indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Donnerstag, 25. März 2004

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Derbyzeit in englischen Premier League

Von unserem neuen Korrespondenten

„Derbyzeit in englischen Premier League. Es ist der 30. September 2002, ein Samstag in London. An der Lotus Road stehen sich der heimische FC Fulham und Chelsea London gegenüber. Oder besser gesagt Weltklassespieler wie Edwin van der Sar und Goma auf der einen Seite sowie Gianfranco Zola und Marcel Dessailly auf der anderen. Zur Halbzeit steht es in einem gutklassigen Spiel 0:0. Viel entscheidender ist aber, dass Marcel Dessaily, 101-facher französischer Nationalspieler, Welt- und Europameister verletzt in Richtung Kabine humpelt. Chelseas Coach Ranieri gibt seinem jungen deutschen Spieler Robert Huth das Zeichen, sich warmzulaufen, um sogleich eingewechselt zu werden. Mit dem Anpfiff der zweiten Halbzeit feiert Robert Huth sein Debüt im Kreis der internationalen Fußballstars und bekommt danach glänzende Kritiken, obwohl die Party nur Unentschieden ausgeht. Wer ist der junge Mann, der bei Fortuna Biesdorf das Fußball spielen erlernte, als eines der größten deutschen Talente gilt und bereits mit 18 Jahren auf der Gehaltsliste von Chelsea London steht?

„Seine Willensstärke war entscheidend.“ Gunter Heidrich, Jugendtrainer von Union Berlin erinnert sich gut an die ersten Schritte seines ehemaligen Schützlinges auf der „Fußballinsel“ bei Chelsea London. Als 16-Jähriger wechselte Robert Huth von den „Eisernen“ in den Londoner-Vorzeigestadtteil. Heimweh und Verständigungsprobleme machten Robert anfänglich sehr zu schaffen. „Er stand auf der Kippe und wollte schon fast wieder zurückkommen, letztendlich hat er sich aber durchgebissen“ unterstreicht Heidrich seine große Stärke.

Robert Huth hat sich tatsächlich durchgebissen. In dieser Saison kann Robert, im August gerade 18 geworden, schon vier Einsätze über 90 Minuten in der Premier League aufweisen. Dazu kommen noch zwei Einsätze im Uefa-Cup gegen Viking Stavanger, bei dem Chelsea allerdings nach einem 2:1-Heimsieg, auswärts mit 2:4 unterlag und überraschend bereits in der ersten Runde ausschied.

Das Fußball spielen erlernte Robert bei Fortuna Biesdorf bevor er mit 12 Jahren zu Union Berlin wechselte und unter die Fittiche von Gunter Heidrich kam. „Robert spielte als einziger seines Jahrgangs bereits als D-Jugendlicher eine Alterstufe höher in der C-Jugend. Sicherlich förderte auch die sportbezogene Schule auf die er ging sein Talent“. Die Berlin-Auswahl hatte schnell ein Auge auf den „Defensivkünstler“ geworfen. Hier spielte er drei Jahre lang als Leistungsträger eine wichtige Rolle, mit 15 wurde er dann erstmals vom DFB gesichtet. Bei einem Länderspiel auf der britischen Insel wurde Robert Huth dann schließlich für Chelsea London gesichtet. Danach ging alles wie im Zeitraffer. Mit 16 Wechsel zu den „Blues“ wie Chelsea in England von den Fans genannt wird. Zwei Jahre erlernte Huth die englischen Fußballsitten in Jugend- und Reserveteam des FC Chelsea. Und dann das glanzvolle Debüt in Englands höchster Spielklasse gegen Fulham.

„Robert ist kopfball- und zweikampfstark und hat zudem taktisches Verständnis“, beschreibt Gunter Heidrich die fußballerischen Stärken seines ehemaligen Spielers, zudem er immer noch engen Kontakt hält. “ Ich telefoniere regelmäßig mit Robert und sehe in in der Sommerpause, wenn er sich bei Union fit hält“. Gerade die genannten Stärken sind es, die Robert für den englischen Fußball wie geschaffen wirken lassen. “ Hier musst du auch mal einen umhauen, um dir Respekt zu verschaffen.“ Der „eiserne“ Robert hat sich schnell an die Sitten im Mutterland des Fußballs gewöhnt. Und auch sein alter Trainer, der unter anderem Marco Rehmer (Herta BSC Berlin), Martin Pieckenhagen (HSV), Nico Patschinski und Christian Beeck (Energie Cottbus) als Jugendliche trainierte traut Robert noch einiges zu: „Wenn er von Verletzungen verschont bleibt und weiterhin bei Chelsea seine Chancen bekommt, ist es durchaus möglich, dass er eine ähnliche Karriere wie Christoph Metzelder hinlegt und vielleicht 2006 bei der Weltmeisterschaft in Deutschland dabei sein kann.“

Nach den anfänglichen Erfolgen in dieser Serie muss Robert Huth in Moment wieder auf seine Chance warten. Da alle renommierten Weltstars in Chelseas Abwehr genesen sind (Marcel Dessailly, Greame Le Saux) musste Robert an diesem Wochenende wieder in Chelseas Reserve Teqam mit seinem deutschen Kollegen Sebastian Kneissl antreten. Bei der Reserve von Nottingham Forest setzte es ein 0:3, nachdem Huth in der ersten Hälfte zwei gute Chancen zu Führung vergab. Die erste Mannschaft der „Blues“ setzte sich eindrucksvoll mit 3:0 bei Kevin Keagans Manchester City durch. „Abwarten und Tee trinken.“ Robert wird seinen Weg machen, da bin ich ganz sicher,“ weiß Gunter Heidrich um die guten Aussichten seines Schützlings.“

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Neubarth und Schalke

„Neubarth und Schalke – das ist nicht mehr als ein großes Mißverständnis. Kohler und Leverkusen – das ist nicht mehr als eine kleine Hoffnung.“, fasst die FAZ die beiden gestrigen Personalentscheidungen der Bundesliga in einem Atemzug zusammen. Auch die „Frankfurter Rundschau“ FR erkennt in diesem Zusammenhang Parallelen zwischen den Führungsstilen der beiden unerfahrenen Übungsleiter Frank Neubarth (Schalke), der entlassen wurde und dem weiterhin an Autorität einbüßenden Thomas Hörster (Leverkusen), dem mit Jürgen Kohler ein Sportdirektor an die Seite gestellt wurde. Beiden – so das allgemeine Echo in den Medien – fehle es keinesfalls an fachlicher Kompetenz, sondern an Charisma und Ausstrahlung.

Die Trainerwechseln gewöhnlich skeptisch betrachtenden überregionalen Tageszeitungen können den Abbruch des „Experiments“ mit dem jungen Neubarth insgesamt durchaus nachvollziehen. Die Berliner Zeitung (BLZ) schreibt: „Hauptvorwurf: übermäßige Zurückhaltung. Zu exakt erfüllte der 40-Jährige das Klischee vom kühlen Norddeutschen, zu schweigsam und introvertiert war er, um die Schalker Mannschaft motivieren zu können.“ Die NZZ ergänzt anschaulich: „Der hanseatische Kopfmensch passte nicht in die Schalker Gefühlswelt; am Ende hatte sich der ehemalige Internationale mit dem Spitznamen „Sokrates“ im Qualm von Assauers kubanischen Zigarren aufgelöst. Man sah ihn nicht mehr in diesem Dunstkreis, höchstens schemenhaft tauchte der stille Zeitgenosse mal vor der Ersatzbank auf; er hatte sich sehr früh der Macht von „Mister Schalke“ ergeben.“

Dahingegen wird Leverkusens Verpflichtung von Kohler in der fußballinteressierten Öffentlichkeit als Halbherzigkeit wahrgenommen sowie als partielles Eingeständnis der Bayer-Führung interpretiert, mit dem matt wirkenden Hörster den falschen Mann an der Kommandobrücke installiert zu haben. Den letzten Schritt, die Trennung zu vollziehen – so mutmaßt die BLZ –, erhoffe man nun von ihm selbst.

Michael Horeni (FAZ 27.3.) resümiert. “Experiment mißglückt, Krisenmanagement gescheitert – und nun fröhlich auf ein Neues mit Marc Wilmots und Jürgen Kohler. Schalke 04 und Bayer Leverkusen haben die letzten vierzehn Tage Pause vor dem Endspurt genutzt, um sich mit einer Trainer-Entlassung und einem neuen Sportdirektor neuen Mut zu machen – und nebenbei von verfehlten Strategien zu verabschieden. Auf Schalke mußte der vom Erfolg verwöhnte und in seinen Entscheidungen schon zuvor einsame Manager Rudi Assauer mit der Entlassung von Frank Neubarth eingestehen, daß der Neuaufbau nach den erfolgreichen Jahren unter Huub Stevens mit einem von der Mannschaft abgelehnten Trainer nicht zu machen war. Der in der Leverkusener Krise irrlichternde Geschäftsführer Reiner Calmund hat mit der Entscheidung für einen Sportdirektor zumindest die jüngste Wirklichkeit zur Kenntnis genommen, die eine taumelnde Mannschaft zeigte, die ein Trainer-Neuling wie Thomas Hörster alleine nicht zu stützen verstand. Nun ist es also am Weltmeister und Sportdirektor-Neuling, die rasende Fahrt hin zum sportlichen Abgrund zu stoppen – und das nicht einmal als tatkräftiger Trainer, sondern nur als weisungsbefugter Vorgesetzter des alleine und womöglich auch im Duett überforderten Fußballehrers Hörster (…) In Schalke dagegen hatte sich schon länger angedeutet, daß nach dem besten Saisonstart des Klubs dem Trainer der Kontakt zur Mannschaft abhanden gekommen war. Torhüter Rost durfte Neubarth ungestraft in der Kabine vorwerfen, für den Verlust der Freude beim Fußball verantwortlich sein. Es hat leider nicht gepaßt, sagte auch Neubarth ganz realistisch zum Abschied nach 269 Tagen Schalke.“

Auch Thomas Kilchenstein (FR 27.3.) erkennt Parallelen. „Die Ausstrahlung eines Fußball-Lehrers ist von besonderer Bedeutung. Charisma, Aura, Persönlichkeit, Glaubwürdigkeit sind Dinge, die entscheidender sind für den Erfolg eines Trainers als übertriebene Detailkenntnisse der taktischen Struktur des Gegners. Charakterstarken Typen traut man eher zu, die richtigen Antworten zu kennen. Das Dumme ist aber: Charisma kann man nur sehr schwer lernen, man kann es sich vielleicht in langen, bisweilen auch leidvollen Berufsjahren aneignen. Eine Persönlichkeit muss reifen. Frank Neubarth war noch keine, er musste gestützt werden vom omnipotenten Manager. Und konnte sich im Schatten der Übermacht nicht selbst entwickeln. Sein Scheitern war zwangsläufig. Ähnlich der Fall in Leverkusen. Thomas Hörster hat kein Charisma. Er macht seine Arbeit redlich, von ihm strahlt aber nichts aus: keine Zuversicht, kein Optimismus. Jetzt hat er Jürgen Kohler als Sportdirektor zur Seite gestellt bekommen. Das ist eine pure Panikreaktion, Bayer versucht, eine einmal getroffene Fehlentscheidung – Hörster zum Chef zu machen – durch eine andere irgendwie zu korrigieren. Es ist aber keine konsequente Lösung. Konsequent wäre: Einen Coach mit Charisma zu holen.“

Zu den Ursachen der Entlassung Neubarths meint Ralf Wiegand (SZ27.3.). „Wer seine öffentliche Rolle nicht akzeptiert, wird von der angeschwiegenen Öffentlichkeit abserviert. Längst haben Trainer und Klub nicht allein sportlich zu harmonieren, sondern auch in der Außendarstellung ein geschlossenes Bild abzugeben. Stimmt das, steigt die Akzeptanz. So gesehen konnte die Sache mit Frank Neubarth und Schalke nicht gut gehen. Der Kopfmensch Neubarth war in der Gefühlswelt Schalke von Anfang an isoliert; leidenschaftslos nahm er lediglich zur Kenntnis, worunter das leidenschaftliche Fanvolk innig litt – das Spiel der Mannschaft. Zum Schluss wirkte der Mann mit den eingefrorenen Gesichtszügen nur noch deplaciert neben seinem rumpelstilzchenden Manager Assauer, der nun Schalke wieder gibt, was Schalke verlangt: ein Kampfschwein als Teamchef – da kann ja nichts schief gehen.“

Felix Meininghaus (FTD 27.3.) meint dazu. „Bemängelt wurde an Neubarth vor allem dessen Mangel an Charisma. Von Beginn seiner Tätigkeit an agierte der Mann aus Bremen unterkühlt. Während Assauer auf Schalke wie gewohnt den Zampano mimte und couragiert mit seiner Zigarre herumfuchtelte, saß Neubarth zumeist regungslos daneben. Um sich als Neuling in einer Branche zu etablieren, die im Fokus der Öffentlichkeit steht, war ein solches Bild natürlich nicht förderlich. Schnell hatte Neubarth den Ruf weg, ein Langweiler zu sein. Zudem gelang es ihm nicht, die unterschiedlichen Strömungen in der Mannschaft zu kanalisieren und dafür zu sorgen, die Profis zu einer kompakt auftretenden Einheit zusammenzufügen. Dem Trainer allein die Schuld am wenig erbaulichen Auftreten des Pokalsiegers zu geben, wäre dennoch ungerecht. Die in den vergangenen Jahren so fest gefügte Schalker Welt ist auch ohne Neubarths Zutun längst in Unordnung geraten. Das ewige Theater um die wenig professionelle Berufsauffassung von Nationalspieler Jörg Böhme, die harsche Trainerkritik von Torhüter Frank Rost („Seitdem du hier bist, macht Fußball keinen Spaß mehr“), die so genannte Maulwurf-Affäre um einen Spieler, der der „Bild“ regelmäßig Interna steckte sowie das disziplinlose Verhalten der Spieler, die sich in dieser Saison bereits sieben rote Karten einfingen – das alles sind Punkte, die auch Kratzer an Assauers Position als Schalkes unumschränkter Souverän hinterlassen haben.“

Unnachahmlich beschreibt Christoph Biermann (SZ 27.3.) die bedeutungsschwangere Pressekonferenz in Schalke. „Ein wenig sah es so aus, als ob das Zentralkomitee des S04 zusammengekommen wäre, als der bislang überraschendste Trainerwechsel der Saison bekannt gegeben wurde. Nicht weniger als neun Personen hatten nämlich auf dem Podium Platz genommen: der gesamte Vorstand des FC Schalke, der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Manager Rudi Assauer, sein Assistent Andreas Müller und das neue Trainergespann Marc Wilmots und Oliver Reck. Geschlossenheit in turbulenten Zeiten sollte das im Presseraum der Arena AufSchalke, dem Palast des Volkes im Ruhrgebiet, wohl symbolisieren. Von dieser Stimmung getragen, wusste Assauer auch von einer in der Bundesliga nie erlebten Einvernehmlichkeit angesichts der sechsten Trainerentlassung des Spieljahres zu berichten. „Die einvernehmliche Trennung gab es, nachdem ich gesagt habe: es geht nicht weiter“, erklärte Assauer und sang dann schwer bewegt das Loblied auf den Geschassten. „Mit welchem Charakter und welcher Mentalität er das angenommen hat, habe ich in meiner langen Karriere noch nicht erlebt.“ Auch Neubarths anschließender Gang vor die Mannschaft rührte den Mann mit der Zigarre fast zu Tränen. Neubarth hätte dort keine Vorwürfe erhoben, sondern allen nur das Beste gewünscht. „Das hätte mich fast zu sagen animiert: Komm, wir nehmen das Ding zurück“, sagte Assauer. Diese Gefühlsduselei war wohl auch darin begründet, dass er einen Coach entlassen zu glauben musste, dem der Manager nicht mehr vorwerfen wollte, als nicht ausreichend Punkte geholt zu haben. „Es gibt Trainer, die Fortune haben, andere haben sie nicht“, meinte Assauer, „das hat nichts mit ihrer Klasse zu tun.“ So hatte das Ganze genau jene Erbärmlichkeit, die dem Manager wahrscheinlich im Innersten tief zuwider war. Die Entscheidung dazu reifte in der längsten Nacht des Jahres. „In der Nacht von Samstag auf Montag habe ich das immer wieder abgewogen“, erklärte der somnambule Manager.“

Richard Leipold (Tsp 27.3.) beschreibt Reaktionen. “Neubarth habe sich verhalten wie ein Ehrenmann. „Wie er das verkraftet hat und Verständnis für unsere Entscheidung aufgebracht hat, war aller Ehren wert. So etwas habe ich bei einem so jungen Trainer noch nie erlebt.“ Auch bei seinem letzten Gang in die Mannschaftskabine zeigte Neubarth Haltung. Er verabschiedete sich mit den Worten: „Auf geht’s, Jungs, ich drücke euch die Daumen.“ Mit der Entlassung in Schalke endet Neubarths erster Job als Bundesligatrainer nach nur 26 Spieltagen. „Es tut weh, einem so jungen Mann eventuell die Karriere als Trainer im Profifußball verbaut zu haben“, sagte Assauer. Er hoffe, dass Neubarth woanders eine zweite Chance bekomme. „Die Hauptschuld liegt nicht beim ihm.“ Neubarths Berufung als Nachfolger von Huub Stevens war in Fachkreisen, aber auch an der Basis, von Anfang an mit Skepsis aufgenommen worden. Bevor der frühere Spitzenstürmer nach Schalke kam, hatte er nur in der Jugendabteilung und bei den Amateuren des SV Werder Bremen Erfahrung als Trainer gesammelt. Offenbar nicht genug, um bei Spielern und Fans des FC Schalke als Autorität anerkannt zu werden, zumal in Zeiten des Misserfolgs. Neubarth wirkte ungeschickt im Umgang mit Starspielern wie Andras Möller, Frank Rost und – vor allem – Marc Wilmots. Dem Belgier wird nachgesagt, er habe in der Kabine Stimmung gegen Neubarth gemacht.“

Holger Pauler (taz 27.3.) prognostiziert (wie kommt er darauf?). „Der Weg in den Trainerstab des DFB scheint für den langen Bremer vorgezeichnet.“

In Sachen Leverkusener Trainerfrage spekuliert Gregor Derichs (BLZ 27.3.). „Es war eine seltsame Inszenierung. Gibt es da nicht einen Mann namens Thomas Hörster, der von Calmund den Job von Klaus Toppmöller zugeschanzt bekam? Dessen Name wurde in der Bayer-Meldung überhaupt nicht erwähnt. Weil wir ja gar keinen Trainer gesucht haben, meinte Pressechef Ulrich Dost. Kohler ist nicht der Aufpasser von Hörster, sagte Calmund. Was aber ist er dann, wenn die Funktion des Sportdirektors offenbar nicht so wichtig war, weil man sie nach Völlers Abgang im Spätsommer 2000 ja erst mal vakant ließ? Kohler kann es sich aussuchen, wie er seine Aufgabe interpretiert. Er muss selbst entscheiden, ob er sich bei den Spielen auf die Bank setzt oder auf die Tribüne, betonte Calmund, der am liebsten den Routinier Otto Rehhagel gehabt hätte und nun auf das Greenhorn Kohler ausweicht. Kohler hatte zuletzt immer wieder betont: Die Bundesliga reizt mich. Er meinte er den Trainer-, nicht den Sportdirektoren-Job. Bei Bayer kommt er nun in einen aufgeblähten Personalstab – kein Wunder, dass im Bayer-Umfeld längst eine Zweitversion kursiert: Der ehrgeizige Kohler, heißt es, sei nur verpflichtet worden, um Hörsters freiwilligen Abgang zu provozieren.“

