indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Donnerstag, 25. März 2004

Ballschrank

Hertha BSC, der „modespringende Patchwork-Klub und Flickenteppich“

Hertha BSC Berlin – Schalke 04 1:3

Hertha riecht nicht, Hertha schmeckt nicht, Hertha hat kein fröhliches Gesicht

Klaus Hoeltzenbein (SZ 2.12.) erklärt die Mängel des „Flickenteppich Hertha“: „Es schien lange so, als sei Hertha von den Sünden der Vergangenheit geläutert, im Zuge des Regierungsumzugs und der Hauptstadteuphorie langte es 1999/2000 sogar für einen Besuch in der Champions League. Auch gegen den Trainerwechsel von Jürgen Röber zu Huub Stevens ließen sich anfangs kaum Argumente finden, außer jenem, dass der bornierte Kern der Hertha-Fans Stevens innig ablehnte, nachdem ihm beim Erzfeind, auf Schalke, ordentliche Arbeit attestiert worden war. So aber stand der Neue sofort unter extremem Erfolgsdruck und mit ihm Dieter Hoeneß, der ihn geholt hatte. Der rastlose Manager sah sich verfolgt vom Vorwurf, er sei der Verein, und der Verein sei Hoeneß BSC. In dieser Zwangslage verlor das Duo die Konzentration auf das Wichtigste: die Mannschaft. So viele Konstruktionsfehler wie Hertha hat keine andere Elf der Liga, und der größte wurde auch unter Stevens nicht behoben. Im Gegenteil, die Abhängigkeit von einem Einzelnen, vom Brasilianer Marcelinho, ist größer denn je (…) Einige Profis sind geblieben aus der Röber-Ära, einige aus der Weltklub-Brasilien-Phase, andere kamen im Sommer hinzu, als Hoeneß plötzlich der Idee verfiel, nach „Typen“ zu suchen. „Ich vermisse Kerle!“ rief verzweifelt der Niederländer Stevens, der dieses hektisch geknüpfte Patchwork-Ding nicht zu pflegen vermag. Hertha sprang mit den Moden, doch so wie die Hauptstadt noch keine Definition von sich selber gefunden hat, so fehlt sie dem Verein. Hertha riecht nicht, Hertha schmeckt nicht, Hertha hat kein fröhliches Gesicht.“

Immer weiter in die Sackgasse

Frank Hellmann (FR 2.12.) ergänzt: „Die Mannschaft ist keine Mannschaft mehr, woran die Neuen Kovac und Bobic – eher Egoisten als Teamplayer – nicht unschuldig sind. Alle Mitläufer der Kategorie Rehmer und Hartmann, wunderlicherweise noch regelmäßig in DFB-Kreisen verkehrend, sind enttarnt, die Abhängigkeit vom einzigen kreativen Kopf Marcelinho überdies augenfällig. Dazu liegt ein offener Bruch mit Huub Stevens vor: Jegliches Vertrauen von Spielern und Anhängern zum Trainer ist verlustig gegangen. Dieses Szenario des Schreckens wird von einem Mann gemanagt, der sich seiner Personalentscheidung Stevens verschrieben hat: Dieter Hoeneß. Der Manager weiß längst, dass nur er die schwierigste Phase seit dem Bundesliga-Aufstieg 1997 übersteht. Hoeneß hat ein Konstrukt geschaffen, das ihm größt- und Kritikern kleinstmöglichen Einfluss verschafft. Regulative Faktoren für den Machtmenschen der Hertha-AG sind rar. Weder im Beteiligungsausschuss noch im Mannschaftsrat gab es jedoch in Wahrheit jene rückhaltlose Unterstützung für Stevens, die Hoeneß nach außen trug. Und zu lange hat der eher an den Verkauf 88 neuer Vip-Logen gedacht, als Konzepte gegen die Krise zu kreieren. Die wurde viel zu lange ausgeblendet. Jetzt, da die Krise nicht mehr zu leugnen ist, schieben sich Trainer und Manager auf der einen und die Mannschaft auf der anderen Seite gegenseitig die Schuld zu. So beschreitet Hertha BSC einen gefährlichen Weg – immer weiter in die Sackgasse.“

Frank Ketterer (taz 2.12.) wundert sich über die Hertha-Fans: „Das Zwischenergebnis von der fernen Ostsee kündigte sich Anfang der zweiten Halbzeit und mit einem sanften Bling an. Zunächst wurden die Vereinswappen von Hansa Rostock und Borussia Dortmund auf der großen Videowand gezeigt, schließlich eine 1 für Rostock sowie die Null für Dortmund eingeblendet; dann brandete kurzer Jubel auf in der kalten Dauerbaustelle des Berliner Olympiastadions. Der Reflex ist fest verwurzelt beim Berliner Publikum, und so schnell wird sich das wohl auch nicht austreiben lassen: Rostock auf Siegkurs, Dortmund auf der Verliererstraße – so ists gut für die Hertha. Schließlich ist Hansa klein, steht in der Tabelle traditionell unten und hat schon dadurch mit Hertha wenig bis gar nichts zu tun, während die Borussia doch ziemlich genau das Gegenteil darstellt: groß, oben – und somit ein echter Konkurrent für die eigene Elf im Streben nach Ruhm und Ehre, möglichst auf internationalem Parkett. Ergo: Rostock darf getrost gewinnen, Dortmund muss verlieren. Die Dinge haben sich geändert im Herbst 2003, längst wäre es besser für die Berliner Hertha, Hansa würde nicht als Sieger vom Platz gehen; was Dortmund macht, kann ihr längst egal sein. Mit oben haben die Berliner nichts mehr zu tun, nur noch mit unten. Ganz unten.“

Ob die Ketten zwischen Hoeneß und Stevens größere Belastungen aushalten?

Christian Ewers (FAZ 2.12.) bemerkt zur Zukunft Stevens’: “Jupp Heynckes saß einsam auf dem Podium, er streichelte die vor ihm stehenden Getränkeflaschen, grinste den Kameras entgegen und blickte immer wieder zur Tür. Doch die bewegte sich nicht, so hoffnungsfroh Heynckes auch gucken mochte. Gähnend lange Minuten mußte der Trainer des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04 auf seinen Berliner Kollegen Huub Stevens warten. Mit einem einfachen Trick wäre das zu verhindern gewesen. Die Presseabteilung von Hertha BSC Berlin hätte einfach ein altes Video von Stevens einspielen können – ein rechteckiger Fernseher aus Massivholz wäre das perfekte Stevens-Double gewesen. Denn was der kantige Niederländer am Sonntag erzählte, hatte er schon zigmal in dieser Saison gepredigt: Ich werde kämpfen. Ich will ein Vorbild für die Mannschaft sein. Ein Huub Stevens gibt nicht auf, das ist nicht sein Charakter.Die Kampfrhetorik des Trainers ist im Moment die einzige verläßliche Konstante bei den Auftritten des Berliner Bundesligisten. Ansonsten blüht das Chaos (…) Die kurzfristig wohltuende Wirkung seines Ultimatums für Trainer Huub Stevens Mitte Oktober ist längst verpufft. Hertha gewann zweimal gegen Hansa Rostock, danach sank das spielerische Niveau wieder deutlich. Noch in der vergangenen Woche, anläßlich der Hertha-Mitgliederversammlung, hatte Hoeneß dem Trainer öffentlich sein Vertrauen ausgesprochen. Die wiederholten Treuschwüre mögen Stevens zwar in der täglichen Arbeit unterstützen – Manager Hoeneß jedoch engt seinen Handlungsspielraum stark ein. Seine Reputation würde mit der Entlassung von Stevens auf jeden Fall Schaden nehmen, so eng hat sich Hoeneß an Stevens gekettet. Ob diese Ketten noch größere Belastungen aushalten?“

Javier Cáceres (SZ 2.12.) fügt hinzu: „Bemerkenswert ist, wie erschöpfend und erschöpft alles wirkt, was sich auf dem Planeten Hertha abspielt. Sogar die „Stevens raus!“-Rufe klangen irgendwie ermattet. Als Asamoah den dritten Schalker Treffer erzielte, waren viele Zuschauer nicht gegangen – sondern geflohen. Richtig neu war nur, dass sich, für jeden erkennbar, Risse auftun im Verhältnis zwischen Stevens und seinen Spielern. Als Fredi Bobic beim Stand von 1:2 ausgewechselt wurde, wollte Herthas Mittelstürmer seinem Coach eine Spur zu demonstrativ, eine Spur zu aufreizend, eine Spur zu zornig die Hand reichen. Stevens zögerte, die Geste zu erwidern – und tat es doch, mit versteinerter Miene. „Ich fand, dass seine Leistung nicht so war, dass ich ihn hätte abklatschen müssen“, sagte er hinterher in der Pressekonferenz. Manager Hoeneß hoffte, dass Bobic die Situation aufklären würde. Sonderlich ausgiebig waren dessen Auskünfte nicht. Womöglich dünkt ihm, dass Stevens’ Tage als Hertha-Trainer gezählt sind – so sehr dieser darauf beharrt, kämpfen zu wollen („hinschmeißen, das ist nicht der Charakter von Huub Stevens“), und so sehr Manager Hoeneß Stevens weiter protegieren will. Schon jetzt aber ist Stevens mehr oder weniger das, was man in der Politik eine lame duck nennt: ein Amtsträger auf Abruf und mit entsprechend eingeschränkter Handlungsfähigkeit. Bis zum 31. März muss Hertha über die Option entscheiden, Stevens über den Sommer 2004 hinaus weiterzubeschäftigen. Die Rahmenbedingungen dafür sind derzeit nicht gegeben. Der Anhang meutert schon länger, und die Kritik des Boulevards am Coach hat sich mittlerweile in offenes, teilweise perfides Mobbing verwandelt: Sogar die Familie, dem Trainer allein schon wegen der Tragik des frühen Vaterverlustes heilig, wurde gegen Stevens in Stellung gebracht (Bruder Nick: „Schalke ist unser Lieblingsverein“).“

Der tägliche Huub

Michael Jahn (BLZ 2.12.) teilt dazu mit: „Die E-Mail erreichte die Berliner Sportredaktionen am Montag um 12:09 Uhr. Der Verein Hertha BSC teilte in zwei dürren Zeilen über Pressesprecher Hans-Georg Felder Folgendes mit: Die Pressekonferenz am heutigen Montag, 1. Dezember 2003, 13 Uhr, mit Huub Stevens, Cheftrainer von Fußball-Bundesligist Hertha BSC, entfällt. Eine Begründung, warum der Trainer nach der heftigen 1:3-Niederlage gegen Schalke 04 sein tägliches kurzes Gespräch mit den Medien abgesagt hatte? Die lieferte Hertha praktischerweise nicht mit. Viel später war zu erfahren – wenn auch nur inoffiziell – dass Stevens keinen Bock gehabt habe. Der Niederländer, dies sei zu seiner Verteidigung gesagt, ist nicht vertraglich verpflichtet, jeden Tag mit der Presse zu reden. Die Einrichtung des regelmäßigen Pressetreffs, in Berlin salopp der tägliche Huub genannt, war vor Monaten auf Wunsch des Trainers ins Leben gerufen worden. Wahrscheinlich lag der wahre Grund für die Absage am Montag in der zweiten Etage der Geschäftsstelle des Klubs. Denn just um die Zeit, in der der 50-Jährige der Öffentlichkeit Auskünfte über Wege aus der Krise geben sollte, musste er solche Fragen bei Manager Dieter Hoeneß beantworten. In Hoeneß Dienstzimmer besprachen beide eine Stunde lang die immer mehr eskalierende Situation. Als der Trainer die Unterredung verließ und um ein kurzes Statement gebeten wurde, hatte er aber nur ein Wort für die wartenden Presseleute übrig: Mahlzeit!“

Hansa Rostock – Borussia Dortmund 2:1

Aufgeblähtes Kader zumeist mittelmässiger Spieler

Marko Schumacher (NZZ 2.12.) berichtet Zweifel an Matthias Sammer: „Unter den Fans und Beobachtern der Borussia entzündet sich in Sammers viertem Jahr zum ersten Mal massive Kritik am Cheftrainer. Es sind zum einen taktische Fehler, die dem 36-Jährigen vorgeworfen werden. So schüttelten viele den Kopf, weil Sammer in Sochaux dem jungen Gambino den Vorzug gegenüber dem erfahrenen Ricken gegeben hatte. Schon nach wenigen Minuten wurde Gambino nach einer Notbremse des Feldes verwiesen. Gleiches war zwei Wochen vorher bei der 1:4-Niederlage in München dem völlig unbekannten Neuling Brzenska passiert, den Sammer als Bewacher des besten deutschen Spielers, Ballack, aufs Feld geschickt hatte. Personelle Konzeptionslosigkeit ist der zweite Kritikpunkt, der Sammer vorgeworfen wird. Die zu Saisonbeginn überstürzt verpflichteten Bergdölmo und Jensen jedenfalls halfen dem Verein bisher nicht wirklich weiter und verschuldeten – wie auch der Rest einer zumeist konfusen Borussen-Abwehr – manchen Gegentreffer. In Europa wie in der Bundesliga ist die Borussia überholt worden – und das in jeder Hinsicht. Finanziell muss der Branchenriese mit einem Umsatz von 160 Millionen Euro nun verkraften, dass ihm aufgrund des frühen Ausscheidens im Europa-Cup Einnahmen in zweistelliger Millionenhöhe fehlen. Im vergangenen Jahr hatte die Borussia in der Champions League mehr als 30 Millionen Euro verdient. Und auch sportlich haben die Westfalen schon seit geraumer Zeit die Entwicklung verpasst. Sie haben sich ein aufgeblähtes Kader zumeist mittelmässiger Spieler aus Brasilien, Argentinien, Norwegen oder Dänemark zusammengekauft, das sich im Zusammenspiel nicht selten als blutleere Zweckgemeinschaft ohne Struktur und Hierarchie präsentiert. Dass ausgerechnet Stuttgart an der Tabellenspitze steht, dürfte den Verantwortlichen die Misswirtschaft besonders deutlich vor Augen führen. Die Schwaben bezahlen ihrem hoch motivierten Personal nur ein Drittel dessen, was die Borussia jeden Monat ausschüttet.“

Es scheint, als sei dem Vordenker die Philosophie abhanden gekommen

Ronny Blaschke (BLZ 2.12) fügt hinzu: „Der Verlierer Sammer unterscheidet sich vom Gewinner Sammer vor allem in der Rhetorik. Nach Niederlagen müssen Journalisten besonders feinfühlig nachhaken. Verbotene Fragen, die Begriffe wie Mittelmaß oder gar Krise in sich bergen, stehen auf Sammers Frust-Index und werden für gewöhnlich mit einer zynischen Gegenfrage gekontert. Als Matthias Sammer am Sonntag mit grimmigem Blick über den Rasen des Ostseestadions schlich, war die allgemeine Verunsicherung wieder zu spüren. Nervös wippte so mancher Reporter auf und ab, einer sagte: Hoffentlich ist er gut drauf, ein anderer: Er hat bestimmt schlechte Laune. Matthias Sammer blieb auffallend ruhig. Wer wollte, konnte das freundliche Auftreten auch als weitsichtiges Krisenmanagement werten; so, als wolle sich Sammer mit dem Boulevard frühzeitig gut stellen – im Angesicht der heraufziehenden Krise. Denn die Immunität, die der Auserwählte seit dreieinhalb Jahren im Verein genießt, scheint allmählich zu schwinden. Sammer ist nicht mehr unantastbar. Die Kritik an ihm wächst, zumal seit Wochen keine Systematik mehr im Spielsystem der Borussia zu erkennen ist. Es scheint, als sei dem Vordenker die Philosophie abhanden gekommen.“

Stell’ dir vor, es ist Champions League im Westfalenstadion und du darfst nicht mitspielen

