indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Sonntag, 15. August 2004

Ball und Buchstabe

Wer denkt, sendet nicht? Wer sendet, denkt nicht?

Zu viel Aufmerksamkeit für diesen Reporter (die basisdemokratische Bild-Zeitung hat nun zu einer Art Petition für Waldemar Hartmann aufgerufen), findet Peter Körte (FAS/Feuilleton 15.8.): „Mit dem Wort Denkpause hat nicht einmal die Rechtschreibreform Unfug treiben können. Die ARD hat nun, wenngleich eher unfreiwillig, auch das geschafft, als sie dem Sportreporter Waldemar Hartmann auf unbestimmte Zeit Bildschirmabstinenz verordnete. „Denkpause“ nannte das ein Anstaltssprecher, was sofort zwei heikle Fragen aufwirft: Soll der sogenannte Waldi eine Pause im Denken einlegen, was ja hieße, er habe vorher zuviel gedacht? Oder soll er die Pause zum Denken nutzen, was wiederum besagte, er habe vorher nicht gedacht? Wer denkt, sendet nicht? Wer sendet, denkt nicht? Wer allerdings weder denkt noch auf Sendung ist, über den wird mehr geschrieben, als wenn er denkend und duzend gesendet würde, was Waldi, der „Duzmaschine“, ernstlich zu denken geben sollte. Das Tümelnde, Joviale und Provinzielle war Hartmanns Spezialwaffe gegen die Event-Animateure, und es war sein Verhängnis, weil er immer wie der etwas einfältige Onkel vom Land wirkte, der ein bißchen Stallwärme in die kalte Welt des großen Fußballgeschäfts bringen wollte, überall böse Machenschaften gegen sich witterte und auf diese Weise immer wieder für unfreiwillige Komik sorgte. Wie in einer Posse aus dem Komödienstadl kam Waldi zu bescheidenem Ruhm, weil er gerade da war, als Rudi Völler überkochte, und zu einem Weißbierwerbevertrag, wobei übersehen wurde, daß er schon 2001 sein Gesicht für den kongenialen Slogan „Der Waldemar, der Waldemar, der hat jetzt auch die Aquabar“ zur Verfügung gestellt hatte. Werbefachleute nannten die Anzeige des Trinkwasserproduzenten den „Flop des Monats“.“

siehe auch

Bundesliga

Calli-Holzi-Theater

Die FAS kommentiert den Leverkusener Konflikt – sechs Rückkehrer, „hier sind sie Star, hier dürfen sie es sein“ (FAS)

Richard Leipold (FAS 15.8.) befasst sich mit dem Konflikt zwischen Wolfgang Holzhäuser und Reiner Calmund: “Geschichte lebt, und die Gerüchte leben auf: Calmund sei in ein dubioses Transfergeschäft mit einem kroatischen Ganoven verwickelt, der seit mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft sitzt. Eine Ablösesumme (für die Spieler Vranjes und Babic), die sich binnen weniger Tage mehr als verdoppelt hat, undurchsichtige Zahlungsströme über ein Schweizer Nummernkonto und das vom Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ enthüllte Detail, Calmunds Geburtsdatum habe als Sicherheitscode für das fragliche Konto gedient: all diese Umstände nähren Spekulationen und Verdächtigungen, die das System „Calli“ betreffen, in dem Geld und Gefühl lange eine erfolgreiche Allianz gebildet haben. Gegenüber seinem hochseriösen Nebenmann besaß Calmund beim Publikum immer einen Bonus: Er war der Unterhalter, er hat dem sogenannten Plastik-Klub etwas Leibhaftiges gegeben; der clowneske Calli wurde als Herz der Firma wahrgenommen, der hölzern wirkende Holzhäuser als ihr Hirn. Als der Bayer-Konzern die Mittel kürzte, wurde Holzhäuser stärker, zumal die exzessive Ausgabenpolitik seines Kollegen zeitweise nicht mehr vom sportlichen Erfolg gedeckt war, der Verein international an Prestige verlor und daheim sogar in Abstiegsgefahr geriet. Solange sie zusammengearbeitet oder zumindest so getan haben, ergänzten sie einander – bis das Herz vom Hirn immer schwerer zu kontrollieren war. Nun regiert die Vernunft allein. Holzhäuser vollstreckt ein Kostensenkungsprogramm mit einem angestrebten Volumen von 25 Millionen Euro, ohne daß er den Anspruch aufgäbe, regelmäßig in der Champions League zu kicken. Bei aller fortdauernden Rivalität achten die beiden Manager darauf, ihr öffentliches Geplänkel nicht zu weit zu treiben, auch wenn der rheinische Boulevard seine Leser dieser Tage wieder „im Calli-Holzi-Theater“ begrüßt hat.“

