen Charme eroberte Mayer-Vorfelder die Herzen der Kinder im Waisenhaus unweit der deutschen Botschaft. Neben Spielsachen und Süßigkeiten gab es einen Scheck über 5.000 Euro für die Einrichtung, in der 120 Waisen leben, die zwischen 15 Tage und 18 Jahre alt sind. 5000 Euro mögen wenig sein für den reichen DFB. Aber übers Jahr gesehen, gibt der Verband 100.000 bis 200.000 Euro für wohltätige Zwecke aus. Mayer-Vorfelder schwärmte von der Herzlichkeit der Gastgeber, und es gab wiederum Gastgeber, die von der Großherzigkeit der Gäste sprachen. In der Summe lässt all das die Sinnfrage nach Länderspielreisen in Schwellenländer des Fußballs in einem anderen Licht erscheinen.“
Thomas Kilchenstein (FR 14.10.) schaut voraus. „Gut also, dass nun der harte Brocken Färöer wartet, die haben zuletzt nur 2:0 gegen Litauen verloren. Das ist am Mittwoch kein Freundschaftsspiel mehr, sondern bitterster Ernst, und immer, wenn’s drauf ankommt, pflegt der DFB-Kicker genau den einen Schritt mehr zu tun, den er in Sarajevo zu spät gekommen war. Michael Ballack übrigens ist auch wieder gesund geworden. Prima Timing.“
Philipp Selldorf (SZ 14.10.) blickt in die Zukunft. „Für den Teamchef Rudi Völler, der in seinem Fußballerleben auch schon einige freudlose Kicks auf Malta oder Zypern absolviert hat, bietet diese Sorte Überdruss außerdem einen beunruhigenden Ausblick auf die nahe und ferne Zukunft. Am Mittwoch kommt die großmächtige Vertretung der Färöer-Inseln, und Völler kommt sich vor wie der Pastor, der zweimal predigt. Vor allem aber fürchtet er die Zeiten vor der WM 2006, wenn keiner mehr mit Deutschland um Punkte spielt. Da ein Antrag auf Eingliederung des Gastgebers Deutschland in den Qualifikationsbetrieb ebenso wenig zur Disposition steht wie die Weitergabe der WM an Südafrika oder England, wird Völler noch häufig predigen müssen, dass selbst ein Testspiel im Zwielicht vor 5.000 Zuschauern, bei tiefem Boden und mit schwerem Magen, eine Sache von Belang bleibt.“
Rote Karten für Wörns und Salihamidzic SZ
Portrait Carsten Jancker Tsp
Andere EM-Qualifikationsspiele
Spielbericht Island – Schottland (0:2) SZ
„Der spielerische Mehrwert des schottischen Sieges war bescheiden, der moralische überwog bei weitem“. Christian Eichler (FAZ 14.10.) fasst die Reaktionen der schottischen Presse auf den Sieg zusammen.
Spielbericht Slowakei – England (1:2) NZZ
Rassistische Vorfälle beim Spiel in Bratislava FR
Zum 1:1-Remis der Italiener gegen Jugoslawien meint Dirk Schümer (FAZ 14.10.). „Schön spielen und gewinnen – das sei mit ihm nicht zu haben. Mit derart ernüchternden Worten hatte Giovanni Trapattoni vor dem Europameisterschaftsqualifikationsspiel gegen Jugoslawien die Erwartungen der Tifosi heruntergedämpft. Aber waren da überhaupt Erwartungen? Zuletzt hatten die Italiener unter ihrem eisgrauen Nationaltrainer in der Regel weder schön gespielt noch hässlich gewonnen. Selbst gegen den ersten Gruppengegner Aserbeidschan war nur ein beschämend glückliches 2:0 herausgesprungen. Die so begeisterungsfähigen Fans im Stadio San Carlo von Neapel, wo einst Diego Maradona von seiner Gemeinde zu den Göttern des Sports erhoben wurde, wären also schon mit einem Arbeitssieg zufrieden gewesen. Aber am Ende gab es mit einem mehr als dürftigen 1:1 das erwartete Unentschieden – ein Ergebnis, das dem Tore- und Spielverhinderer Trapattoni ebenso auf den Leib geschneidert schien wie der anthrazitfarbene Anzug, mit dem er auch am Samstag Abend wieder eine bessere Figur machte als seine ungeschlachte Elf. Nun mehren sich nicht nur in den Medien bedenklich die Stimmen, diesen alternden Gentiluomo mit dem heiseren Organ, über den eine ganze Fußball-Ära wirkungslos hinweggegangen ist, endlich zu pensionieren (…) Angesichts des flotten und respektlosen Spiels, das der junge Teamchef Jugoslawiens einer Legionärstruppe aus Europas Ligen beigebracht hat, fragen sich nun auch Italiens verantwortliche Funktionäre, ob man sich nicht besser nach einem Übungsleiter umsehen sollte, der nach der Ära des Schwarzweißfernsehens selbst noch auf dem grünen Rasen stand. Die traditionsreiche Mannschaft der Azzurri wirkte jedenfalls mit einer Sechserkette und einem Faible für nutzlose Tacklings eher wie eine britische Zweitligamannschaft.“
Birgit Schönau (SZ 14.10.) zum selben Spiel. „Wenn die Langeweile im Fußball doch noch eines Tages zum Kult erhoben werden sollte, hätte Giovanni Trapattoni der erbitterten internationalen Konkurrenz zum Trotz beste Chancen auf das Amt des Hohepriesters. So uninspiriert, müde und ermüdend quälte sich seine Auswahl am Samstag in Neapel durch ein 1:1 im EM-Qualifikationsspiel gegen Jugoslawien, als müsse sie einen Ritus des Ennui zelebrieren (…) In Wirklichkeit ist der italienische Fußball nahezu monströs schnelllebig geworden, ohne Pietät und Respekt frisst er seine eigenen Mythen, er ist zum Spielball der Politik verkommen, zum humorlosen Objekt einer Unterhaltungsindustrie ohne Reibung und Höhepunkte. Trapattoni, bei seiner Ankunft zum Retter des Vaterlandes gesalbt, scheint vordergründig von dieser Entwicklung zu profitieren, in Zahlen sozusagen, ist aber eigentlich als Vertreter jener Dinosauriergeneration, die den Fußball lebte, anstatt ihn auszubeuten, zum Scheitern verurteilt. Eine tragische Figur vielleicht, weil wir aber in Italien sind, auf jeden Fall eine tragikomische. Das Problem der Trapattoni-Elf ist, dass sie eine der beiden Grundbedingungen des Fußballs nicht erfüllt. Spektakel oder Ergebnis.“
Spielbericht Italien – Jugoslawien (1:1) NZZ
Italiens Fußball unter Dopingverdacht SZ
Spielbericht Frankreich – Slowenien (5:0) NZZ
Spielbericht Albanien – Schweiz (1:1) NZZ
Kommentar zur Lage des Schweizer Fußballs NZZ
„Fußball nährt in Albanien die Illusion vom westeuropäischen Leben“ NZZ
Georgien – Russland abgebrochen NZZ
Sammelbericht SZ
Rehhagel vor dem Rauswurf? FR
Zu den Diskussionen um Ronaldos Übergewicht bemerkt Christian Eichler (FAZ 12.10.). „Früher durfte nicht nur der Fußball kugelig sein, auch der Fußballer – Hauptsache, das Spiel war eine runde Sache. Vom späten Puskas bis zum späten Maradona zeigten dickliche Diven herrliche Ballkunst; schossen von Müller bis Romario pummlige Stürmer Tore wie nichts; zauberten von Ettmayer bis Gascoigne dralle Ballstreichler mit kleinstem Raumbedarf. Alles nach dem Motto: Wer so viel draufhat, darf auch zuviel Pfunde draufhaben. Die drahtigen Renner von heute bringen das so nicht hin. Schließlich wird Fußball mit Bein und Kopf gespielt, nicht mit Waschbrettbauch. Wohlgemerkt: gespielt. Gewonnen wird er natürlich längst anders: immer mehr durch Fleiß als durch Finesse. Moderner Fußball ist Laufarbeit für elf Leichtathleten; auch Stars müssen rennen und Stürmer verteidigen, und dünner läuft es sich eben leichter. Bei Birmingham City reduzierte Trainer Steve Bruce das durchschnittliche Körperfett der Spieler von 14 auf 10,8 Prozent – der Klub stieg auf und überrascht in der Premier League. Bei Standard Lüttich führten sie im vergangenen Jahr heftige Speck-Strafen ein: pro Kilo Übergewicht 500 Euro. Im Moment allerdings stehen die wallonischen Weight Watchers auf einem Abstiegsplatz der belgischen Liga, die übrigens nach einer Biermarke benannt ist. Abnehmen allein ist eben auch nicht alles. Nur eins ist klar. Wenn schon der beste Stürmer der Welt dem Diät-Terror ausgesetzt wird, dann sind sie wohl endgültig da: die mageren Jahre im Fußball.“
Gewinnspiel für Experten
Ballschrank
Sparzwang in der Liga, Interview mit Andreas Hinkel
Themen: neuer Sparzwang in der Liga – Blamage für Werder Bremen mit Folgen – die Lage in Stuttgart, Frankfurt, Dortmund, Hamburg und Köln – Freiburgs Trainer Finke, Frankfurts Trainer Reimann: zwei Aufsteiger und Typen – Interview mit Andreas Hinkel (VfB Stuttgart), Andreas Rettig (Manager 1. FC Köln) und Jürgen Klopp (Trainer FSV Mainz) – Ballack, der “kleine Kaiser”
Die Bundesliga erlebt ihre Stuttgartifizierung
Christoph Biermann (SZ 31.7.) kommentiert die neue Sparsamkeit der Liga. „Nur zwei Jahre ist es her, als beim VfB Stuttgart die Apokalypse bevorzustehen schien. Ganz knapp hatte die Mannschaft damals den Klassenerhalt gesichert, doch nicht einen Spieler konnte der mit 40 Millionen Mark dramatisch verschuldete Klub verpflichten. In seiner Not setzte Trainer Felix Magath damals auf junge Profis aus dem eigenen Nachwuchs, und das Wunder nahm seinen Lauf. Inzwischen sind Hinkel oder Hleb, Hildebrandt oder Kuranyi auf dem Weg zu Spitzenspielern, und der Tabellenzweite der vergangenen Saison gilt als Modell für die ganze Bundesliga. „Stuttgart ist nicht zu kopieren, aber das Beispiel hat sicherlich viele Klubs sensibilisiert“, glaubt Dieter Hoeneß, der Manager von Hertha BSC. Seitdem die Fernseheinnahmen gesunken und Kredite kaum noch zu bekommen sind, erlebt die Bundesliga ihre Stuttgartifizierung. Fast alle Klubs haben die Kader reduziert, die Ausgaben für Neuverpflichtungen gingen um zwei Drittel auf gut 32,5 Millionen Euro Zurück. „Aus der Not wird derzeit eine Tugend gemacht“, sagt Dieter Hoeneß. Mit grassierender Vernunft hat das allerdings ebensowenig zu tun wie damals beim VfB Stuttgart. Die Bundesliga wird zu einem Umdenken gezwungen (…) Zufrieden dürfen die Klubs feststellen, dass ihr Publikum den aktuellen Sparzwang nicht als Einleitung einer Tristesse empfindet. Mag in der Sommerpause auch viel über den daniederliegenden Transfermarkt und die Folgen der Kirch-Krise gejammert worden sein, der Vorfreude auf die neue Saison hat das nicht geschadet. „Die Begeisterung sprengt alles“, behauptet Schalkes Geschäftsführer Peter Peters, „Fußball ist beliebter denn je.“ Ablesbar ist das am Absatz von Dauerkarten, von denen so viele verkauft wurden wie nie zuvor. „Bei deren Vergabe spielen sich Dramen ab“, weiß Peters aus Schalke zu berichten, aber der Run auf Saisontickets hat fast die gesamte Bundesliga erfasst. „Die Zuschauer honorieren, dass vernünftig gewirtschaftet wird“, meint Dieter Hoeneß, „sie wollen nicht zwingend Topstars sehen.“ Moderate Investitionen, reduzierte Gehälter, gestrichene Prämien und weniger Luxus auf Reisen dämpfen den klassisch deutschen Unwillen gegenüber Fußball als expansivem Geschäft. „Außerdem geben sich die Vereine mehr Mühe mit ihrer Kundschaft“, sagt Kölns Manager Andreas Rettig und meint damit nicht nur die Klientel in den Logen und Business-Seats. Die positive Resonanz der Fans auf die abgespeckte Bundesliga könnte sogar zu einem generellen Umdenken führen. „Das Spektakuläre nutzt sich auch ab“, meint Peters. Nach Jahren des „Vermarktungswahns“ (Rettig) und des Flirts mit dem Entertainment kommt Dortmunds Manager Michael Meier sogar zu dem Schluss: „Die Bundesliga ist kein Showgeschäft.“ Dieser Eindruck wird durch die Wiederauferstehung der Sportschau unterstrichen. Geschickt wird sie derzeit von der ARD als Rückkehr der Bundesliga nach Hause vermarktet.“