Dahingegen vernimmt Freddie Röckenhaus (SZ 2.12.) Schweigen: „Die Niederlage von Rostock wurde von Spielern und Fans beinahe schicksalsergeben hingenommen. Denn mit der Verletzungsmisere sind in Dortmund alle Kriterien für Kritik dahin. In Dortmund, so scheint es gibt es für alles ein Alibi, alles wird entschuldigt (…) Den 500 nach Rostock gereisten BVB-Fans kam die zaghafte, planlose Auswärts-Spielweise der Dortmunder indes bekannt vor. Auch vor dem Ausbruch der Knie-Epidemie hatte das Team in vermeintlicher Bestbesetzung auswärts genauso gespielt. Zur allgemeinen Wahrnehmungstrübung wird am Dienstagabend wohl auch im Westfalenstadion beigetragen werden. Galatasaray Istanbul hat sich für sein Champions-League-Heimspiel gegen Juventus Turin ausgerechnet Dortmund ausgesucht, um dem Terrorrisiko in der Heimat auszuweichen. Es wird für die BVB-Fans etwas Surreales haben: Stell’ dir vor, es ist Champions League im vollen Westfalenstadion – und du darfst nicht mitspielen. Als ob die bisher schon verhängte Höchststrafe nicht ausgereicht hätte.“

Weiteres aus der Bundesliga

Richard Leipold (FAZ 2.12.) sieht Holger Fach, Trainer Mönchengladbachs, auf dem richtigen Weg: „Der 41 Jahre alte Fußball-Lehrer ist zwar erst seit zwei Monaten Bundesligatrainer, sieht dem Treffen mit den allseits bestaunten Schwaben aber so nüchtern entgegen, als hätte er Routine darin, solche Aufgaben zu erledigen. Er verspüre überhaupt keinen Druck, sagt Fach. Seine Mannschaft könne nur gewinnen, nicht aber Punkte gegen den Abstieg verlieren. Warum also Angst haben vor der aktuell besten deutschen Fußballmannschaft? Hohen Ansprüchen müsse an diesem Abend nur der Gegner genügen, sagt er, wir dagegen brauchen nur neunzig Minuten Fußball zu spielen.Nach seinem Dienstantritt als Nachfolger Ewald Lienens hatte Fach erkennen müssen, daß nicht jeder Knoten so leicht zu lösen ist wie ein akkurat gebundener Krawattenknoten. Aller Anfang war schwer, erst im siebten Spiel unter seiner Regie gelang der erste Sieg. Doch Sportdirektor Christian Hochstätter bescheinigte seinem Günstling Fach nach jedem Rückschlag, Leben in die Mannschaft gebracht zu haben, die unter dem Regiment des bisweilen sauertöpfisch wirkenden Lienen offenbar den Spaß an Arbeit, Sport und Spiel verloren hatte. Führungsfiguren wie der Schweizer Nationaltorwart Jörg Stiel und der von Lienen oft übergangene Mittelstürmer Arie van Lent bestätigen Hochstätters Einschätzung.“

Mit Bruchhagen gewinne der Club ein großes Stück Seriosität zurück

Thomas Kilchenstein (FR 29.11.) verbindet Hoffnung mit der Verpflichtung Heribert Bruchhagens durch Eintracht Frankfurt: „Am Donnerstag ist Bruchhagen bei seinem alten Arbeitgeber, der Deutschen Fußball-Liga, herzlich verabschiedet worden. Es gab ein paar Gläschen für alle und ein Präsent, eine Collage, für den scheidenden Geschäftsführer, und Bruchhagen will da im Frankfurter Stadtwald sogar ein paar traurige Gesichter ausgemacht haben, vor allem bei den Ladies. Anderntags, bei seinem neuen Arbeitgeber, der Eintracht Frankfurt Fußball-AG, hat er sich bei der offiziellen Präsentation draußen am Luftbrückendenkmal am Flughafen, neben der alten DC 3 gleich als neuer Mutmacher präsentiert. Uns braucht in Frankfurt nicht Angst und Bange zu werden, der Club liegt keinesfalls am Boden, Bruchhagen sagt ground of the bottom. Oh je, denkt man. Ansonsten aber geht er mit Anglizismen eher spärlich um. Dafür ist man ihm dankbar, mit dem häufigen Gebrauch der englischen Sprache hat man in Frankfurt so seine Erfahrungen gemacht, aber sonst hinterlässt der Oberstudienrat a.D., zweifache Familienvater, wohnhaft im Frankfurter Ebbelweiviertel, einen prima Eindruck. Der neue Vorstandsvorsitzende mit Stern (Aufsichtsratschef Herbert Becker) hat kein Akzeptanzproblem, mühelos streut er in seine (freie) Rede das jüngste Treffen bei Calmunds Hochzeit ein oder erzählt, dass er Thomas Röttgermann, den Geschäftsführer beim Stadion-Vermarkter Sportfive, noch aus der Zeit kenne, da er Stadionsprecher bei Preußen Münster war. So was hat man lange nicht gehört in Frankfurt. Mit Leuten, die bei den Großen am Tisch sitzen, war man bei der Eintracht in jüngster Vergangenheit nicht so gesegnet. Auch die Stadt Frankfurt und Sportfive haben diese Personalentscheidung, wie es heißt, mit großem Wohlwollen zur Kenntnis genommen. Tenor: Mit Bruchhagen, der Kompetenz im sportlichen wie wirtschaftlichen Bereich bündelt, gewinne der nicht sonderlich gut beleumundete Club ein großes Stück Seriosität zurück.“

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Das Recht muss seinen Gang haben, und sollt´ die Welt darob zu Grunde gehen: über die Nachspielzeit des Spiels HSV-FCB

Die Geschehnisse: Kurz vor Schluss der Partie zeigt der Schiedsrichterassistent – wie üblich – die Dauer der Nachspielzeit an: in diesem Fall drei Minuten. Unstrittig gilt als diesbezügliche Ursache das zeitverzögernde Spiel der Bayern. Insbesondere Oliver Kahn wurde in der zweiten Halbzeit des öfteren von Schiedsrichter Markus Merk ermahnt, nicht verwarnt. (Manche Befürworter der Nachspielzeit behaupten fälschlicherweise, diese sei durch die törichten „Bananenwürfe“ seitens der HSV-Fans in Richtung Bayern-Gehäuse im Vorfeld des Spiels begründet. Jedoch wurde erstens aus diesem Grund die Halbzeitpause verkürzt. Zweitens hatten diese Aktionen keinen Einfluss auf die tatsächliche Spielzeit.) Nun fällt in der 90. Spielminute das 1:0 für den HSV. Die Nachspielzeit ist somit hinfällig geworden. Warum soll ausgerechnet diejenige Mannschaft von einer solchen profitieren, die sie schuldhaft zu verantworten hat?! Man würde sie demzufolge für ein „Vergehen“ belohnen.

Folgt man trotz dieser Einwände dennoch Merks Auffassung (man könnte sie rechtspositivistisch nennen) konsequent, hätte er in der folgenden Zeit anders handeln müssen. Er entscheidet in der 93. Minute auf indirekten Freistoß für die Bayern, welcher jedoch durch die Verzögerungstaktiken der Hamburger erst in der 95. (!) Minute ausgeführt wird; mit dem bekannten Ergebnis. Mit einer kohärenten Rechtslogik hätte Merk die Ausführung dieses Freistoßes mit dem selben Argument verhindern müssen, mit dem er die vorherige Nachspielzeit begründete. Das Regelwerk sieht nämlich vor, dass nach Ablauf der Spielzeit lediglich ein Strafstoß zwingend auszuführen ist.

Zweifellos ist die letztgenannte Variante eine offensichtlich undenkbare und absurde. Jedoch ist sie im selben Maße ungerecht wie diejenige Merks: ein Mal Zeitschinderei belohnen, ein anderes Mal bestrafen.

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Teil 1 (11.01.): Sebastian Kehl

Mit „gedrechselten Formulierungen“ (Hans-Joachim Leyenberg FAZ 08.01.) habe sich der Jungnationalspieler Sebastian Kehl aus der Affäre ziehen wollen. „Ich habe mich davon überzeugt, dass Bayern München davon ausgehen konnte, dass eine Zusage zu meinem Wechsel nach München besteht. Ich habe Verständnis, wenn der FC Bayern München über meine Entscheidung, zu Borussia Dortmund zu wechseln, enttäuscht ist.“ (Kehl). Zwischen den Zeilen erkennt Leyenberg darin ein Eingeständnis des Ex-Freiburgers. Auch Gerhard Pietsch (Welt 09.01.) ärgert sich über diesen „Satz des Monats“, zu dem Kehl von seinen Anwälten gezwungen worden sei.

Unverständnis erweckte die lang anhaltende Weigerung Kehls, sich zu den Vorwürfen aus München zu äußern. Jochen Schlosser (Welt 18.12.) „drängt sich der Verdacht auf, dass Konsequenz nicht gerade der hervorstechende Charakterzug“ Kehls zu sein scheint. „Egal, was er sagt, man sollte es nicht ernst nehmen.“ Auch Raimund Witkop (FAZ 20.12.) kommt zum Schluss, Kehl sei „nicht ohne eigenes Zutun“ in diese Affäre gerutscht. Oliver Trust (Tagesspiegel 18.12.) hält fest, dass es dem 21-Jährigen dadurch gelungen sei, „sogar im beschaulichen Freiburg ein Durcheinander anzurichten“. Seiner Leistung und nicht zuletzt dem Verein SC Freiburg habe die Angelegenheit zuletzt ohnehin geschadet. „Ich hoffe auch in unserem Sinne, dass Sebastian sich jetzt äußert“, wurde der Freiburger Manager Rettig bereits im Dezember zitiert.

Auch wenn die Details der Verhandlungen zwischen Kehl und München nicht der Öffentlichkeit zugänglich sind (und niemals sein werden), sei davon auszugehen, dass der Spieler eine mündliche Zusage in irgendeiner Form getätigt hat. „Irgendetwas muss er im Mai ja auch zu Bayern-Manager Uli Hoeneß gesagt haben“ (Schlosser). Bayern-Anwalt Schickhardt sah zudem in der Einlösung des Schecks folglich eine „konkludente (rechtswirksam) Handlung“ des Spielers und eine Zusage, im nächsten Jahr die Farben der Bayern tragen zu wollen. So hält Oliver Trust (Tagesspiegel 22.12.) noch vor Kehls Zusage an Dortmund fest: „Kehl düpiert die Bayern“.

Mittlerweile scheint sich die allgemeine Auffassung durchgesetzt zu haben, es werde keine nachhaltige Belastung für seine Karriere entstehen. Offenbar lässt man mit einem 21-Jährigen Nachsicht walten. Kehl hat inzwischen eigene Fehler eingestanden und sein Bedauern über die entstandene Debatte ausgedrückt. „Es wäre besser gewesen, den Scheck nicht anzunehmen. Das Geld wurde auf einem gesonderten Konto verbucht und von meinem Vater verwaltet.“ Auch seine Erklärung, aus sportlichen Motiven heraus der Borussia den Vorzug gegeben zu haben, wird mittlerweile von der Fußballöffentlichkeit als nachvollziehbar und zumindest teilweise glaubhaft akzeptiert. Doch erst die Rückrunde wird zeigen, ob der Rummel Spuren hinterlassen hat.

Teil 2 (14.01.): Borussia Dortmund

Vereinzelte Kritik vernahm man über das Verhalten der Verantwortlichen von Borussia Dortmund. „Für einen Verführten bedarf es eines Verführers“ schreibt Hans-Joachim Leyenberg (FAZ 08.01.) und erkennt zwischen den Zeilen des Entschuldigungsschreiben Kehls Ansätze eines schlechten Gewissens der Dortmunder Führung. So müssen sich Manager Meier und Präsident Gerd Niebaum den Vorwurf gefallen lassen, Paragraphenreiterei betrieben zu haben. Statt in den mündlichen Vereinbarungen zwischen Kehl und Hoeneß gerechtfertigte Ansprüche der Bayern zu erkennen, haben die Juristen zunächst ausschließlich auf die Rechtslage des Verbands verwiesen. Der sieht nämlich vor, dass Verträge schriftlich zu vollziehen sind. Alexander Steudel (Welt 31.12.) hätte es lieber gesehen, wenn die Borussen den Bitten von Andreas Rettig, Manager seines damaligen Arbeitgebers SC Freiburg, rechtzeitig nachgekommen wären: „Dortmund soll dem Sebastian sagen, dass er sich nicht ganz sauber und elegant verhalten hat und dass es als erzieherische Maßnahme ein klärendes Gespräch mit Bayern geben sollte.“

In die Aufmerksamkeit der Kritik gerieten dabei zwei Aussagen des durch die Vorwürfe aus München gereizten Niebaum. „Immer wenn solches Geheul aus München kommt, bestätigt das, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“ Jochen Schlosser (Welt 18.12.) erkennt darin ein fragwürdiges Rechtsbewusstsein: „Gut ist, was andere als ungerecht empfinden? Schöne Moral.“ In einem Interview mit der FAZ (18.12.) verwies Niebaum Hoeneß in die Schranken, dem er im Siegesgefühl vorhielt, sich auf einer „Loser-Veranstaltung“ zu befinden. Offensichtlich erkannte er in der Angelegenheit auch eine prestigeträchtige Möglichkeit, den Ligagiganten aus dem Süden außerhalb des Spielfeldes zu besiegen. Dabei bemerkte er nicht immer, dass Kehl dadurch noch mehr zwischen die Mühlsteine der Vereine und der Medien geriet. dazu

Teil 3 (17.01.): Randfiguren

Der Transferstreit hat die Arbeitsweisen von Personen ans Tageslicht gebracht, welche gewöhnlich nicht die Aufmerksamkeit der Fußballöffentlichkeit genießen. Jörg Marwedel (SZ 21.12.) beschäftigt sich mit Franz Gerber, Funktionär des Zweitligisten Hannover 96 und als Berater von Sebastian Kehl an der Affäre direkt beteiligt. Nach seiner aktiven Stürmerzeit in den 70ern und 80ern (Hannover 96, FC Bayern, 1860 München, St. Pauli) – da er Reptilien als Haustiere hielt, kennt man ihn auch als „Schlangen-Franz“ – fungierte er an der Leine mal als Manager und mal als Trainer. Momentan könne man seine Aufgabe nicht exakt benennen. „Den Titel für mich muss man erst noch erfinden“ (Gerber). Bei den 96-Fans gelte er als Kultfigur, da er aus deren Sicht vor etwa einem halben Jahrzehnt maßgeblich dazu beigetragen hatte, den Verein aus den Niederungen der Drittklassigkeit zurück in den bezahlten Fußball zu führen. Seiner Verdienste und Popularität zum Trotz sei er den dortigen Verantwortlichen jedoch nur noch ein Dorn im Auge. Durch einseitige Spielerverträge habe er diesen nahe an den Konkurs gebracht. So provozierte er geradezu den damaligen Weggang seines Ziehsohnes Kehl aus Hannover, indem er eine Ausstiegsklausel in dessen Vertrag setzen ließ, die für den Fall einer Demission des damaligen Trainers Fanz eintreten sollte. In Anbetracht der Unberechenbarkeit des Trainergeschäfts eine in der Tat vereinsschädigende Handlung. Der SC Freiburg konnte im Anschluss an Fanz´ Entlassung Kehl für die lächerliche Summe von 200.000 DM verpflichten. Spekulationen zufolge soll Gerber beim Transfer des Hannoveraners Addo nach Dortmund gar in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. Des Weiteren erinnert Marwedel an Gerbers Engagement beim FC Gütersloh und TuS Celle, die seinen Aufschneidereien Lizenzentzug bzw Ruin zu verdanken hätten. „Irgendwo zwischen Vereinsinteressen, persönlichen Deals und Freundschaft“ (Marwedel) habe Gerber sich nun verheddert. Seine Beratertätigkeit in dieser Angelegenheit biete 96-Präsident Kind nun die Möglichkeit zur willkommenen Kündigung, weil Gerber dadurch vertragsbrüchig geworden sei. Seine Tage in Hannover scheinen gezählt.

Das Drama um Kehl öffnete auch den Vorhang für Juristen. Wer jedoch eine gehaltvolle Debatte rechtstheoretischen Zuschnitts erwartet hatte, musste sich enttäuscht sehen. Einen Mangel an Innovation glaubte wohl DFB-Chefankläger Horst Hilpert beheben zu können, als er bereits vor dem Ermittlungsverfahren über die seitens Bayern München geforderte Ablösesumme ebendiese öffentlich ankündigte, womit laut Alexander Steudel (Welt 31.12.) „interessanterweise das Urteil der Urteilsfindung vorausging“. Im Gegensatz dazu entsprach die Formulierung des DFB-Präsidenten Mayer-Vorfelder („wo kein Kläger, da kein Richter“), als er Vorwürfe gegen die Fristverletzungen der Münchner abwehrte, schon eher den landläufigen Gepflogenheiten sportpolitischer Argumentation in verzwickten Fragen. Christoph Schickhardt hingegen spürte in seiner Funktion als Bayern-Advokat wohl die Rückendeckung einer Großmacht, was ihn zu offensiver und kreativer Rechtsauslegung beflügelte. Dadurch musste er dauerhafte Medienpräsenz in Kauf nehmen. Ob er diese allerdings als einen hohen Preis empfand?