Hier sind sie Star, hier dürfen sie es sein

Wie ergeht es den sechs Rückkehrern, Thomas Klemm (FAS 15.8.)? „Selbst bei einem Testspiel gegen Leeds United war das Stadion mit 52000 Zuschauern ausverkauft, die ihren Lieblingsklub unentwegt fröhlich nach vorne peitschten. Als Deutscher werde man in Schottland respektiert, behauptet Christian Nerlinger, schließlich sei Torhüter Stefan Klos Kapitän der Rangers. Gutes Umfeld, große Begeisterung, hohe Achtung – warum bloß hat Christian Nerlinger allen Vorzügen den Rücken gekehrt? Er habe seine Rückkehr in die Heimat seit längerem vorbereitet, behauptet der Zugang vom 1. FC Kaiserslautern. „Wenn man sieht, welche Aufbruchstimmung hier herrscht, das sind schon Anreize.“ Natürlich herrscht rund um den Betzenberg, wie anderswo an Standorten der Weltmeisterschaft 2006, so etwas wie gespannte Stimmung im Hinblick auf das Großereignis im eigenen Land. Aber, wie der Neu-Hannoveraner Michael Tarnat freimütig erzählte, hatten er bei Manchester City sowie Nerlinger bei den Rangers ebensowenig eine Perspektive wie Christian Ziege bei Tottenham Hotspur. Zu reif für die Insel, lautete das letzte Urteil ihrer jeweiligen Vereinstrainer. Also gingen die drei, ebenso wie ihre Kollegen Markus Babbel (Blackburn Rovers), Carsten Jancker (Udine) und Robert Enke (CD Teneriffa) einen Schritt zurück nach vorne. Dorthin, wo sie herkamen – eben wieder in die Erste Fußball-Bundesliga. Manche hätten lieber gar nicht erst fortgehen sollen, meinte nicht nur Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Das Umdenken in den deutschen Vorstandsetagen half den Profis bei ihrer Wiedereingliederung in die deutsche Eliteklasse. Hatten Klubs in der jüngeren Vergangenheit reichlich mittelprächtige ausländische Fußballprofis verpflichtet, die sich erst einen Namen machen mußten, so haben Hannover, Stuttgart, Mönchengladbach und Kaiserslautern nun „Aushängeschilder“ bekommen, wie Ilja Kaenzig sagte. Der Manager von Hannover 96 durfte sich schnell über die Integration von Enke und Tarnat freuen: Der Torhüter überzeugte gleich am ersten Spieltag mit erstklassigen Paraden, der Mittelfeldspieler mit einem Freistoßtor. Hier sind sie Star, hier dürfen sie es sein – das gilt gleichermaßen für die anderen Heimkehrer.“

Ascheplatz

Fußball-Sponsoring ist der erste Berührungspunkt, um die Produkte an den Mann zu bringen