Vor dem Saison-Auftakt erklärt Stefan Willeke (Zeit 31.7.) die Bundesliga zur „Heldenindustrie“. „Die Bundesliga feiert mit 40 ihren runden Geburtstag, und wie für diesen Anlass bestellt, kehrt der Fußball zur Sportschau im Ersten zurück. Sogar Spielführer Günter Netzer macht es noch einmal, diesmal als TV-Unternehmer. Eine Konjunktur der Retrospektive springt an. Aus Spanien kehrt Erfolgstrainer Jupp Heynckes zum Traditionsklub Schalke 04 zurück. Es ist, als hätten die Denkmalpfleger des deutschen Fußballs ihr Wunsch-Drehbuch umgesetzt. Jedes Land bekommt die Helden, die es verdient. Unser Held hieß Oliver Kahn. Mit ihm ist Deutschland Vizeweltmeister geworden. Die Nummer eins des ruhmreichen FC Bayern, Welttorhüter. Neuerdings erzählt uns Kahn eine Parabel auf die veränderten Produktionsverhältnisse im Sektor Heldentum. Auch in der spielfreien Zeit hat er uns so manches vorgespielt. Zuerst gelt er sein Haar strubbelig, stellte danach seine coolen Sandalen in Pressekonferenzen zur Schau, trennte sich von Ehefrau Simone, um am Ende öffentlich zu bekennen: Ich gehe jetzt mit Verena. Wolfgang Overath hat so etwas nie gemacht, Uwe Seeler auch nicht. Wichtiger noch: Wir wussten darüber gar nichts. Wir konnten solche Spieler verehren, weil sie uns nicht dicht genug an sich heranließen, um ihre schäbigen Stellen entdecken zu können. Wir konnten uns ihnen nahe fühlen, weil sie uns auf Halbdistanz hielten. Wir wollten Netzer damals spielen sehen, nicht reden hören, und nur, weil wir wissen, wie glänzend er damals spielte, können wir es heute ertragen, dass er redet. Wir wollen nicht erfahren, was Michael Ballack dachte, bevor er einen überraschenden Pass schlug – nicht einmal, ob er überhaupt etwas dachte. Wir wollen wissen, ob Kahn die Nerven behält, im Tor, nicht bei Verena. Ballack und Kahn, das ist eine hoffnungsvolle Konstellation, ein Ästhet und ein Maniac, der Schöne und das Biest.“
Der Image-Schaden für Werder ist gewaltig
„Innerhalb von 90 Minuten ist aus einem ambitionierten Klub ein Krisenfall geworden“, schreibt Ralf Wiegand (SZ 1.8.) über die 0:4-Niederlage Werder Bremens in Pasching. „Sportdirektor Allofs wirkte persönlich beleidigt von seiner Mannschaft, die von einem Gegner demontiert worden war, der nach zwei Runden Letzter der österreichischen Liga ist, am Montag den Trainer gewechselt hat und sich als Bückling vor dem neuen Sponsor in FC Superfund umgetauft hat. Vorher hieß der Verein PlusCity, nach einem Einkaufscenter, das aussehen will wie Venedig. Mittwoch war dort Hendl-Tag. Der Image-Schaden für Werder ist gewaltig. Auf dem kleinen Parkplatz vor dem Waldstadion standen Autos aus Vechta, Salzgitter, Osterholz-Scharmbeck. Sechs, sieben Stunden waren die Fans auf der Autobahn, ebenso lang fuhren sie in der Nacht zurück. Ihren Frust werden sie in die Fan-Klubs tragen. Werder hatte 400 Karten zugeteilt bekommen und alle verkauft. Seit den Tagen von Andreas Herzog sind die Bremer in Österreich sehr populär, auch weil sie viele Trainingslager dort aufschlugen. Das Fernsehen übertrug live. „Die Fans tun mir Leid“, sagte Allofs, „nur die.“ (…) Werder ist kein reicher Verein, bietet Spielern aber solide Verhältnisse. Kein Profi musste vor dieser Saison aus finanziellen Gründen verkauft werden, der kranke Transfermarkt spülte sogar zwei Stars an die Weser, Ümit Davala (Inter Mailand) und Valerie Ismael (Straßbourg),weil deren Klubs sich die Gehälter sparen wollten. Dafür verlangt der Vorstand etwas. „Sie haben uns gesagt, dass wir diese, spätestens nächste Saison international spielen müssen“, sagt Kapitän Frank Baumann. Klub und Spieler schließen einen Pakt auf Gegenseitigkeit.“
Jörg Marwedel (SZ 31.7.) bezweifelt die Wirkung von Prämien. „Man muss sich Sorgen machen um den VfB Stuttgart. Die Spieler wollen dem Klub an die noch immer leere Vereinskasse. Sie möchten in der Bundesliga wieder Punktprämien kassieren. Wie es 39 Jahre lang üblich war, ehe ihnen die von Millionenschulden geplagte VfB-Führung diese Bonuszahlungen vor Jahresfrist strich. Dabei hatten die Profis im Verzicht eindrucksvoll mit dem bis dato unumstößlichen Lehrsatz aufgeräumt, Siegprämien seien das Schmieröl der Leistungsgesellschaft Fußball, unverzichtbar, um jenen Funken zusätzlicher Motivation zu entfachen, der den Erfolg erst möglich mache – sie belegten mit frischem Spaßfußball Platz zwei. Die finanzielle Not hat also ganz neue Erkenntnisse über die Psychologie des angeblich allein auf den Mammon fixierten Fußballprofis zu Tage gefördert. Womöglich bewirkt eine funktionierende Gemeinschaft und die ungetrübte Freude an der Kugel bei den Spielernaturen im Unterbewusstsein doch viel mehr als die Aussicht auf eine noch luxuriösere Villa und die dritte Rolex? Vielleicht ist der zusätzliche Kampf um die Prämie sogar mehr Last als Lust? Die Stuttgarter Klubbosse seien also gewarnt, dem Drängen ihrer immer noch prächtig entlohnten Angestellten nachzugeben – zumal sich längst andere an ihrem Vorbild orientieren, darunter sogar der FC Bayern.“
Zur Lage in Stuttgart heißt es bei Oliver Trust (FR 31.7.). “An diesem Abend waren sich alle einig. Ein besseres Geschenk hätten die Gastgeber im Teamhotel Felix Magath zum 50. Geburtstag nicht machen können. Der Trainer des VfB Stuttgart stand am Fuße des Wilden Kaisers im Trainingslager in Österreich und hielt etwas krampfhaft ein kleines Ferkel fest. Der Neuzugang der Schwaben schaute ebenso verschreckt drein wie sein neuer Chef, der mit dem Folklorehut auf dem Kopf ein wenig komisch wirkte. Magath nutzte die ausgelassene Feierstimmung zu gewagten Prognosen, die für manchen klangen wie das Pfeifen im Wald. Das Ferkel soll einen guten Platz bekommen und größer werden, so wie der VfB, sagte Magath und erntete Beifall. Wie Sau und Club sich entwickeln, wusste der VfB-Coach in dieser Sekunde so wenig wie alle anderen. Vergangene Saison noch als Wundertüte der Saison in die Champions League gestürmt, wird den Schwaben und ihrem Trainer des Jahres eine Spielzeit der Ungewissheit und Probleme vorausgesagt. Da hilft es wenig, wenn Clubpräsident Erwin Staudt, ein im Fußballgeschäft unbedarfter Wirtschaftsmanager, einen bunten Strauß mit Erwartungen flicht. Bundesligaspitze, weit kommen in der Champions League und natürlich das Finale im DFB-Pokal, sagte Staudt, als sei das eine leichte Übung für die Überflieger vom Neckar. Felix Magath zuckte im Kreise der Spieler nur mit den Schultern.“
Der VfB ist mein Traumverein und erster Verhandlungspartner
Auszüge aus einem SZ-Interview mit Andreas Hinkel (VfB Stuttgart)
SZ: Als Schwabe und Deutschlands billigster Nationalspieler gucken Sie bestimmt auf jeden Cent.
AH: Ich komme zurecht. Ich weiß auch nicht, warum es immer herauskommt, was wir verdienen.
SZ: 200000 Euro pro Saison soll der VfB Stuttgart Ihnen zahlen.
AH: Darauf kann ich nichts sagen.
SZ: Wären Sie ein paar Jahre früher geboren, wären Sie heute Millionär.
AH: Eher nicht. Ich bin beim VfB aus der Jugend-Abteilung übernommen worden, da verdient man anfangs automatisch nicht so viel. Jetzt habe ich über zwei Jahre hinweg gute Leistungen gebracht. Im normalen Arbeitsleben wäre es so, dass dann der Arbeitgeber sagt: Du machst einen Superjob – dafür wirst du befördert und belohnt. Aber wir stehen in diesem Prozess wieder mal bei Null.
SZ: Wieso?
AH: Die Verhandlungen über mehr Gehalt im Zusammenhang mit der Verlängerung meines Vertrags über das Jahr 2005 hinaus ziehen sich schon ewig. Die ersten Gespräche wurden mit Manager Rüssmann geführt. Als der weg war, redeten mein Vater und ich mit Präsident Haas und Geschäftsführer Ruf. Jetzt soll Herr Magath Ansprechpartner sein, und der ist noch nicht auf uns zugekommen.
SZ: Ihre Qualitäten werden inzwischen auch den Topklubs bekannt sein.
AH: Der VfB ist mein Traumverein und erster Verhandlungspartner. Ich sehe eine Riesenzukunft gerade für uns junge Spieler. Nur wenn sich die Sache zu lange zieht, sollte man für andere Angebote offen sein. Momentan aber konzentriere ich mich voll auf den VfB. Wenn ich ständig an mehr Geld oder einen Supervertrag denken würde, könnte ich mit Fußballspielen gleich aufhören.