Martin Hägele (NZZ 27.3.). „Offensichtlich passt der frische und jugendliche Typ, der in seinem neuen Job ziemlich viel Beifall bekommen hat, weit besser zum Anforderungsprofil eines Bayer-Sportdirektors – mit seinem Wunschkandidaten war der Manager Calmund ja hausintern aufgelaufen. Ob nicht auch der 84-jährige Max Merkel verfügbar sei, hatte Meinolf Sprink, der Sportbeauftragte der Bayer AG, ironisch gekontert, als Calmund das Trainer-Fossil Otto Rehhagel, derzeit Chefcoach von Griechenland, in Leverkusen installieren wollte.“

siehe auch:

Spannung abseits der Meisterschaftsfrage

Gewinnspiel für Experten

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Römer Derby

das Römer Derby fordert Helden und verursacht Gereiztheit – die „Buchhalter-Tricks“ (FTD) italienischer Funktionsträger – Leeds United, ganz tief gefallen – FC Portsmouth, Englands Aufsteiger setzt auf „Ausgemusterte“ (NZZ) – dieses Mal gibt es kein 3:8 für Deportivo La Coruña – das Derby von Buenos Aires zwischen River Plate und Boca Juniors, der Höhepunkt im argentinischen Vereinsfußball

Steigt noch nicht ab, wir wollen noch ein bisschen Spaß haben mit euch

Birgit Schönau (SZ 11.11.) berichtet Heldentum und Gereiztheit beim Römer Derby (AS besiegt Lazio mit 2:0): „Er ist erst 23 Jahre alt und hat noch viel vor sich. Aber egal, was geschieht, alle werden bei seinem Namen an dieses Tor denken. An den lässig, doch kraftvoll geschlagenen Freistoß von Antonio Cassano und an ihn, Mancini, wie er in die Luft hüpft, mit dem Rücken zum Tor, das Gesicht in Vorfreude strahlend, und den Ball mit der Hacke ins Netz feuert. Unhaltbar, unfassbar, dieser Führungstreffer für den AS Rom. „Seit Monaten reden sie hier nur vom Derby“, hat Mancini später berichtet, „und ich dachte immer: die spinnen, die Römer. Die ganze Stadt steht still, es gibt überhaupt kein anderes Thema mehr. Aber als ich getroffen habe und auf die Südkurve blickte, habe ich begriffen.“ (…) Es soll Menschen geben, die noch nicht einmal beim Fußball an die Macht des Schicksals glauben, aber Mancini, Roberto Mancini, gehört bestimmt nicht dazu. Roberto Mancini, der Lazio-Trainer, hat einst selbst der Roma ein Tor mit der Hacke versetzt – vor vielen, vielen Jahren war das, als Lazio noch Derbys gewann. Mancini, der Brasilianer, wird ihm jetzt als Abgesandter der Rachegöttinnen erschienen sein. Die Roma-Fans sagen „Mansini“, um ihn von Lazios „Manschini“ zu unterscheiden. Eigentlich heißt er Alessandro Faiolhe Amantin, sein Großvater rief ihn „mancine“, weil er so ruhig war, sein Trainer Toninho Cerezo machte aus Alessandros Kinderspitznamen dann „Mancini“. Cerezo war an der Seite von Roberto Mancini mit Sampdoria Genua Meister geworden. So ist das im Fußball-Leben, am Ende löst sich immer alles auf, und Zufälle gibt es nicht, lediglich beruhigende (oder beunruhigende) Gewissheiten. Nach seinem ersten Derby steht Mansini mit dem AS Rom auf Platz zwei, hinter Juventus, punktgleich mit Milan. Manschini fünf Punkte dahinter auf Platz 6. „Steigt noch nicht ab, wir wollen noch ein bisschen Spaß haben mit euch“, hatten die Romanisti in der Südkurve gespottet, dabei droht beiden, Lazio und Roma, die finanzielle Pleite. Die Fans machten Witze darüber (Roma: „Wir zahlen für euch, haut nicht ab“, Lazio: „Bezahlt erst einmal eure Schulden!“), aber in ein paar Tagen ist Aktionärsversammlung. Da spielen Mansini und Manschini keine Rolle mehr. Es ist nämlich eine Partie im schicksalsfreien Raum.“

Thomas Fromm (FTD 11.11.) erläutert die „Buchhalter-Tricks“ italienischer Fußball-Funktionsträger: “Worum es bei dem Streit im Einzelnen geht: Im Land der teuersten Transferkosten können Klubs nun steuerlich abschreiben, was ihnen unangenehm auf die Bilanzen schlägt. Zum Beispiel dann, wenn der Wert eines Spielers sinkt und mit ihm auch die Ablösesumme. Diese Abschreibungen, Schulden und Verluste können auf zehn Jahre verteilt gebucht werden – was angesichts der galoppierenden Verbindlichkeiten der Klubs eine komfortable Rechnung zu sein scheint. Bis auf den zur Fiat-Familie Agnelli gehörenden Verein Juventus Turin sollen Insidern zufolge alle Klubs auf diese Bilanzierungstechnik angewiesen sein, um dem Bankrott zu entgehen. Allein die großen vier A-Liga-Vereine Inter Mailand, AC Mailand, AS Rom und Lazio Rom verbuchen in der Saison 2002/2003 Verluste in Höhe von rund 1 Mrd. Euro. Der Verdacht liegt nahe: Die in Italien „Spalmadebiti“-Dekret genannte Verfahren (Spalmare heißt so viel wie „vor sich hinschmieren“) kommt einem de-facto-Schuldenerlass gleich. Und da es nicht um irgendwelche kleinen Sportvereine geht, sondern um millionenschwere Aktiengesellschaften, sprach Wettbewerbskommissar Monti in der vergangenen Woche auch von „legalisierter Bilanzfälschung“. In den Hinterzimmern der Fußballstadien ist die Panik groß. Sportfunktionäre, Verbandssprecher, Hinterzimmer-Staatssekretäre, von deren Existenz man bisher nicht einmal etwas ahnte – sie alle wollen nun ihre Sicht der Dinge darlegen und beweisen, dass das Spalmadebiti-Dekret nichts mit Staatshilfen zu tun habe. Nicht einmal mit versteckten. „Wenn man seine Schulden jetzt nicht mehr einfach wegschmieren kann, hat man ein großes Problem – sie bleiben dann nämlich kleben“, sagt der Mailänder Sportjournalist und Fußballexperte Marco Liguori. Und das könnte für viele Teams den sicheren Ruin bedeuten. Nun müssen Berlusconis Finanzakrobaten darüber nachdenken, wie der Profifußball künftig finanzierbar ist, ohne Buchhalter-Tricks anzuwenden.“

Die dekadente Seite des Fußballbooms

Christian Eichler (FAZ 11.11.) widmet sich der Lage von Leeds United, verschuldeter Premier-League-Klub: „Längst rächt sich der Größenwahn der späten neunziger Jahre, als Leeds um jeden Preis auf Pump in die Liga von Arsenal und ManU vorstoßen wollte. Aber plötzlich ist alles auseinandergefallen, sagte Harry Redknapp, der Trainer von Portsmouth, am Samstag, nun müssen sie aufpassen, daß sie nicht ein zweites Sheffield Wednesday werden. Sollte Leeds absteigen und damit von den Fernsehgeldern der Premier League abgeschnitten werden, droht der Konkurs und damit ein Niedergang wie beim heute drittklassigen Pionierklub aus Sheffield. An der Börse ist der Klub derzeit keine zehn Millionen Pfund mehr wert. Im Frühjahr 2001 betrug die Börsenbewertung das Zehnfache. Das Vabanquespiel schien aufzugehen: Leeds erreichte das Halbfinale der Champions League. Doch der Versuch, mit irren Gehältern einen Stammplatz an den europäischen Geldtöpfen zu erzwingen, führte in der Rezession zum finanziellen Desaster. Seit 2002 hat der Klub fast alle Spitzenspieler verkaufen müssen. Und obwohl man etwa für Verteidiger Rio Ferdinand die Rekordsumme von 46 Millionen Euro von Manchester United bekam, steht der Verein immer noch mit Schulden von fast 120 Millionen Euro da. Seit der Verwicklung von Lee Bowyer und Jonathan Woodgate in den brutalen Überfall auf einen dunkelhäutigen Studenten steht Leeds, obwohl die beiden Nationalspieler vor Gericht glimpflich davonkamen, auch für die dekadente Seite des Fußballbooms.“

Felix Reidhaar (NZZ 11.11.) meldet: „Die Sunday Times muss einen Draht ins Direktorium des AFC Leeds United haben – als einziges Sonntagsblatt nahm sie die in den nächsten 24 Stunden umgesetzte Vollzugsmeldung vorweg. Manager Peter Reid, zuletzt in Sunderland nicht sonderlich erfolgreich, muss seine Zelte an der Elland Road nach kurzer Zeit wieder abbrechen. Was nicht weiter verwundern kann: Nach der 1:6-Schlappe in Portsmouth sitzt dem Traditionsklub aus Yorkshire das Abstiegsgespenst neben der Schuldenlast von 78 Millionen Pfund im Nacken. Es starre, heisst es anderswo dramatischer, nach der fünften Niederlage im sechsten Spiel und mit der roten Laterne im Premiership geradewegs in den Abgrund. Vom permanenten Krach zwischen dem Manager alten Stils und dem besten Goalgetter, dem Australier Mark Viduka, war ein besonders schlechter Einfluss auf das Team ausgegangen. Letztlich hat das arrogante Verhalten des am Samstag zu Hause gebliebenen Stürmers, das die Moral im Team drückte und die Spielermeinungen dividierte, Reids Schicksal besiegelt.“

Die Ausgemusterten wollen es sich selbst und den anderen noch einmal zeigen

Martin Pütter (NZZ 11.11.) beschreibt die Erfolgsstrategie bei Aufsteiger FC Portsmouth: „Welten trennen den FC Portsmouth und Leeds United. Der Marktwert der Mannschaft des Aufsteigers von der englischen Südküste beträgt weniger als 7 Millionen Pfund (15,4 Millionen Franken), was der Gegner aus der Grafschaft Yorkshire allein für Mittelfeldspieler Seth Johnson ausgegeben hat. Etliche Leeds-Spieler beziehen einen Wochenlohn von 30000 Pfund – davon können die Spieler bei „Pompey“ nur träumen. Dazu trennten Portsmouth und die United vor dem direkten Match neun Plätze in der Tabelle der Premier League – zugunsten des Aussenseiters. Und der untermauerte die neue Hierarchie: 6:1 wurde Leeds vom Platz gefegt. Es war nicht das erste Mal in dieser Saison, dass „Pompey“ einem Gegner einen empfindlichen Nasenstüber verpasste (…) Das Erfolgsrezept ist ein einfaches. Coach Redknapp vertraut auf Spieler, die anderswo ausgemustert worden sind. Dazu gehören etwa Torhüter Shaka Hislop (früher Newcastle United), Tim Sherwood (Blackburn Rovers, Tottenham Hotspur), Steve Stone (Aston Villa), Patrick Berger (Liverpool) und als Prominentester der ehemalige englische Nationalstürmer Teddy Sheringham, der im Sommer mit 37 Jahren vom Spurs- Manager Glenn Hoddle (mittlerweile entlassen) als zu alt befunden worden war. Nicht beim englischen Meister von 1949 und 1950. Die Routine ist der eine Vorteil, der Kostenfaktor – alle kamen ablösefrei – der andere. Weitere Spieler wurden für einen minimen Betrag verpflichtet, wie etwa der Senegalese Amdy Faye oder aus der Jugendabteilung Gary O‘Neill, der in seinem Début am Samstag gegen Leeds United gleich zwei Tore erzielte. Doch der wichtigste Faktor für den grössten Teil der Mannschaft ist die Motivation – die Ausgemusterten wollen es sich selbst und den anderen noch einmal zeigen.“

Georg Bucher (NZZ 11.11.) bemerkt, dass bei Deportivo La Coruña wieder fast alles im Lot sei: „Anderthalb Jahre hatte Djalminha Feitosa keinen Meisterschaftsmatch mehr mit Deportivo La Coruña gespielt. Am Samstag wurden der Brasilianer sowie der Topskorer Pandiani im zweiten Abschnitt eingewechselt. Die Galicier lagen gegen Real Sociedad in Rückstand, schienen unfähig, das Spiel noch umzubiegen. Also machte Javier Irureta den Aficionados Zugeständnisse und sprang über seinen Schatten. Weil Djalminha ihm im Training eine (leichte) Kopfnuss verpasst hatte, war der Sohn des legendären Selecção-Captains Djalma Santos marginalisiert und später an Austria Wien ausgeliehen worden. Mangels Interessenten kehrte er im Sommer an die alte Wirkungsstätte zurück. Mit Pass auf Capdevila und einem nahe aufs Tor gedrehten Cornerball hatte er Jaureguis zwei Eigentore vorbereitet, beim Siegtreffer in der 87.Minute verwirrte Pandiani den baskischen Unglücksraben Jauregui. Nicht zum ersten Mal bescheinigten die Beobachter Iruretas Auswechselgeschick, doch jetzt taten ihm die Elogen besonders gut. Nach der ersten Heimniederlage (gegen Mallorca) und einem torlosen Remis in Murcia hatte sich das Malaise letzten Mittwoch verstärkt. Durch La Coruña geisterte der „Monacazo“, das 3:8-Desaster im Prinzipat, das sich wie dichter Nebel über die Köpfe legte und Ratlosigkeit verursachte. Zu einem verbalen Befreiungsschlag hatte indessen Andrade nach dem Desaster im bisher torreichsten Champions-League-Match ausgeholt. Der portugiesische Internationale angolanischer Herkunft griff tief in die historische Kiste und bemühte die WM 1954. Damals habe Deutschland nach einer 3:8-Niederlage in der Vorrunde die übermächtigen Ungarn im Berner Endspiel besiegt, warum sollte Deportivo in einer finalen Neuauflage gegen die Monegassen nicht zu einem ähnlichen Husarenritt in der Lage sein. Zweckoptimismus mag dem Ausblick zugrunde liegen. Präsentiert sich Deportivo auch in den nächsten Wochen als Karikatur des einstigen Superdepor, wäre das Thema Champions League schon im Dezember erledigt. Irureta beherrscht die Kunst, eine Baisse mit wenigen Schrammen zu überstehen.“

Heinrich Geiselberger (Tsp 11.11.) berichtet die 0:2-Niederlage River Plates gegen Boca Juniors im Stadtderby von Buenos Aires, dem Höhepunkt im argentinischen Vereinsfußball: „Der Held war in seine Heimat zurückgekehrt. Und er hatte einen guten Grund. Andres D’Alessandro, der Spielmacher des Fußball-Bundesligisten VfL Wolfsburg, der Mini-Maradona, wie sie den schmalen Argentinier nennen, wollte sich den 175. Klassiker von Buenos Aires zwischen River Plate und Boca Juniors nicht entgehen lassen. Das ist für Argentinier der Höhepunkt eines jeden Jahres. Umso bitterer war es für D’Alessandro, den früheren Kapitän von River Plate, dass er mit ansehen musste, wie seine Mannschaft gegen Boca sang- und klanglos mit 0:2 verlor. Die beiden Hauptstadtvereine zählen zu den ruhmreichsten der Erde. Beide gewannen jeweils das Weltpokalfinale, das Duell des Südamerikameisters mit dem Sieger der Champions League. Und seit Jahren bedienen sich ambitionierte europäische Vereine ihrer Stars. In diesem Sommer traf es besonders River Plate. Allein an den VfL Wolfsburg verlor der Klub neben D’Alessandro (9,5 Millionen Euro) auch noch Juan Carlos Menseguez. Zudem hatte sich der FC Bayern Martin Demichelis eingekauft. Vor allem an der Person D’Alessandros lassen sich die Schwierigkeiten von River Plate erklären: Während in den letzten Jahren die Verkäufe von Stars wie Aimar, Saviola oder Crespo schnell durch Nachwuchsspieler kompensiert werden konnten, geriet dieser Mechanismus nun zum ersten Mal ins Stottern. Die Abgänge von sechs weiteren Stammspielern konnten nicht verkraftet werden. Der Plan, die Mannschaft durch „Re-Importe“ erfahrener Legionäre zu stabilisieren, scheiterte. Marcelo Salas und Angel Gallardo sind seit ihrer Rückkehr verletzt. Nelson Vivas trat nach Streitigkeiten mit den Fans ebenso zurück wie Ariel Ortega, der seinen Widerstand gegen die nach Streitigkeiten mit Besiktas Istanbul gegen ihn verhängte Sperre aufgab.“

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Ausscheiden Dortmunds und Schalkes

düstere Stimmung in den Sportredaktionen nach dem Ausscheiden Dortmunds und Schalkes, der „erschreckenden deutschen Schadensbilanz“ (FAZ), in der „Phase des Siechtums und der Selbstfindung“ (SZ) – Kritik der BVB-Fans an Matthias Sammer – Anspruchslosigkeit in Schalke – Thomas Schaaf, der „nüchterne Romantiker“ (SZ) auf Bremens Trainerbank – Fabian Ernst, das gereifte Talent in Bremens Mittelfeld u.a.