Henning Peitsmeier & Rüdiger Köhn (FAZ/Wirtschaft 14.8.) über Sport-Sponsoring: „Auch der Elektronikriese LG, wie Samsung stark bei Flachbild-Fernsehern und Audioanlagen, nutzt die Chance, als Marke beim Verbraucher bekannt und das Billig-Image loszuwerden. Derzeit begnügt sich LG noch mit der Trikotwerbung im europäischen Profifußball. Doch auch beim Fußball spielen koreanische Konzerne in der Weltliga. „Fußball-Sponsoring ist der erste Berührungspunkt, um die Produkte an den Mann zu bringen“, sagt Werner Frey, Vizepräsident von Hyundai Europe und operativer Chef. Und fügt hinzu: „Es muß nicht immer nur Franz Beckenbauer sein.“ Der südkoreanische Automobilhersteller schaut mit Vorfreude auf das Jahr 2006. Als einer der Hauptsponsoren der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland sieht Frey eine ideale Möglichkeit, „den Sport Nummer eins mit einer Volumenmarke zu verbinden“. Für Hyundai ist das einer der wichtigsten Bausteine, der Marke einen höheren Bekanntheitsgrad zu verschaffen und das Profil zu schärfen, um vom Billig-Image – siehe Samsung und LG – wegzukommen. Das ist ihnen schon bei der Europameisterschaft in Portugal gelungen, wo Hyundai zu den großen Sponsoren gehörte. Für Frey hat allein die Bandenwerbung als ein Werbeelement Erfolg gezeigt. Die habe nach den Analysen einen um ein Drittel höheren Aufmerksamkeitswert im Vergleich zu anderen Werbern erzeugt. Seit der EM 2000 in Belgien und in den Niederlanden drehen die Koreaner das große Rad im Fußball. Sie haben sich damals auf internationale Sportereignisse konzentriert, nachdem sie sich von der Unterstützung des Mannschaftssports etwa mit dem Bundesligaklub Hamburger SV verabschiedet hatten. Groß herausgekommen sind sie bei der Fußball-WM in Korea und Japan im Jahr 2002 – ein Heimspiel. Mit den Großereignissen in Portugal und in zwei Jahren in Deutschland betreten sie die internationale, vor allem aber die europäische Bühne. Hyundai nimmt sich gezielt den Massensport vor. Bandenwerbung ist das eine, das Drumherum im Vorfeld, während und nach den Wettkämpfen das andere, noch wichtigere Werbeelement. Die Ausrüstung mit Fahrzeugflotten während solcher Großereignisse gehört ebenso zur Marketing-Maschine wie parallele Werbeaktionen in den einzelnen Ländern – etwa limitierte Sondermodelle. Die Bedeutung zeigt sich im Marketingetat. Allein für die EM in Portugal hat Hyundai einen beachtlichen, allerdings nicht bezifferten zweistelligen Millionenbetrag an die Ausrichter überwiesen. Ein Viertel des auf 100 bis 200 Millionen Euro geschätzten Budgets stecken die Koreaner in den Sport, vorrangig in den Fußball. Bei ihren Aktivitäten streben sie Kooperationen mit anderen Großsponsoren an, wie bei der EM in Portugal etwa mit McDonald’s geschehen. Diese Zusammenarbeit soll 2006 in Deutschland verstärkt werden, um so einen effizienten Einsatz der begrenzten Werbemittel zu erzielen.“

In der FAS (15.8.) liest man: „Audi macht Wagemutigen ein Angebot: „Nehmen Sie den Platz von Oliver Kahn ein“, heißt es auf der Homepage des Autoherstellers. Nein, nicht an der Seite von Simone Kahn. Auch nicht im Tor der Bayern. Aber immerhin hinterm Steuer von Kahns Wagen. Wie das? Audi ist seit zwei Jahren „Partner“ des FC Bayern München. Und genießt damit das partnerschaftliche Privileg, den Fußball-Millionären Dienstwagen stellen zu dürfen. Beckenbauer ist „kaiserlich unterwegs“ (O-Ton Audi) im A8 Zwölfzylinder, Ballack und Kahn reisen im „450-PS-Traumauto“ (O-Ton Kahn) RS 6 Avant. Allerdings kommen auch die schönsten Autos in die Jahre – der Kahn-Audi hat schon fast ein halbes Jahr auf den Felgen. Höchste Zeit für einen Neuwagen. Das alte Gefährt verkauft der Hersteller nun als Gebrauchten: für schlappe 80174,37 Euro. Ein Supergeschäft für alle Beteiligten. Titan und Kaiser freuen sich über die stets neuesten Autos, die Gebrauchtwagenkäufer über einen 20prozentigen Abschlag vom Neupreis (und die Aussicht, das Auto in vier Jahren teuer an einen verrückten Bayern-Fan zu verkaufen). Und Audi über eine unbezahlbare Publicity. „Hallo Partner – danke schön“, hieß das früher.“