Teil 4 (21.01.): Uli Hoeneß

„Nach seinem sportlichen Triple reklamiert der FC Bayern München den inoffiziellen Titel des Hüters von Anstand und Moral, was besonders dann zum Tragen kommt, wenn jungen, hoffnungsvollen Nachwuchsspielern die Karriere vermasselt werden soll […] Ist der Fall des Freiburgers Kehl etwa so zu verstehen, dass in Bayern Handschlag-Verträge abgeschlossen werden, wenn die Regeln einen schriftlichen Vertrag noch nicht zulassen?“ Die Ausführungen der preisgekrönten Journalistin Evi Simeoni (FAZ 24.12.) beinhalten die beiden entscheidenden Vorhaltungen, an denen sich die vehemente Kritik an Bayern-Manager Uli Hoeneß durch nahezu alle überregionale Gazetten entfacht. Einerseits wirft man ihm einschüchterndes Drohgebaren vor, das darauf abziele, den Ruf des abtrünnigen Kehl nachhaltig zu schädigen. Andererseits kritisiert die Sportpresse die doppelzüngige Rechtsauffassung des Managers, welche er mit einer Moralhoheit zu verzieren gedenke, deren Ansprüche er allenfalls karikiere. (Zitate von Hoeneß zur Sache)

Zunächst stört man sich am Tonfall: Roland Zorn (FAZ 17.12.) spricht von „Jähzorn“, Matti Lieske (taz 19.12.) erkennt einen „verbalen Amoklauf […], der zeigt, dass die Bayern im Hochgefühl ihres Aufstiegs zur, wie sie glauben, weltbesten Mannschaft jegliche Bodenhaftung verloren haben.“ Michael Horeni (FAZ 17.12.) sieht die Aggressivität Hoeneß´ auch in der sportlichen Durststrecke begründet, denn „wie so häufig, wenn die Münchner Meister schwächeln, tönt und dröhnt es sachfremd aus dem Süden.“ Zu einem Gutteil dürfte dessen Attacke Ablenkungsmanöver von eigenen Niederlagen gewesen sein, seien es sportliche oder solche auf dem Transfermarkt. So interpretiert Jan Christian Müller (FR 17.12.) die Drohungen des Bayern-Managers – zu einem Zeitpunkt, da Kehls Wechsel nach Dortmund noch nicht feststand – als „rhetorische Vorbereitung der Niederlage im Vertragspoker“. Schließlich konnte Hoeneß eigenen Ambitionen nicht genügen: „Wenn wir einen Spieler unbedingt haben wollen, bekommen wir ihn auch.“ Folglich gerate er, so Cai Philippsen (FASo 16.12.), durch „die peinlichen Aufritte [in] die Rolle des schlechten Verlierers“. Doch Uli Hoeneß sei ein „Meister darin, Kummer in Aggression zu verwandeln“ (Lieske in taz 21.12.), nicht zuletzt um denjenigen zu diffamieren, der gegen seine Interessen handelt: „derzeit Sebastian Kehl, der einfach nicht zugeben will, dass es eine verbrecherische Schandtat war“(Lieske 21.12.), nicht an die Isar zu wechseln. Die beabsichtigte Signalwirkung sei klar: Wer sich mit Hoeneß anlegt, zieht den kürzeren! „Ein Dekret des DFB, dass jeder Nationalspieler, den sie haben wollen, auch zu ihnen kommen muss“ (Lieske 19.12.) erscheine daher den Bayern Herzenswunsch zu sein. „Alles zum Wohle des deutschen Fußballs, wie sich natürlich von selbst versteht.“

Substanzieller ist die Kritik an Hoeneß´ Rechtsempfinden und -kohärenz, zumal da die Transfersache Kehl im zeitlichen Kontext des kurz zuvor abgehandelten Deisler-Transfer steht. Schließlich waren erstens beide Vertragsschlüsse nicht rechtens, weil gegen die Fristregelungen der DFB-Statuten verstoßend, „und möglicherweise haben sich andere Vereine, denen Hoeneß jetzt wie im Falle der bösen Dortmunder `Tiefschlaf´ vorwirft, ja sogar daran gehalten“ (Lieske 19.12.). Zweitens sei die Praxis der Hangeld- und Vorauszahlungen bedenklich, da diese eine Wettbewerbsverzerrung darstellen könnten. Daher empfinden es viele Autoren als unverfroren, wenn der Schuldige mit seinem Finger auf andere zeigt und obendrein droht. Wurde Hoeneß Ende November (also vor der Kehl-Affäre) kritisch auf den Fall Deisler angesprochen, reagierte er auf den Vorwurf des Rechtsbruchs äußerst allergisch. Dabei verwies er auf die gängigen Usancen des Profigeschäfts, welches sich nicht durch rechtliche „Spitzfindigkeiten“ regeln lasse. Im Fall Kehl wiederum ist er derjenige, der auf Einhaltung (angeblich) geltenden Rechts pocht. „Verblüffend ist die verbale Verve, mit der Uli Hoeneß das moralisch fragwürdige Vorgehen seines Klubs in Transferdingen begleitet. Dass jemand, der Sebastian Deisler 20 Millionen Mark `Darlehen´ auf ein Geheimkonto überwies, um ihn Hertha BSC abspenstig zu machen, einen ähnlichen Betrag vermutlich an Leverkusens Ballack und eingestandene 1,5 Millionen an Kehl, anderen Vereinen vorwirft, mit Geld um sich zu schmeißen, ist eine große Dreistigkeit“ (Lieske 19.12.). Ähnlich argumentiert Philippsen: „Hoeneß scheint vergessen zu haben, dass er selbst mit allen Mitteln und Methoden um die Spieler der Zukunft und gegen andere Vereine kämpft. Wenn Hoeneß mit Handgeldern, Millionenschecks oder Darlehen wie ein Weihnachtsmann über die deutschen Fußballplätze reist, ist das alles andere als fair und entspricht zudem nicht einmal den Regeln des DFB. Gleichzeitig fordert Hoeneß von den rivalisierenden Klubs und den Profis selbst Fairplay.“

Als deplatziert wird Hoeneß´ gleichzeitiger Anspruch auf Moralhoheit empfunden, mit der er offenbar eigene Glaubwürdigkeit zu unterstreichen versuche. „Wir wollen die Moral in diesem Geschäft hochhalten“ wird Hoeneß zitiert und: „Ich bin einer der sozialsten Menschen, die ich kenne.“ „Warum denn von Moral sprechen, wenn nur an Erfolg gedacht wird“ fragt Horeni bezüglich solcher Aussagen, wonach Kehl labiler Charakter zu unterstellen sei. In der Tat handelt es sich bei demjenigen, der Kehl öffentlich der Lüge und der Abzockerei bezichtigte, um dieselbe Person, die ein paar Tage zuvor alle Transferverhandlungen wider besseren Wissens verneinte („Das ist erstunken und erlogen. Das ist absolut falsch. Es gibt überhaupt keine Vereinbarung.“). Dieses Muster – so lange wie möglich (mit Klagedrohungen) zu dementieren und so viel wie nötig zu bestätigen – war bereits im Fall Deisler zu beobachten. Zu dieser Strategie gehörte auch, die Vorauszahlungen an Deisler und Kehl als „Darlehen“ (ausschließlich der Bayern-treue kicker übernimmt diese fragwürdige Bezeichnung ohne Anführungszeichen) zu deklarieren. Diese Vertuschungsmanöver lassen zweifelsfrei ein Schuldbewusstsein eigenen Handlungen gegenüber erkennen. Lieske (19.12.) erstaunt es zudem, „wie schnell das angebliche Darlehen zur bindenden Bezahlung mutiert“, ist das „Recht der Rückzahlung“ eigentlich integraler Bestandteil eines solchen. Alles in allem ist es Uli Hoeneß offenbar misslungen, sich als moralischer Sieger zu verkaufen, oder wie Zorn es formuliert: „Die Charakterfrage darf in der Bundesliga kaum noch jemand stellen. Vor allem nicht diejenigen, die am lautesten darüber reden.“

Teil 5 und letzter Teil (23.01.02): Bundesliga

Einen „Imageschaden für die Bundesliga“ habe die Transferaffäre Kehl mit sich gebracht, schreibt Bereis Bossmann (Welt 08.01.). Einen Verlust an Glaubwürdigkeit attestiert Achim Dress (FAZOnline 13.12.) dem Genre. Zwar kenne man das prestigeträchtige Wettbieten der beiden Bundesligariesen aus der Vergangenheit. Dortmund und Bayern stritten bereits um die Spieler Pizarro Thiam, Rosicky, Sergio und Wörns wie um „die eierlegende Wollmilchsau“ (Ralf Wiegand in SZ 15./16.12.). Jedoch habe der Grad an öffentlicher Transparenz einer Karriereplanung ein neues und bedenkliches Höchstmaß erreicht. „Da kommt die Einsicht des Münchner Vorstands Rummenigge wohl zu spät, wenn er bedauert, dass der Streit um Kehl zwischen Bayern und Dortmund etwas mehr über das Geschäftsgebaren der Bundesliga verrät als für deren Ansehen gut ist“ (Philipp Selldorf in SZ 20.12.). Er hatte angekündigt, in Zukunft auf Vorauszahlungen zu verzichten. „Die Bayern sorgen sich um ihren Ruf, und das zu Recht“ hält Bossmann (Welt 16.01.) fest. Die Schuld an der Angelegenheit, so Rummenigge, trage übrigens der Bankangestellte, durch dessen Indiskretion die Zahlungen erst öffentlich wurden. „Auch eine Sicht der Dinge“ (Wolfgang Hettfleisch u Jan Christian Müller in FR 16.01.). „Schon lange halten sich die Klubs nicht mehr an die in den Statuten des DFB festgeschriebenen Frist von sechs Monaten vor Vertragsablauf“ (Bossmann), was auch BVB-Präsident Niebaum bejaht. Daher kritisiert man sowohl das Saubermann-Image der Dortmunder als auch (und viel mehr) die Moralkeule von Uli Hoeneß. „Moral und Geschäft, das verträgt sich im Fußball immer weniger“ findet daher Roland Zorn (FAZ 17.12.). Darüber hinaus hätte eine inzwischen abgewendete juristische Auseinandersetzung – wie ursprünglich von Hoeneß gefordert – wohl noch mehr ans Tageslicht gebracht. „Interessant wäre das schon, denn dann erführe man bestimmt noch eine Menge mehr über die Transfergebräuche in der Bundesliga“ (Michael Horeni in FAZ 17.12.).

„Der Transferbereich scheint zur rechtsfreien Zone zu verkommen“ (Bossmann 08.01.), „in der Fristen, Statuten und Verträge nichts mehr wert sind“ (Bossmann 16.01.). Dem DFB, der DFL und deren Funktionären jedoch hat der Fall Kehl wieder einmal eigene Machtlosigkeit vorgeführt. Zum einen werden zum Schein Ermittlungsverfahren eingeleitet und nach kurzer Zeit ergebnislos eingestellt. Die nach DFB-Statuten rechtswidrigen Fristverletzungen der Bayern (und wohl auch der Dortmunder) wehrte der DFL-Kontrollausschussvorsitzende Hilpert leisetreterisch mit dem Hinweis ab, es handle sich um einen Verstoß gegen einen Paragraphen, dessen Gültigkeit in der nächsten Saison sowieso abgeschafft werde. „Fakt ist: Als die Bayern mit ihren Millionen um sich warfen, war die Bestimmung voll gültig“ schreibt Matti Lieske (taz 19.12.) und erinnert an die drastischen Strafen gegen Spieler und Funktionäre, wie sie in der amerikanischen Basketballliga NBA gegen derartige Regelverstöße üblich seien. „Wo kein Kläger, da kein Richter!“ sagt jedoch DFB-Präsident Mayer-Vorfelder. „Wie auch, wenn der DFB darauf verzichtet, seine eigenen Regeln anzuwenden“ (Lieske). Zum andern muss sich DFL-Geschäftsführer Heribert Bruchhagen von Uli Hoeneß für seine Bedenken maßregeln lassen (UH: „der soll sich lieber in sein Kämmerlein einschließen“), die er gegenüber den weit vor Vertragsbeginn geleisteten Vorauszahlungen an Spieler von Konkurrenzvereinen äußerte. Bruchhagen hatte sich den Auslegungen von BVB-Manager Meier angeschlossen und diese Praxis als Vorstufe von Wettbewerbsverzerrung gedeutet. „Als Aussage der DFL, so musste Bruchhagen lernen, hat das die Bayern nicht gejuckt“ (Hettfleisch Müller). Doch: „Wo von einem regulären Wettbewerb nicht mehr die Rede sein kann, verliert auch der Zuschauer schnell das Interesse“ sorgt sich Bossmann (16.01.).

„Der schnöde Mammon versaut nicht nur labile Menschen, sondern auch Deutschlands Hoffnungen auf eine bessere Fußball-Zukunft“ ironisiert Thomas Lötz (SpiegelOnline 16.12.). Ernsthaftere Bedenken meldet Wiegand an: „Wenn also die angeblich wichtigsten Spieler dieser Liga, nämlich die deutschen Talente, noch immer so schlecht beraten sind, dass sich Kehl zielsicher zwischen alle Stühle setzen konnte, wenn zudem die beiden Ligagrößen BVB und FCB öffentlich zocken – dann sollte diese Liga bitte nie mehr über die Entwicklung auf dem Transfermarkt jammern“, beispielsweise über „italienische Methoden“, wie BVB-Manager Meier im Transferstreit mit Schalke 04 um den Dänen Christian Poulsen. „Italienische Verhältnisse? Frechheit, werden die Italiener sagen“ (Selldorf).

Bundesliga

Deislers Spießrautenlauf verhindert

Der Tagesspiegel (4.4.) ist von der Wirkung des Interviews überzeugt, das er einen Tag zuvor veröffentlichte. „Manager Dieter Hoeneß widersprach am Donnerstag vehement. Er sei mit Deisler und dessen Berater Jörg Neubauer „zu der gemeinsamen Überzeugung gekommen, dass es für Verein und Spieler das Beste ist, die Entscheidung über den Wechsel erst nach der Winterpause bekannt zu geben“. Sonst hätte Deisler bei jedem Fehlpass und bei jeder misslungenen Aktion bei den Fans ein Spießrutenlaufen erlebt. Davor habe man ihn schützen wollen. Außerdem habe er, Hoeneß, noch „die minimale Hoffnung gehabt, dass wir ihn vielleicht noch bewegen können, bei Hertha BSC zu bleiben“. Doch mit dem Bekanntwerden der 20-Millionen-Mark-Überweisung durch den FC Bayern auf das Konto Deislers sei die Hoffnung zerschlagen worden. „Hätte ich von diesem Scheck vorher gewusst, hätte ich entschieden dafür plädiert, den Wechsel sofort bekannt zu geben und ihn auch sofort zu vollziehen“, sagte Hoeneß. Da Deisler zu jenem Zeitpunkt verletzt war, sei ein sofortiger Transfer nach München jedoch nicht in Frage gekommen.“

Wie, Deisler schwanger?

Die 11 Freunde meinen dazu. „Sebastian Deisler kannten wir bislang als zurückhaltenden jungen Mann mit Hang zur Stoik. Und es hätte uns nicht überrascht, würde Deisler noch jeden Morgen von Mutti in die Strumpfhose geschüttelt und mit ordentlich geschmierten Butterstullen für die große Pause versorgt. Nun aber das: Mich führt keiner an der Leine, verriet er dem Tagesspiegel in einem Interview, das er zur Abrechnung mit alten Spielgefährten in Berlin nutzte. Schon die ersten Sätze weckten Erwartungen: Es gibt da etwas in mir, das ich herumschleppe, was in mir ist. Und das ich endlich loswerden möchte, weil es nicht meins ist. Seit eineinhalb Jahren habe ich versucht die Sache in mir zu tragen. Jetzt muss sie raus, weil der Druck zu groß ist. Wie, Deisler schwanger? Und so lange schon? fragt sich der konsternierte Leser. Nein, es ist mehr, sagt Basti und dann bricht es aus ihm heraus. Wie er Hertha BSC damals mitteilte, dass er nach München gehen werde. Wie die Vereinsführung ihm ein Schweigegelübde zu dem Thema abnötigte. Und wie die Fragen der Öffentlichkeit immer bohrender wurden. Jeden Tag, wirklich jeden Tag, standen die Journalisten vor der Kabine und stellten ihre Fragen. Verstehen Sie, jeden Tag Kameras, Mikrofone, Notizblöcke – jeden Tag! Ein Martyrium zweifelsohne, aber Deisler wäre nicht Deisler, würde er nicht auch diese Bürde zu tragen wissen: Je größer die Herausforderung, desto größer ist der persönliche Sieg. Das klingt ziemlich erwachsen doch wir bleiben skeptisch. Erinnern wir uns doch noch gut an den festen Vorsatz Deislers, nicht mehr Basti genannt werden zu wollen. Um ein paar Tage später einen Werbespot zu präsentieren, in dem Deisler ebenfalls vorkam. Als was? Als Basti Fantasti natürlich.”