Deutsche Schadensbilanz

Michael Horeni (FAZ 29.11.) beklagt fehlende Konkurrenzfähigkeit deutscher Vereine: “Es sind gerade drei Monate internationaler Fußball in dieser Saison gespielt, aber die deutsche Schadensbilanz liest sich schon jetzt eindrucksvoll. Nachdem die Schalker Elfmeterfehlschützen in Kopenhagen auch die Erinnerung an die ehemaligen Eurofighter immer weiter verblassen ließen, war der deutsche Fußball-Labilitätspakt 2003 komplett. Im Jahr 2003 heißen die Endstationen Groclin Grodzisk, Dnjepr Dnjepropetrowsk, Sochaux und Kopenhagen für einst stolze Vertreter einer Liga, die ehedem Stabilität nach Europa exportierte – aber nun nur noch an Nummer vier geführt wird, über höhere Ziele nur noch redet, aber in der Realität im Niemandsland des Mittelmaßes zu verschwinden droht. Selbst der FC Bayern München, die Edelmarke der Bundesliga, nimmt sich in dieser Spielzeit schon nicht mehr selbst zum Maßstab. Das 0:0 in Glasgow wurde allein durch die Niederlage Lyons gegen Anderlecht zum Erfolg veredelt – auch das eine völlig europapolitische Abkehr vom bayerischen Ur-Motto: Mir san mir, stark wie die Stier. (…) Internationale Erfolgserlebnisse, auf denen die Nationalmannschaft im Sommer in Portugal aufbauen könnte (wie sie vor zwei Jahren Leverkusen zur WM mitbrachte), kennen in dieser Saison nur der VfB Stuttgart und die unter dem lieblosen Namen U 21-Nationalmannschaft für die EM qualifizierten und dabei imponierenden deutschen Talente. Die Frische, die Laufbereitschaft, der Kampfesmut und sogar die Spielfreude, mit der jene kleine Gruppe, die im Schatten des großen Geldes und der großen Selbstzufriedenheit ihre Zukunft selbst in die Hand nimmt, wirken begeisternd, aber leider nicht ansteckend. Die Etablierten, die sich derzeit nur noch etwas auf ihre Fußballwunder von gestern einbilden können, gehen bisher über jeden neuen Tiefpunkt mit einer Nonchalance hinweg, die nicht auf eine Wende der Mentalität setzt, sondern nur auf das schnelle Vergessen.“

Phase des Siechtums und der Selbstfindung

Klaus Hoeltzenbein (SZ 29.11.) ergänzt: „Die Schwäche wirkt kollektiv und chronisch. Aber wie passt das alles mit den folgenden Fakten zusammen: Gefeiert wurde 2001 der Gewinn der Champions League durch den FC Bayern, 2002 der Einzug von Borussia Dortmund ins Uefa-Pokal-Finale und kurz darauf am Frankfurter Rathausbalkon, wo Ruudiiiii seine WM-Zweiten präsentierte. Und wie passt das alles zum VfB? Diesem schwäbischen Kleinkunstwerk, in dem sich so viele Tugenden spiegeln: der Drang der Jugend, die Akzeptanz der Ausländer, die Leidenschaft der Abwehr, die Rhythmuswechsel der Offensive und die Schachzüge eines Trainers. Das Glück der Stuttgarter lag in der Krise. Dort spürten sie die drohende Pleite und reagierten, während die Dortmunder sich bis heute nicht aus der Neuen-Markt-Mentalität befreit haben, die sie an die Börse trieb und dazu, die dort gewonnenen Millionen mit der Gießkanne über den Transfermarkt zu streuen. Der Verein wurde zur Aktiengesellschaft, die Spieler zu Unternehmern – der Charakter einer Mannschaft ging in diesem Geschäftsklima verloren. Auf andere übertragen lässt sich die Dortmunder Krankheit nicht, jeder Klub unterhalb von Tabellenführer Stuttgart befindet sich in einer anderen Phase des Siechtums und der Selbstfindung – meist abhängig davon, wann und wie darauf geantwortet wurde, dass Leo Kirch seine Fernsehmillionen nicht mehr mit Hochdruck in den Apparat pumpt. Aus Schalke 04 zum Beispiel ist nur schwer schlau zu werden. Bei Bröndby Kopenhagen im Elfmeterschießen zu scheitern ist per se keine Schande, alarmierend ist das Missverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag des Tabellen-13. in der Liga. Jupp Heynckes, der Trainer, der in Spanien Qualität bewiesen hat, hat das Erbe der Assauerschen Transferpolitik zu verwalten, bei Amtsantritt verlangte er zunächst keine neuen Spieler. Jetzt aber bastelt Schalke mit Macht an seiner Elf 2004, kauft Ailton, will Kuranyi, aber findet der Klub so noch Gehör bei der Elf 2003, die bereits Geschichte ist?“

Andreas Lesch (BLZ 29.11.) schreibt: „Der europäische Fußball-Verband Uefa hat alle internationalen Ergebnisse dieser Saison zusammengerechnet. Deutschland rangiert auf Platz 18, freundlich flankiert von Serbien-Montenegro und Polen. Länder wie Bulgarien und Ungarn sind leider außer Reichweite, doch die Bundesligisten sollten sich nicht grämen. Im Zweifel wirkt gegen die Traurigkeit der Trick, der ihnen oft geholfen hat: Scheuklappen aufsetzen, und nicht mehr nach rechts und links gucken. Nur noch die eigene Liga betrachten – läuft sie nicht wunderbar? Die Zuschauer strömen doch wie selten zuvor, da wird das Niveau so schlecht nicht sein. Dass Ausgeglichenheit auch ein Zeichen allgemeiner Mittelmäßigkeit sein kann – geschenkt. Zumal da noch dieses zauberhafte Bonbon ist, das den nationalen Selbstbetrug vollends versüßt. Es gibt, trotz aller Niederlagen, einen deutschen Klub, der die dritte Runde im Uefa-Pokal erreichen kann: den FC Bayern München.“

NZZ-Kommentar über die Lage des Schweizer Vereinsfußballs

Freddie Röckenhaus (SZ 29.11.) berichtet Kritik an Matthias Sammer: „Wohin taumelt der Klub, der nach Einschätzung des Managers Michael Meier „dreimal soviel“ für seine Mannschaft ausgibt wie Tabellenführer VfB Stuttgart? Nach der Pleite in Sochaux rührt sich erstmals massiver Widerstand bei den Dortmunder Fans gegen die Art, wie die strukturellen Probleme von der Klubführung geleugnet werden. Vor allem wird Trainer Matthias Sammer zum ersten Mal in seinen dreieinhalb Trainerjahren scharf in die Kritik genommen. Das in Fankreisen einflussreiche, seriöse Internet-Forum schwatzgelb.de schreibt: „Warum Sammer immer wieder taktische Fehler mit schwersten Konsequenzen begeht, ist einfach nicht nachvollziehbar.“ In Sochaux hatte Sammer Freund und Feind verblüfft, als er Lars Ricken, den seit Wochen neben Wörns stärksten BVB-Spieler, aus der Mannschaft nahm – und damit den kreativen Kopf, der am vergangenen Samstag gegen Leverkusen beide BVB-Tore vorbereitet hatte. Stattdessen nominierte Sammer Flavio Conceição und Tomas Rosicky, zwei rekonvaleszente Spieler, die noch nicht im Besitz all ihrer Kräfte sind. Zudem brachte Sammer den jugendlichen Helden Salvatore Gambino; und überforderte diesen als Stürmer mit den zusätzlich erteilten Defensiv-Aufgaben. Prompt wusste Gambino sich bereits in der fünften Spielminute nicht anders zu helfen, als den Brasilianer Santos im Strafraum von den Beinen zu zerren. Obwohl der BVB es fertig brachte, in der 73. Minute (!) erstmals aus dem Spielverlauf heraus aufs Tor von Sochaux zu schießen, versuchte der Trainer nach dem Spiel, die Niederlage allein mit den Umständen von Gambinos Feldverweis und der Verletzungsmisere zu begründen. „Den Namen nach“, klagte Sammer, „liest sich unsere Aufstellung vielleicht gut. Aber die sind ja noch nicht wieder voll da.“ Dortmunds Fanforum forderte deshalb eine Erklärung, warum formstarke Spieler auf der Bank blieben.“

Richard Leipold (FAZ 29.11.) schildert Schalker Anspruchslosigkeit: “Am Tag danach sah sich Jupp Heynckes nicht nur als Analyst, sondern auch als Trostspender gefordert. Vielleicht kommt dem Trainer des FC Schalke 04 in diesen schwierigen Zeiten zugute, daß er lange in Südeuropa gearbeitet hat. So versprach er, mit seiner Hilfe werde die Mannschaft stark genug sein, die dunklen Wolken am Gelsenkirchener Fußballfirmament beiseite zu schieben: Auch hier wird die Sonne wieder scheinen, darauf werden wir mit allen Mitteln hinarbeiten, sagte Heynckes, dessen Mannschaft am Abend zuvor gegen den dänischen Spitzenklub Bröndby Kopenhagen aus dem UEFA-Pokal ausgeschieden war. Wir brauchen einen langen Atem, und den werden wir auch haben. Schalke in kleinen Schritten wieder auf Kurs zu bringen sei schwierig, aber um so interessanter. Alles halb so schlimm? Wirtschaftlich sehen die Schalker sich weiter auf der sicheren Seite. Nach offizieller Lesart war der Auftritt in Kopenhagen keine Frage des Geldes. Assauer hatte das Spiel zum Charaktertest ausgerufen. An erster Stelle steht die Ehre, nicht der wirtschaftliche Erfolg. Am Ende stand der Mißerfolg, sportlich und wirtschaftlich. Und wie steht es um die Ehre der königsblauen Kämpfer? Gut, sehr gut sogar. So hört es sich jedenfalls an. Heynckes war voll des Lobes. Ich habe eine Mannschaft gesehen, die zusammenhält. Wenn wir uns auf diesen Teamgeist besinnen, werden wir in der Bundesliga punkten. Als Verlierer im Elfmeterschießen fühlen sich die Gelsenkirchener nicht unehrenhaft aus dem Europapokal entlassen. Besondere Meriten haben sie sich aber auch nicht erworben in den zwei Runden, die sie im erweiterten Kreis des europäischen Spitzenfußballs mitkicken durften. Gravierende Folgen für den Verein sieht Assauer nicht. Auch wenn Schalke früher gescheitert ist als erwartet, will der Manager an seiner schon eingeleiteten Offensive auf dem Transfermarkt festhalten. Auch für die umworbenen Profis werde sich an der Attraktivität des Klubs nichts ändern.“

Er paart eine romantische Ader mit der Nüchternheit des kalkulierenden Kaufmanns

Jörg Marwedel (SZ 29.11.) porträtiert Thomas Schaaf, Trainer Werder Bremens: „Er hat schon zweimal erleben müssen, wie es ist, aus der allgemeinen Euphorie in einen Abwärtsstrudel gerissen zu werden. Auch im vergangenen Jahr war der SV Werder Bremen um diese Zeit Zweiter der Bundesliga, doch im Frühjahr verschwanden die Träume von Uefa-Cup und Champions League. Born und Allofs haben damals fest zum Trainer gestanden; Born bekräftigte gar, er gehöre zusammen mit Allofs zu Bremen „wie Schwein und Schwanz“. Aber im Umfeld rumorte es, die Aufsichtsräte Willi Lemke und Josef Hattig stichelten gegen den Trainer, der offenbar nicht mehr weiter wisse. „Auch Bremen“, sagt Schaaf, „ist kein Biotop. Man hat nach einem Opfer gelechzt.“ Und zuhause fragte Tochter Valeska sorgenvoll: „Papa, müssen wir bald umziehen?“ Spätestens dann wäre Thomas Schaaf ein normaler Trainer geworden. Inzwischen spricht viel dafür, dass er noch lange ein Sonderfall bleibt. In Bremen prüfen sie bereits, ob Schaaf im Falle des Titelgewinns nicht ins Guinness-Buch der Rekorde gehöre, weil es wohl nicht sehr viele Trainer gebe, die seit ihrem 16. Lebensjahr Mitglied eines Vereins sind, dort als Spieler Meister und Europacupsieger wurden und schließlich auch als sportlicher Leiter zu höchsten Ehren kamen. Käme es so weit, hätte das nicht nur mit dem trotz gelegentlicher Intrigen sehr familiären Klima in Bremen zu tun. Schaaf, der in seinem hellgrauen Trainer-Sweatshirt zuweilen ausschaut wie der Leiter einer kirchlichen Jugendgruppe, hat nämlich gleich mehrere Eigenschaften, die ihn herausheben aus der Masse der Fußballlehrer: Er paart eine fast romantische Ader für schönen Fußball mit der Nüchternheit des kalkulierenden Kaufmanns. Er achtet wie kein anderer auf den im Profigeschäft selten gewordenen Gemeinschaftssinn. Er kümmert sich bei Bedarf fast wie ein Seelsorger um seine Spieler. Und er ist beharrlich wie kein Zweiter.“

Butler

Frank Heike (FAZ 29.11.) befasst sich mit Fabian Ernst, dem gereiften Bremer Nationalspieler: „Es ist ein langwieriger Prozeß, den Hochbegabten von den einfachen Dingen des Fußballs zu überzeugen: den Ball nur zum Nebenmann spielen. Nur auf den nächsten Zweikampf konzentrieren. Nicht lange mit Fehlern hadern. Fabian Ernst tat all das nicht. Er versuchte lieber den schwierigen Paß, mancher hatte ihn, den jungen Libero des Hamburger SV, ja schon mit Franz Beckenbauer verglichen, und erwartete man da nicht in jeder Situation etwas Besonderes? Der kaum zwanzig Jahre alte Fabian Ernst ließ dann aber den Kopf hängen, wenn ein paar Zuspiele nicht ankamen, er verlor die Lust, wenn er Zweikämpfe verlor oder ihm einmal ein Ball vom Fuß sprang. Das waren keine guten Voraussetzungen für seinen Weg als Profi. Wieder einmal drohte ein deutsches Fußball-Talent an sich selbst zu scheitern (…) Der 24 Jahre alte geborene Hannoveraner spielt seit Wochen in der Form seines Lebens und bildet mit Micoud, Baumann und Lisztes das Mittelfeldquartett, das den schönsten Fußball der Liga zelebriert. Mag Ailton die Tore schießen, mag Micoud den Takt vorgeben, Ernst und Lisztes sind Lunge und Herz des Bremer Spiels. Ernst ist aggressiv und kreativ zugleich. Laufstark, ballsicher und mit gutem Verständnis für Kombinationen wechselt er zwischen halblinks und halbrechts, bekämpft die Kreativen des Gegners und hat noch Zeit für perfekte Zuspiele. Genau das ist neu und macht Ernst so wichtig für Werder: Er selbst ist fast nie torgefährlich, aber als Butler glänzt er wie kein zweiter – neun Vorlagen hat Fabian Ernst bislang serviert, mehr als jeder andere in der Bundesliga.“

vor der EM-Auslosung FR

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Geschehnisse vom Bundesliga-Wochenende

Bezug nehmend auf die Geschehnisse vom Bundesliga-Wochenende spricht Roland Zorn (FAZ) heute von der „deutschen Fußballkrankheit“, womit er auf das offensichtlich „zerrüttete Vertrauensverhältnis zwischen Schiedsrichtern hüben und Spielern, Trainern, Funktionären drüben“ anspielt. Sowohl in München als auch in Gelsenkirchen trat das sportliche Geschehen zu Gunsten von Zank und Kampf in den Hintergrund. „Vom angekündigten Spitzenspiel war weit und breit nichts zu sehen. Statt dessen fiese Fouls, überflüssige Redeschlachten und heftige Attacken auf den Schiedsrichter.“ Dass nun ausgerechnet Franz Beckenbauer, der schon zahllose Schiedsrichter öffentlich anprangerte und ihnen das Karriereende o.ä. nahe legte (Wer erinnert sich nicht? „In Deutschland werden jedes Wochenende Tausende Jugendspiele gepfiffen…“, „Wenn der zu den besten Europas gehören soll: dann gute Nacht, Uefa!“), allerdings in seiner Bild-Kolumne mehr Respekt gegenüber den Referees heuchelt, ist mit wenigen Worten und an dieser Stelle nicht mehr zu beschreiben. Das ist Stoff für einen historischen Roman.

Bundesliga

Roland Zorn (FAZ 12.11.) fragt. „Was ist bloß los in Deutschlands schönsten Fußballstadien, wo die Sitten der Aktiven, nicht die der teils entgeisterten Zuschauer, allmählich verrohen wie im Eishockey und die Unparteiischen nicht mehr genau zu wissen scheinen, wie sie aus den Rudeln und Trauben um sie herum entkommen können. Zugegeben, die Qualität der besten deutschen Unparteiischen war schon weitaus besser; zugegeben, Schiedsrichter Michael Weiner beurteilte die Dortmunder unnachsichtig, die Münchner aber nicht; zugegeben, dessen Kollege Franz-Xaver Wack schockierte die Schalker mit seinem Elfmeterpfiff zum Finale der vorher schon rüden Auseinandersetzung mit Bayer Leverkusen – doch sollen deswegen die inzwischen zum Bundesliga-Standardprogramm zählenden ausdauernden Händel untereinander und Diskussionen mit den Unparteiischen toleriert werden?“

Michael Witt Oliver Müller (Welt 12.11.) fassen die Reaktionen aus München und Dortmund noch einmal zusammen. „Während der Torhüter sich gestern Redeverbot erteilte, wetterten seine Klubchefs auch zwei Tage nach dem Liga-Spitzenspiel gegen den FC Bayern, der durch gezielte Provokationen den Schiedsrichter beeinflusst haben soll. „Es ist schade, wenn solche unsportlichen Verhaltensweisen auch noch belohnt werden“, sagte Manager Michael Meier. „Und es ist schon eigentümlich, dass durch geschickte Öffentlichkeitsarbeit und psychologische Tricks etwas erreicht wird, das rein sportlich in dieser Situation nicht möglich gewesen wäre.“ Die Lieblingsfeinde mal wieder im verbalen Nahkampf. Wobei sich die Dortmunder in der Rolle des Opfers sehen. Diesmal habe Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld mit seiner Äußerung, BVB-Stürmer Jan Koller neige dazu, Freistöße zu schinden, Stimmung gemacht. „Die Masche kennt jeder“, sagte Meier, „früher wurde Chapuisat diskreditiert, dann Addo, jetzt Koller. Das ist kein Stil, es gibt nach wie vor einen gewissen Ethos.“ Auch Trainer Sammer echauffierte sich: „So etwas macht man nicht. Das ist eine Charakterfrage und nicht mein Niveau.“ Schlechte Verlierer? „Ich möchte gar kein guter Verlierer sein“, sagt Sammer, „Niederlagen machen mich rasend.“ Seit neun Jahren machen die beiden Klubs nun schon die Meisterschaft unter sich aus, unterbrochen nur 1998 durch Kaiserslautern. „Es ist doch gut für den Fußball, wenn es so eine Rivalität gibt. Das ist das Salz in der Suppe“, sagte Borussen-Präsident Gerd Niebaum nach dem „Fußball-Krieg“ („Bild“). Und das, obwohl Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz-Rummenigge vor der Partie Anlegern abgeraten hatte, Fußball-Aktien zu kaufen und damit einen Seitenhieb gegen den einzigen börsennotierten Verein in Deutschland gelandet hatte. Niebaum sagte gestern, mit den Klubchefs aus München habe es „ein sehr entspanntes Mittagessen gegeben“, betonte aber auch, sein Klub werde sich „nicht alles gefallen lassen“. Aussagen wie die von Hitzfeld könne er sich nur so erklären, dass „die Bayern in ihrer Lage zu allen Mitteln gegriffen haben. So etwas macht Hitzfeld nur in Ausnahmesituationen“.“

Martin Hägele (NZZ 12.11.) recherchiert. „Nicht nur die Hardliner vom Boulevard klagen bei den Idolen des Unterhaltungsbetriebs Anstand, Moral und Ordnung ein. Die fehlende Kinderstube auf dem Platz trifft diesen Sport vor allen Dingen auf der untersten Ebene; bei den Spielen der Kinder, Jugendlichen und Amateure wird all das nachgemacht, was man im Stadion oder Fernsehen gesehen hat. 9.828 Fussball-Schiedsrichter sind im Jahr 2001 bundesweit ausgebildet worden, 11.928 haben im gleichen Zeitraum ihren Dienst quittiert. Jahr für Jahr verliert der DFB 35 Prozent seiner Referees wegen verbaler oder körperlicher Attacken. Diese Zahlen, zusammen mit den Vorgängen der letzten zwei Wochen, haben nun aufgeschreckt. Die Schiedsrichter verlangen von Direktor Schmidt und Präsident Mayer-Vorfelder mehr Schutz und einen härteren Kurs gegen Provokateure.“