Deutsche Elf

Klinsmann ist trotz seines juvenilen Habitus kein Hänfling, sondern ein Haudegen

Thorsten Jungholt & Udo Muras (WamS 15.8.) bescheinigen dem neuen Bundestrainer Konsequenz: „Nicht nur in der Torwartfrage machte Klinsmann in den ersten 18 Tagen seiner Amtszeit deutlich, dass sein sorgsam gepflegtes Image als „everybodys darling“ nichts als schöner Schein ist. Der 40-Jährige vermag seine Interessen intern knallhart durchzusetzen. Die altgedienten Mitarbeiter des DFB merkten schnell: Klinsmann ist trotz seines juvenilen Habitus – die Schnürsenkel seiner Sneakers trägt er gern offen, sein Hemd über der Hose – kein Hänfling, sondern ein Haudegen. Sechs Jahre lebte der gebürtige Göppinger in Kalifornien, dort lernte er die Geschäftsmänner Mick Hoban und Warren Mersereau kennen, gerissene Manager, die führende Positionen bei Weltkonzernen wie Adidas, Nike und Umbro innehatten. Klinsmann stieg in ihre Firma Soccer Solutions ein und schaute sich ab, wie man ein Unternehmen führt. Diese Erkenntnisse wendet er nun auf den DFB an. Zunächst besetzte er Schlüsselpositionen mit Vertrauten: So wurde Teammanager Bernd Pfaff nach 46 Jahren im Verband ohne nähere Erläuterungen entsorgt und durch Klinsmanns Spezis Flavio Battisti sowie Oliver Bierhoff ersetzt. Altgediente DFB-Funktionäre verfolgen Klinsmanns Wirken skeptisch, Generalsekretär Horst R. Schmidt ließ bereits Unverständnis durchklingen: „Ich habe 30 Jahre mit Bernd Pfaff in Freundschaft und Fairness zusammengearbeitet.“ Und Pfaff ist nicht das einzige Klinsmann-Opfer. U-21-Trainer Uli Stielike wurde zum Übungsleiter für die jüngeren Jahrgänge degradiert, Klinsmanns ehemaliger Mitspieler in der Nationalelf, Dieter Eilts, zum Nachfolger befördert. Der ehemalige Völler-Assistent Michael Skibbe wurde aussortiert. Auch Franz Beckenbauers Wunschkandidat für den Co-Trainer Posten, Holger Osieck, verhinderte Klinsmann, dem DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder offenbar uneingeschränkte Machtfülle einräumte. „Wir basteln an einem Stab, in dem wir uns wohl fühlen“, begründete Klinsmann seine Personalrochade, die den Eindruck erweckt, dass weniger die Qualifikation der neuen Mitarbeiter im Vordergrund steht, als vielmehr der Grad ihrer Treue zum neuen Boss. Loyalität wird auch von den Nationalspielern erwartet. Unter der Woche telefonierte Klinsmann mit den nicht für das Österreich-Spiel berücksichtigten Routiniers Dietmar Hamann und Fredi Bobic. Der Bundestrainer teilte ihnen mit, dass ihre Leistungen bei der Europameisterschaft in Portugal zu schwach waren. Dennoch seien sie keineswegs abgeschrieben, durch gute Auftritte bei ihren Vereinen könnten sie sich wieder in den Kader spielen – unter einer Voraussetzung: Beleidigte Äußerungen in der Öffentlichkeit oder gar Rücktrittsdrohungen sollten sie sich verkneifen.“

Deutsche Elf

Deutsche Elf

Deutsche Elf

Deutsche Elf

Samstag, 14. August 2004

Internationaler Fußball

Die Kometen am Fußballhimmel verglühen heute schneller, weil die Reibungsfläche größer ist

Zinedine Zidane wird nicht mehr für Frankreich spielen, „das algerische Einwandererkind aus Marseille vernetzte zehn Jahre lang das Spiel der Franzosen“ (FAZ) / „Zidane tut Gutes und redet kaum darüber“ (SZ)