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Internationaler Fußball

Mario Basler nach Katar

Gedanklich begleitet Christian Zaschke (SZ 17.4.) Mario Basler nach Katar. „Wenn es dämmert im fernen Katar, erhebt sich die Sandfliege vom Wüstenboden und summt durch die Luft. Manchmal verlässt sie die Höhe, geht in den Sturzflug und sticht am Ende des berauschenden Falls einen Menschen. Zum Beispiel einen Fußballer (…) Es ist an dieser Stelle unsere Pflicht, die Sandfliege zu warnen: Alkoholische Getränke, liebe Fliege, kanntest Du bislang nicht, denn diese sind in Katar strengstens verboten. Es kann die Todesstrafe verhängt werden. Koste, liebe Fliege, vom Blute mancher Fußballer nur mäßig. Zudem müssen wir eine Bitte an die katarischen Offiziellen richten: Gehen Sie diskreter vor beim Anwerben. Sonst steht bald der komplette FC Bayern vor der Tür und will mitspielen, weil ihn in Europa keiner mehr mag. An dessen dickem Fell würden die Stachel auch der erfahrensten Sandfliegen zerbrechen.“

Sieg der Ratio

Stefan Osterhaus (BLZ17.4.) meint dazu. „Basler im Scheichtum, das ist keine Lachnummer, das ist bitterer Ernst. Denn der Vorfall dokumentiert Baslers Wandlung zum Vernunftmenschen. Der Kicker geht, weil er zurückkehren will – in offizieller Funktion, vielleicht als Assistenztrainer des 1. FC Kaiserslautern. So gibt sich Basler selbst gegenüber jenen ohne Groll, die auf ihn verzichten wollen. Trainer Erik Gerets, der ihn aussortiert hat, weil er nicht mehr in das Konzept passt, wird gerühmt: Er hat alles richtig gemacht. Wie hätte Mario Basler wohl vor ein paar Jahren geklungen? Verbundenheit zum Klub demonstriert er unablässig: Nicht Mario Basler ist wichtig, sondern nur der FCK. So hält er sich alle Türen auf, so bereitet er unauffällig seine Wiederkehr vor. Der späte Basler, ein Stratege, ein Taktiker. Eine Überraschung allemal, doch vielleicht sogar ein Sieg der Ratio.“

Basler gut gelaunt nach Katar Tsp

Du darfst dich nicht wundern, wenn nicht alle kommen

„Der Golfstaat Katar will seinen Fußballclubs mit abgehalfterten Stars aus Europa mehr Glanz verleihen. Neben Stefan Effenberg ködern die Scheichs auch Andreas Möller und Thomas Häßler mit Millionengagen. Sportlich bringt die Operettenliga erfolgsorientierten Profis jedoch eher Verdruss“, schreibt Michael Wulzinger (Der Spiegel 14.4.). „Als Refugium für etwas fußlahm gewordene Altstars lockt der Wüstenstaat schon seit mehreren Jahren. Der Ghanaer Anthony Yeboah etwa kickte bis vorigen Mai noch einige Monate für den Club al-Ittihad, nachdem der Hamburger SV den Stürmer ausgemustert hatte. Die schillernden Figuren der laufenden Spielzeit kommen aus Brasilien: Paulo Sergio, 33, als Angreifer einst eine Attraktion bei Bayer Leverkusen und Bayern München, sowie dessen exzentrischer Landsmann Romário, 37. So heftig wie in diesem Frühjahr indes hat das Fußball-Entwicklungsland am Persischen Golf, wegen seiner gigantischen Öl- und Gasvorkommen eine der reichsten Nationen der Welt, niemals zuvor um abgetakelte Idole aus Europa gebuhlt. Die Gelegenheit ist günstig: Weil die Vereine in England, Italien, Spanien und Deutschland ihre Kader wegen der sinkenden TV-Einnahmen dringend verkleinern müssen, verweigern etliche Clubbosse den verhätschelten Spielern jäh die Privilegien. In Katar dagegen soll für die Verschmähten alles so sein wie bisher. Das Scheichtum, flächenmäßig gut halb so groß wie Hessen, will nach Südkorea, Japan und Iran die vierte Kraft im asiatischen Fußball werden, was für die Qualifikation zur WM 2006 in Deutschland ausreichen würde – und die Mittdreißiger aus der Alten Welt sollen, so erhoffen es sich die Scheichs, der darbenden Liga die nötigen Impulse verleihen (…) Ob die Petrodollar der Scheichs das Niveau des Fußballs in Katar tatsächlich anheben, ist jedoch zweifelhaft. Bislang gilt die Meisterschaft als eher clowneske Veranstaltung. Der Brasilianer Romário etwa, im Winter für die Rekordgage von 2,6 Millionen Dollar verpflichtet, trat in den Partien für seinen Club al-Sadd derart lustlos auf, dass Beobachter ihn bereits nach wenigen Wochen als Belastung für alle Mitspieler empfanden. Mehr noch: Von Beginn an fehlte der Stürmer, der mit Vorliebe in einem Ferrari über die buckligen Pisten des Scheichtums prescht, immer wieder beim Training. Vorige Woche schließlich waren die Club-Oberen die Macken des schwer integrierbaren Kickers leid. Sie schmissen den Südamerikaner aus dem Kader. Obwohl wegen der immensen Hitze generell erst in den Abendstunden trainiert wird, gilt auch der Arbeitseifer der einheimischen Durchschnittsfußballer als nicht besonders ausgeprägt. Du darfst dich nicht wundern, wenn nicht alle kommen, erinnert sich Yeboah, und wenn ein Spiel verloren wird, interessiert das keinen. Der tunesische Ex-Nationalspieler Zoubaier Baya, der einst beim SC Freiburg unter Vertrag stand und der Ende vergangenen Jahres von Beziktaz Istanbul zum katarischen Club al-Arabi wechselte, zeigte sich schnell genervt von der laschen Einstellung seiner Teamgefährten. Als zu den Trainingseinheiten mehrfach nur zwei seiner Mitspieler kamen, zahlte er dem Verein sein Handgeld zurück und verließ noch vor Weihnachten das Land.“

Gewinnspiel für Experten

Am Grünen Tisch

Chancen und Risiken: Globalisierung und Industrialisierung des Fußballs

Globalisierung und Industrialisierung des Fußballs bieten Chancen (NZZ) und Risiken (Zeit) – U21-EM steht bevor u.a.

Chinesen erkennen, dass sie nur einträgliche Kunden sind

Sehr lesenswert! Ilja Kaenzig Tor-Kristian Karlsen (NZZ 12.2.), Offizielle Bayer Leverkusens, erkunden differenziert den asiatischen Markt: „Der Fall traditioneller Sprach- und Kommunikationsbarrieren eröffnet avantgardistisch und modern denkenden Fussballvereinen ungeahnte Möglichkeiten. Wo sich früher die Anhänger auf die Nachbarschaft oder, im Falle europäischer Grossklubs, auf das eigene Heimatland beschränkt haben, interessiert sich jetzt das Publikum weit über enge Grenzen hinaus. „Die Welt ist kleiner geworden.“ Das Klischee trifft wie nie zuvor auf den Fussball zu. Denn Satellitenfernsehen und Internet gehören zu den täglichen Kommunikationswerkzeugen, sie ermöglichen, fast jede beliebige Mannschaft auf der Welt verfolgen zu können. Unabhängig von der geographischen Lage und bequem vom Sofa oder Bürosessel aus. Das Globalisierungskonzept der beliebtesten Sportart kann indes wegen der unterschiedlichen Märkte nicht auf einem bestimmten Modell oder einer bestimmten Theorie basieren. Wenn europäische Klubs von einer „Asien-Strategie“ sprechen, ist dies ignorant und naiv. Es ist offensichtlich, dass für jedes Volk ein eigenes, national angepasstes Konzept entwickelt werden muss, erstellt nach gründlichem Studium der Gegebenheiten vor Ort. Das Erfolgsgeheimnis lautet deshalb Kreativität, und „Globalisierung“ oder „Markterschliessung“ muss nicht zwangsläufig nur das Verschiffen von Merchandising-Produkten, die Verpflichtung prominenter ausländischer Spieler oder die Lancierung teurer Marketingkampagnen bedeuten. Vielmehr ist das Interesse potenzieller Kunden zu wecken und zu lenken, die noch nicht als Fussballfans identifiziert worden sind. Und wie in jeder Geschäftsbeziehung bedeutet ehrliches Interesse auch Respekt. Ein Versuch, bei der Erschliessung eines Marktes einzig möglichst schnell viel Geld zu verdienen, wird früher oder später von der Öffentlichkeit erkannt. Fussballfans verlangen ein kundenorientiertes Verhalten und sind nicht mehr bereit, allen Marketingmassnahmen zu folgen (…) Nach Japan wurde China von der europäischen Marketingoffensive erfasst. Obwohl westliche Vereine das Riesenreich seit Mitte der achtziger Jahre besuchen und mehr als ein Dutzend chinesischer Spieler das Glück in Europa schon Ende der neunziger Jahre gesucht haben, wurde das bisher beste Geschäft erst letzten Sommer vom Everton FC gemacht. Durch die Verpflichtung des chinesischen Nationalspielers Li Tie (und seines Kompatrioten Li Weifeng, der nach nur einem Spiel wieder nach China zurückgeschickt wurde) auf Leihbasis für ein Jahr konnten die Liverpooler lukrative Trikotwerbung mit dem chinesischen Mobiltelefonhersteller Kejian abschliessen. Dieser Vertrag im Wert von rund einer Million Pfund jährlich erzeugte eine Win-Win- Situation. Fortan wurden nämlich die Spiele Evertons in China übertragen, wo das in englischer und chinesischer Sprache auf die Trikots gedruckte Firmenlogo sozusagen über Nacht Kejian bekannt machte. Die Partnerschaft erwies sich sogar als derart lukrativ, dass der Mobiltelefonhersteller die definitive Verpflichtung von Li Tie durch Everton mitfinanzieren half. Dennoch kann die Strategie für China nicht dieselbe wie für Japan sein. Ein schwacher Absatzmarkt für Trikots (wegen zahlreicher Fälschungen) und bürokratische Einfuhrbestimmungen machen den Verkauf von offizieller Klubkleidung und anderen originalen Souvenirs zu einer äusserst komplizierten Angelegenheit. 150 Franken im Monat gelten in China als guter Lohn. Eine chinesische Familie müsste folglich im Durchschnitt ein halbes Monatseinkommen für ein Fussballleibchen hinblättern. Der Everton FC und sein Ausrüster planen daher, eine dem chinesischen Markt angepasste Preispolitik einzuführen. Zudem sind Einnahmen aus dem Fremdenverkehr im Heimatland des europäischen Vereins aufgrund vieler Ausreise- und Visabeschränkungen und zu hoher Reisekosten für chinesische Bürger noch sehr marginal. Mit ungefähr 280 Millionen Mobiltelefonbenutzern stellt China indessen einen gigantischen Markt für SMS- und MMS-Dienste dar. Auch bietet die Internettechnologie weitere Optionen. Evertons Website in Mandarin wird täglich rund 500000-mal besucht. Und bei 100 Millionen chinesischen „Surfern“ erscheint der Verkauf von Internet-Mitgliedschaften und Onlinediensten exklusiv für dieses Segment als besonders lukrativ. Vermengt mit dem riesigen Fussballinteresse in China, glauben immer mehr europäische Klubs, dass das Geld in diesem Markt tatsächlich auf der Strasse liege. Doch mit dem Ausbau der Kommunikationsmöglichkeiten beginnen die Chinesen zu erkennen, dass sie in den Augen der Westeuropäer nur einträgliche Kunden sind. Die Verpflichtung eines chinesischen Spielers, der einzig auf der Ersatzbank Platz nehmen darf, dürfte diesen Eindruck sicherlich verstärken.“

Die Vielfalt der Welt ist dabei, dem Zwang zur Uniformität zu unterliegen

Moderne Zeiten – Eduardo Galeano (Zeit 12.2.), uruguayischer Schriftsteller, beklagt die Industrialisierung des Fußballs: “Vor anderthalb Jahren wurden zwei Fußballweltmeisterschaften gespielt. Bei einer davon spielten Sportler aus Fleisch und Blut. Bei der anderen spielten zur selben Zeit Roboter. Im japanischen Hafen Fukuoka, der Küste Koreas gegenüber gelegen, kämpften die Mannschaften um den Robocup 2002. Jedes Jahr gibt es, an jeweils unterschiedlichen Orten, ein solches Turnier. Die Organisatoren hegen die Hoffnung, irgendwann einmal gegen wirkliche Mannschaften anzutreten. Immerhin hat, so sagen sie, schon einmal ein Computer den Großmeister Garri Kasparow auf dem Schachbrett besiegt, und sie können sich leicht vorstellen, dass die mechanischen Athleten Ähnliches auf dem Fußballplatz vollbringen könnten. Die von Ingenieuren gebauten Roboter sind stark in der Verteidigung und schnell und schussstark im Angriff. Sie ermüden nicht und klagen nie, kein Roboter ist je auf dem Spielfeld tot umgefallen. Und sie tändeln nicht lange mit dem Ball herum: Ohne zu murren, führen sie die Befehle des Trainers aus, und niemals begehen sie den Wahnsinn zu glauben, dass Fußballspieler zum Spielen da seien. Was ist der größte Traum der Unternehmer, der Technokraten, der Bürokraten und der Ideologen der Fußballindustrie? In ihrem Traum, dem die Realität immer mehr gleicht, machen die Spieler es den Robotern nach. Als trauriges Zeichen der Zeit heiligt das 21. Jahrhundert das Mittelmaß im Namen der Effizienz, und es opfert die Freiheit auf den Altären des Erfolgs. „Man verdient nicht so viel, weil man es wert ist, sondern man ist das wert, was man verdient“, hatte vor ein paar Jahren der politische Philosoph Cornelius Castoriadis festgestellt. Er meinte damit zwar nicht den Fußball, aber es hätte gut sein können. Es ist verboten, Zeit zu verlieren, und verboten, zu verlieren: Arbeit geworden, den Gesetzen der Rentabilität unterworfen, hört das Spiel auf, Spiel zu sein. Immer mehr scheint der Profifußball, wie alles andere, von der VFS regiert zu werden, der Vereinigung der Feinde der Schönheit, dieser mächtigen Organisation, die es zwar nicht gibt, die aber dennoch seine Geschicke bestimmt. Ignacio Salvatierra, ein zu Unrecht unbekannter Schiedsrichter, hat es verdient, heilig gesprochen zu werden. Er hat Zeugnis abgelegt vom neuen Glauben. Vor sieben Jahren trieb er in der bolivianischen Stadt Trinidad den Teufel der Fantasie aus. Schiedsrichter Salvatierra stellte den Spieler Abel Vaca Saucedo vom Platz. Er zeigte ihm die Rote Karte, „damit er lernt, Fußball ernst zu nehmen“. Vaca Saucedo hatte ein unverzeihliches Tor verbrochen. Er spielte, in einem entfesselten Wirbel von Dribblings, Selbstvorlagen, Kopfbällen und Hackentricks, die gesamte gegnerische Mannschaft aus und zelebrierte den Höhepunkt seiner Orgie mit dem Rücken zum Tor, indem er den Ball mit einem sicheren Stoß seines Hinterns ins Toreck drückte. Gehorsam, Schnelligkeit, Kraft und ja keine Kapriolen – das ist die Schablone, die die Globalisierung aufzwingt. In Serie wird ein Fußball produziert, der kälter ist als ein Kühlschrank. Und unerbittlicher als eine Häckselmaschine. Den Zahlen nach, die France Football veröffentlicht hat, ist die durchschnittliche Halbwertszeit der Profifußballer in den letzten 20 Jahren um die Hälfte gesunken. Der Durchschnitt, der einmal bei zwölf Jahren lag, liegt jetzt bei sechs Jahren. Die Fußballarbeiter geben immer mehr und halten immer kürzer. (…) Die Vielfalt der Welt ist dabei, dem Zwang zur Uniformität zu unterliegen. Dem industriellen Fußball, den das Fernsehen zum lukrativsten Massenspektakel gemacht hat, ist ein Einheitsschema aufgezwungen worden, so wie es mit jenen Gesichtern geschieht, die nach mehreren Schönheitsoperationen zu gleichförmigen Masken werden. Angeblich ist diese Langeweile der Fortschritt, doch der Historiker Arnold Toynbee war durch viele Vergangenheiten gegangen, als er feststellte: „Das beharrlichste Merkmal im Niedergang befindlicher Zivilisationen ist ihre Tendenz zur Standardisierung und Uniformität.“ Der Profifußball übt eine Diktatur aus. Die Spieler können keinen Muckser machen im despotischen Reich der Herren des Balles, die von ihrer Fifa-Burg aus regieren und rauben. Die absolute Macht rechtfertigt sich selbst durch die Gewohnheit: Es ist so, weil es so sein muss, und es muss so sein, weil es so ist.“