Borussia Mönchengladbach – Energie Cottbus 3:0

Christoph Albrecht-Heider (FR 12.11.) bereitet den Nachruf auf Energie Cottbus vor. „Der Fußball-Bundesligist FC Energie Cottbus ist nur ein Missverständnis gewesen. Der Klub, vor drei Jahren aufgestiegen, ist im Oberhaus nie wirklich angekommen. Das hat nur peripher mit dem Ost-Stempel zu tun, der auf dem Verein in der westlich geprägten Klassengesellschaft des Fußballs prangt. Die Cottbuser behielten ihr Energie-Label aus alten DDR-Zeiten, gehörten also zu den wenigen Klubs, die das ökonomische Fundament des Stadtlebens auch in der neuen Zeit im Vereinsnamen behielten. Energie lässt einen autoritären Trainer walten, „Ede“ Geyer, den man sich nur schwer an anderer gleichrangiger Stelle vorstellen kann. Die Energie-Spielstätte heißt, eigentlich unverfänglich, Stadion der Freundschaft, doch so, wie die deutsche Geschichte nun mal gelaufen ist, klingt es nach Kommunismus. Aber wie gesagt, die Ossi-Prädikate allein machen aus Cottbus keinen Fremdkörper (…) Cottbus wird sein Intermezzo in der höchsten Klasse beenden, und außerhalb Cottbus‘ werden die Beileidsbekundungen den Charakter der höflichen Floskel nicht überschreiten. Und dann wird wieder Fußball-Alltag sein in der Stadt am Spreewald.“

Christoph Biermann (SZ 12.11.). „226 Tage sind eine lange Zeit. So lange dauert es, bis die laufende Bundesligasaison beendet ist. Noch 22 Partien müssen die Klubs in den kommenden sieben Monaten absolvieren, um ihren Meister zu finden, die Teilnehmer für Champions League und Uefa-Cup und jene Unseligen zu ermitteln, die im kommenden Jahr nur noch in der Zweiten Liga mitspielen dürfen. Nichts ist entschieden – nur in Cottbus dürften die Blätter demnächst unerträglich langsam vom Kalender fallen. Denn früh wie selten scheint das Schicksal des FC Energie festzustehen; die Fahrt durch einen langen, dunklen Zeittunnel beginnt. Neun Punkte beträgt der Abstand auf einen Platz, der den Verbleib in der Bundesliga sichern würde, und nichts deutet darauf hin, dass dieser Rückstand noch aufgeholt werden könnte. Wie ein trauriger Klepper zockelt Cottbus in der Bundesliga dem Feld hinterher (…) Selbst beim Drittletzten der Tabelle in Mönchengladbach war Energie Cottbus nicht annähernd konkurrenzfähig. Einen erbarmungswürdigen Eindruck hinterließ die Mannschaft und war schon nach 23 Minuten und drei Gegentreffern besiegt. Cottbus wird es in dieser Saison wohl nur noch momenthaft vergönnt sein, in der Bundesliga mitzuhalten. Am Bökelberg offenbarte der Erstligist aus dem Osten bestenfalls unteres Zweitliga-Niveau. Wenig ist zudem übrig geblieben von jener zähen Kampfkraft, mit der die Mannschaft von Eduard Geyer zwei Spielzeiten lang die Vorteile der Konkurrenz ausgleichen konnte. Längst geht es nur noch darum, halbwegs würdig durchs Spieljahr zu kommen. Nur auf diese Weise kann der Klub verhindern, dass die Saison zu einem völligen Debakel wird und sich das Publikum in Scharen abwendet. Mitgefühl hatte der Präsident Krein daher vor allem mit der traurigen Hundertschaft von Anhängern, die am Sonntag 650 Kilometer quer durchs Land gefahren waren, um in der unüberdachten Kurve tropfnass vor sich hin zu leiden – ohne Signale der Hoffnung vom Rasen.“

Jörg Stratmann (FAZ 12.11.). „In der Lausitz macht sich unter den Fußballfreunden so etwas wie Herbststimmung breit. Die Verantwortlichen des Tabellenletzten der Fußball-Bundesliga, Energie Cottbus, sehen es mittlerweile realistisch. Spätestens nach dem deprimierenden Erlebnis des 0:3 am zwölften Spieltag bei der gleichfalls nicht sorgenfreien Borussia aus Mönchengladbach hat Präsident Dieter Krein jedenfalls die Parole ausgegeben, für die nächste Zweitliga-Saison zu planen. Es sei für beide Klubs „eine komplizierte Situation“ gewesen, sagte der Gladbacher Trainer Hans Meyer. Doch während sich seine Mannschaft mit entschlossenem Schwung, dem Glück dreier früher Treffer und dank einer soliden Tordifferenz vorläufig von den Abstiegsrängen bis auf Position 14 verabschieden konnte, trug der Cottbuser Kollege Eduard Geyer anschließend „maßlos enttäuscht“ noch tiefere Trauer. „Das hatte wenig mit Energie zu tun und noch weniger mit der Mannschaft, die wir weiter entwickeln wollen“, sagte er. Da erscheint sogar die Aufgabe hoffnungslos, nun bis zum nächsten Abstiegsduell gegen Arminia Bielefeld am kommenden Wochenende eine Elf zu finden, die – wie Geyer sagte – „hundertprozentig zum Verein steht“ und die vielleicht gar noch einmal das Ruder herumreiße.“

Hertha Berlin – Hansa Rostock 3:1

André Görke (Tsp 12.11.) ist überrascht. „Seit Wochen wird der Mannschaft nachgesagt, dass sie nur guten Fußball spiele, wenn auch Marcelinho gut spiele. Wenn also Marcelinho wie am Sonntag nicht auf dem Platz steht, dann hätte Hertha nach dieser Theorie gegen Hansa untergehen müssen. Ein wenig erinnert die Geschichte an die vergangene Saison – und an Sebastian Deisler. Er war Herthas fußballerisch wichtigster Mann. Über ihn liefen die Angriffe, er musste flanken und schießen und grätschen, und Deisler war die größte Hoffnung, wenn die Mannschaft hinten lag. Diese Abhängigkeit kann den Spielfluss hemmen. Als sich Deisler dann am Knie verletzte und monatelang ausfiel, blühte die Mannschaft auf. Es standen plötzlich andere in der Pflicht. Es ist ein bisschen so wie bei einem Platzverweis: dass zehn Leute plötzlich einen Schritt mehr laufen, um den Ausfall zu kompensieren. Gegen Rostock war dieser Deisler-Effekt bei Hertha wieder zu beobachten.“

Christian Ewers (FAZ 12.11.). „Alves kämpfte am Sonntag abend verbissen – und das vor allem gegen die eigenen Schmerzen. Im Uefa-Cup-Spiel gegen Apoel Nikosia hatte er sich die Schulter ausgekugelt, er mußte ausgewechselt werden, sein Einsatz gegen Hansa Rostock schien unmöglich. Erst am Morgen des Spieltages meldete sich Alves bei Trainer Huub Stevens einsatzbereit. Und der sagte verblüfft: „Okay, wir gehen auf Risiko und probieren es.“ Stevens wurde für seine mutige Aufstellung belohnt. Alves, dem seit Jahren das Image einer „hypochondrischen Diva“ anhaftet wie ein schweißnasses Trikot, stürzte sich unerschrocken in die Zweikämpfe und schwang sich zum Ballverteiler im Mittelfeld auf. Eigentlich hätte Stefan Beinlich die zentrale Position besetzen sollen, doch der machtbewußte Alves ließ ihm kaum Platz. Allerdings gönnte sich der Brasilianer schnell eine Auszeit. Nach einer Viertelstunde, Hertha führte mit 2:1, fehlte die Ordnung im Spiel. Die Berliner dösten vor sich hin, und oben auf den Tribünen blätterten die Zuschauer gelangweilt im Stadionheft, das als Weihnachtsgeschenk einen Nasenhaarschneider im Hertha-Look vorschlägt. Nach dem Wiederanpfiff war die lethargische Phase beendet (…) Tatsächlich wird das schwache Zweikampfverhalten den Rostockern zum Verhängnis. Zu Saisonbeginn überraschten sie die Liga noch mit attraktivem Kombinationsfußball und belegten sogar kurzzeitig den zweiten Platz. Doch nun ist Hansa mit seiner Schönspielerei im Tabellenkeller angekommen. Nur die Tordifferenz trennt die Mannschaft noch von einem Abstiegsrang.“

Bayern München in/raus aus der Krise?

Zur Situation des Münchner Teams heißt es bei Elisabeth Schlammerl (FAZ 9.11.). „Das Team befindet sich im Umbruch, die alte Hierarchie wurde zerschlagen, eine neue hat sich noch nicht gefunden. „Es fehlen uns ein paar Führungsspieler, die die anderen mitziehen“, hat Hitzfeld festgestellt. Und schon wissen neunmalkluge Fußball-Experten guten Rat: Dem FC Bayern fehle vor allem ein Typ wie Stefan Effenberg. Dabei hatten die gleichen noch vor fast einem Jahr dem Klub geraten, den alternden Spielmacher schnellstmöglich vor die Tür zu setzen. Damals waren die Münchner genau zu dem Zeitpunkt in die Krise geschlittert, als Effenberg nach längerer Verletzungspause in die Mannschaft zurückgekehrt war. Die Verantwortlichen in München waren sich darüber klar, daß Michael Ballack ein anderer Spielertyp ist als Effenberg. Hitzfeld wurde nicht müde, dies am Saisonanfang immer wieder zu betonen. Die Rolle des gefürchteten Antreibers, der andere für sich laufen läßt, liegt Ballack nicht. Er ist eher der nette Anführer, der auch für andere kämpft, sich allerdings nicht scheut, Verantwortung zu übernehmen: „Aber nicht auf Knopfdruck. Nicht durch Sprücheklopfen oder indem ich die anderen zusammenstauche.“ Aber war Effenberg mit 25 Jahren schon der „Leitwolf“? Es hat erste Anzeichen gegeben, daß er einmal einer werden könnte, weil er schon damals polarisiert hat mit seiner egozentrischen Art. Aber er war in diesem Alter nicht mehr als ein Rebell. Zur Führungspersönlichkeit ist er erst später gereift, im Laufe seines zweiten Gastspiels in Mönchengladbach, als er schon bald 30 Jahre alt war. Ballack braucht noch Zeit, um sich in der Münchner Hackordnung weit oben festzusetzen (…) Die vakante Antreiberrolle zu übernehmen wäre eigentlich eine Aufgabe für Oliver Kahn gewesen, der Torhüter ist aber im Moment viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Giovane Elber als sein Stellvertreter hat wohl großen Einfluß bei der Südamerika-Fraktion der Bayern, aber beim Rest der Mannschaft gilt er mehr als netter Spaßvogel denn als Respektsperson. Jens Jeremies hat in den vergangenen Wochen und Tagen versucht, das kleine Machtvakuum zu füllen. Er redete Klartext, als es den meisten anderen die Sprache verschlagen hatte angesichts ihrer Vorstellungen. Aber er hat sich nur nach dem Spiel abgehoben von seinen Kollegen, nicht im Spiel.“

Thomas Kistner (SZ 9.11.) analysiert die Machtkonstellation in der Münchner Führungsetage der. „Beckenbauer behagt die Rolle als Frühstücksdirektor nicht wirklich. Operativ wurde er ausgeschaltet, auch gab es Verwerfungen bei der Umgestaltung der Führungscrew. Sein wirtschaftlicher Sachverstand war in Zweifel gezogen und Kritik laut geworden an seiner endemischen Selbstvermarktung, die auffallend konsequent mit den Werbeinteressen des Vereins kollidiert. Beckenbauers kürzlich verstorbener Manager Robert Schwan hat ein duales Werbesystem installiert: Warb der Klub mit Opel, fuhr der Franz Mercedes, trank der Klub Erdinger, stieß der Franz mit Warsteiner an, Energie holte er sich bei Yello statt beim Klubsponsor e.on, telefoniert wurde mit E-plus, dem Marktrivalen des damaligen Klubsponsors Viag Intercom. Im Frühjahr der erste Showdown: Rummenigge/Hoeneß zogen den Großsponsor Telekom an Land und ließen Beckenbauer mit dessen Kandidaten Deutsche Post AG abblitzen. Zum Trost verbandelte sich der Werbekaiser selbst mit der Post, und kaum war die öffentliche Ruhe wieder hergestellt, sattelte er einen drauf, indem er bei Telekoms Marktrivalen O2 andockte (…) Sein letzter Coup: Während die Bayern an ihrer neuen Allianz-Arena basteln, tritt Beckenbauer mal eben für die Hamburg-Mannheimer an. Auf Dauer erodiert das die Glaubwürdigkeit – bei einem Klub, der seit langer Zeit beispiellos seriös geführt wird im nationalen wie internationalen Vergleich. So legte sich Rummenigge jüngst mit dem DFB wegen dessen Markenpolitik an – es ginge nicht, dass Bedienstete des FC Bayern, der jährlich fünf Millionen Euro von Audi kassiert, bei jedem Länderspiel für Mercedes posieren. Aber wie kann man saubere Linien bei anderen fordern, wenn man sie im eigenen Haus nicht hat? (…) Der Konflikt wurde und wird nicht bewältigt, also befindet sich das Binnenklima im fortgeschrittenen Zerfallsstadium. Um so mehr scheuen die Vorständler jedes öffentliche Kräftemessen. Jedes starke Wort könnte Angriffsfläche bieten – und ihre größte Angst gilt der medialen Macht hinter Beckenbauer. Der Präsident hat Springer und Premiere im Kreuz und erste Warnschüsse zur sportlichen Krise bereits gegeben. Letzte Woche verhängte Beckenbauer die Höchststrafe über Hitzfelds Ensemble: Da sei „kein Leben drin“, verriet er bei Premiere. Tage später gab sein alter Intimus Lothar Matthäus in Bild den Büchsenspanner: „Franz muss eingreifen!“ Die sportliche Krise können Rummenigge/Hoeneß auch ohne Beckenbauer meistern: Die absehbare Trennung von einem verdienten Trainer, den sie alle drei nicht mehr erreichen. Aber was einst der Kaiser per Bulle verfügte (sorry, Otto Rehhagel), müssen die anderen heute eleganter lösen. Das Fußballvolk misst sie eben nicht mit dem Beckenbauer-Maß.“

Michael Horeni (FAZ 11.11.) schreibt zu diesem Thema. „Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge nutzten dann die Gelegenheit, um in fast schon regierungsamtlichen Erklärungen nach den mittleren Beben, die den mächtigsten deutschen Klub zuletzt durchgeschüttelt hatten, alte Souveränität zu vermitteln. Rummenigge schwärmte von „wunderbaren Gesprächen“, die es am Mittwoch auch mit Franz Beckenbauer gegeben habe und wonach die bayrische Troika den „Schulterschluß“ vollzogen habe. Vier Stunden dauerten die Unterredungen in „lockerer Atmosphäre“ (Hoeneß), nachdem die Stimmung sich zwischen den Bayern-Anführern zuletzt, wie auch der Manager zugab, eingetrübt hatte. Hoeneß stellte zudem klar, daß Hitzfeld trotz des tagelangen präsidialen Schweigens stets wußte, woran er war. „Wir haben aber unsere Aufgaben zu Hause gemacht“, sagte der Manager, und auch in Zukunft werde der Klub erst wieder an die Öffentlichkeit treten, wenn er etwas Substantielles zu erklären habe. Die Bayern ließen sich nicht zum Spielball der Medien machen, und auch Kommentator Beckenbauer werde Rücksicht auf die Interessen des Klubs nehmen, sagte Hoeneß. Beckenbauer hat sich noch nicht geäußert.“

Martin Hägele (NZZaS 10.11.) wirft ein. „„Der Verein hat intern Ruhe bewahrt, und die Mannschaft hat die richtige Reaktion gezeigt“, so Hitzfeld kurz gefasste Analyse. Bezeichnenderweise sprach der ins Fadenkreuz der Kritik geratene Erfolgstrainer erst vom Klub – und dann erst von den Spielern, was den Schluss zulässt, dass diese schwierige Phase vor allem aus der Führungsetage ausgelöst wurde. Von dem zum Aufsichtsratsvorsitzenden weg gelobten Franz Beckenbauer, der mit seinem medialen Gefolge von Fernsehen und Boulevard seine Stunde gekommen fühlte, um richtig draufzuhauen: vordergründig auf die Mannschaft und den Trainer, in Wirklichkeit galten seine Attacken aber den Vorständen Rummenigge und Hoeness, die im FC Bayern das Tagesgeschäft und die Politik machen. Deren beharrliches Schweigen erwies sich nun als die richtige Antwort auf des „Kaisers“ Getrommel. Was nur eins zur Folge haben kann: Franz Beckenbauer, die Übergestalt des deutschen Fussballs wird im eigenen Verein in Zukunft noch weniger ernst genommen als zuletzt. Seine Nachfolger Hoeness und Rummenigge aber haben sich in der wohl schwierigsten Lage des vergangenen Jahrzehnts weiter profiliert.“

Jan Christian Müller (FR 12.11.). „Der Sieg über die Borussia hat die unübersehbaren Risse im komplizierten Geflecht Aufsichtsrat/Vorstand/Trainer/Mannschaft übertüncht. Denn so furchtbar falsch, wie Uli Hoeneß es in seinem quotenträchtigen Auftritt beim Deutschen Sportfernsehen am Sonntag glauben machen wollte, hatten die Gazetten ja gar nicht gelegen. Hoeneß demaskierte sich selbst, als er auf die Frage nach dem angeblich drohenden Rauswurf von Ottmar Hitzfeld antwortete: „Das ist der größte Schwachsinn aller Zeiten. Wir wären ruhig geblieben.“ Um sodann hinzuzufügen: „Wir hätten erst mal versucht, in die Winterpause zu kommen. Schnellschüsse wird es beim FC Bayern nicht geben. Wenn wir fünf, sechs Spiele verlören und in der Meisterschaft keine Chance mehr hätten, dann hätten wir uns natürlich Gedanken machen müssen.“ Das wäre dann doch bald der Fall gewesen, wenn die Bayern sowohl gegen Hannover als auch gegen Dortmund verloren hätten, was angesichts der Spielverläufe möglich gewesen wäre (…) Hoeneß wird am besten wissen, dass der mediale Mehraufwand, der in den vergangenen Wochen für Bayern München nicht nur in bayerischen Redaktionsstuben betrieben wurde, seinen Ursprung nicht im Wunschdenken bösmeinender Lohnschreiber hatte. Zumal nicht bekannt ist, dass irgendein Fußball-Reporter von Belang Hitzfeld – ganz im Gegensatz etwa einst zu Otto Rehhagel – aus persönlicher Abneigung Schlechtes wünscht. Hitzfeld stand bis zum Wochenende derart schutzlos da, dass der kicker es wagte, seine vorab gedruckte Vierfarbausgabe mit einem ungewohnten Schwarzweiß-Bild des Fußballlehrers aufzumachen. Visuell wirkte das fast schon wie ein Nachruf auf einen großen Trainer. Längst hatte die Süddeutsche Zeitung auf der Trainerbank ein „Knäuel aus Glück“ entdeckt. Wie sich Hoeneß und Hitzfeld gemeinsam diabolisch freuten, ist auch Ausdruck dafür, dass die Luft dünn und der Druck groß geworden war für den Trainer am Alpenrand. Nicht nur der Druck von außen.“