Hans-Joachim Leyenberg (FAZ 14.8.) trägt Zinedine Zidane in das Geschichtsbuch ein: „In den Textarchiven ist Zidanes alphabetischer Platz gleich neben Zico, auch einem Zauberer am Ball. Aber der Brasilianer war ein Individualist, verglichen mit dem Teamspieler Zidane. Bixente Lizarazu schwärmt: „Unter allen, denen ich begegnet bin, hat er mich am besten aussehen lassen. Welch ein Mannschaftsspieler! Ich danke ihm für all seine Pässe, durch die meine Läufe produktiv geworden sind.“ Das algerische Einwandererkind aus Marseille vernetzte zehn Jahre lang das Spiel der Franzosen. Jean Varraud, Zidanes Entdecker, hatte, als er Zidane erstmals auf dem Platz sah, den Eindruck, daß dessen „Füße mit dem Ball sprachen“. Seine Anwesenheit allein löse schon viele Probleme, empfand Aimé Jacquet, als dieser noch auf der Trainerbank der Franzosen saß. „Das Spiel beruhigt sich, wenn er in der Nähe ist. Alle fühlen sich sicher, freier, fähiger.“ Aber auch Zidane ist in die Jahre gekommen, und mit der Zeit ist ihm mit der Frische auch einiges von seiner Magie verlorengegangen. Zuletzt hat er seiner Mannschaft bei der Europameisterschaft gegen England ein verloren geglaubtes Spiel gerettet, dem Turnier mit seinen Toren einen Augenblick für die Ewigkeit geschenkt. Aber nicht erst bei dieser EM sah Zidane sehr müde aus und unter der Bräune bleich. Er lächelte auch dann noch, wenn ihm nicht danach war. Er lächelte meist dann, wenn er unsicher war. Das Gros der Kommentare wird Verständnis für Zidanes Entscheidung signalisieren. Die Kometen am Fußballhimmel verglühen heute schneller, weil die Reibungsfläche größer ist als in der Epoche der Zicos und Pelés. Die Gagen sind höher, aber auch die Gegenleistungen der Stars.“

Symbol für ein offenes Frankreich, in dem alle ihren Platz haben

Hagiograph Gerd Kröncke (SZ 14.8.) fügt erbaulich hinzu: „Warum er so eine moralische Größe ist, lässt sich eher erfühlen als erklären. Andere mögen flamboyant sein, vielleicht gar sexy. Zidane ist ein Familienmensch, doch treten Frau und Kinder nie in den Vordergrund. „Dass Eltern immer zusammen bleiben, das ist das wichtigste“, hat er gesagt. Trotz, vielleicht wegen seiner Simplizität ist Zidane ein reicher Mann. Ein Joghurt-Konzern hat gerade seinen Kontrakt um elf Jahre verlängert. Weit über seine Karriere hinaus, die er bei Real Madrid fortsetzt. Man sprach von einer Million Euro im Jahr. Zidane tut Gutes und redet kaum darüber. Wenn er einen kleinen, offenbar kranken Jungen glücklich macht, ihn an der Hand ins Stadion führt, dann dient das seiner guten Sache. Zidane unterstützt mit seinem guten Namen den Kampf gegen die Krankheit namens Leukodystrophie. Ohne ihn würden die Franzosen gar nicht wissen, dass es diese Krankheit überhaupt gibt. Seinen Ruhm begründete er 1998 und 2000, als die Franzosen Welt- und Europameister wurden. Nach seinen beiden Toren im WM-Finale gegen Brasilien hätten seine Landsleute ihn auch zum Präsidenten gewählt, sein Porträt mit dem Slogan „Zidane, Président“ wurde in jener Nacht auf den Triumphbogen projiziert. Und es folgte eine Periode, da die Franzosen ihren Frieden mit sich selbst fanden. Black-blanc-beur, schwarz, weiß und maghrebinisch war die Mannschaft, so wie die Gesellschaft. Ins Leere liefen, wenigstens für eine Weile, die Parolen des rechtsextremen Jean-Marie Le Pen, für den Zidane ein „in Frankreich geborener Algerier“ blieb. Inzwischen wird das Zusammenleben der Franzosen wieder überschattet von Konflikten, das Land ist nicht frei von Rassismus. Doch bleibt Zidane „Symbol für ein offenes Frankreich, in dem alle ihren Platz haben“, wie die Kommunistin Marie-George Buffet, die vormalige Sportministerin, seinen Abschied kommentierte. Auf der Rechten artikulierte Finanzminister Nicolas Sarkozy seine „grande tristesse“.“