Michael Ashelm (FAZ 12.2.) schreibt über die bevorstehende U21-EM: „Stielike steht vor einer schwierigen Mission. Einerseits soll er die plötzlich hochgeschossenen Erwartungen des DFB erfüllen, also die Mannschaft zum EM-Titel oder mindestens nach Athen führen. Andererseits muß er enorme Rücksicht auf die A-Nationalmannschaft und Völler nehmen, der ihm im Hinblick auf das große EM-Turnier in Portugal einen Spieler nach dem anderen wegnominiert. Nach Kevin Kuranyi und Andreas Hinkel, die Stielike sowieso schon vom Zettel gestrichen hat, gibt es neue Begehrlichkeiten des Teamchefs Richtung Philipp Lahm und Benjamin Lauth. Daß Spieler bei beiden Europameisterschaften aktiv werden und dann noch das olympische Turnier im August bestreiten, schließt Stielike zwar aus. Dennoch pocht er auf das Entgegenkommen aller Parteien und bekommt Rückhalt vom DFB-Präsidenten, der nach der Auslosung die Ligaklubs indirekt zur Zusammenarbeit aufforderte – noch freundlich. Es ist wichtig, mit welcher Aufstellung die U21 auflaufen wird, sagt Mayer-Vorfelder. Mit Blick auf die alles überstrahlende WM 2006 ist der DFB bemüht, sportlich positive Schlagzeilen zu schreiben und das Land mit allen möglichen Mitteln in Fußballfieber zu versetzen. Hinzu kommt, daß man endlich das schlechte Image einer unzureichenden Nachwuchsarbeit loswerden will; vor 16 Jahren hatte eine deutsche Elf zuletzt an Olympia teilgenommen. Was würde also den Funktionären besser passen, als Siege mit den Jungprofis bei EM und Olympia. Der Verband investiert als Ausrichter viel Geld, damit der EM-Ball in Mainz, Mannheim, Oberhausen und Bochum (Finale) rollt. Gewinn ist mit dieser Veranstaltung nicht zu machen, wie Turnierdirektor Bernd Barutta mitteilte. Dafür hofft man auf gute Stimmung. Außerdem spielen Stielikes Jungspunde für das DFB-Marketing, dem in seinem Werbeportfolio noch der Großsponsor für den gesamten Nachwuchsbereich fehlt. Doch um diese Ziele zu erreichen, braucht man eine schlagkräftige Elf und verständige Bundesligatrainer. Die ersten zeigen sich aber schon abwehrend, zumindest was eine Teilnahme an Olympia während der Saison im August angeht. Wie Felix Magath, der dann möglicherweise auf vier Profis verzichten müßte. Zwar will sich Mayer-Vorfelder in diesem Fall für Spielverlegungen stark machen, doch dem traut Magath nicht. Wir dürfen doch nicht dafür bestraft werden, daß wir gute junge Spieler haben, sagt er. Für viel Zündstoff ist gesorgt.“

„Italienische Klubs im Visier der Finanzpolizei“ NZZ

Ballschrank

Italienische Reaktionen

Pressestimmen zum Spiel Japan-Türkei (0:1)

Pressestimmen zum Tode Fritz Walters

„In breiterer kontinentaler Zusammensetzung als je zuvor“ (NZZ) tritt man in die Turnierphase der letzten Acht. Zum ersten mal in der 72-jährigen WM-Geschichte wird ein Viertelfinale ausgetragen, in dem fünf der sechs Konföderationen (alle außer Ozeanien) vertreten sind, woraus ein „schön koloriertes Bild“ (NZZ) resultiert. „Europas Vorherrschaft bröckelt“ (NZZ).

Die Italiener trifft es doppelt hart. Zum ersten müssen sie nach einer hochdramatischen 1:2-Niederlage gegen Gastgeber Südkorea die Heimreise antreten, nach dem ihnen in der Verlängerung erneut ein Treffer wegen angeblicher Abseitsstellung verwehrt wurde – zum vierten Mal während des Turnierverlaufs. Dementsprechend heftig fallen die Reaktionen im Land in Form von massiver Schiedsrichterkritik sowie Verschwörungstheorien aus. Nach Auffassung der NZZ ist der Ärger angesichts der „anhaltenden Benachteiligung der Italiener“ und einer „geballten Ladung Widerwärtigkeiten“ durchaus verständlich. Zum zweiten – das wird die Tiffosi gewiss weit weniger treffen – ist die Spielweise Italiens hierzulande oft einem einseitigen Urteil ausgesetzt, das ihm nicht oder nur zum Teil gerecht wird. Die Palette reicht von „zu routiniert und zu kühl“ bis zu „zynisches und pur defensiv“ (FAZ). Dabei wird freilich übersehen, dass die Squadra Azzura an zwei Matches beteiligt war, die als offener Schlagabtausch zu beschreiben und zweifellos zu den Highlights dieser WM zu zählen sind: das Vorrundenduell gegen Mexiko und eben jenes atemberaubende Achtelfinale gegen die Koreaner, in denen (auch) die Italiener zahlreiche Einschussmöglichkeiten besaßen und selbst noch in Unterzahl die Entscheidung suchten.

Felix Reidhaar (NZZ 19.6.) macht „Bestandsaufnahme“. „Der sensationelle Eröffnungssieg der Schwarzafrikaner gegen den Weltmeister, die verblüffenden Leistungen der Teams aus dem mittel- und nordamerikanischen Raum sowie der spritzig-frische Elan der Mannschaften aus den beiden Gastgeberländern inspirierten die Veranstaltung. Ungleich mehr jedenfalls, als es viele der häufig genannten Favoriten in ihrem ermüdeten wie gesättigten Zustand offensichtlich imstande waren (…) Die Europäer wurden schmerzhaft gerupft und noch auf ein Quartett gestutzt. So wenige hatten sich letztmals 1970 in Mexiko für die Viertelfinals qualifiziert, an den Endrunden der letzten 20 Jahre rückten jeweils zwischen fünf und sieben (1998) in dieses Stadium vor und demonstrierten so ihren unbeeinträchtigten Führungsanspruch (…) Man kann das durchaus als sportpolitischen Triumph der seit einem Vierteljahrhundert anhaltenden Entwicklungsarbeit der Fifa bewerten; auf jeden Fall ist diese Ausgleichung Ausdruck der Globalisierung des Fußballspiels nun auch auf höchster Ebene. Ein Glück für diesen Sport, möchte man beifügen (…) Man kommt in einer Zwischenbilanz aber trotz dem erfreulichen Aufstand der Hungrigen gegen das Establishment nicht umhin, einen Schwachpunkt des World Cup anzutippen. Die Spielleitungen sind bedauerlicherweise – man muss diese Pauschalisierung wählen – nicht besser geworden.“

Zum Imagewandel der deutschen Elf bemerkt Ludger Schulze (SZ 19.6.). „Die Mannschaft, die zur WM nach Asien reiste, wurde chronisch unterschätzt. Beim Abflug nach Japan hätte man am liebsten jedem Einzelnen sanft über den Kopf gestreichelt und tröstende Worte zugesprochen: Keine Angst, Jungs, wird schon nicht so schlimm. Inzwischen ist wegen des unerwarteten Erfolgs aus dem Mitleid wieder das gewohnte Muster der Antipathie geworden.“

Deutschen Fußballstil beschreibt Christian Eichler (FAZ 19.6.). „Typisch deutsch, dieses verstaubte Attribut erlebt eine Renaissance bei dieser Weltmeisterschaft. Im internationalen Gebrauch definiert es sich so: als umgekehrte Proportionalität von Aufwand und Ertrag – schlechtes Spiel, gutes Fortkommen (…) Typisch deutsch, das wäre bei unvoreingenommenem Blick immer noch viel mehr als nur Ergebnisfußball: die Fähigkeit, sich nicht selber zu schlagen; die Disziplin, sich bei Rückschlägen nicht selber leid zu tun; die Technik, in einem Spiel aus Fehlern zu lernen und sie abzustellen. Vor allem aber die Kunst, viele Wege zu wissen, um ein Spiel zu gewinnen: nicht nur den glanzvollen, aber auch nicht nur den glanzlosen. Für all diese Talente steht Fritz Walter.“

Felix Reidhaar (NZZ 19.6.) über das Team USA. „Dem US-Team hatte man aus Distanz vielleicht zu Unrecht wenig zugetraut. Die Tatsache, dass aus infrastrukturellen und finanziellen Gründen ihre Landesmeisterschaft (MLS) während der WM weiterlaufen musste (teure Stadionmieten), bestärkte einen noch in dieser Ansicht. An ihrem Beispiel zeigt sich womöglich ähnlich gut wie an jenem der Ostasiaten, wozu eine lange, konsequente und ungestörte Vorbereitung im Vergleich mit dem Stahlbad europäischer Luxus-Dauerwettbewerbe gut sein konnte.“

Zum Verhältnis zwischen den beiden Gastgebernationen meint Thomas Kistner (SZ 19.6.). „Während Japan an der Türkei zerschellte, die bisher nirgendwo ernsthaft im Kalkül stand, zwang der Erzrivale Südkorea das (gar nicht so) große Italien in die Knie – und bleibt als letzter Vertreter Asiens im Turnier. Schlimmer kann der Gesichtsverlust wohl nicht sein am Ende eines Jahre langen Kalten Fußballkriegs, den die zwei verfeindeten Stämme seit dem Zuschlag für ihren Doppelevent ausgefochten haben. Mal sehen, wie bekömmlich diese Entwicklung dem Binnenklima in den Gastgeberländern ist. Seit Beginn der WM wurde ja mit wachsender Irritation registriert, dass sich hier in den Straßen und Stadien gern ganz besondere patriotische Energien entladen. Und die Fifa selbst schloss vorsorglich über die Setzliste aus, dass beide Teams vorm Finale aufeinander treffen könnten – also gar nicht, die stille politische Vorgabe ließ sich leicht erfüllen.“

Direkte Freistöße

Portrait Marko Rehmer FR

Portrait Jens Jeremies taz

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Netzer und Sport-Bild greifen Michael Ballack persönlich an

Die FAZ (19.9.) hält die Nase in den Wind. „Wenn das nicht mal die neue Debatte wird, die die Republik die nächsten Wochen über beschäftigt: Günter Netzer hat, nicht zum ersten Mal, den Bayern-Spieler Michael Ballack kritisiert. Dieser, so schreibt Netzer in seiner Sport-Bild-Kolumne, sei „nicht prädestiniert für die typische Rolle eines Führungsspielers wie zu früheren Zeiten“. Und warum das so ist, dafür hat Netzer eine weniger sportliche denn geographisch-politisch-historische Erklärung parat. „Ballack ist in der DDR aufgewachsen“, gibt Netzer zu bedenken. „Dort zählte das Kollektiv, das hat den Weg für Genies verstellt. Ohne jetzt sagen zu wollen, daß das nur schlecht war: Aber Ballack begnügt sich in seiner Rolle, in der eigentlich mehr drin wäre.“ Da also haben wir die Wurzel allen Übels: Ballack ist – und bleibt es offenbar – Ossi. Auch wenn der Görlitzer zum Zeitpunkt des Mauerfalls erst 13 war, mithin schon die Hälfte seines Lebens im westlichen System verbracht hat, ist der Osten aus ihm nicht herauszukriegen. Politisch korrekt ist eine solche Sicht sicher nicht, weshalb Karl-Heinz Rummenigge, wie Netzer ein Geschöpf des West-Fußballs, Netzer frontal angeht: „Ungeheuerlich, wenn er die DDR ins Spiel bringt. Das klingt ja gerade so, als hätten die Leute dort alle ein Handicap, das darf ja wohl nicht wahr sein. Das ist eine Beleidigung aller ehemaligen DDR-Bürger.““

Persönliche Rufschädigung

Jörg Hahn (FAZ 19.9.) schüttelt den Kopf. „Günter Netzer ist sein Geld wert – aber er setzt seinen Ruf aufs Spiel. Fragt sich nur, ob dies bei klarem Bewußtsein geschieht oder ob er zum Opfer der Themensteuerung und der Marketingstrategie jenes Medienhauses zu werden droht, von dem der ARD-Mitarbeiter einen weiteren Teil seiner Einkünfte als Fußball-Kritiker bezieht. Schon in der zweiten Woche nach Rudi Völlers isländischer Eruption wird im Namen des Experten Netzer Rabbatz gemacht. Nahm er sich zunächst Völler zur Brust, so bekommt diesmal Nationalspieler Michael Ballack sein Fett weg. In beiden Fällen ist, von außen betrachtet, ein ähnlicher Mechanismus zu erkennen; Netzer (oder sein Ghostwriter?) formuliert in der angestammten Mittwochskolumne einer Sportzeitschrift provokante Thesen, die tags darauf das täglich erscheinende Schwesterblatt aufgreift und mit neuen, weiter gehenden Ideen ausbaut (…) Die Befindlichkeiten früherer DDR-Bürger hätte er besser nicht außer acht gelassen. Genau hier fängt die persönliche Rufschädigung an. Seine unbedachten Ansichten mögen vor der Veröffentlichung unbeanstandet geblieben sein – die Journalisten aber, die springlebendig fürs Tagesgeschäft zuständig sind, haben sich Netzer umgehend vorgeknöpft: Kann ein ,Ossi‘ nicht Bayern und die Nationalelf führen? Schon ahnt man, wie eine Pro-Ossi-Kampagne aussehen und wer darin als Verteidiger ostdeutscher Interessen und Fähigkeiten auftauchen dürfte. Netzers Gegenspieler könnten plötzlich nicht mehr Völler oder Ballack heißen, sondern Merkel oder Tiefensee. Au Backe! So gefährdet man seine Qualifikation für die WM 2006 – auch wenn man daran bloß als Fernsehkommentator teilnehmen will.“

Es ist ein Wahnsinn, was da drinstand

FAZ-Interview mit Michael Ballack

FAZ: Haben Sie eigentlich schon einmal bedauert, in Karl-Marx-Stadt, heute Chemnitz, geboren zu sein – und nicht in Mönchengladbach, der Heimatstadt von Günter Netzer?

MB: Ich? Nee. Warum? Ich nehme an, Sie spielen auf Netzers Sport-Bild-Kolumne an, in der mir meine DDR-Herkunft quasi zum Vorwurf gemacht worden ist.

FAZ: So ist es. Haben Sie sich Netzers Kritik, im Kollektiv aufgewachsen und deshalb vielleicht charakterlich nicht dazu geeignet zu sein, eine Mannschaft zu führen, zu Herzen genommen?

MB: Über solche Aussagen muß ich gar nicht erst diskutieren. Das erledigt sich von selber. Dennoch: Es ist ein Wahnsinn, was da drinstand.

FAZ: Haben Autoren aus dem Westen Deutschlands wie eben Netzer eine falsche Vorstellung darüber, wie Kindern in der DDR das Fußballspielen beigebracht wurde?