Zur nationalen Torwartdiskussion meinte Thomas Kilchenstein (FR 9.11.) vor dem letzten Spieltag. „Jens Lehmann und Oliver Kahn, die sich heute im Olympiastadion im direkten Duell gegenüberstehen, sind nach wie vor Deutschlands beste Handwerker. Wobei sich der Dortmunder im Augenblick wohl nicht nur in der Form seines Lebens befindet, sondern derzeit auch mehr als einen Tick stärker ist als sein Münchner Dauerrivale. Lehmann hat in elf Bundesligaspielen nur sieben Tore kassiert, Kahn in zehn Spielen zehn, darunter auch solche Raben wie letzten Sonntag in Bremen. Lehmann hält momentan selbst die Unhaltbaren, Kahn nicht mal die Haltbaren. Auffallend ist freilich, dass Lehmann in dem Maße Pluspunkte sammelt, wie Kahns Status als glorreichster Held der jüngeren deutschen Fußballgeschichte bröckelt. Kahn in der Disco, Kahn auf dem Golfplatz, Kahn auf der Flucht aus Deutschland, heißen die Schlagzeilen, vom Torwart Kahn ist immer weniger die Rede, und wenn, dann wird über dessen Unsicherheiten im Tor geschrieben. „Er patzt weiter“ (Bild). Und: Erstmals seit Andreas Köpke spürt Oliver Kahn wieder einen Konkurrenten im Nacken, der ihm gefährlich werden könnte. Denn es ist mittlerweile nicht mehr so, wie Lehmann einst resignierend gesagt hat, dass „ich nur dann die Nummer eins werde, wenn der Olli eine Affäre mit der Frau von Rudi Völler anfängt.“ Dabei, auch das ist frappierend, sind sich die beiden Torsteher durchaus ähnlich in ihrer Art. Beide provozieren und lassen sich gern provozieren, beide haben größte Mühe, ihre Emotionen im Kasten zu lassen, oft gelingt ihnen das nicht. Sei es, dass der eine (Kahn), wie zuletzt, einen Gegenspieler hart in den Nacken greift, wie ein Kung-Fu-Fighter auf andere zuspringt oder am Hals schnappt, sei es, dass der andere (Lehmann) einen am Boden Liegenden mit Füßen tritt oder einen mit einem Ellenbogencheck zur Seite rammt. Beide geben zu, „eine gewisse Aggressivität“ für ihre Spitzenleistungen zu brauchen, beide legten und legen bislang eine reichlich unerträgliche Großmannssucht an den Tag, beiden ist die Person im Tor manchmal fremd.“

Evi Simeoni (FAZ 9.11.) kommentiert augenzwinkernd. „Wo, bitte, bekommt man eigentlich die Aufnahmeanträge für den Klub der Trübsinnigen? Oder sind die nun auch noch knapp geworden, so wie zuvor schon die Zuversicht und der Sonnenschein? Man schaut auf der Suche nach zündenden Ideen aus dem Fenster und sieht doch nur, wie vor grauem Hintergrund kalte Regentropfen die Scheibe hinunterlaufen, und das nicht einmal um die Wette. Wieso auch: Im November hat doch ohnehin kaum jemand Lust auf Sport. Und doch gibt es irgendwo da draußen Leute, die gerade auf einem schlammigen Stückchen Sportplatz Fußball spielen. Und andere, die unter den letzten fallenden Blättern ihre Dauerläufe machen. Das müssen aber tapfere Leute sein, die einfach ignorieren können, daß ihr Körper nach einer Decke aus Kaschmir schreit, und lieber keuchend durch das Unterholz brechen. Aber ist ihre Überwindung wirklich so groß, wie es scheint? Am Ende tut ein jeder doch nur, was er muß. Der eine flieht ein unbehagliches Zuhause, den anderen zieht die Hoffnung auf Ruhm und Geld hinaus, und der dritte folgt dem inneren Diktator, der stärker ist als jeder Verstand (…) Und was zieht Oliver Kahn zwischen die Pfosten? Das wollen wir wohl alle gerne wissen. Er gilt zwar meistens als einer der besten Torhüter der Welt. Trotzdem scheint es so, als litte er in jedem Spiel Höllenqualen. Nach jahrelangem, schwerem, unendlich mühseligem Training schafft er es meistens, den Ball unter Kontrolle zu halten – wenn auch nicht immer sich selbst. Er will der beste sein, der allerbeste, und das genügt auch noch nicht, er will der perfekte Torhüter sein (…) Das Schicksal, das lernen wir mit Kahn, hat einen präzisen Sinn für Timing. So rutschte ihm bei der Weltmeisterschaft der Ball erst in dem Moment aus den Händen, als dieser Mißgriff ihn den Titel kostete. Und nun passiert ihm ein Fehler nach dem anderen, obwohl er sicher ist, daß er eigentlich das emotionale Absterben des FC Bayern München aufhalten muß. Er wird es nicht schaffen. King Kahn ist nur ein Mensch. Bild feiert diese Entdeckung genüßlich Tag für Tag und serviert dem gebeutelten Mann auf der verregneten Straße täglich eine Portion Schadenfreude. Das ist nicht leicht für Kahn, gibt aber seiner Berufswahl wieder Sinn: Ein Torhüter ist ein Mensch, der seine Qualitäten beweist, wenn er unter Beschuß steht.“

Zweite Liga

Roland Leroi (SZ 11.11.) vergleicht den neuen Duisburger Interimstrainer Bernard Dietz mit seinem Vorgänger. „Einer, der alles für den Verein gibt. Beim Vorgänger war das nicht mehr der Fall. Im Sommer 2001 kam Littbarski nach Duisburg und wollte den biederen Verein nach vorne bringen – sowohl auf dem Spielfeld als auch in der Außendarstellung. Ein Anspruch, an dem beim MSV schon viele scheiterten. Auch Littbarski dämmerte schließlich, was er zunächst nicht wahrhaben wollte: Mehr als Mittelmaß ist in Duisburg nicht drin. Für einen wie ihn keine verlockende Perspektive. Zumal bald fortlaufend Kritik ertönte. Die Fans stellten sich gegen Littbarski, ihm wurde permanent vorgehalten, dass er im Sommer acht Wochen Urlaub machte, anstatt sich um die Mannschaft zu kümmern. Und die sportliche Bilanz ließ zu wünschen übrig. In 47 Pflichtspielen unter seiner Regie blieb der versprochene Aufschwung aus. Littbarski trat die Flucht nach vorne an, kritisierte solange Mannschaft, Management und Vorstand, bis der Vorsitzende Walter Hellmich den Trainer vor die Tür setzte.“

Auslandsfußball

Italien

Birgit Schönau (SZ 11.11.) beleuchtet die Lage des verschuldeten Lazio Rom. „Roberto Mancini ist als Mensch zu konkret und als Fußballer zu erfahren, um abergläubisch zu sein. Deshalb denkt er auch nicht, es läge womöglich an ihm. Mancini, 38, war einer der begabtesten italienischen Spieler, ein Idol der Tifosi zunächst bei Sampdoria Genua, dann bei Lazio Rom, bevor er im vergangenen Jahr beim AC Florenz als Trainer anheuerte. Dass bei der Fiorentina schon Monate vorher keine Gehälter mehr gezahlt wurden, machte ihm offenkundig nichts aus: Il Mancio, wie sie ihn halb kumpelhaft, halb ehrfürchtig nennen, arbeitete umsonst wie die meisten seiner Spieler, aber das konnte seinen Job und den Klub am Ende doch nicht retten: Der AC Florenz ging Pleite, wurde in die Vierte Liga relegiert, und Mancini wechselte zu seinem alten Verein Lazio Rom. Dass auch dort schon seit Monaten keiner seinen Lohn bekam, scherte ihn nicht, dass der Patron Sergio Cragnotti im Sommer die besten Spieler verkauft hatte, ließ den neuen Trainer kalt. Kapitän Alessandro Nesta, der letzte Römer in der Truppe, ging zum AC Mailand, der argentinische Torjäger Hernan Crespo zu Inter. Mancini biss die Zähne zusammen, schaffte es, in der allgemeinen Krisenstimmung Pflichtbewusstsein, sogar Enthusiasmus zu vermitteln („Was für eine Krise? Unsere Trikots sind gewaschen und gebügelt wie immer, also spielen wir auch!“), und führte Lazio auf Platz vier. Sie kicken wie in alten Zeiten, als sie noch Veron und Vieri hatten, Nesta und Nedved, dabei treten jetzt Pancaro, Fiore und Castroman den Ball, Männer, nach denen außerhalb der Kapitale kein Hahn kräht.“

Peter Hartmann (NZZ 12.11.). „Juventus gegen Milan: ein Prestigeduell, zehn Scudetti“ (Meisterschafts-Abzeichen) haben die beiden Klubs in den letzten 15 Jahren unter sich aufgeteilt. Juventus ist der gegenwärtige Meister, Milan gewann den Titel letztmals 1999, worauf Präsident Silvio Berlusconi den Trainer Zaccheroni entliess, weil er ihm politisch nicht passte. Zaccheroni ist Anhänger des Mitte-Links-Bündnisses Ulivo und nach einem Überbrückungsjob bei Lazio derzeit arbeitslos. Auch ein fussballideologisches Duell: Marcello Lippi, der Juve-Erfolgstrainer der neunziger Jahre, kehrte vor einem Jahr nach einem Abstecher zum Problemklub Inter (man müsse „die Mannschaft an die Wand stellen und jeden Spieler einzeln in den Hintern treten“, sagte er im Sommer 2000 nach dem ersten Meisterschaftsspiel und ging) zu Juventus zurück. Als Nachfolger Ancelottis. Carlo Ancelotti war bei Juve gekündigt worden, weil er zweimal hintereinander nur Platz zwei erreicht hatte. Präsident Berlusconi hat ihm den Auftrag erteilt, bei Milan eine Revolution durchzuziehen wie einst Arrigo Sacchi (siehe auch http://www.indirekter-freistoss.de/index/Nachschuss/nachschuss.html) in den achtziger Jahren. Der Padrone verstärkte die Mannschaft mit Nesta und Rivaldo und verlangt von Ancelotti eine moderne, kreative Spielweise, angelehnt an die grossen europäischen Vorbilder Manchester United und Real Madrid.“

England

Zum Abschied von der Maine Road besiegte Manchester City den Lokalrivalen mit 3:1 Christian Eichler (FAZ 11.11.) berichtet. „„Solch eine Anfeuerung von den Fans habe ich seit den siebziger Jahren, als der Kop, die legendäre Stehtribüne in Liverpool, noch 20.000 Leute faßte, nicht mehr gehört“, sagte City-Trainer Keegan. „Wir müssen umziehen, weil ein Stadion mit 48.000 Plätzen uns hilft, den Abstand zu den großen Klubs wie United zu verringern. Aber wir brauchen weiter ein Stadion, das den Gegnern Furcht einflößt.“ Das tat es am Samstag in atemraubender Weise, und Keegan vermutete: „Die Fans wollten einfach nicht weg von der Maine Road, ohne wenigstens noch einmal Manchester United zu schlagen.“ Die Mannschaft der City, die noch vor drei Jahren in der dritten Liga dümpelte, spielte mit ihrer Leidenschaft die halbherzigen Millionäre der United, vor drei Jahren noch an Europas Spitze, vor 34.600 Zuschauern geradezu an die Wand (…) Spötter sagen bereits, daß Sir Alex Ferguson in dieser Saison größere Erfolge mit seinen Rennpferden habe als mit seiner Mannschaft. Der United-Trainer hatte sich beim Anpfiff auf die Tribüne gesetzt, doch bald schon sah man ihn, erfolglos Kommandos hineinbrüllend, am Spielfeldrand. Nach dem Spiel sagte er lieber gar nichts mehr. Längst droht der Serienmeister der neunziger Jahre im Mittelmaß zu versinken. Auch die Befürchtungen, das Derby werde von einer Vendetta-Stimmung geprägt sein, bewahrheiteten sich nicht. Dazu trug die Sperre von Roy Keane bei, der beim letzten Stadtduell im April 2001 im Stadion Old Trafford seinen norwegischen Gegenspieler Alf Inge Haaland schwer verletzt hatte, und das, wie er in seiner in diesem Sommer erschienenen Autobiographie zugab, mit voller Absicht. Die Attacke war so brutal, daß der damalige City-Trainer Joe Royle sagte: „Alfie hatte Glück, daß sein Bein in der Luft war, sonst würden wir es heute noch suchen.“ Haaland kämpft seitdem, obwohl erst 29 Jahre alt, gegen die Sportinvalidität, ihm droht nun die dritte Knieoperation. Er hat seit dem Foul kein vollständiges Match mehr bestreiten können. Keane sitzt derzeit nach seinem autobiographischen Rachegeständnis eine Verbandssperre von fünf Spielen ab, eine nach verbreiteter Meinung in England lächerliche Strafe. Und doch, die Vendetta an der Maine Road blieb aus. Es gab keine Jagdszenen, keine offene Brutalität, keine Rachegelüste, nur exakt die Strafe, die das Team von Roy Keane und Alex Ferguson mehr schmerzte, als es jede Unsportlichkeit könnte: eine sportlich verdiente Niederlage.“

Eine empfindliche Niederlage mußte ManU gegen den Stadtrivalen ManCity an der Maine Road einstecken, wobei die Squad aus Old Trafford mit dem Ergebnis noch gut bedient war. Nicolas Anelka eröffnete bereits in der fünften Spielminute den Torreigen für das Team des Ex-Nationaltrainers Kevin Keegan. Nachdem Ole Gunnar Solskjaer in der 8. Minute den Ausgleich erzielen konnte, sicherte Shaun Goater durch einen Doppelpack City die drei Punkte. City konnte somit erstmals seit 1989 das Stadtderby für sich entscheiden und unterstrich den positiv Trend von drei gewonnen Premier-League Spielen in Folge.

Middlesbrough vs. Liverpool 1:0

Einen Rückschlag im Kampf um die Tabellenspitze mußte Liverpool durch eine bittere 1:0 Niederlage in Middlesbrough verkraften. In der 82. Minute unterlief dem polnischen Internationalen und Torhüter der Reds Jerzy Dudek ein folgenschwerer Fehler, den Gareth Southgate zum 1:0 zu nutzen wußte. Trotz der Hinausstellung von Alen Boksic in der 88. Minute konnte Boro den Sieg über die Zeit retten und so den Kontakt zum oberen Tabellendrittel halten.

Aus dem Patzer Liverpools konnte Arsenal Kapital schlagen und durch ein 1:0 gegen Newcastle in Highbury den Abstand zu Liverpool auf nun mehr einen Zähler verkürzen. Matchwinner war der französische Nationalspieler Sylvain Wiltord, der in der 24. Minute den Siegtreffer für die Gunners erzielte. Arsenal konnte durch den Sieg seine negativ Serie mit drei verlorenen Heimspielen in Folge beenden.

Europas Fußballöffentlichkeit schaut diese Woche auf den FC Basel

Christian Eichler (FAS 10.11.). „Vorwarnung: Es geht um Schweizer Fußball. Aufstöhnen. Muß das sein? Arme Schweizer. Den ösigen Nachbarn gelingt es wenigstens ab und zu, sich mit großer Geste zu blamieren. Die braven Schweizer dagegen fallen im großen Fußball nur durch Villenlagen für internationale Verbände auf und durch ihren Fifa-Chef, dessen blatterhafte Wendigkeit die jedes eidgenössischen Stürmers mühelos übertrifft. Bald könnte sich das ändern. Erst schaffte das Schweizer Nationalteam, was Deutschland nicht schaffte: einen Sieg gegen die Iren, deren Trainer prompt zurücktrat. Diesen Dienstag kann der Schweizer Meister sogar erreichen, was Bayern München nicht erreichte: Runde zwei der Champions League. Der FC Basel ist Tabellenzweiter, vor dem FC Liverpool. Mit einem Remis würde er Englands Rekordmeister aus Europas Luxusklasse befördern.“

Sven Gartung (FAS 10.11.). „Auch der Fußballverband sieht die sportlichen Meriten Basels mit Wohlwollen. Selten war die Welle der Begeisterung um Fußballspiele in der „Confoederatio Helvetica“ so einmütig. Das ist durchaus von Belang: Denn am 12. Dezember wird über die Ausrichtung der Fußball-Europameisterschaft 2008 entschieden. Die Schweiz, im Verbund mit Österreich, hat sich diesbezüglich gewissenhaft vorbereitet und rechnet sich – bestärkt durch den breiten Rückhalt in der Bevölkerung – durchaus reelle Chancen auf den Zuschlag aus. Die an den Erfolgen einer Vereinsmannschaft wachsende landesweite Fußballbegeisterung kommt also gerade recht. Die Erfolge der Nationalmannschaft liegen nämlich mit den Teilnahmen an der EM 1996 und der WM 1994 ein gutes Weilchen zurück. In Zürich schauen sie derweil ein wenig argwöhnisch herüber nach Basel: Der Grashopper-Club (GC), jahrelang auf Erfolg abonniert und international immer genannt, droht – obschon Tabellenführer und im UEFA-Cup dabei – hinter dem FC Basel zurückzubleiben. Wirtschaftlich müßte der Verein in neue Dimensionen stoßen, ansonsten würde sich fortsetzen, was mit Torwart Zuberbühler, den beiden Yakins, Verteidiger Haas, Mittelfeldspieler Esposito und Trainer Christian Gross begonnen hat: Nach einem Intermezzo beim GC stehen die Spieler nun in den Reihen des größten Rivalen aus Basel und eilen von Sieg zu Sieg. Der GC-Vorstand, der die gewinnbringende Erfolgssträhne im lange als Zürcher Vorort verspotteten Basel mit wachsender Sorge beobachtet, will nun seinerseits die Weichen für eine bessere Zukunft stellen. Aber was ist in diesen Tagen schon der GC?“

Ist der FC Liverpool für das entscheidende Spiel in Basel gerüstet? Felix Reidhaar (NZZaS 10.11.) dazu. „Nichts brachte Gérard Houllier letzte Woche derart auf die Palme wie «die Schweizer Presse». Den Zorn des pauschalisierenden Liverpool-Managers hatte der „Blick“ provoziert mit dem angeblichen Zitat von Stéphane Henchoz, der FC Basel sei kein Champions-League-Hindernis für seinen Klub. Das Gegenteil treffe zu, er kenne seinen Verteidiger und traue ihm solchen verbalen Unsinn nicht zu, sie alle hätten grossen Respekt vor dem Schweizer Meister, der dank guter Qualität zurecht auf Platz 2 stehe. In der scharfen Reaktion manifestierte sich eine Spur von Nervosität des empfindlichen Franzosen.“