Ball und Buchstabe

Als TV-Platzwart des deutschen Fußballs

Kritik an Waldemar Hartmann lässt Jörn Lauterbach (Welt/Medien 12.8.) Kollegen formulieren: „An der Figur Hartmann spiegeln sich die Widersprüche des modernen Fernseh-Sportjournalismus am deutlichsten wider. Besonders mit seinen Einsätzen als Nationalmannschafts-Reporter, bei denen er in oder direkt bei den Hotels der Kickerelite stationiert war, hat er sich seinen Spitznamen Duz-Waldi erworben – doch das ist nur das äußere Zeichen eines sehr viel tiefer liegenden Missverständnisses. Mit seiner Kumpelhaftigkeit versucht er, mehrere Ansprüche gleichzeitig zu befriedigen: Er will den aus Gebührengeldern teuer bezahlten Senderechten an Sportveranstaltungen zumindest nicht schaden, gleichzeitig versucht er, es sich mit Kundschaft 1, den befragten Sportlern, keinesfalls zu verderben, und Kundschaft 2, den Zuschauern, ein halbwegs unterhaltsam-informatives Angebot zu machen. Nicht selten verheddert er sich in diesem Gewirr der Ansprüche. Kein anderer Sportreporter hat seine Zwischenstellung dabei so häufig selbst thematisiert wie Hartmann selbst: „Das musst Du verstehen, ich muss hier als Journalist ja so kritisch fragen“, sagt er dann, und sein verschwitztes Gegenüber nickt verständnisvoll, um dann eher doch nichts zu sagen. Sollte er mit seinem ersten Verweis doch nicht die erhoffte Zustimmung erhalten haben, zieht er die Waldi-Steigerungsform: „Ich mache hier nur meine Arbeit, das wirst Du bestimmt verstehen“. Natürlich. Bei den eingefleischten Fußballfans findet der Bajuware dabei durchaus fruchtbaren Nährboden: geht er mit dem Mikrofon an den Südkurven dieses Landes vorbei, erschallt sein Spitzname aus tausend Kehlen. Seine Kollegen neiden ihm diese Popularität, die sich auch in zahlreichen kleinen und größeren Werbeverträgen niederschlägt; schlimmer für sie ist aber, dass sie in seiner Art des Auftretens die dunkle Seite ihres Berufsstandes vor Augen geführt bekommen. Der Mann ohne Distanz, der sich etwa bei der Feier der Nationalmannschaft nach dem WM-Vizeweltmeistertitel auf dem Balkon des Frankfurter Römers mit einem Weißbier in der Hand feiern ließ, als hätte er mit seinen handzahmen Plaudereien selbst zum Erfolg beigetragen. Als TV-Platzwart des deutschen Fußballs sozusagen. In dieser Funktion konnte er auch seinen größten Erfolg feiern: Als Teamchef Rudi Völler ihn als gemütlichen Couch-Sitzer und Weißbier-Trinker beschimpfte, nur weil zuvor Gerhard Delling und Günter Netzer einen neuen „absoluten Tiefpunkt“ in der Länderspielgeschichte ausgelotet hatten. Hartmann tat im Grunde nichts, außer in seiner Bierruhe zu verharren – und erntete dafür viel öffentlichen Beifall, über den die Kollegen wiederum nur ihre Köpfe schütteln konnten.“

Bundesliga

Zusammenspiel zwischen Fußball und Politik

„Zusammenspiel zwischen Fußball und Politik“ (FAZ) ermöglicht Mainzer Erfolg – Nürnbergs außergewöhnliches Scouting-System (FAZ)