Christoph Kieslich (SZ 30.7.) charakterisiert Freiburgs Trainer. „Am meisten ärgert Finke die Frage nach seiner Stellung im Verein. Diese zielt stets auf eine Allmachtstheorie, nach der kein Anderer als Finke etwas zu sagen habe, selbst der seit 31 Jahren amtierende Vorsitzende Achim Stocker nicht, und sie mündet in der Schlussfolgerung: Nur Finke entlässt Finke. „Nackte Projektionen, alles Machtphantasien“, blafft Finke dann zurück. Der Trainer hat sich inzwischen angewöhnt, gebetsmühlenartig die Namen derer aufzulisten, die in Freiburg für professionellen Fußball stehen. Sein Assistent Achim Sarstedt, der genauso lange dabei ist, Karsten Neitzel, der Trainer an der Nahtstelle zwischen Amateuren und Profis, und Christian Streich, der A-Jugendtrainer, allesamt Fußballlehrer. Demnächst wird Damir Buric, von 1992 bis ’99 Profi unter Finke, sein Diplom erwerben. Dann ist ein fünfköpfiges Kollegium zusammen, und der Cheftrainer freut sich: „Das alles ist eine richtige qualitative Verbesserung.“ Manager Andreas Bornemann, der als Nachfolger von Andreas Rettig (zum 1.FC Köln) in den eigenen Reihen gefunden wurde und der den Bau der Freiburger Fußballschule vorangetrieben hat, hat das Jahr in der zweiten Liga als hilfreich begriffen, um im neuen Umfeld Fuß zu fassen. Dazu kommen der Marketingleiter Hanno Franke, als Sprecher der ehemalige Mannschaftskapitän Martin Braun sowie ein dreiköpfiger Vorstand, der es verstanden hat, den SC Freiburg schuldenfrei durch alle Fährnisse zu steuern. Und wenn Finke von Euphorie getragen wird, wie am Abend des Wiederaufstiegs, dann erwähnt er auch die freundlichen Helferinnen, die im Aufenthaltsraum der Mannschaft frische Blumen auf den Tisch stellen. Weil diese feine Gliederung kompliziert ist, wird Freiburg der Einfachheit halber auf Finke reduziert. Dagegen ist schwerlich anzukämpfen, denn starke Bilder sind populärer als schlichte Grundsätze, die für die Fußballsache in Freiburg gelten: „Konzeptionell und mit Spaß arbeiten“ (Finke). An dieser Stelle seines Referats packt den Niedersachsen stets die Leidenschaft.“
Freiburger Refugium
Roland Zorn (FAZ 31.7.) beschreibt die Situation in Freiburg. „Volker Finke, Medienstar? Die Vorstellung graust den Fußball-Lehrer des SC Freiburg, obwohl er in Funk, Fernsehen und in den Zeitungen lange nicht mehr so präsent wie in diesen Tagen war. Wer mit dem Sport-Club zweimal aus der Bundesliga abgestiegen und dreimal in die erste Klasse aufgestiegen ist, bleibt gefragt – vor allem dann, wenn Finkes Mannschaft wieder einmal die Schwelle nach ganz oben überschritten hat. Das ändert nichts daran, daß der Trainer, der seit 1991 an seinem Freiburger Projekt arbeitet, vom Sportjournalismus insgesamt enttäuscht ist. Manchmal platt, öfters falsch und gelegentlich allzu inszeniert mutet den Niedersachsen inzwischen an, wie über den Fußball als Zirkusspektakel oder Showevent berichtet wird. Und schon gar nicht mag er Behauptungen, er sei nur deshalb im dreizehnten Jahr Freiburger, weil er allein dort seine Macht auf alles erstrecken könne, was rund um den SC geschieht. Jemandem, der nicht weg will, zu unterstellen, er habe Machtphantasien, ist die blanke Projektion. Der frühere Gymnasiallehrer ist in seinem Freiburger Refugium, seit er sich gegen die Schule und für die Erziehung von besonders begabten Fußballschülern entschieden hat, besser als die meisten Kollegen aus der Bundesliga gegen Zumutungen und populistische Forderungen gewappnet. Er hat seine persönliche Reifeprüfung auf dem zweiten Bildungsweg Bundesliga längst bestanden und nebenbei mit Spielern ohne Starstatus einen Freiburger Fußballstil kreiert, welcher der etablierten Konkurrenz mit seinem raumgreifenden Pressing und seinem technisch anspruchsvollen Kurzpaßspiel oft genug Rätsel aufgab (…) 18.000 Dauerkarten hat der Klub für den abonnierten Erlebnishunger auf Bundesliga-Fußball verkauft. Daran war vor zwölf Jahren nicht zu denken, als ein gewisser Herr Finke vom SC Norderstedt zum SC Freiburg wechselte. Dessen Chef und Präsident hieß damals wie heute Achim Stocker. Mit dem Unterschied, daß Stocker seinerzeit gerade noch ein Rentner auf der Geschäftsstelle des kleinen Zweitligaklubs im Dreiländereck zur Hand ging. Mit dem Ortswechsel des zunächst nur beurlaubten, inzwischen für den Schuldienst verlorenen Trainers Finke begann das Zeitalter der Professionalisierung in Freiburg. Inzwischen hat der SC einen Manager, eine Marketingabteilung, eine allseits gelobte Fußballschule und sogar einen eigenen Greenkeeper, der das Seine zum Bundesliga-Bilderbuchtatort Dreisamstadion beiträgt. Nachdem Finke zu Beginn seiner Freiburger Aufbaujahre seinen Präsidenten einmal davon überzeugt hatte, daß das wenige Freiburger Geld gut angelegt sei, wenn der Klub sich etwa ein Faxgerät und auch einen Trainerassistenten, den immer noch treuen Helfer Achim Sarstedt, leiste, ging der Auf- und Ausbau des Klubs sukzessive weiter.“
Herrschaften, es ist angerichtet!
Das Hors d´oeuvre (Ligapokal) machte Wolfgang Hettfleisch (FR 30.7.) Geschmack auf mehr. „Bei allen Verdauungsschwierigkeiten im Nachgang der Kirchschen Völlerei, mit denen viele Bundesligisten ihren ungezügelten finanziellen Heißhunger noch immer bezahlen: Der Appetit auf eine sündige Portion Fußball nach der strengen Sommerdiät war in Mainz unverkennbar. Das verriet nicht zuletzt der Blick über Presse- und VIP-Tribüne am Bruchweg, deren Besetzung jeder Bundesliga-Begegnung zur Ehre gereicht hätte. In den 40 Jahren ihres Bestehens hat die Bundesliga viele Höhen erklommen und ist durch manches tiefe Tal marschiert. Hat die dunklen Zeiten überstanden, da Spieler ge- und Spiele verkauft wurden. Hat sich vom Gänsehaut-Erlebnis für Puristen zur deutschen Disney World für die ganze Familie gewandelt. Ist, da den eigenen proletarischen Wurzeln längst entfremdet, zum adäquaten Umfeld für Geschäftsgeflüster in Logen und Business Seats geworden. Und ihrerseits zum Milliardengeschäft um Spielertransfers und Fernsehrechte, in dem für Vereinsmeierei und Sentimentalitäten jedweder Art kein Platz mehr ist. Traditionalisten mögen die Entwicklung bedauern, die diese grandiose Erfindung namens Bundesliga seit ihrer Geburtsstunde im August 1963 genommen hat. Doch auch die Unterhaltungsindustrie Profifußball, unter der medialen Lupe längst auf Überlebensgröße angeschwollen, ist letztlich – und darauf bereitwillig fünf Euro ins Phrasenschwein – nur ein Ausdruck der herrschenden gesellschaftlichen Zustände.Wer das wissen will? Auch wieder wahr. Rollt erst der Ball, schrumpft alle Reflexion zur bloßen Hirnakrobatik. Entscheidend ist immer noch aufn Platz. Ganz genauso wie vor 40 Jahren. Die Nachricht aus Mainz kann daher nur lauten: Herrschaften, es ist angerichtet!“
Fehlender Respekt vor der Institution Schiedsrichter
Roland Zorn (FAZ 30.7.) wundert sich über den Ausraster des Dortmunder Nationalspielers im Ligapokal-Finale. „Kehl galt bisher nicht als jugendlicher Heißsporn, der am Arbeitsplatz zu unerlaubten Übergriffen neigte. Als Nationalspieler, der in der Freiburger Fußballschule des anerkannten Trainerpädagogen Volker Finke seinen ersten Schliff bekam, schien der Ordnungshüter des Dortmunder Mittelfelds immun gegen allzu aggressive Anfechtungen. Am Montag ist Kehl selbst und alle, die mit ihm zu tun haben, eines Schlechteren belehrt worden (…) Die Grenze zwischen der notwendigen, noch tolerablen Aggressivität und der unerwünschten, blanken Aggression im Spiel richtig zu ziehen ist eine wichtige Schulungsaufgabe der Trainer. Auf diesem Terrain mit fließenden Übergängen gilt der als Spieler und Trainer heißblütige Matthias Sammer noch als Lernender. Drei Rote Karten für Dortmunder Spieler im vergleichsweise unerheblichen Ligapokal waren des Guten zuviel. Sammer fand neben aller Kritik auch Worte des Verständnisses für Kehls mangelnde Berührungsangst gegenüber dem Tabu-Objekt Schiedsrichter. Wie alt ist er denn? 23 Jahre. In dem Alter haben andere schon ganz andere Fehler gemacht. Damit hatte er zwar recht, doch um Relativierung ging es im Fall Kehl nicht. Jeder wußte, daß sich dieser Spieler keiner Körperverletzung im strafrechtlichen Sinne schuldig gemacht hatte. Wohl aber offenbarte eine der großen Nachwuchshoffnungen des deutschen Fußballs fehlenden Respekt vor der Institution Schiedsrichter. Die Spielleiter müssen aber, mögen ihre Entscheidungen manchmal noch so unverständlich sein, unantastbar bleiben. Andernfalls würden die Spielregeln des Fußballs der Willkür und damit den Stimmungen übellauniger Profis überantwortet.“
Ulrich Hartmann (SZ 30.7.) berichtet den hohen Preis, den Borussia Dortmund für die Finalteilnahme zahlte. „Man weiß nicht genau, was sich am späten Montagabend in der Schiedsrichterkabine des Mainzer Fußballstadions abgespielt hat. Aber wenn man einem der beiden Tatbeteiligten glauben darf, dann war die Begegnung des Fußballers Sebastian Kehl mit dem Spielleiter Jürgen Aust nach dem Ligapokal-Finale regelrecht rührend. Kehl berichtete, er habe Herrn Aust persönlich gesagt, wie Leid ihm alles tue, und Herr Aust habe geantwortet, ihm auch, aber dass er halt keine andere Wahl gehabt habe (…) Dortmunds Teilnahme am vermeintlich harmlosen Ligapokal hat in den vergangenen zwei Wochen eines farbenfroh illustriert: Die Bundesligasaison hat noch nicht einmal begonnen, da erinnert das Innenleben des selbst ernannten Bayern-Herausforderers bereits an das überladene Drehbuch einer wirren Seifenoper. Drei Rote Karten, zwei Kreuzbandrisse, ein an Arsenal London verlorener Torhüter und eine lange Liste von spekulativen Zugängen sind die Dortmunder Bilanz der jüngsten Tage.“
Ulrich Hartmann (SZ 30.7.) referiert die Lage beim Sieger. „Beim HSV geben sie im Spiel zurzeit richtig Gas, nur um hinterher auf die Bremse zu treten. Denn im Norden sind sie trotz des spielerischen Aufschwungs nicht ganz sorglos momentan. Das Geld ist knapp beim einzigen Verein, der alle 40 Spielzeiten in der Bundesliga erlebt hat. Weil die vergangene Saison mit einem Minus von 14,5 Millionen Euro abgeschlossen wurde, muss der HSV sparen. Während also die Mannschaft bis zur Winterpause zähneknirschend auf alle Punktprämien verzichtet, erklärten sich die Vorstandsmitglieder mit acht Prozent weniger Gehalt einverstanden. Vor diesem Hintergrund tun die 1,3 Millionen Euro Preisgeld aus dem Ligapokal besonders gut, und die will Dietmar Beiersdorfer auch nicht gleich wieder in einen neuen Spieler investieren, obwohl Trainer Jara sich nach dem Weggang der Offensivkräfte Meijer und Ketelaer sowie einer neuen Verletzung des Stürmers Romeo eine Alternative für die Abteilung Torschuss wünschen würde.“
Erik Eggers (FTD 30.7.) teilt dazu mit. „Spieler, Trainer und auch Vorstand des Klubs lassen sich also offenbar nicht anstecken von den Gefühlswallungen, die viele HSV-Anhänger schon vor diesem ersten Titel nach dem DFB-Pokalsieg 1987 befallen hatte. Es war seinerzeit das Finale einer großen Ära gewesen, einer Ära mit drei Deutschen Meisterschaften und einem glorreichen Europapokalsieg gegen Juventus Turin. Keeper Uli Stein war noch dabei, und sogar noch alte Recken wie Außenverteidiger Manfred Kaltz und Dietmar Jakobs. Ein junger, talentierter Spieler namens Beiersdorfer schoss damals den Ausgleich, und der kettenrauchende Trainer Ernst Happel feierte den Sieg in seinem letzten Spiel auf seine eigene, unverwechselbare Art – er verschwand unverzüglich nach dem Abpfiff. Auch Jara ist Österreicher, und nun flirten einige Fans mit der Vergangenheit und glauben fest an die Renaissance ihres Klubs.“