MB: Ich war mal gerade zwölf Jahre alt, als die Wende kam. Ich habe Fußball gespielt, weil es mir Spaß gemacht hat. Da kam kein Trainer zu mir, der mir gesagt hätte, mein lieber Michael, du darfst dich persönlich nicht weiterentwickeln und keinerlei Führungsaufgaben übernehmen. Im Ernst: Die DDR ist auch heute noch für ihre teils hervorragenden Sportler bekannt.

FAZ: Haben Sie etwa Netzers Kolumne gar nicht so ernst genommen?

MB: Eigentlich kann ich mir gar nicht vorstellen, daß ein Grimme-Preisträger so etwas gesagt hat.

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Ballschrank

Schwermütiges, gequältes Talent

Worüber spricht die Bundesliga am 13. Spieltag?

Der Erfolgsfaden, an dem der VfB Stuttgart hängt, ist reißfester geworden: Andreas Hinkel, Glanz und Hoffnung des Vereins, hat versprochen, auch künftig im VfB-Trikot Gegenspieler aufs Kreuz zu legen und genaue Flanken zu schlagen. Die Fans würden sich Hinkel nun gerne zu Füßen legen, wenn sie nicht bereits dort liegen würden. Nicht nur die FAS gratuliert Hinkel zur Entscheidung, der Geldbörse von Rudi Assauers, Manager von Schalke 04, zu trotzen: „Jetzt bleibt ein Stück Zukunft, das Schalke Beine machen sollte, lieber länger in Stuttgart: der flotte Hinkel. Ein Hinkelstein für den Manager mit der Zigarre.“ Eine Geschichte für Romantiker – wie dieZeit, für die der VfB „unsere Sehnsucht nach Jugend“ erfülle. Doch der VfB Stuttgart gefällt inzwischen auch den Wirtschafts-Redakteuren; die taz erkennt ökonomische Vernunft bei den Schwaben: „Der VfB möchte eine internationale Topfirma werden, allerdings ein vernünftiges und kalkulierbares Unternehmen – ganz gewiss keine Traumfabrik mit wahnsinnigen Gagen für Ballkünstler und deren Agenten.“

Der FC Bayern München muss morgen in Glasgow unbedingt gewinnen, wenn er wieder Erfreuliches über sich lesen will. Zum ersten loben die Zeitungen derzeit allenfalls die Führungsköpfe für ihre geschickte Machtstrategie – und für ihre Begabung, unerwünschte Meinungen und Fragen abzuwerten, bevor sie geäußert werden. Was heißt gelobt? Es ist nicht unbedingt ein Kompliment, wenn die FR schreibt: „In Sachen Machtpolitik macht dem FC Bayern wirklich niemand etwas vor“; es ist Erweisung von Respekt. Zum zweiten sorgen sich die Chronisten um Sebastian Deisler, das schwermütige, gequälte Talent.

Presse-Stimmen zu den Spielen

Die Spieler machen nicht nur außerhalb des Spielfeldes, was sie wollen

Jörg Marwedel (SZ 22.11.) sorgt sich um die Sitten in der Liga: „Gerade hat Volker Roth, der Boss des Schiedsrichterwesens beim DFB, der Fußball-Bundesliga im kicker bescheinigt, dort gehe es zu wie in der Bronx. Tatsächlich gibt es Indizien, dass auf den Fußballfeldern in Deutschlands Arenen eine Verrohung der Sitten zu beklagen ist. Es häufen sich die Fälle grober Rücksichtslosigkeit, es wird hinterhältig getreten und gespuckt. Neben 13 Gelb-Roten Karten notiert die Täter-Statistik vor diesem 13. Spieltag schon 23 direkte Platzverweise. Die Liga grätscht und rempelt im 41. Jahr ihres Bestehens einer unrühmliche Höchstmarke entgegen, die vielen erst durch Fernsehkameras überführten Rüpeleien sind darin noch nicht einmal enthalten (…) Was steckt hinter diesem unerfreulichen Trend? Soziologen führen den Fußball gern als Spiegelbild der Gesellschaft an. Demnach wären die Tritte und Schläge auf dem Rasen Ausdruck der allgemein wachsenden Aggressivität und Rücksichtslosigkeit. Mangelnde Persönlichkeit oder einfach schlechte Erziehung vermutet der Sportjurist Christoph Schickhardt als Grund vieler Entgleisungen – Schickhardt vertritt eine Vielzahl der Profis vor dem Sportgericht. Und Roth selbst, der bei internationalen Spielen eine derartige Häufung von Vergehen nicht festgestellt hat, führt den von ihm beklagten nachlassenden Respekt gegenüber Gegnern und Schiedsrichtern auch auf den sinkenden Einfluss der Bundesligatrainer zurück. Mit anderen Worten: Die Spieler von heute machten nicht nur außerhalb des Spielfeldes, was sie wollen.“

Das einzige, worüber man überall, endlos und sinnlos palavern kann, ist Fußball

Katrin Weber-Klüver (FTD 24.11.) hat, wie wir alle, zu viel Zeit: „Der Mensch, der viele Jahre viel Fußball guckt, sammelt phänomenale Mengen Wissens an, die als frei vernetzte Daten in seinem Hirn mäandern. Mancher von pragmatischer Intelligenz getriebene Mitmensch meint, es sei nutzloses Wissen – Datenschrott. Schlimmer noch: Wissen, das nützlicheres und erhabeneres Wissen blockiert. Über Aktien oder gesunde Ernährung zum Beispiel oder auch über englische Dramen oder russische Nobelpreisträger. Oder Kenntnisse in fremden Sprachen. Man könnte dann jetzt türkisch und schwedisch und spanisch parlieren. Mindestens. Tja. Und dann? In einer türkischen Teestube über Shakespeare dozieren? In einer spanischen Tapasbar gegen Mayonnaise-Dips und für gedünstetes Gemüse sprechen? Schweden den DAX erklären? Hört sich nicht nach Glück und guter Unterhaltung an, oder? Das einzige, worüber man überall, endlos, sinnlos und also mit Vergnügen palavern kann, ist Fußball. Auch ohne gemeinsame Sprache. Man muss nur genug Unsinn im Kopf haben. Und genug kann nie genügen, es geht immer noch ein bisschen mehr.“

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Bundesliga

Andreas Hinkel bleibt in Stuttgart, Shooting-Star Gambino

VfB Stuttgart – Hannover 96 3:1

Das lang ersehnte Zeichen

Michael Horeni (FAZ 24.11.) klopft Andreas Hinkel auf die Schulter: “Es lohnte, über den Torjubel im Wandel der Zeiten soziologische Studien anzustellen. Dabei ließe sich Aufschlußreiches erfahren über das Individuum, seine Rolle in Gesellschaft und Gemeinschaft und die daraus resultierenden Wechselwirkungen. Die Formen des Jubels nahmen über die Bundesliga-Jahrzehnte hinweg immer exzentrischere Formen an, aber seit einiger Zeit erfreut sich eine früher unbekannte Geste besonderer Beliebtheit, die sich auf neue Weise wieder traditioneller Fußballwerte bemächtigt. Als etwa der Bremer Ailton eines seiner nun dreizehn Saisontore bejubelte, zeigte er mit dem Finger demonstrativ auf das Klubwappen Werder Bremens, den Verein, den er im Sommer in Richtung Schalke 04 verlassen wird. Auch andere begehrte, schon abgeworbene oder fast verdrängte Profis verspüren mittlerweile immer stärker den Drang, das Emblem ihres Vereins zu küssen oder in anderer Weise zu ehren (…) Wenn Dinge demonstrativ gezeigt werden, verrät dies vor allem etwas über den damit verbundenen Mangel. Die modernen, stets wandernden Klubstars, diese Avantgarde der globalisierten Arbeitsverhältnisse, machen mit ihren Gesten daher auch deutlich, was sie eigentlich zu verschleiern suchen: daß sie Profis sind, die besten Einsatz für ihren Klub zeigen – aber eben nur so lange, wie sie von ihm bezahlt werden; und daß sie das Geschäft verstanden haben, indem sie Treuebekenntnisse gleich mitliefern. Die Zuschauer in Stuttgart hatten dagegen mit ihrem herzlichen Jubel vor dem Anpfiff ein sicheres Gespür dafür, daß solch eindeutige Taten mehr zählen als zweideutige Gesten: Das könnte wirklich einer von uns werden war die Botschaft, die von den Zuschauern, dem mittlerweile größten Treuefaktor im Bundesliga-Geschäft, ausging – neben der Hoffnung, daß die Unterschrift des Nationalspielers aus Leutenbach das lang ersehnte Zeichen war, um diese außergewöhnliche Mannschaft nicht den Gesetzen des Marktes anheimfallen zu lassen.“

Sternstunde für VfB-Fans

Martin Hägele (taz 24.11.) fügt hinzu: „Für die Fans des finanziell nicht auf Rosen gebetteten Klubs bedeutete Hinkels Bekenntnis eine Sternstunde: Man kann auch daheim und mit geschätzten zwei Millionen Euro Jahresgehalt glücklich werden. Es müssen nicht unbedingt 3,5 Millionen sein, wie sie in Offerten an die zwei 21-Jährigen Hinkel und Kuranyi herangetragen wurden bzw. noch immer werden. Vorstand Erwin Staudt sieht Hinkels Zusage als Signal dafür, dass die Märchengeschichte vom Aufstieg der jungen Talente fortgeschrieben werden kann. Felix Magath wertet es als Zeichen von großem Sportsgeist und zugleich auch ein Zeichen für ganz Fußball-Deutschland und die Arbeit von Rudi Völler. Dass ein junger Nationalspieler nicht dem Lockruf des Geldes erlegen ist, sondern seine sportliche Entwicklung in den Vordergrund stellt, bestätigt die These des Erfolgstrainers. Allerdings war Magath in den vergangenen Wochen, in denen der Poker um seine Jung-Stars schon den ganzen Klub zu spalten schien, nicht immer vom klaren Kurs der Hinkel-Familie überzeugt. Magath entschuldigte sich deshalb öffentlich bei Herbert Hinkel dafür, dass er ihn während der Vertragsverhandlungen um Gehalt und Laufzeit falsch interpretiert habe. Diese Geste hatte Stil, kein Mensch hatte dies von Magath verlangt. Doch sie zeigt auch, auf welche Weise nun mit Zvonimir Soldo, Marcelo Bordon, Timo Hildebrand und Kevin Kuranyi weitere Leistungsträger langfristig an den VfB gebunden werden sollen. Der VfB möchte eine internationale Topfirma werden, allerdings ein vernünftiges und kalkulierbares Unternehmen – ganz gewiss keine Traumfabrik mit wahnsinnigen Gagen für Ballkünstler und deren Agenten.“

Borussia Dortmund – Bayer Leverkusen 2:2

Ulrich Hesse-Lichtenberger (taz 24.11.) ist hingerissen: „Wir haben ein super Spiel gesehen!, sagte der gut gelaunte junge Mann. Er strahlte in die Runde und fügte hinzu: Mir ist so ein 2:2 lieber als ein doofes 0:0. An fast jedem Ort des Westfalenstadions hätte in diesem Moment – eine Stunde nach Ende des Bundesligaspiels zwischen Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen – jemand zustimmend gerülpst und ein weiteres Bier bestellt, um einen kurzweiligen Nachmittag zu begießen. Der junge Mann aber hatte soeben den Kabinentrakt verlassen, um mit Leuten zu reden, deren Beruf es ist, Fußballspiele zu analysieren. Und die waren sich nicht ganz sicher, ob seine Begeisterung angebracht schien. Immerhin war Christian Wörns erst vor Wochenfrist dafür kritisiert worden, dass er als Verteidiger der deutschen Nationalelf seinen Job nur unzureichend versehen hatte – einen Job, von dem man sagen könnte, er besteht darin, für ein doofes 0:0 zu sorgen. Und nun waren schon wieder 90 Minuten vergangen, in denen seine Elf eigentlich ein halbes Dutzend Tore kassieren musste. Trotzdem nahm Wörns zum dritten Mal den Ausdruck super in den Mund, und so langsam begannen die Umstehenden zurückzugrinsen, weil es nicht schien, als versuchte Wörns, Kritik im Keim zu ersticken. Er hatte offenbar tatsächlich Spaß gehabt. Und warum auch nicht? Es gibt Tage, an denen man meckern muss, und solche, an denen man am besten nur grinst – und dies war einer der Letzteren. Zwischen der 24. und 37. Spielminute etwa konnte man gar nicht anders, als das Lexikon der Verbotenen Phrasen zu bemühen und den Terminus Chancen im Minutentakt nachzuschlagen. Während dieser 840 Sekunden boten die beiden Mannschaften der atemberaubenden Kulisse von 81.500 Zuschauern nicht weniger als zwölf exzellente Torgelegenheiten. Wer auch immer das Ganze dramaturgisch inszeniert hatte, verdient Respekt.“

Es wird Spiele geben, in denen er keine Tore schießt

Richard Leipold (FAZ 24.11.) porträtiert den „Mann des Tages“: “Samstagsspiele haben für Salvatore Gambino einen Vorteil. Der junge Italiener braucht am nächsten Tag nicht zur Schule zu gehen. Das heißt aber nicht, daß er die ersten Erfolge in seiner gerade beginnenden Karriere als Fußballspieler in vollen Zügen genießen soll, mag er die Rolle des jugendlichen Helden auf der großen Rasenbühne noch so mitreißend interpretieren. Die große Kulisse machte dem bald zwanzig Jahre alten Offensivspieler mit Blick für Ball und Raum nichts aus, auch wenn er sonst zumeist vor ein paar hundert Zuschauern in der Regionalliga-Mannschaft der Borussia kickt. Neben seiner Technik fiel vor allem die Selbstverständlichkeit auf, mit der er seine ersten beiden Torchancen in der Bundesliga nutzte. Nach dem Ausgleich der Leverkusener hätte Gambino sogar den Siegtreffer erzielen können. Dann wäre es dem übermäßig fürsorglichen Sammer noch schwerer gefallen, das neue Sternchen am Dortmunder Fußballfirmament vor all dem Lob zu schützen, das der Trainer so fürchtet wie Verletzungen. Der Trainer versuchte die unumgängliche Würdigung der außergewöhnlichen Leistung so gering zu dosieren wie möglich. Gambino besitze Spielintelligenz und habe gut gespielt, keine Frage, sagte Sammer. Aber es wird auch Spiele geben, in denen er keine Tore schießt. Wie leicht oder schwer der offensive Mittelfeldspieler seinen Aufstieg bewältigt, bleibt vorerst geheim. Sammer hat ihn angewiesen, Kameras und Mikrofone zu umdribbeln wie die Gegenspieler auf dem Platz.“

Fremdgesteuerter Amoroso

Richard Leipold (FAS 24.11.) schildert den Konflikt zwischen Amoroso und seinem Arbeitgeber: “Große Spieler neigen des öfteren zur Exzentrik. Ihre Unberechenbarkeit ist Stärke und Schwäche zugleich. Und es zeugt von höchstem Geschick, wenn Freunde und Vorgesetzte es fertigbringen, die Kreativität des Ausnahmeathleten zu fördern, ohne daß die Gemeinschaft allzusehr unter seinen Extratouren zu leiden hat. Manchmal gelingt diese Gratwanderung auf der grünen Ebene nur für eine Weile. Irgendwann verliert der Klub die Kontrolle, und das Drama nimmt seinen Lauf. Die Koordinaten der soeben noch vorhandenen erfolgreichen Zusammenarbeit geraten durcheinander. Und es tun sich Abgründe auf – sportliche, menschliche, wirtschaftliche und manchmal auch medizinische. Von solchen Abgründen handelt die Geschichte des genialen Fußballstürmers Marcio Amoroso von Borussia Dortmund. Der 29 Jahre alte Brasilianer hat sich mit fremder Hilfe im Berufsleben verdribbelt und steht nun im Abseits. Tragische Züge erhält Amorosos Leidensgeschichte erst durch die Hilflosigkeit, die seine Lage kennzeichnet. Sein Abseits läßt sich nur schwer aufheben, weil das Spielfeld des Lebens nicht so überschaubar ist wie ein Sportplatz (…) Amorosos Abseits ist an einem fernen Ort namens Campinas nahe der brasilianischen Großstadt Sao Paulo. Dort betreibt sein engster Vertrauter Nivaldo Baldo eine Klinik. Wie es heißt, ist er gar kein Arzt, sondern Physiotherapeut. Seinen Professorentitel soll er seinen Verdiensten um die Literaturwissenschaft verdanken. Aber Baldo hat Amoroso zweimal in dessen Karriere nach schweren Verletzungen wieder fit für den Spitzensport gemacht. Seitdem vertraut der Stürmerstar dem Therapeuten wie einem Guru. Freunde und Kollegen sehen in der Beziehung zu Baldo die Wurzel des Übels. Wenn man mit Amoroso persönlich spricht, ist er eigentlich ganz vernünftig, sagt Verteidiger Christian Wörns. Er könne sich nicht vorstellen, daß die verbalen Ausfälle der letzten Tage auf Amorosos Mist gewachsen sind. Wörns hält seinen Kollegen für fremdgesteuert. Vertraute in Deutschland sehen es ähnlich. Ein Bekannter sagt, am Telefon habe Amoroso zuletzt nervös und völlig durcheinander gewirkt. Das war nicht der Marcio, der hier abgeflogen ist. Amoroso sei mit dem Vorsatz nach Brasilien gereist, alsbald zurückzukehren; er habe darauf gehofft, noch in der Hinrunde wieder spielen zu können. Doch dann riet Baldo zu einer Knie-Operation in den Vereinigten Staaten und ließ den BVB über die Medien wissen, er befürchte eine Zwangspause von acht Monaten. Vordergründig beruft sich Baldo, inzwischen eine Art Lebensberater des Fußballprofis, auf medizinische Erkenntnisse oder auf das, was er dafür hält. Er kann aber auch anders. In der vergangenen Saison behauptete er, der Dortmunder Cheftrainer Matthias Sammer verabreiche in der Kabine Dopingmittel. Und Baldo scheute auch nicht davor zurück, den in der DDR aufgewachsenen Prinzipienreiter Sammer als Nazi zu bezeichnen. Seit diesen Entgleisungen hat Baldo bei der Borussia Hausverbot – wie bei Amorosos vorherigem Arbeitgeber AC Parma.“