Zusammenspiel zwischen Fußball und Politik

Wer und was stehen hinter dem Mainzer Erfolg, Michael Ashelm (FAZ 14.8.)? „Im Mainzer Glücksmoment der Heimpremiere zeigt sich das perfekte Zusammenspiel zwischen Fußball und Politik. Eine Schlüsselrolle fällt dem Landesvater höchstpersönlich zu. Seit Kurt Beck vor bald zehn Jahren Ministerpräsident wurde, gilt Fußball als Politikum. Nicht formuliert in irgendwelchen Regierungserklärungen, aber jeder im Lande weiß, worauf er sich bei dem wichtigen Fußballfreund aus der Mainzer Staatskanzlei, den es schon als Junge auf den Betzenberg zum FCK zog, verlassen kann. „Ohne Beck gäbe es uns nicht“, bemerkte einmal der Mainzer Klubpräsident Harald Strutz in freundlicher Verbundenheit. Mit einer Landesbürgschaft hatte der Ministerpräsident den Umbau des maroden Stadions ermöglicht, eine zweite Bankbürgschaft sicherte die Mainzer Aufstiegssaison in Liga zwei. Und im Frühjahr erhöhte das Land seinen Landeshauptstadtzuschuß um 1,4 Millionen Euro, damit der Klub die anschwellenden Restkosten des Stadionprojektes überhaupt begleichen konnte. „Ich sehe Fußball mehr unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten“, sagt Beck, nebenbei übrigens Vorsitzender der Fritz-Walter-Stiftung. „Das ist gut angelegtes Geld, und wir helfen nicht mehr als bei anderen mittelständischen Unternehmen. Wenn linksbeiniges Sackhüpfen in Koblenz den gleichen Stellenwert wie Fußball beim FCK oder in Mainz hätte, dann würden wir dort in gleicher Höhe investieren.“ Spitzensport als Wirtschaftsfaktor, der für Ansehen, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen sorgt. Man müsse sich immer wieder in Erinnerung rufen, was alles mit einem Fußballspiel zusammenhänge, betont der sportbegeisterte Ministerpräsident: Busunternehmen, Gastronomie, Taxifahrer, Metzgereien. Doch die Verteilung finanzieller Mittel bringt ihm nicht nur Begeisterungsstürme der Fußballbasis ein. Es gibt genug Kritik im Lande, daß überhaupt Steuergeld-Millionen für private Fußball-Unternehmen ausgegeben werden.“

Ein SWR-Dossier über den FSV Mainz

Bring mir einen Mittelfeldspieler und einen Stürmer mit

Ein außergewöhnliches Scouting-System hat der 1. FC Nürnberg – Armin Grasmuck (FAZ 14.8.): „Die zentralen Figuren im Nürnberger Offensivkonzept werden vermutlich wieder die beiden slowakischen Nationalspieler Marek Mintal (26 Jahre) und Robert Vittek (22 Jahre) sein. Das durchschlagskräftige Duo garantierte schon in der abgelaufenen Zweitliga-Saison dauerhaft attraktiven Angriffsfußball auf höchstem Niveau. (…) Die Erfolgsgeschichte der beiden Slowaken wirkt um so erstaunlicher, wenn man bedenkt, auf welch kuriosem Wege der „Club“ auf sie aufmerksam wurde. Genaugenommen sind sie die „Mitbringsel“ eines Autohändlers. Peter Hammer, der in Röthenbach an der Pegnitz einen Betrieb mit Werkstatt leitet, beliefert die „Club“-Profis seit einigen Jahren mit Dienstfahrzeugen. In der Sommerpause des vergangenen Jahres war er in der Slowakei unterwegs, als ihn ein Anruf des Nürnberger Cheftrainers erreichte. „Herr Wolf wollte, daß ich ihm einen Wagen besorge für sein Haus am Lago Maggiore“, sagt Hammer. Mitten im Geschäftstelefonat habe er den Fußball-Lehrer Wolf völlig unvermittelt gefragt, ob er für die anstehende Zweitliga-Saison noch Spieler benötige, in der Slowakei gäbe es einige vielversprechende Talente. „Bring mir einen Mittelfeldspieler und einen Stürmer mit“, so lautete Wolfs Antwort, der das Angebot erst einmal eher als Spaß auffaßte. Doch Hammer machte Ernst. „Zwei Tage später habe ich Herrn Wolf angerufen und ihm gesagt: Schau dir mal den Vittek und den Mintal an.“ Danach ging alles sehr schnell.“