Sonstiges

Zur Entscheidung, Gehaltsobergrenzen im europäischen Fußball einzuführen, bemerkt Wolfgang Hettfleisch (FR 9.11.). „Was die Aristokratie des europäischen Klub-Fußballs da beiläufig in die Welt gesetzt hat, ist eine Beruhigungspille für die Öffentlichkeit: Seht her, bei uns wird bald solide gewirtschaftet. Das angewandte Prinzip erinnert irgendwie an die politische Kultur der Kohl-Ära. Selbstverpflichtungen der Wirtschaft etwa in Sachen Schadstoffausstoß waren damals en vogue. Natürlich mit dem einzigen Ziel, einer gesetzlichen Verpflichtung zuvorzukommen. Ähnliches gilt auch für den G14-PR-Gag. Geboten ist ein einheitliches Regelwerk für Grundlagen des Geschäftsgebarens im Profifußball in Europa, kein fadenscheiniges Salary-Cap-Imitat als Demutsgeste der Großen (…) Es bedarf eines europaweit verbindlichen Verfahrens zur Feststellung nicht nur der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, sondern auch der finanziellen Redlichkeit der Klubs, einer Harmonisierung der nationalen Prüfungsanforderungen und -methoden. Und es ist diesbezüglich richtig, dass das Lizenzierungsverfahren der Deutschen Fußball-Liga ungeachtet des Sommer-Tourneetheaters zwischen Frankfurt und Unterhaching in Teilen durchaus Vorbildfunktion haben kann. Die Europäische Fußball-Union Uefa kann den nötigen Schritt wegen überkommener Verbandsstrukturen und mangels Know-how kaum machen. Aber sie kann die Beteiligten (Nationale Fußballverbände und Ligabetreiber, Europäische Spielergewerkschaft, Brüsseler Emissäre, Klub-Chefs) an einen Tisch rufen und ihr Logo draufkleben. Dann käme vielleicht mehr heraus als ein 70-Prozent-Placebo.“

Javier Cáceres (SZ 12.11.). „Dass er vom Saddam-Regime vereinnahmt werden könnte, hält er für ausgeschlossen. Er habe sich schließlich vertraglich zusichern lassen, sich nicht zu politischen Angelegenheiten äußern zu müssen. Andererseits ist Saddam Husseins Sohn Uday Präsident des irakischen Verbandes; auf dessen Betreiben hin sollen Spieler nach Länderspielniederlagen gefoltert worden sein. Stange meint, dass er sportlich das Sagen haben werde. Auch das sei im Kontrakt verankert. Zwar gesteht Bernd Stange ein, dass er das Angebot der Iraker auch um des persönlichen Vorteils willen angenommen habe. Sie hätten ihm ein „krankhaft hohes“ Salär geboten; und er sei „dieser gottverdammten Arbeitslosigkeit“ überdrüssig gewesen, die über ein Jahr angedauert hatte. Mitentscheidend dürfte aber gewesen sein, dass er sich als Trainergröße verkannt fühlt.“

Gewinnspiel für Experten

Ballschrank

Quälend langsam tickt die Uhr

Chinas WM-Qualifikation löst Enthusiasmus aus: Wie kann ausgerechnet ein WM-Neuling und krasser Außenseiter den Fußball als Plattform „nationaler Selbstdarstellung und öffentlicher Anerkennung für Größe und Macht“ entdecken? (mehr …)

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„Plötzlich finden die Bayern den Pokal ganz toll“

„Plötzlich finden die Bayern den Pokal ganz toll“, resümiert die FR die Reaktionen der Münchner nach deren Einzug ins DFB-Pokal-Viertelfinale und entsinnt sich der gegenüber diesem Wettbewerb abschätzigen Bemerkungen seitens Beckenbauer Co. in der Vergangenheit; zu einer Zeit, als man noch auf internationalem Terrain Lorbeeren ernten konnte. Das 5:4 nach Elfmeterschießen gegen Titelverteidiger Schalke war allerdings „kein Beitrag für das Fußball-Geschichtsbuch“, wie die FAZ enttäuscht feststellt. „Die Spieler des FC Bayern München und des FC Schalke 04 müssen sich der Fußball-Verhinderung anklagen lassen“, heißt es an gleicher Stelle über das „schändliche Auftreten“ beider Teams. Von ihrem vor der Saison verkündeten und vermutlich an Konkurrent Bayer Leverkusen orientiertem Vorhaben, attraktiven Fußball zu spielen, sind die Bayern jedenfalls wieder abgekommen und zur alten „Ideologie des Realfußballs“ (SZ) zurückgekehrt.

Zwei Überraschungen gab es im Pokal-Achtelfinale. „Es ist immer derselbe Scherz, der den 1. FC Köln zum Lachen bringt“, schreibt die FAZ über den zweifachen Torschützen beim 2:0 des Zweitligisten in Nürnberg. Und: Regionalligist Unterhaching sehnt sich nach dem 3:2 über Hansa Rostock nach alten Bundesligazeiten.

Bayern München – Schalke 04 5:4 n.E.

Philipp Selldorf (SZ 6.12.) erläutert den Münchner Stil. „Gejammert haben vor allem die Fans, die im Olympiastadion ein gutes Fußballspiel sehen wollten. Obwohl sie Zeuge der fortgesetzten Restauration beim FC Bayern geworden waren. Es war kein Zufall, dass nach der Partie Thomas Linke zur Analyse erschien. Seine Sätze hatten den Charakter von Lehrmeinungen: „Entscheidend ist, dass man nicht in Rückstand gerät“, sagte er, „dass man hinten gut dicht macht, dass man nichts zulässt.“ Linke gerät mit diesen Forderungen zur ideologischen Schlüsselfigur beim FC Bayern. Sein wichtigstes Dogma: „Wir müssen defensiv denken!“ Aber gab es da nicht kürzlich noch einen FC Bayern, der sich vorgenommen hatte, schön und erfolgreich zu spielen? Verteidiger Bixente Lizarazu hat davon schon lange Abstand genommen: „Forget the culture of playing football – first we have to win Zweikampf. Zweikampf-Fußball is the real culture of Bayern.“ Der Franzose, der englisch besser als deutsch spricht, hat aus gutem Grund den Kernbegriff beim deutschen Namen genannt.“

Elisabeth Schlammerl (FAZ 6.12.) ist enttäuscht. „Bayern kann man wenigstens noch zugute halten, sich im eigenen Stadion bemüht zu haben. Sie versuchten, eine Lücke zu finden, die es im Gelsenkirchener Catenaccio bis kurz vor Ende der Verlängerung nicht gab. Erst als sich der Kräfteverschleiß bei den Schalkern mehr bemerkbar machte als bei den Münchnern, kamen Giovane Elber und Roque Santa Cruz zu Chancen, es waren dies die ersten im ganzen Spiel (…) Die beiden Mannschaften haben am Mittwoch abend eben das getan, was sie in den vergangenen Jahren am besten konnten: Tore verhindern. Schalke hat in der Saison 2000/2001 die wenigsten Gegentreffer in der Bundesliga hinnehmen müssen, der FC Bayern in der vergangenen. Zwischendrin hatten beide das Defensivziel etwas aus den Augen verloren, die Bayern mehr als die Schalker, aber das Pokalspiel hat den jüngsten Trend bestätigt. Für die Münchner war es die vierte Partie hintereinander ohne Gegentor. Aber der FC Bayern hat sich ohnehin wieder vom hohen Anspruch verabschiedet, attraktiven Fußball zu bieten. Es zählt nur noch der Erfolg, selbst im einst nicht sonderlich hochgeschätzten Pokalwettbewerb. Auch aus finanziellen Gründen ist die Reise zum Finale nach Berlin wichtiger denn je geworden.“

Claudio Catuogno (taz 6.12.) hat sich gelangweilt. „Ach, guck mal, der Johannes B. Kerner. Gut sieht er wieder aus, der Fernsehstar, im hellen Wildledermantel. Old-fashioned, aber cool. Die Blicke folgen ihm unwillkürlich durch das Münchner Olympiastadion, erst die Pressetribüne hinunter, dann vorbei an den Ehrengästen (graue Sitzpolster, eigene Aschenbecher, rote Wolldecken mit FC-Bayern-Gravur). Er wirkt geschminkt. Ob er eitel ist? Nein Blödsinn – ist natürlich sein Fernseh-Make-up. Jetzt schreitet er, langsam, fast 50 Meter das Spielfeld entlang. Und während man so nachdenkt über Schminke und Leder und Ehrengäste fällt der Blick wie zufällig zurück auf den Rasen, wo der FC Bayern München gegen den FC Schalke 04 spielt. Da kann man aber getrost gleich wieder weggucken. Es war vor allem ein enttäuschender Fußballabend: Als liefe im Kino zwei Stunden Werbung – und dann dauert der Hauptfilm keine zehn Minuten.“

1. FC Nürnberg – 1. FC Köln 0:2

Thomas Klemm (FAZ 6.12.) schreibt über die Verlierer aus Nürnberg. „Aus Nürnberg sind dieser Tage keine guten Nachrichten zu erwarten. Am Mittwoch kam es gleich doppelt dicke: Vormittags verkündete die Bundesanstalt für Arbeit, daß die Zahl der Erwerbslosen auf mehr als vier Millionen angestiegen ist; abends mußten fränkische Fußballfans mitansehen, daß auch das Gros der Spieler vom 1. FC Nürnberg ihren Beruf nicht recht ausfüllen kann. Während der Arbeitsmarkt auf die Pläne der Hartz-Kommission hofft, kommen Augenthalers Konzepte nicht wirklich bei der Mannschaft an. Am Mittwoch hatte er die Spieler in der Halbzeitpause ermahnt: Geduldig spielen, hinten nicht aufmachen. Knapp drei Minuten später war die Losung aus den Köpfen verschwunden. Alle Nürnberger waren aufgerückt, als Matthias Scherz einen Kölner Konter zum 0:1 abschloß.“

Hamburger SV – VfL Bochum 0:1

Jörg Marwedel (SZ 5.12.) hat ein Duell beobachtet. „Für die Bochumer war es der Lohn für ein „60 Minuten lang taktisch sehr diszipliniertes Spiel“ (Neururer), für Paul Freier Genugtuung für die pausenlosen unfairen Attacken seines Gegenspielers Bernd Hollerbach, die er trotz einer malträtierten Nase hinnahm, als habe er gerade die Bergpredigt studiert. Man darf nun darüber debattieren, ob Freier zu brav ist oder ob er die Nehmerqualitäten für eine ganz große Karriere hat. Hollerbach wiederum sei nach diesem Auftritt geraten, so bald wie möglich in die elterliche Metzgerei einzutreten. Das Geld aus dem Pokalwettbewerb wird den Hamburgern fehlen. Gerade jetzt wird das besonders offenbar, da nicht nur der „der einfachste Weg nach Europa“ (Trainer Jara) verstellt ist, sondern der HSV Bares dringend benötigt, um sich den als neuen Vorstandsvorsitzenden umworbenen Bernd Hoffmann leisten zu können.“

Frank Heike (FAZ 5.12.) äußert sich zu Stilfragen. „Peter Neururer sah aus, als wäre er im Manta nach Hamburg gefahren: braune Slipper, Jeans, Hemd und eine speckige Lederjacke. Es fehlte nur der Fuchsschwanz am Schlüsselbund. Aus Sicht Neururers fehlte etwas anderes: Gibt es hier keinen Aschenbecher? Als jemand dem Trainer des VfL Bochum die gläserne Ablage gereicht und er ein paarmal an seiner Zigarette gezogen hatte, lief der redselige Coach zu großer Form auf. Es gab nämlich etwas klarzustellen. Den Sieg heute widmen wir unserem Torwart, sagte Neururer, Christian Vander hat gezeigt, wie stark er sein kann. Zuletzt war der Ersatzmann für den am Knie verletzten Stammtorwart Rein van Duijnhoven böse in die Kritik geraten – insbesondere nach dem 0:3 gegen Bielefeld. In vier Bundesligaspielen mit dem 22 Jahre alten Vander im Tor setzte es vier Niederlagen. Vor allem das offensive Verhalten eines Torwarts hinter einer Viererkette und die Strafraumbeherrschung müsse er noch lernen, hieß es. Da kam seine großartige Leistung am Dienstag gerade recht. Vander hielt das überraschende 1:0 der Westfalen beim Hamburger SV fest und transportierte den VfL ins Viertelfinale des DFB-Pokals.“

SpVgg. Unterhaching – Hansa Rostock 3:2

Von Hachinger Nostalgie berichtet Elisabeth Schlammerl (FAZ 5.12.). „Die emotionalen Minuten des Glücks im Sportpark von Unterhaching waren wie eine Rückkehr in die Vergangenheit. Die Zuschauer feierten die Mannschaft, die Spieler machten vor den Fans den Diver und herzten jeden, der ihnen auf dem Weg in die Kabine über den Weg lief. Am Spielfeldrand warteten Fernsehkameras, Fotografen, Journalisten, so viele wie schon lange nicht mehr. Als dann tatsächlich aus den Lautsprechern auch noch Anton aus Tirol dröhnte, der ehemalige Stadion-Hit, der anderswo längst aus dem Stimmungslieder-Repertoire gestrichen ist, schien die Zeit endgültig stehengeblieben zu sein. Irgendwann vor zwei, drei Jahren, als die Spielvereinigung Unterhaching noch ein Bundesligaklub war. Nach dem 3:2-Sieg am Dienstag über Hansa Rostock im DFB-Pokalachtelfinale war die Mannschaft für einen Abend wieder dort angekommen, wo sie einmal dazugehörte: bei den Großen (…) In der Regionalliga Süd feiert Unterhaching zwar auch Siege, sehr viele sogar, liegt mit zwei Spielen und drei Punkten Rückstand auf dem zweiten Tabellenplatz, aber die höchste Amateurliga ist nicht die Klasse, in der sich Unterhaching dem eigenen Selbstverständnis nach am besten aufgehoben fühlt. Sich zu motivieren ist in der Regionalliga für die Spieler nicht immer ganz einfach, gibt Frank zu. Nach dem Sieg über Rostock fürchtet der Trainer noch ein paar Schwierigkeiten mehr in dieser Richtung. Deshalb hat er seine Mannschaft gleich am Abend noch ins Trainingslager beordert, am Freitag steht das nächste Punktspiel in Hoffenheim an. Die Pokalüberraschung weckte nicht nur die Erinnerung an schöne Zeiten im Profifußball, sondern weckte noch mehr Begehrlichkeiten Wir wollen wieder dahin zurück, sagte Strehmel. Bei Präsident Engelbert Kupka kamen traurige Gedanken auf, warum man die Bundesliga so leichtfertig verspielt hat. Der sofortige Wiederaufstieg in die Zweite Liga ist für den Klub vor allem finanziell zwingend notwendig, denn Unterhaching beschäftigt viele Spieler aus dem Profikader der vergangenen Zweitligasaison. Nach dem Lizenz-Hickhack im Sommer, als der Verein bis zwei Wochen vor dem ersten Punktspiel noch nicht wußte, in welche Liga er künftig gehöre, gingen die Verantwortlichen das teure Risiko ein, sich eine Profimannschaft zu leisten. Daß Unterhaching spielerisch selbst mit mittelmäßigen Bundesligavereinen mithalten kann, hat die Mannschaft am Dienstag abend gezeigt. Anders als in ihrer Profizeit unter Trainer Lorenz Köstner, als es die Hachinger mit Mauertaktik weit brachten, gefielen sie gegen Rostock mit forschem Offensivfußball.“

Volker Kreisl (SZ 5.12.) meint dazu. „Früher war die Welt hier geordnet und gekämmt wie ein deutscher Vorgarten. Es gab zwar ungewöhnlichen Erfolg – der Klub spielte in der Bundesliga, entschied einmal die Meisterschaft –, aber alles war zu erklären. Der Verein hatte sich nie finanziell übernommen, hatte gehorsame Spieler und einen Trainer Köstner mit einem klaren Weltbild: Nur wer hart arbeitet, wird belohnt. Es folgten zwei Abstiege und ein unschöner Lizenz-Prozess, es gab finanzielle Ängste, aber Unterhaching hat trotzdem wieder Erfolg. Nur kann sich diesmal keiner richtig erklären, warum. Frank bespricht in Sitzungen nicht nur Taktik sondern auch Lebensfragen wie: „Gibt es eigentlich den Zufall?“ Das Team pflegt Zusammenhalt, auch ohne das Gerede vom „gallischen Dorf“. Und Verteidiger, die früher nur hinter den Beinen der Angreifer herrannten, trauen sich auf einmal, die Tiefe des Raums zu überwachen (…) In Kleinvereinen wie der SpVgg Unterhaching bilden sich oft Symbiosen. Trainer, die woanders keinen Erfolg haben, können ihre Methoden ungestört entfalten. Der frühere Fußballlehrer Köstner hatte in Ruhe ein System der Disziplin aufgebaut, und auch Frank sagt, er sei froh, dass sein Stil hier fruchtet, ein Stil, der Geduld erfordert. Dazu gehören unkonventionelle Überlegungen (…) Fehler annehmen. Vielleicht liegt das Geheimnis des stillen Trainers darin, dass er Banalitäten so vermitteln kann, dass sie sich einprägen. Er ist kein Motivator mit flimmernden Augen und lauter Stimme, er stellt nur Querpässe her zwischen dem Fußball und dem Leben und verlangt von seinen Spielern, über dieses zwischendurch nachzudenken. Insoweit hat sich etwas tiefgreifend verändert im Vorort, manches ist aber auch geblieben. Pokalmentalität wollte man früher nie haben. Unterhachinger Spieler waren stolz, in der Saison 34 Bundesligaspiele zu machen, und nicht nur zweimal im Pokal über sich hinauszuwachsen. Nach dem Pokal-Erfolg halten sie sich nun entsprechend zurück, und dazu passt die Art des neuen Trainers.“

1. FC Kaiserslautern – SC Freiburg 2:0

Peter Heß (FAZ 6.12.). „Er wird kurzfristig neue Geldquellen erschließen müssen, um Kaiserslautern das Überleben zu sichern. Eine – allerdings nur spärlich sprudelnde – bleibt derDFB-Pokal, der bei der Auslosung des Viertelfinales an diesem Samstag attraktive Gegner und mehr Zuschauer als jene 16.800 gegen Freiburg in Aussicht stellt. Doch selbst wenn jetzt die Bayern kämen, wären sie kein Lebensretter, sondern allenfalls ein vorübergehender Tröster. Der Verein braucht buchstäblich mehr. Deshalb stellt Jäggi alles zur Disposition: das Stadion, die Vereinsstruktur, die besten Spieler. Weil von Banken oder vom Land Rheinland-Pfalz nichts oder nicht mehr viel zu erwarten ist, wird möglicherweise das Tafelsilber dran glauben müssen. Man muß darüber nachdenken, ob der Verein ein Stadion besitzen muß, sagt Jäggi. Einen Verkauf oder eine Beleihung hatte er zuletzt noch ausgeschlossen. Es spricht der besorgte Buchhalter, wenn er den Grund für seinen Sinneswandel nennt: Sachzwänge. Auch neue Investoren, die angesichts der wirtschaftlichen Lage nur schwer zu finden sein dürften, kämen als Helfer in Frage – allerdings nur dann, wenn ihnen Mitsprache gewährt würde. Kapital zur Verfügung stellen und nichts zu sagen haben, weil die Mitgliederversammlung am Ende entscheidet, das ist unrealistisch, sagt er (…) Jäggi spürt mitunter Hilflosigkeit beim Blick nach vorn. Der 1. FC Kaiserslautern darf nicht untergehen, sagt er, und es klingt wie ein Appell. Er darf vielleicht nicht – aber er kann.“

zum Thema Steuerhinterziehung in Kaiserslautern siehe auch

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Wirbel um die DFL-Presseerklärung

Die Debatte der letzten Tage über den Wirbel um die DFL-Presseerklärung und den darauf folgenden Rückzug der beleidigten Verantwortlichen des FC Bayern aus allen Ämtern zeigt die bekannte Rollenverteilung im Diskursfeld Fußball auf, erstens: die Bayern hauen im Anschluss an ihre Verfehlungen schamlos auf die Pauke, wodurch es ihnen tatsächlich gelingt, von ihrer Sünderrolle abzulenken. Schließlich übernehmen zweitens die üblichen Kopfnicker von DSF, kicker, ZDF Co. (Sport-Bild wird morgen sicherlich kräftig nachlegen) in treuer Ergebenheit die Perspektive der Münchner; teilweise sogar den juristisch aufgeblasenen Sprachduktus Karl-Heinz Rummenigges, der in typisch sinnfreier Redegewandtheit von „casus“ und „impertinenter Kriegserklärung“ leitartikelt. Jeder blamiert sich so gut er kann. Drittens agieren die Verantwortlichen des Ligaverbands nach wie vor unnötig schüchtern, zudem uneinheitlich und offenbar ob ihrer eigenen Taten erschrocken. Dabei hinterlassen Hackmann und Straub den Eindruck, als wären sie zur Einsicht gelangt, sich den falschen – weil zu starken – Gegner ausgesucht zu haben. Ebenso alten Gewohnheiten folgend reagieren viertens die Aufklärung und Argument verpflichteten Redakteure der Qualitätszeitungen. Allergisch gereizt kommentiert die taz das bayerische Gewitter, SZ und FR kritisieren in einer Mischung aus Kopfschütteln und Augenzwinkern die Beteiligten, die FAZ nimmt hingegen eine vermittelnde Position ein. Alles wie gehabt.