Weitgehend profilloser Bundesliga-Klub
Wo landet 1860 München?, fragt Christian Zaschke (SZ 31.7.). „Paul Breitner hat es verbreiten lassen: Er glaube, der TSV 1860 München könne in diesem Jahr absteigen. Dann war es der Ghostwriter von Max Merkel in der Bild-Zeitung: die Löwen? Ausgebrüllt. Hat der Verein sich kaputtgespart? Sportdirektor Dirk Dufner sagt: „Das ist ja schön und gut, wenn Paul Breitner sagt, wir müssten drei, vier gestandene Spieler holen. Das kann ich machen, aber dann ist der Verein in zwei Jahren Pleite.“ Statt einzukaufen haben die Sechziger so konsequent gespart, dass sie in einer deutschen Knauserliga einen Champions-League-Platz belegen würden. Meist kann man die Spartabelle am Ende einer Saison umdrehen, und dann entspricht sie der tatsächlichen Tabelle: oben die mit dem Geld, unten die Sparer. In der vergangenen Saison hat sich bereits angedeutet, dass sich etwas geändert hat, Vereine mit kleinen Budgets waren erfolgreicher, allen voran der VfB Stuttgart. In dieser Saison soll sich dieser Trend nach dem Willen von Dirk Dufner fortsetzen (…) In den vergangenen Jahren hat der Verein sich im Schatten des FC Bayern zu einem weitgehend profillosen Bundesliga-Klub entwickelt. Kein eigenes Stadion, kein Identität stiftender Erfolg, nur der Verweis auf früher, auf die Tradition. Die Zuschauerzahlen sinken konstant, immer noch. Das Gegenrezept: „Wir wollen der Münchner Verein sein, der die jungen Talente herausbringt. Das müssen dann nicht alle Münchner sein, aber es können ja viele aus der Region dabei sein“, sagt Dufner. Vielleicht haben sie bei 1860 jetzt die Rezepte so schnell parat, weil sie schon länger wussten, dass es in der gewohnten Form nicht weitergehen konnte. Sonst wäre der Verein an der Nähe zum FC Bayern erstickt. Die Umdeutung der Krise zur Chance ist allenthalben beliebt, beim TSV 1860 glauben sie – aller Skepsis der Boulevardpropheten zum Trotz – sehr fest daran, dass eine bessere Zukunft wartet. In der Vorbereitung absolvierten die Sechziger eine umstrittene Reise nach Korea zu einem Turnier, das die Moon-Sekte ausrichtete. Die Kritik daran focht sie nicht an, Dufner sagt: „Wir haben erstmals Geld in der Vorbereitung eingenommen. Sonst haben wir dafür immer bezahlt.“ Die Sekte sei eher ein Wirtschaftsunternehmen, mit Religion habe das nichts zu tun gehabt. Auch das ist ein Effekt der neuen Geldnot, dass der Blick nicht immer ganz so scharf ist, wie er sein müsste; dass Grenzen zu Grauzonen werden.“
Jörg Stratmann (FAZ 30.7.) porträtiert den erfolgreichen Kölner Macher. „So jugendlich, wie der 40 Jahre alte Andreas Rettig die Verspätung zwischen zwei Terminen mit einem lockeren Sprint um den Klubsitz Geißbockheim aufzuholen versucht, vermittelt sich dies: Schwungvoll geht der Traditionsverein seine Rückkehr an und will möglichst schnell wieder an gute alte Zeiten anknüpfen. Die letzte große Ära hatte der gebürtige Leverkusener Rettig aus sicherer Entfernung betrachtet. Zwar war er selbst einst als passabler Oberligakicker auch für den kölschen Klub Viktoria tätig. Stets bemüht, wie er befindet, ab und zu bekam ich Krach mit dem Ball. Anschließend absolvierte er in Köln eine Trainerausbildung. Doch der Eff Zeh, wie sie den berühmtesten Verein der Stadt rufen, war immer weit weg. Auf der anderen Seite des Rheins, der hier Welten trennt, ließ sich Rettig beim Bayer-Konzern ausbilden, wurde 1990 Jugendkoordinator bei Bayer 04 und assistierte bis 1998 Geschäftsführer Reiner Calmund. Daß sie ihn im März vorigen Jahres dennoch mit offenen Armen beim damaligen Absteiger 1. FC Köln aufnahmen, lag daran, daß Rettig viereinhalb Jahre lang die Geschäfte des SC Freiburg geführt hatte, der bei allem sportlichen Auf und Ab einiges vorzuweisen hat. Wir sind mit unserem Micky-Maus-Etat Sechster geworden, zählt Rettig auf. Wir haben jedes Jahr einen siebenstelligen Gewinn eingefahren, ins Stadion und in die Freiburger Fußballschule investiert. Das war auch in Kölner Augen eine glänzende Empfehlung. Daß die gepflegte Abneigung zwischen den rheinischen Nachbarn eines der Hauptthemen hiesiger Fußballkultur bleibt, begegnet Rettig fast täglich. Kölner Freunde verübeln ihm nach wie vor, daß er nichts grundsätzlich Negatives über Leverkusen verbreite. Charaktersache, sagt Rettig. Da hat der Ort der Geburt wenig Einfluß. Hinzu kommt natürlich, daß er zehn Jahre lang viele schöne Erinnerungen an Leverkusener Fußball sammeln konnte, darüber hinaus Calmund viel zu verdanken habe und als kleiner Calmund in diesem Jahr fast wieder zurückgekehrt wäre. So war es noch im Frühjahr 2002 geplant, doch Rettig sagte ab. Einerseits im sicheren Gespür, daß Champions-League-Finalist Bayer in seiner erfolgreichsten Saison wohl über die Verhältnisse gespielt habe und er angesichts vorhersagbarer Rückschläge kaum aus dem mächtigen Schatten des immer nur scheinbar amtsmüden Calmund herausgetreten wäre. Dafür aber hatte Rettig in Freiburg zu selbständig gearbeitet, trotz des Einflusses des Trainers und früheren Lehrgangskollegen Volker Finke. In Köln bot sich andererseits die Möglichkeit, sich endgültig zu beweisen. Das weist Rettig zwar von sich. Dazu brauchte ich den FC nicht, sagt er. Allerdings sei die Aufgabe hier deutlich spannender als in Leverkusen. Denn in Köln konnte er einem Klub helfen, der vor allem für Unruhe und geradezu neurotische Ungeduld bekannt ist. Aber auch für eine Zuneigung der Fans, die den Leverkusenern immer noch fremd sei.“
taz-Interviewmit Andreas Rettig
Fußballkölle gibt jede Anmutung von Glamour und Spektakel auf
Bernd Müllender (taz 31.7.) analysiert die sportlichen Perspektiven in Köln. „Bei aller Aufstiegs-Euphorie möchte niemand mehr solche Performances sehen wie im Vorjahr: Regelmäßig spielte der FC einen Grottenstiefel zusammen, aber er siegte und siegte. Die Süddeutsche hatte damals erkannt, der Club werde zum Abbild seines Trainers. Hieß: Fußballkölle gibt jede Anmutung von Glamour und Spektakel auf und siegt sich in einem fußballerischen Herr-und-Hund-Syndrom mit viel Kampf und Arbeit bieder zum Sieg – so wie eben Coach Funkel redet und wirkt. Solch ein Erfolgsrezept ist dem eher respektierten als geliebten Funkel gegenüber nicht ganz fair. Denn der Exuerdinger ist zwar einer der wichtigsten Vertreter des trainerischen Savianatums (Sagt viel, aber nichts aus), kann aber privat ganz anders. Beleg sei ein langer, später Abend in einer Freiburger Szene-Kneipe diesen Winter, wo Funkel nach einem Heimspiel des SC gutlaunig Bier um Bier trank und dabei unerwartet charmereich stundenlang eine einheimische Studentin zuflirtete. Der FC boomt. Zur Saisoneröffnung bei Bratwurst und Bier kamen 20.000 Menschen. Der Vorbereitungskick gegen den FC Liverpool (1:3) war ausverkauft. Für die bislang dreiviertelfertige Arena, ein grenzwertig steiles und jetzt schon über die Maßen phonstarkes Bauwerk (vorläufige Kapazität 33.000, ab Rückrunde: 51.000), sind über 20.000 Dauerkarten verkauft. Hardcore-Fans reicht das nicht, und so haben 500 FC-Freunde Auswärts-Dauerkarten erworben. Und selbst die Frage des Trikotsponsors ist seit Dienstag geklärt: Der Kartoffelchips-Fabrikant funny-frisch, ein Kölner Unternehmen, prangt ab sofort auf der Kölner Brust. Die Publikumsbindung ist am Rhein langfristig angelegt. Zwar sind selbst im Stadion noch keine Kinderwagen-Dauerstellplätze eingerichtet. Aber im Fan-Shop in der Kölner Innenstadt ist, in Rot und Weiß mit saugfreundlichem Geißböckchen-Logo, der kiefergerechte Beruhigungsschnuller ab 5 Monate erhältlich. Nur, warum beruhigen? Auch der jüngste Fan muss doch brüllen. Vielleicht sieht man aber bei Gegentoren demnächst tribünenweise Mamas und Papas an den Dingern nuckeln. Beim EffZeh ist alles möglich. Sogar der Nichtabstieg.“
Schweigsamer Grantler, ein harter Hund und ein Ordnungsfanatiker
Michael Eder (FAZ 1.8.) porträtiert den Trainer Eintracht Frankfurts. „Der Mann, der die fast bankrotte Eintracht zurück in die Bundesliga geführt hat, ist ein schweigsamer Grantler, ein harter Hund und ein Ordnungsfanatiker, der Alleingänge seiner Spieler umgehend bestraft. In seiner aktiven Zeit als Spieler war Reimann, mittlerweile 53 Jahre alt, nicht nur einer der besten deutschen Stürmer, sondern auch ein Profi mit Sekundäreigenschaften, die er heute geradezu haßt: unbeherrscht, widerspenstig, lauffaul (…) Zur Frankfurter Eintracht ist er gekommen, als seine Trainerkarriere nach Stationen in Hamburg, Wolfsburg und Nürnberg mehr oder weniger zu Ende schien. Die Frankfurter kämpften in der Vorbereitung auf die vergangene Saison verzweifelt um ihre Lizenz, und lange Zeit sah es aus, als würden sie in den Amateurfußball absteigen müssen. Kein Trainer von Rang hätte damals das Hinhaltespiel über Wochen mitgemacht, aber Reimann hatte keine andere Wahl. Er wartete, und als die Frankfurter Lizenz per Gerichtsbeschluß bestätigt war, kam er auch für das kleine Geld, das die Frankfurter zahlen konnten. Für Reimann war es die einmalige Chance, wieder ins Geschäft zu kommen, und er nutzte sie, indem er mit eisernem Besen kehrte. Die Frankfurter hatten keinen schlechten Kader damals, aber sie litten wie meist unter Possen und Intrigen und unter der chronischen Eintracht-Krankheit, der Selbstüberschätzung. Als Reimann kam, waren der Worte genug gewechselt, von da an wurde gearbeitet, und wer nicht mitzog, gleichgültig, wie er hieß, hatte keine Chance mehr. Für die Frankfurter Eintracht waren die Arbeitsmethoden und Überzeugungen des neuen Mannes ein Segen; die Mannschaft spielte unter Reimanns Leitung Fußball auf solidem Niveau, auch dank einer Handvoll Zugänge, die der Trainer mitgebracht hatte. Reimann, kein Zweifel, ist der Vater des Frankfurter Aufstiegs. Er hat die Mannschaft auf Kurs gebracht, und als es im Saisonfinale eng und enger wurde, war er es, der mit seiner stoischen Gelassenheit jede Nervosität schon im Keim erstickte. Reimann ist ein Pauker vom alten Schlag, einer wie der gnadenlose Lateinlehrer, bei dem auch die übelste Klasse verstummt, wenn er den Raum betritt. Und Reimann ist ein Machtmensch, der keinen Widerspruch duldet.“
Man muss den Funktionären eine faire Chance geben, etwas in Ruhe zu anzugehen
Auszüge aus einem FR-Interview mit Willi Reimann (Trainer Eintracht Frankfurt)
FR: Sie sprechen gerne von Einheit, Geschlossenheit, einem kleinen Kreis. War das der Schlüssel zum Aufstieg?
WR: Wir haben uns nicht verrückt machen lassen und uns auf keine Ränkespielchen eingelassen, sondern wir sind unseren Weg gegangen, kerzengerade, und er hat uns in die Bundesliga geführt, wo wir genauso weiterarbeiten werden – auch wenn es ungleich schwerer wird. Unterm Strich steht der Erfolg, und er spiegelt wider, mit welcher Konstanz wir gearbeitet haben. Wir haben bewiesen, dass man etwas Großes erreichen kann, wenn man zusammenhält, die Ärmel aufkrempelt und nicht schwankt.