Werder Bremen – VfL Bochum 3:1

Frank Hellmann (FR 24.11.) erweist Ailton Respekt: „Der Fan der Fans hatte die Forderung erhoben. Ailton hat die Wahl: Zwei Spiele ohne Tor – dann ist hier Ende. Trifft er weiter, dann ist alles vergessen. Dieter Zeiffer, seit über einem Jahrzehnt für die grün-weiße Sache im Einsatz, ließ es im Oktober nicht an markigen Worten fehlen, als Ailton seinen Abgang zum FC Schalke 04 erklärt hatte. Anderthalb Monate später üben sich Ailton und seine Anhänger in Variante zwei. Neben dem Fanbeauftragten huldigt halb Bremen dem Abtrünnigen. Selbst treue Dauerkartenbesitzer können sich kaum daran erinnern, dass ein Spieler bei seiner Auswechslung einen derartigen Applaus einheimste.“

Schalke 04 – Hansa Rostock 0:1

Richard Leipold (FAZ 24.11.) findet, dass Victor Agali es nicht verdient hat, zum Sündebock gemacht zu werden: “Die Fußballwelt ist hart und manchmal auch ungerecht. Nicht wenige Fans des FC Schalke 04 haben es sich zur Gewohnheit gemacht, ihre Enttäuschung über das Versagen des Kollektivs an einzelnen Spielern auszulassen. Am Samstag richtete der Volkszorn sich wieder auf Victor Agali. Als Stürmer ist der Nigerianer nur noch eine Zweitbesetzung. Wenn er aber mitkicken darf und die wenigen guten Chancen seiner Elf verstolpert wie beim 0:1 gegen Hansa Rostock, ist er für die Rolle des Prügelknaben weiter erste Wahl. Nach der Niederlage verspürte ein Teil der Schalker Anhänger das Bedürfnis, Agali mit Schimpf und Schande vom Platz zu jagen. Der empfindsame Profi fühlte sich getroffen und schimpfte zurück. Gestik und Mimik ließen auch von weitem die gegenseitige Geringschätzung erkennen. Der Arbeitstag endete für den verhinderten Torjäger so unerfreulich, wie er begonnen hatte. Manche Fans hatten ihn schon ausgepfiffen, als der Stadionsprecher ihn ankündigte. So etwas gehört sich nicht, sagte Manager Rudi Assauer später. Wenn es um Agali geht, lassen die Fans sich ihren Mißmut nicht einmal von dem Mann ausreden, der nicht nur die Meinungshoheit im Klub besitzt, sondern auch an der Basis als Respektsperson gilt. Die sportliche Ehre des Victor Agali wird auch Assauer mit seinen Aufrufen nicht mehr retten können. Die Anhänger sind es leid, den Angreifer regelmäßig am Tor vorbeischießen zu sehen.“

1860 München – Bayern München 0:1

Bekenntnis zum Pragmatismus

Andreas Burkert (SZ 24.11.) erläutert die Äußerungen der Sieger: “Tatsache ist, dass den Bayern ihr hässlicher Auftritt ziemlich egal gewesen ist. Sie haben ja gewonnen. Und nichts anderes zähle vor der Partie in Schottland, in der es um den Verbleib an der Geldquelle Champions League geht, um die Reputation des Teams und womöglich auch um die mittelfristige Zukunft des Trainers. Bixente Lizarazu nennt den Showdown bei Celtic (Samstag 5:1 bei Dundee United, der zwölfte Sieg in Serie) „das vielleicht wichtigste Spiel des Jahres“ – und die Münchner Stadtmeisterschaft „eine gute Vorbereitung, denn das war ein Match mit viel Zweikampf“. Der französische Weltmeister sagte das alles in Englisch, nur das Wort „Zweikampf“ sprach er deutsch aus – es ist bei den Bayern fraglos als Kurzformel für den Lösungsansatz ausgegeben worden, mit dem man in der Not der spielerischen Krise begegnen möchte. Lizarazu sagt: „Der Stil des FC Bayern ist Gewinnen – egal, wie es aussieht.“ Am Samstag haben die Bayern demnach ein Bekenntnis zum Pragmatismus abgelegt.”

Er hat die Kränkungen des DDR-Systems nicht vergessen

Christian Zaschke (SZ 22.11.) porträtiert Falko Götz, Trainer von 1860 München: „Es geschieht selten, dass Götz Kompromisse macht. Seit seinem Amtsantritt als Cheftrainer beim TSV 1860 München am 12. März 2003 hat er gezeigt, dass er eine klare Vorstellung hat von dem, was er will, und dass er wenig akzeptiert außerhalb dieser Vorstellung. Er muss manchmal kleine Kompromisse machen, weil die Mannschaft noch nicht so weit ist, wie er sich das wünscht, weil zudem manche Spieler nicht genügend Talent haben, um seine Idee vom Fußball umzusetzen. Aber das sind Kompromisse, mit denen er leben kann. Die reine Form des Fußballs beschreibt Falko Götz so: „Gute Organisation, attackiert.“ Er hat drei Wörter gebraucht, um sein Ideal zu beschreiben. Und sich selbst. Götz sagt: „Ich bin ein Mensch, der nach einem Plan arbeiten muss.“ Götz sagt: „Ein Konzept ist ein Weg zum Ziel. Das Konzept muss getragen werden von Strukturen.“ Alles Wörter, die nicht gerade vor Leben bersten, Plan, Konzept, Struktur, das klingt nicht nach Abwehrschlacht und Angriffsfußball, nach Leidenschaft, doch für Götz verbirgt sich all das hinter diesen Begriffen. Er ist dabei, ein organisches Gebilde, den TSV 1860 München, diesen Begriffen zu unterwerfen. Sein Ziel: „Die Erfolge wie Champions League oder Uefa-Cup, die 1860 in der Vergangenheit eher zufällig erreicht hat – das sind Ziele, die der Verein langfristig planvoll erreichen könnte.“ Bislang sträubt sich das organische Gebilde noch (…) Etwa, als er mit 18 wusste, dass er in den Westen fliehen würde, drei Jahre, bevor er im November 1983 bei einem Europapokalspiel seines Klubs Dynamo Berlin bei Partizan Belgrad tatsächlich floh. Mit 18 wollte er nicht fliehen, „dann hätten sie mich im Westen wie einen A-Jugendlichen behandelt“. Er erspielte sich geduldig einen Namen. Dann floh er. „So war der Plan“, sagt Götz, und er lacht, vielleicht, weil ihm beim Erzählen klar wird, wie unglaublich konsequent das klingt. Er hat die Kränkungen des Systems nicht vergessen. Die DDR hat ihm keinen Abiturplatz gegeben, weil er nicht Offizier werden wollte, die DDR hat ihm keine Wohnung gegeben, als er längst Oberliga-Spieler war, weil er West-Verwandtschaft hatte. „Da habe ich mir meinen eigenen Text gemacht“, sagt Götz. In seiner Handschrift.“

Nina Klöckner (FTD 24.11.) hat Oliver Kahn nach seiner Meinung zum Spiel gefragt: „Man hat ja in den vergangenen Monaten schon geahnt, dass der Torhüter Oliver Kahn in seiner eigenen Welt lebt. Seit Samstag ist das nun so gut wie gesichert. Nach dem 1:0-Sieg trat der Kapitän vor die Mikrofone und erklärte aufgeräumt, wie tapfer sein Team den knappen Vorsprung nach dem Platzverweis von Hasan Salihamidzic ins Ziel gerettet habe. Dass bei der Aktion in der 60. Minute auch der 1860-Profi Andreas Görlitz wegen wiederholten Foulspiels zum Duschen geschickt wurde, hatte der Torhüter einfach nicht mitbekommen. „Ich war so konzentriert“, sagte er hinterher entschuldigend. Nun ist es aber nicht so, dass dem Torhüter alle pikanten Details entgangen wären. Er hat sehr wohl bemerkt, wie viel Mühe seine berühmten Vorderleute damit hatten, den kleinen Nachbarn in die Knie zu zwingen.“

Worst Case

Daniel Pontzen (Tsp 24.11.) beschreibt die Worthülsen von Karl-Heinz Rummenigge: „Wenn der Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge das Wort ergreift, dann ist die FC Bayern AG häufig ein bisschen mehr AG als FC. Technokratische Vokabeln finden in der Sprache des ehemaligen Mittelstürmers Verwendung, Vokabeln wie „Profitabilitätskriterien“ oder „Joint-Venture-Aufgaben“ schleichen sich immer wieder in seine Sätze ein. Nach dem glücklichen 1:0 der Bayern gegen den TSV 1860 aber beschränkte sich Rummenigge auf allgemein verständliche Worte. „Für uns ist im Moment wichtig, dass wir gewinnen, für die Tabellensituation und fürs Selbstvertrauen“, sagte er nach dem schwachen Spiel seiner Mannschaft. Erkenntnisse im Hinblick auf das vorentscheidende Champions-League-Spiel bei Celtic Glasgow? „Jedes Spiel ist anders. Das in Glasgow wird sicher noch mal schwerer sein als das Derby.“ Vor allem wichtiger. Gelingt kein Sieg, ist das zweite frühzeitige Ausscheiden in Folge wohl kaum mehr abzuwenden: „Worst Case“ heißt der Begriff, den Rummenigges Sprache für diesen Fall bereithält.“

Nicht einmal einen Eckball

Joachim Mölter (FR 24.11.) ist enttäuscht: „In vielerlei Hinsicht war das 198. Fußball-Derby zwischen dem TSV 1860 und dem FC Bayern typisch für die Aufeinandertreffen der Münchner Bundesliga-Clubs: Es gab zwei Platzverweise, für jede Mannschaft einen; die Löwen waren engagierter, die Bayern erfolgreicher. Makaays siebter Bundesliga-Treffer resultierte aus dem ersten von insgesamt nur drei gefährlichen Angriffen; sie waren derart harmlos, dass sie nicht einmal einen Eckball herausholten. Die Profis des FC Bayern trabten am Samstagnachmittag so gedankenverloren über den Rasen, dass Hitzfeld sinnierte, mit wie wenig Leidenschaft man doch dieses Derby bestreiten kann. Es wäre allerdings nicht verwunderlich gewesen, wenn die Bayern-Akteure sich mit anderen Themen beschäftigt hätten. Am Freitagabend waren sie informiert worden über den Fall Sebastian Deisler.“

Kommentare zu Sebastian Deisler

1. FC Köln – Hamburger SV 0:1

Christoph Biermann (SZ 24.11.) leidet mit den Kölnern: „Es ist eine schmerzhafte Kunst, die der 1. FC Köln in diesem Jahr zu grausamer Perfektion bringt. Als wolle der Bundesligaaufsteiger enzyklopädisch komplett alle Formen des Verlierens durchdeklinieren, reiht er verlorenes Spiel an verlorenes Spiel. In zehn von 13 Partien dieser Saison gingen die Fakire des Fußballs als die unterlegene Mannschaft vom Platz. Das summiert sich nicht nur zum schlechtesten Saisonstart der Klubgeschichte, die Kölner haben auf fast alle erdenklichen Weisen verloren. Es gab zum Saisonstart die unglückliche Niederlage (in Mönchengladbach), dann die blöde (gegen Kaiserslautern) und die tragische (in Schalke), die verdiente (bei München 60), die verrückte (gegen Wolfsburg) und die erschreckende (gegen Bremen), die deprimierende (in Frankfurt), die groteske (gegen Hannover) und die desolate (in Bochum). Das 0:1 gegen den Hamburger SV aber war die schlimmste von allen (…) Der Trainer durfte eine „bessere Leistung in der Defensive“ feststellen, aber beim Zusammenkramen der positiven Aspekte klang der Schweizer wie ein Autofahrer, der nach einem Unfall vor dem kokelnden Wrack seines Wagens steht und feststellt, dass der linke Vorderreifen und das Lenkrad noch zu gebrauchen sind. Schlimm machte die Niederlage gegen eine bestenfalls durchschnittliche Hamburger Mannschaft nämlich, dass sie irgendwie normal wirkte.“

VfL Wolfsburg – Borussia Mönchengladbach 1:3

Achim Lierchert (FAZ 24.11.) teilt mit: „Nichts lesen, nichts hören, nichts sehen – so hatte Holger Fachs Maxime in dieser Woche vor der Begegnung gelautet. In die Abgeschiedenheit der Südheide hatte sich die Borussia vier Tage vor dem Spiel zurückgezogen. Das Kalkül, sich im Trainingslager auf die Partie in Wolfsburg einzustimmen, ging auf. Voll konzentriert löste die Mannschaft die Aufgabe gegen die offensiv so gefährlichen Wolfsburger, traf diese an ihren empfindlichen Punkten in der Defensive (…) Tristesse pur in Wolfsburg. Der angestrebte Platz im oberen Tabellendrittel ist vorerst aus dem Blick der Niedersachsen geraten. Und daß man mit Hilfe des potenten Sponsors, des Volkswagen-Konzerns, nun in der Wintertransferperiode noch einmal in neue Spieler investiert, gilt als unwahrscheinlich.“

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Deutscher als jeder deutsche Arbeitskollege

Zvonimir Soldo (VfB Stuttgart), „deutscher als jeder deutsche Arbeitskollege“ (FAZ) – Stuttgarter Optimismus – Claudio Ranieris schwierige Arbeit in Chelsea – „die Tage von Gold Trafford sind gezählt“ (Mirror), nun zieht der FC Chelsea an – Filippo Inzaghi, ungewöhnlicher Stürmer (Tsp) u.v.m.