Zwischenruf: Was eigentlich, wenn es sich bei der an und für sich lächerlichen Ergänzung (in besagtem Fax wurde Bayernmanager Uli Hoeneß „moralische Verwerflichkeit“ vorgeworfen) um einen Lausbubenstreich handelt, welcher nun genau das erreicht, was er wollte? Wo ist der Praktikant, der für diesen Scherz verantwortlich ist? Wo steckt der Schelm, der mit einer winzigen Manipulation am Original diese Hanswurstiade per Knopfdruck ausgelöst hat? Bitte melde Dich und bereite dieser Posse ein Ende. Es ist nämlich erschreckend, mit welcher Ernsthaftigkeit Funktionäre streiten, wie humorlos die beteiligten Wichtigtuer mit dem wesenhaft spielerischen Gegenstand Fußball umgehen und welchen immensen gesellschaftlichen Stellenwert sich die um die Integrität ihrer Ehre sorgenden Akteure zuschreiben. Statt dessen würde es dem deutschen Fußballsport und damit einem angeblich allseits anvisierten Ziel gut tun, wenn ein Narr seinen Spiegel aus seiner Tasche ziehen und diesen aufgeplusterten Tellheims vorhalten würde.

Roland Koch des Fußballs

Matti Lieske (taz 15.4.) ärgert sich maßlos über die Verhaltensweise des Bayern-Vorstands. “Werner Hackmann, Präsident der Deutschen Fußball-Liga (DFL), wird es zwar nicht zugeben, aber auch er wäre sicher gott- und kaiserfroh, wenn die Dauerlamentierer aus dem Süden ihre selbstgerechte Larmoyanz künftig noch weiter südlich, nämlich jenseits der Alpen, versprühen würden. Das gilt vor allem für Super-Kalle Rummenigge, den Vizepräsidenten, der sich gerade als eine Art Roland Koch des Fußballs zu stilisieren sucht und beim Versuch, Unrecht in Recht umzudeuten, erstaunliche Höhen erklimmt (…) Nun sind die Maßstäbe der Moral im deutschen Sport ja ohnehin anders definiert als vielerorts. In den USA etwa musste eine NOK-Präsidentin zurücktreten, weil sie ein bisschen bei ihren akademischen Graden geschummelt hatte. Hierzulande bekommt ein Vizepräsident des Organisationskomitees für die Fußball-WM 2006, der – heimlich – auf der Gehaltsliste von Firmen steht, die direkt an dieser WM verdienen, vom Innenminister persönlich Absolution erteilt. Ein Fußballverein, der gegen Statuten verstößt, indem er – heimlich – 20 Millionen Mark auf das Konto eines Spielers überweist, den er gern haben möchte – ganz bayrisch-unverbindlich als Darlehen natürlich –, bleibt sogar völlig ungeschoren und besitzt noch die Dreistigkeit, wochenlang die Verletzung des Bankgeheimnisses als Hauptskandal anzuprangern. Da ist es kein Wunder, dass derselbe Klub, wenn er – heimlich – von einem Medienkonzern bezahlt wird und dessen Interessen in diversen Verbandsgremien vertritt, recht billig mit einem Vergleich und 3Millionen Euro Strafe, aber wundersamerweise ohne Punktabzug davonkommt. Wobei es sich bei der Zahlung natürlich auf gar keinen Fall um ein Schuldeingeständnis handelt, sondern um pure Großmut und das Bestreben, Schaden vom gesamten deutschen Fußball abzuwenden, so Karl-Heinz Rummenigge salbungsvoll.“

Schießen und wegrennen

Philipp Selldorf (SZ 15.4.) blickt voraus. „Auf den Tag im Mai sollten sich die deutschen Fußballfans ausnahmsweise freuen, an dem Oliver Kahn für den FC Bayern die Meisterschale in Empfang nimmt. Die Übergabe erfolgt traditionell am Ort des letzten Bundesligaspiels des potenziellen nächsten Meisters, diesmal wohl also am 24. Mai in der Schalke-Arena. Pfiffe, Buhrufe und Tumulte während der Zeremonie sind garantiert – von Seiten der Bayern, denn überreicht wird die Trophäe durch Werner Hackmann und Wilfried Straub. Und diese Männer sind führende Funktionäre jener Organisation, welche die Bayern zum schlimmsten Schurkenregime im deutschen Fußball gestempelt haben (…) Wer denkt nicht mit Schaudern an das Krisenmanagement der DFL während des Kolapps ’ des Hauptgeldgebers Kirch- Gruppe? An das Lavieren im Gerichtsstreit um die SpVgg Unterhaching? „Es ist wie im Fußball“, sagt Rummenigge, „es hängt am Trainer – am Personal.“ Jenes Personal, das sich der Dienstleistung verpflichtet sieht, hat sich am Wochenende nach Art der Biathleten verhalten: Schießen und wegrennen. Gestern nachmittag die erste Stellungnahme seit Samstag. Hauptgeschäftsführer Wilfried Straub wunderte sich über „die Heftigkeit und Unkontrollierbarkeit“ der Bayern-Reaktion. Es ist auch kein Geheimnis, dass die Stimmung unter den führenden Männern der DFL besser sein könnte. Zwischen Straub und Kommunikationschef Michael Pfad herrsche „ein Verhältnis, das schlimmer ist als das von Schalke und Borussia Dortmund“, wie ein Kenner meint. Womit wir wieder bei der Meisterfeier wären: Vielleicht sollte Rudi Assauer die Schale überreichen und die Szene durch ein paar Davidoff-Wolken verhüllen.“

Reflexe aus der frühen Kindheit

Jan Christian Müller (FR 15.4.) wähnt sich im Sandkasten. “Es könnten die Reflexe aus der frühen Kindheit gewesen sein, die die beratungsresistenten Münchner Bayern in ihrer überschäumenden Wut auf die Deutsche Fußball-Liga dazu getrieben haben, sich ins Kinderzimmer zurückzuziehen und zu schmollen. Dabei wäre es bestimmt nicht uninteressant, einmal zuzuhören, was die eigenen Freunde drüben im Kindergarten über den Streit denken, und ob die sich vielleicht sogar ziemlich wundern, weshalb man sich wegen eines Streits mit Mami und Papi gleich die Zähne ausschlägt und allein im Zimmer einschließt. Und die Eltern? Die wollten endlich einmal streng sein, nachdem es trotz der jahrelangen antiautoritären Erziehung ständig Stress gab; wollten, dass der Zoff möglichst in den eigenen vier Wänden bleibt und keinesfalls im Krankenhaus endet. Aber sie dürfen sich natürlich nicht wundern, wenn plötzliche Strenge komisch ankommt und unerwartete Gegenreaktionen hervorruft. Jetzt wissen die Eltern nicht mehr richtig weiter, und die Kinder wollen ausziehen. Dorthin, wo niemand ihnen was zu sagen hat. Aber da kann es ganz schön einsam sein, weil die lieb gewonnenen Spielkameraden nicht mehr da sind, um beim Fußball ohne Murren zu verlieren.“

FC Bayern, der moralische Sieger

Ralf Wiegand (SZ 15.4.) mit einer erschütternden Wahrheit. „Die DFL reagierte wie ein Lamm, das sich bei Gefahr eng an ein anderes Lamm drängt, zittert – und keinen Mucks von sich gibt. Der Feind ist auf dem Sprung, denn in dieser Form hat die DFL keine Berechtigung mehr. Weil aber die Eigenständigkeit des Profifußballs nicht mehr umkehrbar ist, kann das nur bedeuten, dass neue Leute die Ziele anpacken müssen, welche die alten nicht erreicht haben. Die DFL ist weder eine „Marktmacht“, wie sie Aufsichtsratschef Werner Hackmann prophezeite, noch gibt es gemeinsame Liga-Sponsoren oder ein nachvollziehbares Rechtssystem, wie der Bayern-Fall belegt. Die Posse, trotz eines Vergleichs mit markigen Worten Stärke vorgaukeln zu wollen, ist nicht einmal lustig. Von diesem diplomatischen Super-GAU des Faxpapier-Tigers DFL profitiert mal wieder nur der FC Bayern, auf kuriose Weise. Dadurch, dass die DFL den Münchnern moralische Verwerflichkeit vorwirft, sind diese nun der moralische Sieger – vergessen ist, dass sie Urheber und Profiteur der Kirch- Affäre waren. Nimmt man als Maßstab die zur Schau gestellte Entschlossenheit der Bayern-Bosse, keinerlei Schuldspruch seitens der DFL zu akzeptieren, droht den Herren der Liga wohl großes Ungemach. Aus ihrem kindischen Schmollwinkel heraus werden die Bayern keine Gelegenheit auslassen, Personalpolitik zu betreiben und unter den Vereinen, für die es ohne die einflussreichen Münchner nicht geht, Verbündete zu suchen.“

Klaviatur der Polemik

Zum Stellenwert der Deutschen Fußball Liga heißt es bei Roland Zorn (FAZ 15.4.). „Das ohnehin kaum ausgeprägte Renommee der DFL ist am Wochenende noch mehr beschädigt worden. Da fanden Ligageschäftsführung und FC Bayern einen gütlichen Vergleich nach monatelangem Streit über den Münchner Geheimvertrag mit der Kirch-Gruppe, und doch ist der Konflikt jetzt erst so richtig eskaliert. Das Kunststück, ein Feuer zu löschen und gleichzeitig einen neuen Brand zu entfachen, macht der DFL so schnell niemand nach (…) So überzogen die Reaktion der Bayern auf den Nachschlag aus Frankfurt auch anmutet, so verständlich ist sie im Kern. Hier stehen sich eine Firma mit Weltruf, deren Spitzen nach Belieben auch auf der Klaviatur der Polemik spielen können, und ein holpriges Dienstleistungsunternehmen gegenüber, das seine eigenen Hausaufgaben noch lange nicht gelöst hat. Nicht nur auf dem Platz schauen sie in Deutschland neidvoll auf die Premier League, auch in puncto Professionalität der Hintermänner ist England der Bundesliga zur Zeit weit voraus. Der Rückstand kann nur durch die Entdeckung einer neuen Sachlichkeit im Umgang miteinander wettgemacht werden. Dazu können auch die aus allen DFL-Gremien abgezogenen Bayern unter verbesserten klimatischen Umständen beitragen. Was die einen erst können müssen, müssen die anderen nur wollen: Der deutsche Weg ist beschwerlich – auch im Profifußball.”

Ich kenne niemanden in der ersten und zweiten Liga, der mit dieser DFL zufrieden ist

Die FR (15.4.) hat viel Zeitung gelesen, insbesondere in den Sportteilen (muss viel Arbeit machen), und die Reaktionen der Konkurrenz (sowohl der Bayern als auch der eigenen) im Blick. „Am Montag hat es wegen des eskalierten Streits mit dem FC Bayern München in der überregionalen Presse vor allem Haue für die Deutsche Fußball-Liga (DFL) gegeben. Zum Beispiel in der traditionell Bayern-freundlichen Welt: Wer hätte gedacht, dass ein mit derart viel Macht ausgestatteter Verband in so langer Zeit so wenig bewirken und sich so oft blamieren könnte? Niemand. (…) Weniger Rückendeckung als bei manchen einflussreichen Medien (kicker: Die Liga hat den Schaden, den der FC Bayern mit dem Kirch-Vertrag angestellt hat, gleich um Längen übertroffen) findet Rummenigge (Ich kenne niemanden in der ersten und zweiten Liga, der mit dieser DFL zufrieden ist) laut Agentur-Umfragen bei den Mitbewerbern. Die DFL ist so gut und so schlecht wie jede zentrale Einrichtung einer Liga. Die Verantwortlichen sind seit Jahren im Job und man weiß, was sie können, sagte René C. Jäggi vom 1. FC Kaiserslautern. Die DFL ist ein unverzichtbarer Bestandteil zur Koordination der Vereinsinteressen, bemerkte der Rostocker Aufsichtsratschef Horst Klinkmann. Cottbus-Manager Klaus Stabach fügte an: Wir haben gute Erfahrungen mit der DFL gemacht. Ich kann mich an der Kritik nicht beteiligen. BVB-Chef Gerd Niebaum kommentierte kühl: Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, über die Wertigkeit der DFL zu diskutieren. Auch Werder-Präsident Jürgen L. Born verteidigte die Frankfurter Zentrale: Für unsere Belange hatte die DFL stets ein offenes Ohr. Michael Meier, Borussia Dortmund, ergänzte: Zum Imageschaden der DFL und des deutschen Fußballs haben die Bayern beigetragen. Man darf nie Opfer und Täter in der Angelegenheit verwechseln. Selbst Dieter Hoeneß, durchaus DFL-kritischer Bruder von Uli Hoeneß, spricht lediglich von einer emotional verständlichen Reaktion der Bayern, die aber der Liga nichts bringt. Den Bayern, sagte der Hertha-Manager der FR, wird klar werden, dass sie eine Verantwortung gegenüber der Liga haben.“

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Themen heute

Themen heute: die Sonntagsspiele der Bundesliga in Mönchengladbach und Cottbus – die Lage in Leverkusen – die Situation in Kaiserslautern – Vereinsportrait Eintracht Braunschweig u.v.m.

Borussia Mönchengladbach – Hertha Berlin 0:2

Zur Stimmung in Gladbachs Team lesen wir in der FAZ (18.2.). „Beharrlich hatte ein Boulevardblatt über die Woche das Bild eines Spieleraufstands gegen den Trainer zu malen versucht. Meyer nahm das äußerlich gelassen. Gehen Sie davon aus, daß es in jeder Mannschaft drei, vier unzufriedene Spieler gibt, sagte er und lehnte es darüber hinaus ab, diesen Schwachsinn zu kommentieren. Sportdirektor Christian Hochstätter unterstützte ihn in dieser Ansicht. Nur fünf Spieler stünden angeblich noch zu Meyer? Ich kenne noch fünf, da haben wir ja eine Mannschaft zusammen, sagte er und nannte die anonymen Zitate feige und peinlich. Auch sind die Namen der Unzufriedenen längst bekannt. Das bewies schon ein Blick auf die Aufstellung. Zwar durfte sich Münch noch als linker Verteidiger versuchen, doch die Kollegen Ketelaer und Strasser fehlten im Kader. Diese Spieler sollen sich warm anziehen, sagte Hochstätter. Fraglich, ob sie überhaupt bleiben dürfen. Der Trainer dagegen soll weiterarbeiten. Wir werden uns auch dieses Mal mit Hans Meyer befreien, sagte der Sportdirektor. Den Profis empfahl er darüber hinaus, mal auf der Baustelle für das neue Stadion vorbeizuschauen, um zu erkennen, was dieser Verein angestoßen hat und welche Verantwortung sie mittragen. Was den Trainer angehe, so gefalle ihm die Entscheidung der gleichfalls bedrohten, aber derzeit siegreichen Cottbuser. Dort wurde an Ede Geyer festgehalten, sagte Hochstätter. Ich kann mir vorstellen, daß das auch Gladbach macht.“

Christoph Biermann (SZ 18.2.). „Borussias Patchwork der Misshelligkeiten erinnert an den Saisonverlauf des SC Freiburg im Vorjahr. Auch der Sportclub spielte nie richtig schlecht, kam aber auch nie richtig in Tritt – und stieg schließlich ab.“

Energie Cottbus –Hannover 96 3:0

Jörg Hanau Wolfgang Hettfleisch (FR 18.2.) über das Cottbuser Erfolgsrezept. „Sie haben viel geredet im Winter-Trainingslager in Dubai. Nicht mehr länger über-, sondern bevorzugt miteinander. Wir hatten die Zeit, uns neu zu finden, sagt Keeper Lenz, und das nicht nur in spielerischer Hinsicht, sondern auch im Privaten. Einzeln hatte die Clubführung die Herren Profis im Wüsten-Emirat zum Gespräch aufs Zimmer bestellt. Jeder konnte Tacheles reden, und offenbar haben viele dasselbe erzählt, berichtet Gebhardt. Etwa, dass man es in der bis dato löchrigen Deckung doch mal mit der Viererkette versuchen möge. Fünf Rebellen sollen, so will es die Legende, den zögerlichen Trainer und die Clubführung vom Sinn der taktischen Neuausrichtung überzeugt haben. Überraschend genug: Geyer leistete keine Gegenwehr. Er war ja November, Dezember in einem Tief – auch gesundheitlich, sagt Stabach, der den langjährigen Wegbegleiter in der Winterpause zum Weitermachen überreden musste, denn: Das war nicht mehr der Eduard Geyer, den ich früher gekannt hatte. Wieder bei Kräften, überfielen Geyer just vor dem Start in die Rückrunde in Leverkusen heftige Zweifel, ob das gegen Donezk und die Glasgow Rangers mit Erfolg getestete neue Abwehrsystem funktionieren würde. Er war kurz davor, wieder zum alten Modell mit Libero zurückzukehren, sagt Stabach. Er tat es nicht – Ergebnis bekannt.“