FR: Von Einheit und Geschlossenheit ist auf höherer Ebene nichts zu spüren bei Eintracht Frankfurt. Die Sommerpause hat die Eintracht dazu genutzt, ihren Ruf als Skandalnudel aufzubessern. Auch Sie haben sich an dem Theaterstück beteiligt. Musste das alles sein?
WR: Also, Moment mal: Ich hatte die Aufgabe, die Mannschaft zusammenzustellen, und das habe ich umgesetzt. Nicht mehr und nicht weniger. Und eines ist doch klar: Wenn irgendwelche anderen Strömungen auftauchen, die vielleicht in der Historie von Eintracht Frankfurt begründet liegen, dann sage ich: Das läuft nicht mit Willi Reimann, der macht das so, wie er es sich vorstellt, weil er der sportlich Verantwortliche ist. Und kein anderer. Ich bin für das sportliche Konzept verantwortlich, daran lasse ich mich messen. Man muss Geduld haben und uns Zeit geben, damit etwas wachsen kann.
FR: Die Eintracht hat keinen Manager, keinen Vorstandschef, die Mitglieder des Aufsichtsrates blockieren sich gegenseitig. Das sind doch Zustände wie in der Kreisklasse.
WR: Nein, bis vor vier Wochen hatten wir Volker Sparmann als Vorstandsvorsitzenden, und er hat hervorragende Arbeit geleistet, ohne ihn würde es in Frankfurt bei der Eintracht keinen bezahlten Fußball geben. Nun sind die Vereinsgremien gefragt, neue Leute zu installieren, und das wird passieren. Aber man muss den Funktionären eine faire Chance geben, etwas in Ruhe zu anzugehen, nicht so wie es manche gerne hätten: mit Hochdruck und schnell-schnell. Alles, was schnell gemacht wird, ist nicht gut. Es ist doch wie bei einer Fußballmannschaft. Auch da muss man Geduld haben, bis sie sich gefunden hat: drei Wochen oder sechs oder auch ein halbes Jahr. Es geht nicht alles von heute auf morgen.
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Das Gefühl, von 8 000 Menschen gehasst zu werden, ist eine Erfahrung, die man nicht braucht
Auszüge aus einem BLZ-Interview mit Jürgen Klopp (Trainer FSV Mainz 05)
JK: Jeder, den ich hier treffe, erzählt mir, wie er den letzten Spieltag erlebt hat: Der eine war in der Kneipe, der andere war schon unterwegs zum Feiern – eine Million Geschichten. Diese öffentliche Wahrnehmung ist ein wichtiger Gradmesser. Je mehr die Leute mir erzählen, desto mehr weiß ich, dass Mainz 05 sie interessiert.
BLZ: Hat das kleine Mainz seine große Popularität vor allem seinem spektakulären Scheitern zu verdanken?
JK: Auf jeden Fall. Wobei: Wären wir nur spektakulär gescheitert, wäre es nicht so emotional gewesen. Wir haben vorher auch sehr spektakulär gespielt. Wir haben die Leute schon vorher begeistert. Was Menschen verbindet, sind große Siege und große Niederlagen. Hauptsache, man hat zusammen gefeiert oder zusammen getrauert. Das sind Dinge, die emotional haften bleiben.
BLZ: Sie haben mal gesagt, Sie sehen das Spiel nicht als Arbeit, sondern wollten es zum Event machen. Sie wollen also schönen Fußball?
JK: Nee, nee! Schön nicht! Spektakulär! Schöner Fußball interessiert mich fast gar nicht. Wenn es kracht, wenn es staubt, wenn gekämpft wird, wenn es Chancen gibt, wenn an die Latte geschossen wird, wenn es die Leute von den Sitzen reißt: Das ist spektakulärer Fußball, der interessiert mich. Im Zirkus würden mich auch die Hochseilartisten mehr interessieren als eine Dressur.
BLZ: Was ist für Sie denn das Kurzpassspiel des SC Freiburg. Ist das schöner oder spektakulärer Fußball?
JK: Schöner.
BLZ: Also nicht Ihr Ding?
JK: Weniger. Man muss sich im Spiel selber wiederfinden, mit seinem Charakter. Und da bin ich sicher unruhiger als der Kollege in Freiburg.
BLZ: Hat die Art, wie eine Mannschaft Fußball spielt, auch etwas mit der Mentalität in der Stadt zu tun?
JK: Das glaube ich schon. In Mainz sind die Leute aus dem Stand bereit zu feiern. Nicht nur zur Fastnacht. Und das können wir im Stadion freisetzen. Aber natürlich nicht mit Doppelpassfolgen, dann klatschen die Leute zwar, aber .
BLZ: Sie langweilen sich?
JK: Nein. Aber sie werden auch nicht richtig unterhalten.
BLZ: Mainz startet zuhause gegen den 1. FC Union Berlin. Sie selbst haben seit 2002 unter den Berliner Fans eine nicht kleine Feindesgemeinde.
JK: Der Verein ist mir eigentlich sympathisch. Und ich bin nicht nachtragend. Aber das Gefühl, von 8 000 Menschen gehasst zu werden, ist eine Erfahrung, die man nicht braucht.
Michael Ballack hat das Zeug dazu, den Kaiser an Größe zu erreichen
Steffen Haffner (FAZ 31.7.) vergleicht Michael Ballack mit Franz Beckenbauer. „Ist Michael Ballack ein neuer Beckenbauer? War Franz Beckenbauer ein früher Ballack? Entfernte Ähnlichkeiten im Äußeren und in der Körpersprache sind nicht zu übersehen. Der aktuelle Star der Bayern hat sich unbeschwert vom Schatten des jungen Kaisers entwickelt. Zu lange ist dessen Glanzzeit in den sechziger und siebziger Jahren her. Nur einige kurze Filmausschnitte mit ihm hat der heute knapp 27 Jahre alte Ballack gesehen. Dabei ist mir seine Haltung aufgefallen. Diese leichte Rückenlage, in der Franz Beckenbauer eben noch den Ball streichelte und im nächsten Moment mit dem Leder am Fuß nach vorne beschleunigte, dribbelnd, Pässe schlagend und, oft mit Gerd Müller, Doppelpaß spielend. Beckenbauer läßt den Vergleich in der Ballbehandlung und in der Spielübersicht gelten. Der Michael ist einer wie ich, der aufrecht läuft, der den Blick nach unten vermeidet, weil er das Gefühl hat für den Ball. Er läuft mit dem Ball und schaut sich die Gegend an. Das ist schon mal ein großer Vorteil. Beide sind elegante Spieler. Beckenbauer war ein wenig antrittsschneller. Das fiel gerade in seiner Position als Libero ins Gewicht, wenn er als Spielmacher hinter der Abwehr unversehens in die Räume nach vorne stieß. Michael Ballack bewegt sich ebenfalls schnell, aber eher mit raumgreifenden Schritten. Günter Netzer schwärmt von der Ästhetik, der eleganten Ballbehandlung und perfekten Technik Beckenbauers. Er hat die Position des modernen Liberos kreiert und auf Dauer am besten interpretiert. Keiner hat diesen Beckenbauer je erreicht. Der Fernsehkommentator bewundert heute noch die Fähigkeit des Münchners, geschmeidig den Zweikämpfen aus dem Weg zu gehen und sich deshalb nur selten zu verletzen (…) Franz Beckenbauer hat Fußball so gespielt, wie er lebt: mit der Gabe, die Widerstände mit eleganter Wendigkeit zu überwinden. Und wenn Schwierigkeiten kommen, muß man halt versuchen, sie mit einer gewissen Leichtigkeit zu meistern. Der Weltmeister als Spieler und Teamchef war auf dem Feld so präsent wie heute in den Medien. Seine Individualität, gepaart mit seinem zuweilen cholerischen Temperament, hat die Mannschaft befeuert. Michael Ballack dagegen bringt sich, geprägt von dem Denken der DDR, unauffälliger ins Kollektiv ein. Er ist sich nicht zu schade, da hinzugehen, wo es weh tut. Ein Kämpfer mit gestalterischen Fähigkeiten und dem Instinkt für den finalen Torerfolg. Der Bayern-Spieler ist kein neuer Franz Beckenbauer. Doch Michael Ballack hat das Zeug dazu, den Kaiser an Größe zu erreichen.“
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Alle in diesem Land denken nur an Fußball
sehr lesenswert! Holger Gertz (SZ) erklärt die Macht des Fußballs in der deutschen Gesellschaft – Buchbesprechungen über Dieter Kürtens Memoiren, Pierluigi Collinas Autobiografie und eine Betrachtung von Sepp Herbergers und Otto Nerz´ Diplomarbeiten – Portrait Sönke Wortmann, Regisseur des „Wunder von Berns“
Sehr lesenswert! Holger Gertz (SZ 4.10.) fragt sich: „Wie hat der Fußball seine Macht gewonnen über ein armes Volk, das früher bekannt dafür war, sich aufs Dichten und Denken zu verstehen? Jetzt denken alle nur an Fußball, die Politiker in diesem Land denken immer an Fußball, und gelegentlich spielen sie Fußball sogar. Es gibt allerlei Fotos des Altkanzlers Kohl, wie er auf eine Torwand schießt, die Zunge klemmt er dabei zwischen die Zahnreihen, wie Kinder es tun, wenn sie mit höchster Konzentration etwas bewerkstelligen wollen. Der amtierende Kanzler legt sich einen 96er-Schal um, wenn er in Hannover zu Gast ist; einen Energie-Schal in Cottbus und einen Borussen-Schal in Dortmund. Er glaubt, ein Mensch könne gleichzeitig Fan von drei Vereinen sein, und nichts beweist deutlicher, dass er vom Wesen des Fußballs nichts begriffen hat. Früher hat er für den TuS Talle gestürmt, irgendwo im Brachland zwischen Hannover und Bielefeld. Sie nannten ihn Acker, eine Umschreibung für einen unbegabten, aber wenigstens leidenschaftlichen Kicker. Heute ist sein Fansein Kalkül, sein Jubeln auf der Tribüne ist der Aufruf an die Fans in Hannover, Cottbus, Dortmund: Wählt mich, ich bin einer von euch! Der Kandidat Stoiber spricht ständig von der Champions-League, in der sein Land der Bayern spielt, und von der Abstiegszone in Europa, in die das schlecht trainierte Deutschland hinabgerutscht ist. Natürlich ist auch für Stoiber der Fußball ein Vehikel, mit dem er seine Botschaft unter die Menschen bringt. Sein wahres Verhältnis zum Fußball – dem Spielgerät, nicht dem Phänomen – trat hervor, als er bei einer Wahlveranstaltung in der Oberpfalz auf eine Torwand schoss, diese knapp verfehlte und so einer in der Nähe stehenden Passantin die Brille aus dem Gesicht räumte. Die blutende Frau musste ärztlich behandelt werden, versprach aber, Stoiber jetzt erst recht zu wählen. Mit Fußball kann man als Politiker nichts verkehrt machen. Er ist der größte, der einzige Aufreger in einer schläfrigen Gesellschaft oder, wie es FAZ-Kollege Dirk Schümer viel besser formuliert hat: „Fußball ist der Leitstern unserer Kultur, wenn Kultur bedeutet: worüber die meisten reden, worauf die meisten fiebern, was die meisten wichtig finden, in welcher sprachlichen Währung die meisten miteinander verkehren.“ Das Zitat – aus einem schönen Buch mit dem beziehungsreichen Titel „Gott ist rund“ – ist schon ein paar Jahre alt, aber inzwischen ist das Fiebern und Reden und Wichtigfinden nur noch schlimmer geworden, und zuletzt konnte man Schümers einschränkende Formulierung „die meisten“ durch das absolute „alle“ ersetzen. Als im Herbst 2003 die Krise im Land deutlicher sichtbar war als je zuvor; als die Arbeitslosen nicht weniger wurden; als in München eine Art Rote Armee Fraktion in braun ausgehoben wurde; als die CSU eine Zweidrittelmehrheit schaffte; als die Hälfte der Leute in Bayern nicht mehr zur Wahl ging; als die Regierung in Berlin schwankte und schleuderte – da redeten alle, alle, alle über einen Fußballtrainer, der im Fernsehen „Scheißdreck“ gesagt hatte. Die Debatte um Rudi Völler hat bewiesen, wie weit sich der Fußball schon vorgearbeitet hat, von den Herzen in die Hirne, von den Stammtischen in die Parteizentralen, von den Sportseiten in die so genannten Kernressorts. Dabei war die Wutrede von „Rudi Rambo“ (Bild) in Wahrheit keine Rede; sie bestand im wesentlichen aus den wiederholt ausgestoßenen Begriffen Scheißdreck und Käse und Weizenbier und stellte nichts anderes dar als die Reaktion eines braven Fußballtrainers der sich geärgert hatte über das Spiel im besonderen und die Kritiker im allgemeinen. So reden Fußballer untereinander an jedem Wochenende, nach jedem verlorenen Spiel, aber jetzt, wo das Gebrüll aus der Kabine in ein Fernsehstudio verlegt worden war, machte sich die deutungswütige Öffentlichkeit daran, aus Völler einen Kämpfer wider die Medienwillkür, für Zensur und Ordnung zu kneten. Es gab abenteuerliche Besprechungen in den Feuilletons; der Moderator Hartmann wurde für seine Gesprächführung belobigt, als habe er nicht mit einem etwas aus der Fassung geratenen Teamchef geredet, sondern sei aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrt. Die so genannte Rede, wieder und wieder zitiert und abgedruckt, gilt schon jetzt als Dokument der Zeitgeschichte.“