Deutscher als jeder deutsche Arbeitskollege

Roland Zorn (FAZ 9.3.) porträtiert Zvonimir Soldo, Mittelpunkt des Stuttgarter Spiels: „Der kroatische Athlet, seit acht Jahren im Verein und dort fast schon eine Institution, gibt wie auch sonst den Ton vor: Der Musterprofi verkörpert so etwas wie die Ruhe vor dem Sturm. Soldo ist der Stratege, der dem Spiel des VfB den notwendigen organisatorischen Halt gibt, und eine Art Relaisstation, wenn der Hebel umgelegt und aus klugem Abwehrverhalten intelligente Angriffszüge werden sollen. Soldo, der uneigennützige Vorarbeiter und Chef der Stuttgarter Rasselbande, weist hochbegabten Jungprofis wie Hinkel, Kuranyi, Hleb oder Lahm die schnörkellosen Wege zum Ruhm. Daran läßt auch Soldos Vorgesetzter, Teammanager Felix Magath, keinen Zweifel. Magath, einst selbst ein vorzüglicher Mittelfeldspieler, wenn auch aus der offensiven Spielmacherabteilung, hat den hoch aufgeschossenen Mann mit dem klaren Blick aus großen braunen Augen zur unantastbaren Hauptfigur erklärt: Zvoni ist der von allen akzeptierte Mittelpunkt unseres Spiels. Er gibt die Kommandos, ist unser zweikampfstärkster Spieler und besitzt derart viel Spielübersicht, daß er von hinten heraus unser Spiel initiiert. Das alles in einer Person findet man nur selten. Auch mit 36 Jahren gilt dieser Soldo als bester defensiver Mittelfeldspieler der Bundesliga und darüber hinaus auf dem Cannstatter Wasen als derjenige, der als Kroate deutscher als jeder deutsche Arbeitskollege die für sein Spiel richtigen Dinge zu regeln versteht.“

Martin Hägele (SZ 9.3.) schildert Stuttgarter Optimismus: „Dass das ganze Ländle auf einen Schlag seine Liebe zu den jungen Fußballern und das Vertrauen in den Trainerfuchs Felix Magath wiederentdeckt hat, ist schwer zu erklären. Immerhin war nach sechs Spielen ohne Sieg mächtig herumgebruddelt worden an den Sympathieträgern der Vorrunde. Teamchef Magath beklagte sich zu recht über die überdrehte Erwartungshaltung; dem Fußballlehrer hatte die offen dargebrachte Enttäuschung jener Kreise gestört, die sich noch nicht allzu lange zum VfB bekennen, aber wohl geglaubt hatten, sie könnten heuer mit den jüngsten Mannschaft der Bundesliga nicht nur einen nationalen Titel, sondern gar den größten Erfolg im Klubfußball begießen. Der 2:0-Sieg im Dortmunder Westfalenstadion aber hat nun alle Gruppierungen innerhalb des Traditionsvereins auf einheitlichen Kurs gebracht. Fans und Vorstand, Mannschaft und Teammanager, alle glauben daran, dass die unglückliche Hinspielniederlage in London korrigiert werden kann. Sie lesen ihre Zuversicht aus den Gesichtern von Hildebrand und Soldo.“

Die NZZ (9.3.) mahnt erinnernd: „Man muss nur an sich und an seine Mittel glauben. Und man muss diese positive Überzeugung übertragen. In dieser Hinsicht ist Chelsea für die Stuttgarter ein ideales Beispiel, was mit Stimmung alles erreicht werden kann. Im Mai 1998 spielte der VfB Stuttgart den vorletzten Final im Europa- Cup der Cup-Sieger gegen eben jene Mannschaft aus London. Monatelang hatte der damalige Klubchef Gerhard Mayer-Vorfelder diesen Wettbewerb madig gemacht, in dem man ja kaum richtig Geld verdienen könne. Das Negativklima erreichte seinen Höhepunkt im Anflug auf Stockholm. In der von Zeugen abgeschotteten Bordküche nahm sich der Spielmacher Krassimir Balakow einen kritischen Reporter zur Brust: Bis heute ist noch nicht geklärt, ob er ihm eine Ohrfeige oder nur eine Kopfnuss verpasst hat. Der VfB verlor übrigens 0:1, sang- und klanglos und ohne überhaupt Leidenschaft, geschweige denn Siegeswillen zu zeigen. Am Montag aber stand der Stadionsprecher Pietschmann am Flughafen Echterdingen. Und mit ihm einige Reporter-Kollegen. Sie flogen auf eigene Kosten nach Heathrow. Aber alle in dem Bewusstsein, dass sich dort der Kreis zu jenem Abend schliessen wird, an dem Kuranyi und Szabics mit ihren Toren gegen Manchester United die Stuttgarter in eine neue Dimension geschossen haben. Jener Abend, als die bisher hochgelobten Fussball-Repräsentanten der Wirtschaftsregion mittlerer Neckar sich unter dem grössten Jubel, den es in dieser Arena jemals gegeben hatte, zu Global Players verwandelten.“

Tinkerman

Christian Eichler (FAZ 9.3.) befasst sich mit Claudio Ranieri: „In England nennen sie ihn den Tinkerman. Dieser Begriff beschreibt im Regelfall jemanden, der wie ein lustiger Heimwerker mal dort herumschraubt, dann wieder woanders, ohne genau zu wissen, wie es funktioniert. Mal klappt es, mal nicht. Claudio Ranieri erwarb sich den Spottnamen, indem er seine Mannschaft mal hier, mal wieder dort neu zusammenschraubt, jede Woche anders. Weil er das aber mit einem herzerfrischenden mediterranen Humor tut und mit einem von Selbstironie geprägten Italo-Englisch, haben ihn viele Fans auf der Insel auf eine folkloristische Weise ins Herz geschlossen, wie es einst Giovanni Trapattoni in der Bundesliga geschah. Beim FC Chelsea feiern ihn die Zuschauer, die Spieler verteidigen ihn, selbst die Presse mag Ranieri. Und seit fast einem halben Jahrhundert war kein Trainer des Südlondoner Klubs in der Meisterschaft erfolgreicher: Ranieris Team belegt Rang zwei in der Premier League. Nach dem 1:0 beim VfB Stuttgart hat Chelsea auch das Viertelfinale der Champions League in Sicht. Es könnte aber sein, daß das alles nicht reicht. Wie sein berufskomischer Landsmann Roberto Benigni strahlt Ranieri in guten Momenten eine humoristische Lust an der Komik des Absurden aus. Der trainierende Metzgersohn kann sie gut gebrauchen. Schon die paradoxe Vorgeschichte: Daß Ranieri in dieser Saison um seinen Job zittern muß, liegt daran, daß er in der letzten zu erfolgreich war. Chelsea war nie eine der ganz großen Adressen des englischen Fußballs. Ein einziger Meistertitel gelang 1955, dann lange nichts, bis in den neunziger Jahren mit viel Geld und vielen Importstars wie Gullit, Vialli, Zola eine Profilierung mit Sexy Football glückte – die zu zwei Pokalsiegen und dem Gewinn des Europapokals der Pokalsieger 1999 (gegen Stuttgart) führte. Aber erst als Klubeigentümer Ken Bates 2000 Ranieri holte, der bei Fiorentina, Valencia, Atletico Madrid solide Arbeit geleistet hatte, begann Chelsea bei aller Wechselfreude des Tinkerman auch in der Liga stabile Leistung zu bringen. Sie gipfelte im Finale der letzten Saison mit dem Sieg in Liverpool, der Chelsea Platz vier und damit die Champions League einbrachte. Erst dieser Erfolg machte Chelsea für den russischen Milliardär Roman Abramowitsch als Kaufobjekt so interessant: hoch verschuldet und Champions League, die ideale Kombination. Als Ranieri in den Sommerurlaub nach Rom fuhr, war er ein Erfolgstrainer, der in den Ferien grübeln mußte, wen er verkaufen könne; auf der Rückreise war er ein Trainer auf Abruf mit Geld für Einkäufe, so viel er wollte.“

Die Tage von Gold Trafford sind gezählt

Raphael Honigstein (taz 9.3.) berichtet die neue Anziehungskraft des FC Chelsea: „ArjenRobben, ein extrem talentierter Linksfuß, ist bereits der zweite Mann, den der Verein von Roman Abramowitsch für die nächste Saison gekauft hat; für 13,5 Millionen kommt auch der tschechische Nationaltorwart Peter Cech an die Stamford Bridge. 13 Spieler für 201 Millionen in sieben Monaten, lautet die Zwischenbilanz der russischen Revolution in Westlondon, doch die Posse um Robben ist interessant, weil sie einen Machtwechsel beschreibt: Der Niederländer ist der erste Kicker seit vielen Jahren, der trotz eines Angebots von Manchester United lieber bei einem anderen Premier-League-Klub anheuert. Alex Ferguson ist ein furchtbarer Grantler vor den Mikrofonen, aber er kann auch charmant sein. Uniteds Boss ließ Robben im Februar in einer Nacht-und-Nebel-Aktion nach England ausfliegen und zeigte ihm persönlich das Trainingsgelände und das Stadion. Arjen war angetan, der PSV in Finanznot, das Ergebnis absehbar. Fergie bekommt immer seinen Mann, lautet eine Fußballweisheit auf der Insel. Diesmal nicht. United bot 7 Millionen Euro und wollte Arjen erst für 2005, Chelsea sicherte sich die Dienste des Talents schon im Juli. Robben, der Wochen zuvor noch die verwegene Einkaufspolitik der Londoner offen kritisiert hatte, zeigte sich beeindruckt: Ich hatte ein paar sehr gute Gespräche mit den Leuten von Chelsea, die haben mich von ihrem Konzept überzeugt. Der Plan ist, mit jungen Spielern und Talenten nach vorne zu kommen. United hat es nie leicht gehabt, absolute Superstars in den verregneten Norden Englands zu locken, doch wenn sich das Objekt der Begierde für die Premier League interessierte, kamen nur die Red Devils in Frage. Die sportlichen und finanziellen Perspektiven waren dort mit Abstand die besten auf der Insel. Doch seit Abramowitsch seine Lust am Fußball entdeckt hat, kann Chelsea in diesen Punkten locker mithalten, und der Standort London ist attraktiver: Die Restaurants sind besser, die Läden teurer, die Frauen schöner; und man muss sich in der Kabine nicht von einem dogmatischen Dinosaurier aus Glasgow (Sunday Herald) zusammenfalten lassen. Die Tage von Gold Trafford sind gezählt, kommentierte der Mirror schadenfroh. (…) Das alles ist jedoch nur der Anfang. Glaubt man der Geschichte, die derzeit an der Themse jeder dritte Taxifahrer und jeder zweite Journalist aus sicherer Quelle gehört haben will, arbeitet man in Westlondon schon fieberhaft an einem sensationellem Coup, der United und der ganzen Welt mit aller Gewalt zeigen will, wo es in Zukunft langgeht: Superstar David Beckham soll ein Blauer werden. Gattin Victoria und seine Söhne würden sich schon freuen, dass der Papa bald wieder im Beckingham Palace außerhalb Londons einzieht, heißt es aus dem Umfeld des englischen Kapitäns.“

SZ-Interview mit John King, Chelsea-Fan und Buchautor, über Früher und Heute

SZ: Herr King, werden Sie im Stadion sein, wenn der VfB Stuttgart zu Gast ist?

JK: Nein, ich habe meine Dauer- karte vor zwei Jahren abgegeben.

SZ: Warum?

JK: Es hat mir einfach keinen Spaß mehr gemacht, zur Stamford Bridge zu gehen. Es gibt keine Stimmung mehr. Niemand singt mehr richtige Lieder. Man kann auch nicht wie früher mit seinen Freunden das Spiel erleben, weil niemand mehr als zwei Karten am Stück kaufen kann und deswegen jeder irgendwo anders sitzt. Wenn du Pech hast, hockt neben dir eine Oma oder ein Kind, dann kannst du nicht mal fluchen. Sonst fliegst du nämlich sofort raus.

SZ: Und der Verein gehört jetzt auch noch einem russischen Oligarchen.

JK: Ja, aber das stört uns ehrlich gesagt gar nicht. Wir freuen uns, dass wir endlich auch mal Geld haben und uns die besten Spieler leisten können. Außerdem ist es besser, wenn ein Multimilliardär den Verein aus Freude am Spiel führt als ein Vorstand mit Verpflichtungen gegenüber den Aktionären.

SZ: Gibt es an der Basis wirklich keine Vorbehalte gegenüber dem Öltycoon Abramowitsch und seinen Motiven?

JK: Klar, man weiß nicht, ob er irgendwann gelangweilt ist oder verhaftet wird, oder was in zehn Jahren passiert. Bisher war er aber ausschließlich gut für uns. Die Leute hassen bei uns nicht Roman, sondern Ken Bates, der bis zum Sommer 2003 das Sagen hatte. Er hat unser Wappen abgeschafft, weil er mit dem neuen mehr Geld verdienen konnte. In seiner Ära wurde Chelsea zu einem bürgerlichen Verein gemacht und trotzdem beinahe ruiniert. Jetzt hoffen wir, dass Roman die Hotels und Restaurants von Bates Chelsea Village, das wirklich niemand braucht, abreißt und dafür das Stadion ausbaut. Vielleicht werden dann sogar die Preise gesenkt. Im Moment sind Chelsea-Tickets die teuersten der Welt.

SZ: Trotz der horrenden Preise sitzen bei Chelsea auffällig viele weiße Männer mit kurzen Haaren im Stadion, die patriotische Songs singen und schon mal ausfällig werden, wenn Tottenham zu Besuch ist, das als jüdischer Klub gilt.

JK: Früher gab es bei uns Anhänger der National Front, aber die politische Dimension wurde schon immer total überschätzt. Es ging bei aller Gewalt immer mehr um Rebellion und Spaß am Chaos als um eine bestimmte Ideologie. Dass Abramowitsch Jude ist, ist egal. Auch das mit Tottenham ist eher ein Spielchen, kein echter Antisemitismus. Und das letzte Mal, das bei uns ein schwarzer Spieler beschimpft wurde, ist sicher mehr als 20 Jahre her.

Seine Zweikampfkunst ist passiv aggressiv

Wolfram Eilenberger (Tsp 9.3.) beschreibt anschaulich die Kunst Filippo Inzaghis: „Wahllos wird der Ball an den Strafraum geschlagen, umklemmt von zwei mächtigen Recken zupft sich die Nummer 9 in den Vordergrund, lässt den Ball einen Tick zu weit von der Brust prallen, sucht umgehend frischen Gegnerkontakt, indem sie sich mit beiden Armen an die Verfolger krallt, ein genialer Verstolperer verwirrt den herbeigeeilten Dritten, und auf einmal sind sie da, jene zehn Zentimeter Schussfreiraum, die ausreichen, den Ball quälend präzise ins Netz zu schieben. Eine Chance war das eigentlich nicht, aber ein entscheidendes Tor. Eines, wie es nur Filippo Inzaghi zu erfinden vermag. Das Erfolgsgeheimnis des Stürmerstars vom AC Mailand liegt in all dem, was er nicht kann. Und das ist eine ganze Menge. Seine technischen Fertigkeiten sind beschreibbar, seine Laufwege fahrig, sein Antritt ist durchschnittlich, sein Einsatzwille knapp dosiert und seine Passbereitschaft quasi inexistent. Inzaghis größte Schwäche aber – und damit sein eigentliches Kapital – besteht in seiner schwächlichen Statur. Je massiver die körperliche Gegenwehr, desto günstiger für ihn. Wie kein anderer ist der 70-Kilogramm-Mann in der Lage, den Widerstand der Gegner zu eigenen Gunsten zu nutzen. Ob er sich von seinen Bewachern in einsame Kopfballhöhen hieven oder im Gegenteil federleicht zu Boden reißen lässt, Inzaghi versteht es meisterhaft, jeder offenen Eins-gegen-Eins- Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen. Seine Zweikampfkunst ist passiv aggressiv. Wo Weltklassekollegen den Ball perfekt abschirmen und totale Kontrolle ersehnen, gibt Inzaghi ihn absurd frei, spielt immer mit der Möglichkeit seines Verlustes, weckt so fremde Begierden, windet sich im letzten Moment zwischen Ball und Gegner, um sich darauf im Gewimmel mit sagenhaftem Vorwitz zu behaupten – oder schlichtweg fallen zu lassen.“

Champions League

Schnöder Angriffsfußball, gepaart mit feigem Flügelspiel

Gut. Sie haben 3:1 gewonnen und sind somit als Gruppensieger ins Viertelfinale eingezogen. Lob dafür. Jedoch boten die Spieler von Bayer Leverkusen beim Sieg in La Coruna nichts für den Fußball-Feinschmecker, wie ihn Uli Hoeneß vor Augen hat (siehe Artikel unten ). Vielmehr musste sich der Vielfraß unter den Zuschauern angesprochen fühlen. Diesem boten die Herren Ballack, Ramelow und Zé Roberto permanent schnöden Angriffsfußball, paarten ihn mit feigem Flügelspiel, servierten dazu aufdringliche Torraumszenen im Überfluss und gaben unaufgefordert Nachschlag durch fade Ballstaffetten, die – Krönung der erbärmlichen Hausmannskost – am Ende sogar zu Toren führten. Da bleibt ein bitterer Nachgeschmack, zumal da die Bayer-Elf solches nicht zum ersten Mal fabrizierte. Im Viertelfinale droht – die Fußball-Gourmets werden es mit Grausen vernehmen – Wiederholungsgefahr.

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