Javier Cáceres (SZ 18.2.) zum selben Thema. „Wer nach den Gründen sucht, dass Cottbus das beste Rückrunden-Team ist, und in den vier Spielen so viele Punkte gesammelt hat wie in der gesamten Hinserie, landet bei der Einsicht, dass sich der FC Energie nun nach Auskunft des Mittelfeldspielers Laurentiu Aurelian Reghecampf darauf versteift hat, „einfach Fußball zu spielen“. So wie am Sonntag. 20 Minuten lang hatte Hannover „optisch gefällig“ (96-Trainer Rangnick) agiert und „das Spiel kontrolliert“ (Mittelfeldspieler Jaime). Der Gewissheit der Cottbuser aber, dass den Gästen spielerische Mittel entgegenzusetzen waren, tat dies keinen Abbruch (…) Aus Cottbus scheint jegliches Gefühl nervlicher Belastung verschwunden zu sein. Geyer erinnerte daran, dass die Anderen, die gegen den Abstieg kämpfen, am Samstag „ja nicht gerade für uns gespielt“ und Energie somit unter Zugzwang gesetzt hatten. Dass diese Situation ohne Probleme bewältigt wurde, imponierte ihm. Denn: „Solche Spiele sind gerade für Heimmannschaften gefährlich.““

Die Lage in Leverkusen

Erik Eggers (FTD 18.2.) blickt zurück. „Der moderne Fußball erzählt mit hoher Geschwindigkeit große Geschichten, kündet von strahlenden Siegern und kläglichen Verlierern. Das macht ihn so populär. Doch die Geschichte von Bayer Leverkusen – der Aufstieg und Fall einer großen Fußballmannschaft – und das Tempo dieser Entwicklung waren atemberaubend und finden keine Parallele in der jüngeren Fußballhistorie. Das Ganze ist ein modernes Märchen, das ohne den nun gefeuerten Trainer Klaus Toppmöller nicht zustande gekommen wäre (…) Im ersten Akt schon machte Toppmöller, der sich selbst für einen Fußballromantiker hält, nun Unmögliches möglich: Er reanimierte dieses leblose Gebilde, indem er die Spieler an der Ehre packte, er motivierte phlegmatische Kicker, es den Kritikern zu zeigen. Und diese starteten daraufhin in der Liga mit einem Rekord: 36 Punkte in ungeschlagenen 14 Spielen. Bayer Leverkusen war im November 2001 auf dem Weg zum nationalen Titel. Parallel dazu überstand das Team ohne Probleme die erste Phase der Champions League. Auch der zweite Akt des Dramas ist zurückzuführen auf die Kränkung durch das Fußball-Establishment, nun aber auf der europäischen Ebene. Wer sah, wie Toppmöller nach der 0:4-Niederlage in Turin reagierte, als Juve-Trainer Marcelo Lippi sich überrascht zeigte von der Leichtigkeit des Sieges gegen Leverkusen, der bekam einen Eindruck davon, wie sehr dies den Stolz des Trainers verletzte, wie gern er es dem etablierten Italiener zeigen wollte. Der anschließende 3:1-Heimerfolg gegen Juventus darf im Nachhinein als Schlüsselszene in diesem zweiten Akt betrachtet werden. Hier nämlich blitzte erstmals die Spielkultur auf, mit der Leverkusen später in ganz Europa begeistern sollte: die genialen Pässe von Yildiray Bastürk und Zé Roberto, die gegnerische Verteidigungswälle wie Butter zerschnitten. Am Ende dieser Phase stand ein Rausch, und Toppmöller hatte mit seiner Idee des variantenreichen Kurzpassspiels den Beweis erbracht, dass der moderne Fußball auch ohne Schablone erfolgreich sein kann – dass er keine Fabrikware ist, sondern ein Spiel, das Fantasie erfordert und Intuition. Gegen Liverpool und Manchester kulminierte diese romantische Story, da entstanden betörende Fußballfeste. Toppmöller verhielt sich in dieser Zeit wie ein kleines Kind, er freute sich auf die von Mythen umrankten Stadien in Liverpools Anfield Road oder Manchesters Old Trafford. Der dritte Akt begann, als Leverkusen es nicht schaffte, auch nur einen Titel einzufahren. Der Beginn des Absturzes ist auch rückblickend nicht leicht zu verorten: War es die Verletzung Jens Nowotnys im Rückspiel gegen Manchester, war es jener Moment gegen Bremen, als das Team mit Wucht die Meisterschaft vorzeitig sichern wollte und planlos in den entscheidenden Konter lief? Oder war es erst das klägliche 0:1 in Nürnberg? Der Fall dieser großen Elf verlief schnell und doch schleichend.“

Anmerkung: Wenn Sie mich fragen: Der Höhepunkt des Leverkusener Auftritts in der Champions-League-Saison 01/02 war der 3:1-Sieg in Coruna (der durchaus noch höher hätte ausfallen können): eine Sternstunde des deutschen Vereinsfußballs!

Roland Zorn (FAZ 18.2.) analysiert die Rolle Reiner Calmunds. „Von weitem scheint es manchmal so, als ob die Fußball-GmbH von Bayer 04 Leverkusen eine Ich-AG wäre, für immer besetzt mit dem allgegenwärtigen Reiner Calmund. Von nahem verstärkt sich dieser Eindruck noch. Calmund hier, Calmund da und vielleicht auch dort – solange und so weit ihn die Worte tragen (…) Zur Zeit hat der arbeitswütige und titelhungrige Mann mit der manchmal allzu rheinisch-folkloristischen Aura schwer daran zu knabbern, daß er nach Toppmöllers Abgang für alle möglichen Leverkusener Versäumnisse in der sportlichen Abteilung des ehemaligen Meisterbetriebs zu Recht verantwortlich gemacht wird. Wer sich eine Rundumkompetenz angeeignet zu haben glaubt, wird im Fall des Falles auch zur Rechenschaft gezogen. Dabei ist diese Bayer-GmbH längst mit exzellentem Personal ausgerüstet, das den leidenden Angestellten Calmund bestens entlasten könnte. Da ist der Mitgeschäftsführer Wolfgang Holzhäuser, ein Fachmann auf den Gebieten Finanzen, Marketing und Verwaltung, da ist Ilja Kaenzig, als Koordinator Gesamtfußball nach außen noch nicht weiter aufgefallen, intern dafür so etwas wie der Ausputzer für Libero Calmund, da ist der Teambetreuer Hans-Peter Lehnhoff, der den Job des Teamchefs Rudi Völler übernommen hat, da ist der frühere Torjäger Ulf Kirsten, der gar nicht mehr weiß, in welchem Stand-by-Job er eines Tages wirklich gebraucht wird. Über allen aber thronte bisher in einsam-jovialer Machtfülle Calmund. Ein Bauchmensch, wie auch jeder sehen kann, aber kein Krisenmanager, wie nun jeder ahnt. Ihn modern und arbeitsteilig von mancher Fron zu befreien wäre eine Aufgabe, die Bayer Leverkusen mittelfristig voranbrächte – im Management, aber auch auf dem Fußballplatz.“

Will Bayer Leverkusen wirklich die Champions-League herschenken? fragt Martin Hägele (NZZ 18.2.). „Thomas Hörster, von der Trainerbank des Amateurteams direkt in die Champions League aufgestiegen, strich in kurzen und klaren Sätzen jene chaotischen Ideen zusammen, die Geschäftsführer Reiner Calmund schon seit Tagen und auch am Sonntag und nach der Trennung von Cheftrainer Klaus Toppmöller als Richtlinie ausgegeben hatte. Absolute Priorität besitze die Bundesliga, in einer solch kritischen Situation dürfe man sich nicht von den Sternen der Champions League ablenken lassen, die Kräfte der wichtigsten Spieler sollten für Samstag geschont werden, wenn für Bayer Leverkusen im Niedersachsenstadion von Hannover der nationale Überlebenskampf unter neuen Vorzeichen beginne. Solche Planspiele allein belegen nur den Wirrwarr, der sich in den führenden Köpfen des Konzernklubs eingenistet hat. Man muss sich nur den Vergleich vorstellen. Für 15 von 18 Ligakonkurrenten, die Renommierfirmen von Bayern München und Borussia Dortmund einmal abgezogen, wäre ein Champions- League-Match in der Zwischenrunde gegen einen Vertreter der Premiere League der absolute sportliche Jahreshöhepunkt, zumindest aber das grösste gesellschaftliche Ereignis – und in Leverkusen überlegten sie, eine solche Chance einfach zu verschenken, indem man eine B-Mannschaft aus Reservisten, Amateuren und jugendlichen Talenten auf die Bühne schickt. Toppmöllers Nachfolger aber will keine Spiele verschenken und auch kein Geld wegwerfen, Hörster macht die Partie gegen die „Magpies“ zum ernsthaften Test, um jene Leute zu finden, „auf die ich mich in Zukunft verlassen kann“. Das sollen die elf Besten sein, die Bayer derzeit zu bieten hat (…) Das, was sich in den letzten Monaten rund um Toppmöller und Calmund abgespielt hat, spiegelt die generellen Vorgänge in der Weltfirma. Die Aktie des Arzneigiganten fällt ins Bodenlose, an allen Ecken und Enden wird gespart, es kursieren Parolen, wonach weltweit 15.000 Jobs bei Bayer wegfallen sollen. Mit wem man auch spreche, ein jeder habe Angst vor dem sozialen Abstieg, so ein leitender Bayer-Mann, „es fehlt ein echter Chef, der zeigt und vormacht, wo es langgeht“. Mit seinem Herumstochern in der Personalie Toppmöller, die man spätestens zu Weihnachten hätte erledigen müssen, hat Calmund diese Ängste noch geschürt. Er selber, so scheint es, kann diese Krise nicht meistern. Auch der Drei-Zentner-Mann, in diesen Tagen mehr das Herz denn der Kopf von Bayer, braucht eine Figur, hinter der er sich selber verstecken oder der man die sportliche Verantwortung anhängen kann. Dem ehemaligen Internationalen Hörster trauen Calli und Co. diese Aufgabe nicht unbedingt zu.“

Christoph Biermann (SZ 18.2.) über den neuen Coach. „Zum Eintritt in den glamourösen Kosmos der Champions League hatte Thomas Hörster nicht die richtige Kleidung gewählt – und doch wirkte sie passend. Seine Vorstellung als neuer Cheftrainer von Bayer Leverkusen fiel mit der turnusmäßigen Pressekonferenz vor der ersten Partie des Jahres in Europas Spitzenklasse zusammen, und Hörster betrat diese Welt der Maßanzüge in Jeans und kariertem Holzfällerhemd. Den Bart auf eine Länge getrimmt, die wir von Kaiserslauterns Cheftrainer Erik Gerets kennen, repräsentiert er eine Art von Trainer, die es in Leverkusen noch nicht gab. In Nachfolge des verspielten Bauchtrainers Toppmöller charakterisiert er sich selbst als „sehr gradlinig“ und als „hart aber herzlich“. Nach den ersten Eindrücken dürfte von Hörster weder die hochfliegenden Konzepte eines Berti Vogts oder die obsessive Analysewut eines Christoph Daum, noch die Grandsigneurhaftigkeit eines Erich Ribbeck oder die Zirkusluft zu erwarten sein, die Dragoslav Stepanovic umgab. Vor allem wegen seiner „Härte und klaren Linie“ (Bayer-Manager Reiner Calmund) ist er verpflichtet worden.“

Jörg Stratmann (FAZ 18.2.) meint dazu. „Er kam in Jeans, Holzfällerhemd und einem Dreitagebart. Und auch wie er über seine neue Aufgabe sprach, zeigte, daß beim abstiegsbedrohten Bundesligaklub Bayer 04 Leverkusen bis zum Saisonende nur noch eines zählt: Leistung und disziplinierte Arbeit – und nicht etwa Ruf oder Erinnerung an alten Glanz. Seit Montag soll auf dem Platz nur noch gelten, was der neue Cheftrainer Thomas Hörster vorgibt. Was das sein könnte, um den Verein doch noch vor der Zweitklassigkeit zu retten, weiß der Sechsundvierzigjährige, der noch tags zuvor fürs Regionalligateam verantwortlich war, selbst noch nicht genau. Seine Mitarbeiter wird er zum ersten Mal kennenlernen, wenn sie an diesem Dienstag in der Champions League gegen Newcastle United antreten. Größer hätte der Sprung also kaum sein können. So konnte sich Geschäftsführer Reiner Calmund allen Sorgen zum Trotz ein joviales Dat is anders als in der Regionalliga, was? nicht verkneifen, als dem Neuling ein wildes Blitzlichtgewitter entgegenschwappte. Er selbst habe bei seinen wenigen Besuchen auf der Tribüne und im ersten Gespräch mit den Assistenten Ralf Minge, Harald Schumacher und Peter Herrmann vor allem eines festgestellt, sagte der Neue: Die Disziplin fehlt – das zieht sich wie ein roter Faden durch. Viele Spieler seien nicht bereit, ihre Aufgabe auf dem Platz zu erfüllen. Da muß ich angreifen, und da werde ich angreifen. Künftig soll also kein noch so verdienter Profi mehr erklären dürfen, er könne nur rechts oder links oder in der Mitte spielen. Ein Unding, sagte Hörster.“

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Michael Eder (FAZ 15.2.) schreibt über die Analogien zwischen Krieg und Sport. „Manchmal hat auch der Sport etwas zu sagen. Nicht nur das übliche Klischee-Gewäsch, die fernsehkompatible Inszenierung, manchmal bietet er eine andere Perspektive: von unten nach oben, von innen nach außen. Dann kann er nicht nur von aufgeblasenen, belanglosen Veranstaltungen und Figuren berichten, sondern von Ereignissen, von Menschen, von Ängsten, von Schicksalen. Bernd Stange hat dieser Tage eine verschwindende Kleinigkeit beigetragen zur Diskussion um den drohenden Krieg im Irak. Er hatte viel Kritik einstecken müssen für seinen Entschluß, gerade in diesen Zeiten Fußball-Nationaltrainer des Irak zu werden, hat sie reflektiert, sich zu Wort gemeldet, und für manche, die das sonst nicht gehört hätten, hat er die Dimension des Betroffenen eingeführt. Er hat von seinen Spielern erzählt, von deren Frauen und Kindern, vom jahrelangen Mangel an Medikamenten und Nahrung, von seiner Angst, daß diese Menschen sterben könnten in einem Krieg, den er nicht will. Sport und Krieg. Darf man beides in einem Satz verbinden? Ist nicht das eine Spaß und das andere Ernst? (…) Die Historie, die Sprache, manche Strategie. Und es gibt noch zweierlei Gift, das in Krieg und Sport gleichermaßen wirkt: Heroismus und Größenwahn. Dem Triumph des Stärkeren verfällt man leicht, und darüber spielt die faire Behandlung von Verlierern nur noch eine kleine Rolle, sie werden öffentlich zerpflückt. Sieger, das ist überall zu sehen, treten zunehmend arrogant und zynisch auf, Dreamteams werden ausgerufen, Gegner gedemütigt. Das Gefühl für den Schwächeren geht darüber verloren, das ist der Preis dafür.“

Harald Maass (FR 15.2.) berichtet aus China. “Zum Fußball haben die Chinesen eine merkwürdige Beziehung. Keine Sportart lieben sie so sehr: Ein Milliardenvolk fieberte vergangenen Sommer vor den Fernsehern mit, als das Nationalteam seinen ersten Aufritt bei einer Weltmeisterschaft hatte. In keiner Sportart ist China so erfolglos. Bei der WM flog man torlos raus, die lokale Fußballliga hat höchstens Regionalliganiveau – trotz des sensationellen 0:0 am Mittwoch gegen Weltmeister Brasilien. Chinas Sportmedien suchen ihre Erfolgsnachrichten deshalb im Ausland, in München-Giesing zum Beispiel: Seit Shao Jiayi bei 1860 sein Geld verdient, ist der 22-Jährige in seiner Heimat ein Medienheld. Nach seinem Auftaktspiel im Löwen-Trikot war Shaos Foto auf den Titelseiten der Pekinger Zeitungen. Der Staatssender CCTV, der das Spiel gegen Hannover 96 live übertrug, schickte Starreporter Ran Xiongfei nach München, um zu berichten. Sportgazetten drucken täglich mehrere Berichte über das Training bei 1860 und Shaos Chancen in der Bundesliga. Manche Reporter haben sich auf Shaos Familie in Peking gestürzt. Wir sind so zufrieden, dass wir einen solchen Sohn haben dürfen, zitieren sie den Vater. Sina.com, das größte Webportal Chinas, berichtete über eine Anekdote bei der Geburt Shaos. Weil eine Krankenschwester beim Ausfüllen der Formulare einen Fehler machte, steht in Shaos Geburtsurkunde der 10. statt der 9. April. Sein Vater hat seinem Sohn deshalb den Vornamen Jiayi gegeben – was auf Chinesisch Plus Eins heißt.“

Zur Lage in Kaiserslautern heißt es bei Frank Schneller (FTD 18.2.). „Geld verprasst wurde beim FCK in der Vergangenheit trotz der aufkommenden Kirch-Krise – so viel steht fest – ungeniert. So soll der Vertrag von Sforzas, den Friedrich im ZDF als wirtschaftlich besonders angemessene und „stark leistungsbezogen“ bezeichnete, dem Schweizer in Wirklichkeit nicht nur einen Managerjob, sondern in aktiven Zeiten 90.000 Euro Grundgehalt monatlich garantieren. Prämien exklusive. Und Mario Basler erhielt bei Vertragsabschluss ein millionenschweres Darlehen, welches er durch eingespielte Prämien abstottern soll. Der 1. FC Kaiserslautern ist längst zum Politikum auf rheinland-pfälzischer Landesebene geworden. Nun weitet sich der Fall möglicherweise zum größten Vereinsskandal der Bundesligageschichte aus. Die Liste der Verdächtigungen und Verdächtigten birgt schließlich weitere bekannte Namen: Die Staatsanwaltschaft ist beispielsweise wiederholt auf den Namen von Ex-Spieler und Trainer Andreas Brehme aufmerksam geworden. Außerdem soll auch die Rolle von Aufsichtsratmitglied Peter Briegel, der vor wenigen Monaten selbst noch „lückenlose Aufklärung“ forderte, überprüft werden.“

Wie der 1. FC Kaiserslautern mit der Politik verflochten ist Tsp

Javier Cáceres (SZ 17.2.) sah sich beim Zweitligaschlusslicht um. „Nicht, dass wir uns da falsch verstehen, sagt Uwe Reinders, man habe bei Eintracht Braunschweig durchaus noch Spaß. Am Morgen erst, da habe er, der Trainer, gehörigen Lärm vernommen, „happy birthday und come on California“; Jacob Thomas, gebürtiger Texaner und Stürmer, hatte Geburtstag. „Ich sach: how old? Sagt er: Twentysix. Ich sach: can yu mäik e door? Und er: What is a door? Sach ich: A goal! Sagt er: Yes! Sach ich: Gut, dann spielste heute“. Thomas spielte tatsächlich, nur das door traf er nicht. Keiner seiner Kameraden tat es. St. Pauli gewann 1:0, weil sich Eintrachts Torwart Spoelder einen Freistoß selbst ins Netz boxte. Vor dem Spiel gegen den Vorletzten der Zweiten Liga hatte Reinders vorgeschlagen, das Spiel „auf der A2“ auszutragen, die Autobahn sei „genauso hart wie der Platz“ im Stadion an der Hamburger Straße, „aber wenigstens eben“. Es war schon deshalb eine gute Idee, weil man ohne Tempolimit hätte flüchten können. So grausig war das Spiel, dass 17.000 Braunschweiger nach Schlusspfiff nur auf den Platz starrten und nicht einmal Kraft fanden, zu pfeifen.“

Interview mit Dirk Lottner (1. FC Köln) FR

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