Stefan Kuss (FAS 5.10.) hat ein Buch über die Diplomarbeiten von Sepp Herberger und Otto Nerz gelesen: „Fußball anschauen macht keine Freude mehr. Bei Abpfiff geben Kritiker und Kommentatoren die Floskeln Arbeitssieg und Ergebnisfußball von sich. Wurde die Partie lebhaft begonnen, hören wir den Trainer ausführlich von den zwanzig Minuten der ersten Halbzeit schwärmen, in denen seine Schützlinge sogar Fußball gespielt hätten. Was, bitte schön, hat die Mannschaft in der übrigen Zeit getrieben? Fußball gearbeitet, vorgetäuscht, verweigert? Schlimmer. Es muß befürchtet werden, daß die Spieler versucht haben, theoretische Vorgaben umzusetzen – die Mannschaft hat sich womöglich zu ihrer rationalen natürlichen Äußerung eine Planung, Programmierung, Realisierung, Verifizierung und Bewertung vorgenommen. Fußball ist nämlich auch eine Wissenschaft. Die Verteidigung, doziert der Sportwissenschaftler Simone Mazzali (Die Raumdeckung im Fußball, Leer 2001), müsse dem Modell der japanischen Wirtschaft nacheifern. In der Theoriebildung des Fußball führend ist allerdings Italien, das Land, welches den Catenaccio und den Supercatenaccio eingeführt hat, jenes Zumauern und Abriegeln mit den Bunkersystemen 4:5:1, 5:3:2 und sogar 5:4:1. Emilio Cecchini und Giovanni Trapattoni (Konzeption und Entwicklung der Taktik im Fußball, Köln 1999) predigen den Gebrauch von Raumkonzepten, Raummodulen, vermischten Systemen, verlangen von den Spielern Opferbereitschaft und erheben das Kollektiv zum obersten Prinzip.Diese Töne sind für Deutsche einerseits vertraut, andererseits neu. In den fünfziger und sechziger Jahren wiesen die Fußballehrer Cramer und Weisweiler immer wieder darauf hin, daß nicht Systeme den Erfolg bestimmen, sondern Spielerpersönlichkeiten. Zwar hat auch Deutschland einen Anteil an der Verbreitung defensiver Spielstrategien. Professor Otto Nerz erkannte 1934 frühzeitig die Bedeutung der Defensivstrategie des Londoner Trainers Chapman, später als WM-System bekannt. Nerz machte aus dem Mittelstürmer eine Spitze und aus dem Mittelläufer einen Stopper. Die Halbstürmer ließ er etwas zurückhängen. Sie bildeten mit den vorgezogenen Außenläufern das sogenannte magische Viereck. Die Formation sah aus wie die Buchstaben W und M. Weil bei dieser Spielweise eine enge Manndeckung nötig wurde, unterzog Nerz seine Spieler einem Boxtraining, um sie an den Druck des gegnerischen Körpers zu gewöhnen. Weltmeister wurde Deutschland aber nicht unter dem Schleifer Nerz, sondern mit Sepp Herberger. Schon in seiner Diplomarbeit (Der Weg zur Höchstleistung im Fußballsport, 1930) plädierte er unter Beibehaltung des WM-Systems für den spielerischen Fußballtyp, für Kunst am Ball und immer wieder für Spielfreude, die ihm Vater allen Fortschrittes war. Forsches Spiel war ihm lieber als Zögern und Herumtändeln.“
Besprochenes Buch: Jürgen Buschmann, Karl Lennartz, Hans Günter Steinkemper (Hrsg.) Sepp Herberger und Otto Nerz. Die Chefdenker und ihre Theorien. Ihre Diplomarbeiten, Kassel 2003.
Schätzungsweise 40 Pils
Erik Eggers (FR 8.10.) rezensiert die Memoiren von Dieter Kürten: „Es gibt Bücher, die man schon mit düsteren Vorahnungen zu lesen beginnt, Dieter Kürtens Drei unten, drei oben gehört zu ihnen. Der langjährige Moderator des ZDF-Sportstudios kenne sie alle, heißt es im Pressetext, und das darf jeder getrost als Drohung verstehen. Denn wer alle zu kennen vorgibt, der kennt sie ja meistens nicht wirklich, schabt oft nur an Oberflächen. Einen Ruf als besonders kritischer Geist hat er sich nicht erworben. Der überzeugte Christ, der seine journalistische Laufbahn beim Düsseldorfer Mittag begann, gilt vielmehr als chronisch harmoniesüchtig (also, Ihr Lieben) – nicht umsonst gilt er als Förderer der oberflächlichen Generation eines Michael Steinbrecher, der sich gern um die Frisuren der Sportstars kümmert, unbequeme Dinge aber lieber ausspart. So ist ein langweiliges, antiseptisches Buch entstanden. Es erzählt von intimen Dingen, die keine sind, wie etwa von den sprichwörtlichen Alkoholeskapaden betagter Fußballtrainer. Beispiel: Als Kampftrinker war Udo Lattek, der bekennende Schluckspecht (‚Die großen Trainer haben doch alle gesoffen‘), unschlagbar. Bei einem seiner Auftritte versenkte er bis zum frühen Morgen schätzungsweise 40 Pils (…), fragte stereotyp in der Runde der schon vorzeitig zermürbten Tischgenossen, was denn los sei, warum er im Stich gelassen werde und wieder einmal alles allein austrinken müsse. (…) Selbst ein Ribbeck in Spitzenform konnte einem Lattek in Normalform nicht das Wasser reichen.“
Besprochenes Buch: Dieter Kürten. Drei unten, drei oben. Erinnerungen eines Sportjournalisten, Reinbek 2003.
Thomas Klemm (FAZ 8.10.) bespricht die Autobiografie von Pierluigi Collina: „Pierluigi Collina behauptet, sich immer neue Ziele zu setzen und nicht allzusehr mit Vergangenem zu beschäftigen. Dies schlägt sich auch in seinen Erinnerungen nieder, muten doch manche Beschreibungen seiner Tätigkeit, gerade für deutsche Fußballfreunde, allzu distanziert an. Daß er auch anders kann, zeigt er an den stärksten Stellen seines Buches: in der Wiedergabe der letzten dramatischen Minuten im Spiel Bayern gegen Manchester, in dem auch er bis aufs äußerste angespannt war; oder seine Darstellung der kritischen Anfangsphase im WM-Finale 2002, als er dem Brasilianer Roque Junior sowie Miroslav Klose Gelb zeigen mußte, um das Spiel in die Hand zu bekommen. Der Rest handelt von seinem Training, das er genauso professionell angeht wie die Profikicker, von seinen wenig spektakulären Dienstreisen, bei denen er stets seine Frau und seine beiden Töchter vermißt, und seiner Vorliebe für italienisches Essen. Wirklich interessant erscheint der Alltag des Schiedsrichters nicht, packend beschrieben ist er auch nicht. Nicht vorwerfen kann man Collina einige Fehler des Lektorats. Die Frage aber bleibt: Welche sind Collinas Regeln des Spiels? Eindeutig fällt seine Antwort nicht aus. Eine mutige, auffällige Leitung empfiehlt er den Kollegen, mahnt aber auch, sich nicht in den Vordergrund zu drängen, sondern eine dienende Rolle einzunehmen, um die Fertigkeiten der Spieler als Spezialisten des Events Fußball optimal zur Geltung zu bringen. Der Diener als Star, das ist wohl nur einer: Pierluigi Collina, wer sonst?“
Besprochenes Buch: Pierluigi Collina: Meine Regeln des Spiels. Was mich der Fußball über das Leben lehrte, Hoffmann und Campe, 2003.
Milan Pavlovic (SZ 6.10.) porträtiert den Regisseur des „Wunder von Berns“: “Sönke Wortmann gehörte zu den Wenigen in der deutschen Filmbranche, die nichts kannten als den Erfolg, er erklomm auf der Karriereleiter eine Stufe nach der anderen, bis er plötzlich herunterpurzelte. Es ist eine typisch deutsche Stargeschichte mit einer für deutsche Verhältnisse unüblichen Wendung: Am übernächsten Donnerstag kommt sein neuer Film in die Kinos, „Das Wunder von Bern“, und so ziemlich jeder Beobachter geht davon aus, dass dies nach „Good Bye, Lenin!“ der zweite große deutsche Kinoerfolg des Jahres wird (…) Im „Wunder von Bern“ geht es um nichts weniger als die Wiederauferstehung der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1954, auf drei Ebenen aufwändig miteinander verwoben – mit einem Budget von 7,5 Millionen Euro zwar Welten entfernt von Petersens 140-Millionen-Dollar-Spektakel „Troja“, aber dennoch so teuer wie noch keiner von Wortmanns deutschen Filmen; ein Wagnis schon allein aus dem Grund, dass Fußball, Kino und Erfolg noch in keiner Gleichung aufgegangen sind. Bis jetzt. Vielleicht hat es einen wie Sönke Wortmann gebraucht, um den Fluch zu brechen. Einen Filmemacher, dessen Leben selbst voller Verbindungen zum Fußball ist. Einen, der selbst einmal Profi war. Wortmann hat die SpVgg Erkenschwick Anfang der Achtziger mit seinem einzigen Saisontor in die Zweite Liga geschossen. Er benutzt gerne Fußball-Vergleiche, und seine Filmkarriere scheint stets auf „Das Wunder von Bern“ zugesteuert zu haben. Insgesamt fünfzehn Jahre hat er an ihm gebastelt. In jedem Fall werden alle über „Das Wunder von Bern“ reden. Die Zeit ist richtig für Fußball, Rudi Völler hat ihn mit seiner Mist-und-Käse-Rede in eine noch breitere Öffentlichkeit gestellt, der Tod der WM-Legenden Helmut Rahn und Lothar Emmerich hat das Interesse für die Vergangenheit geweckt, und der Trailer für den Film kommt gerade bei jenen Zuschauern gut an, die gar nicht mehr miterlebt haben, wie Deutschland 1990 zum dritten Mal Fußball-Weltmeister wurde – geschweige denn zum ersten Mal, im Juli 1954.“
FR: „Die Qualifikationsrunde für die Fußball-EM geht am Wochenende in die entscheidende Runde. Derweil sind in Portugal, wo im kommenden Sommer der kontinentale Titel vergeben wird, die meisten Stadien noch nicht fertig, was der Gastgeber allerdings gelassen hinnimmt.“
Pressestimmen zum Finaleinzug des deutschen Frauen-Teams FR
FR-Portrait Kerstin Garefrekes, deutsche Nationalspielerin
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Ein ganz normaler Spieltag
„Das nennt man wohl einen ganz normalen Spieltag“, lesen wir in der gestrigen FAS (und hörten dieselben folgenden Worte abends in der Tagesschau aus Reinhold Beckmanns Mund): „Der Tabellenführer gewinnt und sein stärkster Verfolger auch. Die Nummer eins und zwei bleiben also oben. Wie oft haben wir das schon erlebt. So wohl noch nie!” Angesichts jeweils torreicher Auswärtstriumphe erfahren Bochum und Rostock die angemessene Würdigung der einheimischen Presse. Dabei überzeugt nicht zuletzt die mit frechem Offensivdrang gepaarte hohe Spielkultur beider Mannschaften. Die Experten sind sich darüber einig, dass Titelkandidat Leverkusen mit dem 2:4 gegen die Ruhrstädter noch gut bedient war. Und Cottbus musste beim 0:4 gegen Rostock einen Klassenunterschied eingestehen. „Es wurde auch ein Derby zu Grabe getragen“, spielt der Berliner Tagesspiegel auf das gewandelte Image der Hansa-Elf an, die, im Gegensatz zu ihrem Konkurrenten, nicht mehr als Underdog aus dem Osten wahrgenommen werden will.
Bei der Lektüre der aktuellen Tageszeitungen fällt auf, dass die Freude an der „großen Kleinkunst“ (FAS) der Teams von Peter Neururer und Armin Veh sogar die Berichterstattung über die Führungskrise auf dem Betzenberg dominiert. Jedoch ist man sich einig, dass das „Provinztheater“ um den FCK erstens einen Rufschaden verursacht hat und zweitens eine unabsehbare sportliche Dekadenzphase einzuläuten imstande ist.
Weiteres Thema: Der „VfL Effenberg, früher einmal VfL Wolfsburg“ (FAS) steht auch mit seinem neuen Star weiterhin im Mittelfeld der Liga.
Einzelne Pressestimmen:
Michael Horeni (FAZ 26.8.) kommentiert die Lage. „Dem VfL Bochum ist es in kürzester Zeit gelungen, den Fußballfans schon wieder neue Träume zu schenken. Dem berauschenden Offensivfußball hatte nun auch Bayer Leverkusen – der unbelohnte deutsche und europäische Vorjahresmeister – nur noch Staunen entgegensetzen können (…) Natürlich wagt in Bochum auch nach dem imposanten 4:2 niemand im Ernst, von allergrößten Zielen zu sprechen, auch wenn die Spaßgesellschaft aus dem Pott derzeit keine Grenzen zu kennen scheint. Doch was wäre, wenn sie doch schaffen sollten, was bis zum Coup von Rehhagel als unmöglich galt? Wäre das nicht herrlich? Es sind nicht zuletzt diese romantischen Hoffnungen, die Möglichkeiten einer faszinierenden amerikanischen Karriere, die die Phantasie des Publikums beflügeln. Dass endlich auch einmal diejenigen, die immer ganz unten waren, groß herauskommen. Wo Träume möglich sind, muss die Gegenwart ein bisschen zurückstehen. Wie sonst ist es zu erklären, dass sogar die irrwitzige Krise in Kaiserslautern mit den Spekulationen um den Vorstandsvorsitzenden Friedrich, seinen möglichen Nachfolger Jäggi und Teamchef Brehme spielend leicht von den ersten Seiten verdrängt wird? Der Absturz der Roten Teufel gehört zur anderen, der dunklen Seite der Liga.“
Zur Führungskrise in Kaiserslautern bemerkt Uwe Marx (FAS 25.8.). „Das jüngste Revirement in der Führung bestätigt den über die Jahre erworbenen Ruf des Vereins als Pfälzer Provinztheater. 1. FC Kaiserslautern – das klingt zwar zunächst nach den Walter-Brüdern, Zusammenhalt und einem immerwährenden Kampf David gegen Goliath, der meist Bayern München hieß. Die Bayern sind als Lieblingsgegner geblieben, ansonsten aber hat sich viel getan (…) Der Wandel, der Abschied von der familiären Struktur, hat viel mit den gewachsenen Einnahmen zu tun. Mit der Zeit kam das Geld und mit dem Geld der Zwist. Aus dem Familienunternehmen wurde ein mittelständischer Arbeitgeber mit über 10.000 Mitgliedern und 50 Millionen Euro Jahresumsatz (…) Dabei ist der Verein keineswegs, wie die chronische Anfälligkeit fürs Chaos vermitteln mag, ein Pflegefall. Kaiserslautern gehört zu den zwölf deutschen WM-Städten für 2006. Das Fritz-Walter-Stadion ist Vereinseigentum, das Nachwuchsleistungszentrum ein Vorzeigeprojekt. Im letzten Geschäftsjahr wurde 12,7 Millionen Mark Gewinn erwirtschaftet. Alles wohlgemerkt in einer Stadt, die mit etwas über 100.000 Einwohnern kleiner ist als etwa Pforzheim, Bergisch-Gladbach oder Salzgitter. Andererseits haben Erfolge wie die Meisterschaften oder die beiden Pokalsiege übertriebene Begehrlichkeiten geweckt. Wer Meister war, darf nicht Siebter werden – diese simple Logik wabert ausdauernd durch das Umfeld des Vereins.“
Thomas Kistner (SZ 26.8.) zum selben Thema. „Alles ist derart eng verwoben, verwoppelt und verschwagert miteinander, dass sich nicht mal mehr Betrachter von außen wundern dürfen, wenn es am Betzenberg so brachial familiär zugeht. Stehauf-Präsident Friedrich, Noch-Vorständler Wieschemann und eine eingesessene Stammeltischbrüderschaft um sie herum pflegten nur bestes Brauchtum, als ihre Wahl jetzt auf Jäggi fiel. Der Romika-Boss aus dem nahen Trier darf getrost als einer der ihren betrachtet werden. Landsmannschaft gilt in der Pfalz seit jeher mehr als anderswo.“
Homepage der FCK-Opposition Unser FCK
Bayer Leverkusen – VfL Bochum 2:4
Christoph Biermann (SZ 26.8.). „Sensationeller als das blanke Ergebnis von 4:2 für den Aufsteiger beim deutschen Vizemeister war nämlich der Umstand, dass dies Resultat kein Produkt glücklicher Zufälle und kurioser Schiedsrichterentscheidungen war (…) Zwar ist auch Leverkusens „absolut missratener Start“ (Toppmöller) zunächst nur eine Momentaufnahme. Doch nach dem schlechtesten Bundesligaauftakt der Vereinsgeschichte sieht man schon in deutlichen Umrissen, dass Bayer wohl eine Zeit brauchen wird, um sich wieder zu sammeln. Klaus Toppmöller, das war die für ihn wahrscheinlich bitterste Erkenntnis, hat derzeit keine Mannschaft, sondern nur einen losen Haufen Spieler mit Formkrisen, die noch so manchen Gegner fassungslos vor Glückseligkeit machen könnten.“
Ingo Durstewitz (FR 26.8.). „Der Bochumer Stürmer Christiansen hat nach 62 Minuten im Bundesligaspiel zwischen Bayer 04 Leverkusen und dem VfL eine kesse Nummer probiert, wollte Torwart Hans-Jörg Butt mit einem Lupfer aus 16 Metern wie einen abgetakelten B-Klasse-Schlussmann aussehen lassen. Das war ganz schön überheblich und arrogant und ging schief, war aber nicht tragisch, weil Christiansen eine Minute zuvor recht abgezockt ein Tor für Bochum erzielt hatte, das 4:1 – nicht in irgendeinem Klickerspiel gegen eine Ruhrpott-Kreisauswahl, sondern in der BayArena gegen Leverkusen, vor Monaten noch Zweiter in allen Wettbewerben. Es war eine Szene mit symbolischen Gehalt, dieser aus dem Überschwang der Emotionen heraus entstandene Heber, es ging den Zwergen aus Bochum eine halbe Stunden vor Schluss nicht mehr darum, die Giganten aus Leverkusen zu besiegen, nein, sie wollten sie demütigen – und sie demütigten sie, führten sie vor, wie tumbe Tanzbären am Nasenring, gaben sie der Lächerlichkeit preis. 2:4 hat Leverkusen am Ende verloren gegen den Aufsteiger, der Tabellenführer bleibt, und ist dabei noch mit einem blauen Auge davongekommen. Wenn die Werkskicker am Ende sechs, sieben, acht Tore gefangen hätten, sie hätten sich nicht beschweren dürfen. Was Wunder, dass der Schlusspfiff einer Erlösung gleich kam, die hoch gehandelten Fußballspieler in den roten Hemden schlichen wie geprügelte Hunde in die Kabine, in den in tiefen Höhlen liegenden Augen spiegelte sich unendliche Leere wider.”
Thomas Kilchenstein (FR 26.8.) über die Ursachen des Leverkusener Fehlstarts. „In dieser Saison zählen die Leverkusener zu den großen Drei der Liga, trotz der Abgänge von Ballack, Kirsten und Zé Roberto, die Erwartungshaltung ist entsprechend hoch. Allerdings schlagen bei keinem anderen Klub so sehr die Nachwirkungen der WM durch wie bei Bayer: Immerhin hatten acht Spieler, die am Samstag gegen die Frechdachse aus Bochum so sang- und klanglos untergegangen waren vor ein paar Wochen noch in Südkorea und Japan Fußball gespielt. Ganz offenkundig haben sie sich von den Strapazen, den physischen wie den psychischen, noch nicht erholt. Dazu ist der Integrationsprozess der Neuen noch keineswegs abgeschlossen, zudem fehlt weiterhin die Führungskraft Nowotny. Klaus Toppmöller steht in seiner zweiten Saison mit Leverkusen zwar noch nicht unter Druck, aber auf dem Prüfstand. Die Aufgabe, Bayer wieder auf Kurs zu bringen, ist keine leichte. Die glorreiche letzte Saison ist Hypothek genug.“
1. FC Nürnberg – Hannover 96 3:1
Volker Kreisl (SZ 26.8.). „Das Vorteilhafte an so einem Fehlstart ist, dass grundsätzliche Fragen schnell geklärt sind. Jeder hat in den ersten zwei Bundesligaspielen gesehen, wie schlecht die Mannschaft des 1. FC Nürnberg spielen kann, ein Tor und null Punkte gegen mäßige Gegner lassen erst gar keine Ausreden zu. Das Management des Klubs gibt zu, dass mangels Mitteln keine Verstärkung denkbar ist, die Mannschaft diese Spiele also alleine gewinnen muss, und das Team erkennt frühzeitig, was es hat – Technik, taktisches Verständnis – und was ihm fehlt: Sprintkraft, Ellbogeneinsatz, Konzentration. Manche Fehlstarts ziehen sich in die Länge, weiten ich zu kleinen Krisen aus, doch der des 1. FC Nürnberg war offenbar deutlich genug. Die Mannschaft von Trainer Klaus Augenthaler rehabilitierte sich (…) Die Akteure von Trainer Ralf Rangnick zeigten sich vom Nürnbergs erblühter Spielkultur derart beeindruckt, dass sie keine ernsthafte Gegenwehr zustande brachten. Hannover hatte keine Torchancen, die Abwehr erwies sich als zu langsam.“
Hamburger SV – FC Bayern München 0:3
Andreas Burkert (SZ 26.8.). „Ein wenig muss man sich also sorgen um das Ansehen der Münchner, die nicht nur mit dem 3:0 im Volkspark ihre Neigung zum Egoismus provokant auslebten. Denn überdies eilen sie in ihrem Denken bereits nach dem dritten Spieltag der Konkurrenz voraus, obwohl doch die verblüffenden Wettbewerber aus Bochum und Rostock von der Spielleitung weiterhin ganz oben im Tableau geführt werden. Bayern-Manager Uli Hoeneß hatte zwar davon gehört, als er kurz nach dem Abpfiff um eine Grußbotschaft gebeten wurde. Aber er antwortete kalt und unerbittlich. Hoeneß sagte: „Ich kann das leider überhaupt nicht ernst nehmen, ich schau’ nur auf Dortmund, Schalke und Hertha – die zwei da oben können das nicht durchstehen, so leid mir das für den Herrn Neururer tut.“ Bochums Coach wird das bestimmt nicht gerne hören, wie auch all die anderen, die nicht in rot-blauer Bettwäsche schlafen. Doch allen Romantikern hat der FC Bayern in Hamburg recht deutlich zu verstehen gegeben, wie wenig er in diesem Jahr für Außenseiter, Jubilare und das eigene Versagen übrig hat.“
Herbert Stoffers (FR 26.8.). „Es ist aber auch zum Haare raufen, da hat der HSV seine zwölf Vorbereitungsspiele allesamt gewonnen, aber nun spielt er in der Bundesliga wieder nur die Rolle der grauen Maus. Mittelmaß ist das Maß aller Hamburger Dinge. Aber im Norden sind die Fans schon mit den kleinsten Dingen zufrieden. Da tunnelte Bernd Hollerbach Gegenspieler Hargreaves, und es gab donnernden Applaus von der Tribüne. Oder Erik Meijer holt einen Eckball heraus: ohrenbetäubender Lärm (…) Der FC Bayern konnte an der Elbe im Schongang aufspielen, oft erinnerte das sichere Ballgeschiebe an den guten alten Schalker Kreisel. Die HSV-Spieler hechelten immer nur hinterher. Bei den Bayern griff ein Rad ins nächste, obwohl Michael Ballack kaum einmal groß in Erscheinung trat. Die Ruhe am Ball, die Reife, die Cleverness und die Leichtigkeit der Münchner beeindruckte.“
Frank Heike (FAZ 26.8.). „Es war wieder einmal beeindruckend, wie beiläufig die Bayern in Hamburg dreifach gepunktet hatten und nun mit sieben Punkten aus drei Partien auf einem guten Weg zur Meisterschaft sind, wie (Manager) Hoeneß glaubt. Ihre Souveränität beziehen die Münchner neuerdings nicht nur aus der totalen Humorlosigkeit auf dem Feld, mit der Kovac, Linke und Jeremies als zentral-defensiver Block die Hamburger Angriffsversuche einfach ignorierten, sondern auch aus der neuen Sympathiewelle, die ihnen in fremden Stadien entgegenrollt: Da fliegen noch ganze sechs Bananen, wenn Oliver Kahn zu Beginn der zweiten Halbzeit an seinen Arbeitsplatz vor dem Hamburger Fanblock läuft – dafür begrüßen ihn die Anhänger des HSV mit Applaus. Kahn dreht sich um, klatscht Beifall. Was ist denn hier los? Vergessen der letzte Spieltag der Saison 2000/2001, als Kahn hier mit der Eckfahnenstange tanzte und die Meisterschaft feierte. Am Samstag waren selbst hartgesottene HSV-Fans auf Schmusekurs mit dem Helden der Weltmeisterschaft. Andere frühere Reizfiguren der gewiss nicht zimperlichen HSV-Anhänger spielen jetzt in Wolfsburg oder Udine. Und die Neuen, Ballack und Zé Roberto, sind von ihrem schwiegersohnhaften Auftreten her sowieso nicht geeignet als Zielscheibe für Pfiffe und Schmähungen. Aus der Abneigung der Fans gegen die Großkopferten aus dem Süden ist im Norden endgültig Respekt geworden.“
Borussia Mönchengladbach – 1. FC Kaiserslautern 3:0
Ulrich Hartmann (SZ 26.8.). „Die Frage nach der Weiterbeschäftigung von Andreas Brehme war freilich eine elementare am Wochenende. Die Mannschaft war in der Begegnung in Mönchengladbach so lustlos aufgetreten, als würde sie in Kürze vom Spielbetrieb abgemeldet. In einer Art nihilistischem Anfall taumelten die Spieler durch die eigene Platzhälfte, während Andreas Brehme so verkrampft auf der Bank saß, als stünde er kurz vor einer Zahnoperation. Die leidende Mimik hatte Berechtigung.“
Bertram Job (FR 26.8.). „Es kam einem Debakel gleich, wie sich die Kaiserslauterer Elf an diesem Samstag vor 27.000 Zuschauer präsentierte. Verhalten bis unlustig in den Zweikämpfen, einfallslos im Aufbau, dabei oft auch ohne Zuordnung und Raumaufteilung – so bettelten die „Roten Teufel“ von Beginn an um die Niederlage. Und bauten damit einen Gastgeber auf, dem bis dato noch kein Tor in der jungen Saison geglückt war. Wie Zuschauer in der ersten Reihe beobachteten die vermeintlichen Akteure des FCK das muntere Kombinationsspiel ihrer Gegner, das im Verlauf der Partie immer flüssiger wurde.”
Borussia Dortmund – VfB Stuttgart 3:1
Freddie Röckenhaus (SZ 26.8.). „Während Stuttgart im Vergleich zum jugendlich-frischen Auftritt der vergangenen Saison eher in der Entwicklung stehen geblieben wirkte, walzte Dortmunds pure Spielerqualität jeden Widerstand nieder. Ausfälle wie die von Amoroso, Wörns oder Ricken steckt der Dortmunder Kader weitgehend unbemerkt weg. Stattdessen merkt man vor allem den jungen WM-Fahrern Metzelder, Frings und Kehl einen spürbaren Gewinn an Selbstvertrauen und Schaffenskraft an. Das Dortmunder Mittelfeld, bisher wegen der Konditionsrückstände aus der WM-bedingt verspäteten Vorbereitung noch nicht einmal in bester Form, besticht vor allem durch Zweikampfstärke und Dynamik (…) Vor allem die offenbare Weiterentwicklung der vielen sehr jungen BVB- Spieler lässt erwarten, dass Dortmund in dieser Saison nicht nur intelligenten Zweckfußball wird spielen können, wie meist in der letzten Saison. Ziemlich erwartbar, dass Dortmund dank seiner Individualisten noch viele solcher erwartbaren Spiele machen wird. Geld regiert eben doch die Bundesliga.“
Richard Leipold (FAZ 26.8.). „Während der Individualist Balakow den Schwaben fehlte, setzte sich der BVB dank der Klasse einzelner Spieler durch. Die Torschützen Koller, Dédé und Ewerthon sowie der eifrige Regisseur Rosicky erwiesen sich als Erfolgsgaranten einer Mannschaft, deren Zusammenspiel den eigenen Ansprüchen noch längst nicht genügt (…) Sebastian Kehl indes arbeitet für Sammers Geschmack derzeit zu viel. Der Mittelfeldspieler läuft mehr, als gut für ihn und die Mannschaft ist. Die Wege des Kehl sind für seinen Trainer zuweilen unergründlich. Der Dauerläufer müsse lernen, seine Kraft besser einzuteilen. Solange ihm das nicht gelingt, bekommt er nur ein Fleißkärtchen Marke Sammer. „Sebastian Kehl will manchmal fleißiger sein als der Ball.””
Arminia Bielefeld – VfL Wolfsburg 1:0
Jörg Marwedel (SZ 26.8.). „Effenbergs Heimkehr in die Bundesliga, wo der einstige Bayern-Star fortan die hochfliegenden Träume der (noch) provinziellen Wolfsburger realisieren helfen soll, reduzierte sich fürs Erste auf ein Medienspektakel, das vor allem dafür sorgte, dass der Mannschaftsbus mit Verspätung abfuhr. Bis es so weit war, hatten sich freilich fast alle Wolfsburger inklusive Effenberg nach Kräften darum bemüht, dessen mäßiges Debüt im grün-weißen Trikot in ein möglichst mildes Licht zu tauchen und Spott- Attacken wie die des Bayern-Präsidenten Franz Beckenbauer im Premiere-Studio („Der Stefan bläst ja wie ein Blasengel“) oder des Bielefelder Publikums („Ohne Effe hättet ihr ‘ne Chance“) zu kontern.“
Interview mit Stefan Effenberg SpOn
Schalke 04 – Hertha Berlin 0:0
Christoph Biermann (SZ 26.8.). „In ihrer Spielanlage relativ ähnlich, neutralisierten sich die beiden fleißig arbeitenden Teams weitgehend und ließen nur wenige Torchancen zu (…) Zwischendurch konnten sich auch Stevens und Assauer noch etwas ankeifen. Herthas Trainer forderte nach einer Schwalbe von Andreas Möller im Berliner Strafraum die Gelbe Karte. Assauer sprang aus seinem Stuhl, schimpfte auf Stevens ein und wedelte dazu entrüstet mit der Zigarre. Auf dem Feld blieb das sehr ausgeglichene Spiel zwar intensiv und interessant, wurde aber nie richtig gut oder besonders unterhaltsam. Dazu setzten beide Teams zu sehr auf Engagement und Kampf, im Getümmel auf dem Rasen entwickelte sich durchgehender Spielfluss zu selten.“
Energie Cottbus – Hansa Rostock 0:4
Claus Vetter (Tsp 26.8.). „Ost gegen Ost oder doch Ost gegen Nord? Bei Hansa Rostock und Energie Cottbus wird die gemeinsame DDR-Vergangenheit inzwischen unterschiedlich bewertet. Dies wurde am Sonnabend im Cottbuser Stadion der Freundschaft deutlich. Rostock siegte 4:0, und angesichts beeindruckender Überlegenheit konnten sich die 3.000 mitgereisten Hansa-Fans schon früh verbalen Diffamierungen in Richtung Cottbus widmen. Gesteigerten Wert auf die Erhaltung eines vermeintlichen Ost-Derbys schien niemand zu legen: Rostocks Anhänger sangen schon mal Energies Abstieg herbei und freuten sich auf eine Zukunft, in der sie nicht mehr nach Cottbus reisen müssen. Die Rostocker Lokalkonkurrenz spielt längst im Norden und nicht im Osten.“
Javier Cáceres (SZ 26.8.). „Jedenfalls war nicht erkennbar, dass Geyer in der Sommerpause Revolution gepredigt hat: Energie spielt den selben Stil wie ehedem. Die ideologischen Grundfeste in der Lausitz sind dennoch erschüttert. Denn gescheitert ist Cottbus an einer Mannschaft, die schlicht einen Sport betreibt, der „sehr viel mit Fußball zu tun hat“, wie Vehbeteuerte. Auch das Cottbuser Publikum wusste es zu schätzen. Es gab Applaus für Hansa, beim Stand von 0:4 Wünsche nach Zugabe und vernehmliche „Geyer raus!“-Rufe. Das war Hansa zu gönnen. Nicht nur, weil die Treffer allesamt fein herausgespielt waren, sondern weil die Elf auch sonst ein derart kultiviertes Kurzpass-Spiel betrieb, als wolle sie sich für die argentinische Liga bewerben (…) Dass Hansas Spiel handwerklich solide, unprätentiös und selbstbewusst wirkte, war das eigentlich Beeindruckende. Nicht viele Mannschaften versuchen, in Cottbus den eigenen Stil durchzusetzen, noch weniger schaffen es.“
Zum Einfluss von Trainer Veh heißt es bei Christian Ewers (FAZ 26.8.). „In der letzten Saison, als Veh den Kollegen Friedhelm Funkel abgelöst hatte, quälten sich die Rostocker wieder einmal zum Klassenverbleib. Die Mannschaft spielte auch unter dem neuen Trainer schwach, verlor auswärts Spiel auf Spiel, und es machte einfach keinen Spaß, dabei zuzusehen, wie sich Hansa mit minimalem Aufwand auf den 14. Platz rettete. Dabei hatte Veh den Fans bei Amtsantritt versprochen, „offensiven und erfrischenden Fußball“ spielen zu lassen. Erst jetzt, mit gehöriger Verspätung, löst der aus Reutlingen gekommene Trainer dieses Versprechen ein. Hansa spielt in der laufenden Saison begeisternd schön. Neun Punkte, 8:0 Tore und Platz zwei in der Tabelle – Rostock hat die Lust am Spiel entdeckt. Dieser plötzliche Wandel ist kein Zufall. Veh baute seine Mannschaft in der Sommerpause radikal um, zwölf Spieler mussten gehen, elf neue kamen.“
Wolfgang Hettfleisch (FR 26.8.) übe dessen Wirken. „Vehs Teams haben noch immer Fußball gespielt. In Reutlingen hat seine No-name-Truppe nach dem Aufstieg die Zweite Liga teils mit Zauberfußball aufgemischt. Monatelang roch es damals verführerisch nach Bundesliga-Fußball in der schwäbischen Provinz. Nun hat Veh offenbar in Rostock aus dem Puzzle der verfügbaren Ballkünste eine seetaugliche Kogge unter voller Takelage zusammengefügt. Wobei, wohlgemerkt, Top-Einkauf Rade Prica und der namhafteste Inlands-Neuzugang Thomas Meggle noch nicht auf der Höhe des Geschehens sind. Man darf sich ein bisschen fürchten vor Armin Veh und Hansa Rostock.“
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