Freitag, 13. August 2004

Allgemein

Franca im Portrait: Milde Struwwelpeterfrisur

Champions-League-Qualifikation, Franca schießt drei Tore; Roland Zorn (FAZ 13.8.) schildert die Wandlung des Brasilianers: „Das Comeback der Leverkusener zeichnet sich jedenfalls ab, auch weil der zunächst verständnislos angestarrte Franca längst in Deutschland Fuß gefaßt hat. Schon in der vorigen Spielzeit kam der sensible Angreifer mit der milden Variante einer Struwwelpeterfrisur erheblich besser in der Bundesliga zum Zuge als zu Beginn seiner nun zwei Jahre in Deutschland. 14 Treffer und 13 Torvorlagen, das war schon eine beachtliche Quote, doch im Blickpunkt des Leverkusener Wirbelsturms stand allemal Dimitar Berbatow, der mit 16 Toren ähnlich eindrucksvoll das Vorurteil vom „Chancentod“ widerlegte. Sagten dem Bulgaren selbst seine schärfsten Kritiker zumindest noch das Talent zu mehr nach, wurde Franca, der aus dem brasilianischen Urwald stammt, rasch zum „Fehleinkauf“ abgestempelt. Dem Mann, der mit der imposanten Empfehlung von 113 Toren aus 204 Spielen vom FC São Paulo an den Rhein gewechselt war, wurde die Ablösesumme von 8,5 Millionen Euro vorgehalten und dazu das Etikett, das ihm anhaftete: „Was“, fragten sich die an der Echtheit des Zertifikats zweifelnden Beobachter, „ist denn das für eine eingerostete, angebliche Tormaschine? „Franca aber verzweifelte nicht angesichts von Trainern, die ihm begrenzte Spielräume zuwiesen und seinen Tatendrang damit, gewollt oder ungewollt, einengten. Der allmählich in der Selecao des fünfmaligen Weltmeisters vergessene Schützenkönig von gestern kämpfte gegen das Vorurteil an, arbeitete konzentriert an sich, gewöhnte sich an das neue Land – und fand sein Glück, als Augenthaler Ende der Saison 2002/03 zum Nachfolger von Thomas Hörster berufen wurde. „Er hat mir gesagt, nimm dir den Ball und mach mit ihm, was immer du willst.“ Dank Augenthaler befreite sich der höfliche Südamerikaner von seinen Zwangsvorstellungen und fand zu einer Spielweise, die überaus effektiv Mannschaftsdienlichkeit (Franca, der Torassistent) und solistische Entschlossenheit (Franca, der Goalgetter) miteinander verband.“

Daniel Theweleit (FR 13.8.) ergänzt: „Aus Sao Paulo gekommen, um Champions League zu spielen, waren seine Auftritte Monate lang so katastrophal, dass im Umfeld nicht ohne Ernst gezweifelt wurde, ob dieser Mann überhaupt ein Fußballspieler sei. Nach einer guten Spielzeit zuletzt, beglückt der Stürmer sein Publikum jetzt serienweise mit wunderbaren Anspielen und vor allem mit herrlichen Toren. Die Ursachen für diese Wendung liegen irgendwo in den psychischen Tiefen des Fußballers und seines Klubs. Doch Rätsel bleiben meist nach überstandenen Krankheiten dieser Schwere. Folglich vergisst man in Leverkusen lieber die Vergangenheit und preist die Gegenwart.“

Interview

Ich bin in einem Staat groß geworden, in dem einem fast alles abgenommen wurde

Falko Götz über seine DDR-Vergangenheit und mehr (Tsp) – Robert Nikolic (FSV Mainz 05) über sein Bundesliga-Comeback nach mehr als 13 Jahren (SpOn)
Der Tagesspiegel (13.8.) fragt Falko Götz nach seiner Flucht aus der DDR und anderem

Tsp: Sie führen als einziger Bundesligatrainer seit Jahren eine eigene Homepage. Warum?
FG: Damit Sie Dinge über mich erfahren.
Tsp: Sie haben eine Rubrik, die lautet: Wie ich es sehe. Fühlen Sie sich in der Öffentlichkeit falsch dargestellt?
FG: Mir ist einfach wichtig, dass ich meine Meinung sagen kann, unabhängig davon, was um mich herum passiert und geschrieben wird. Die Medien haben eine Meinung, der Zuschauer hat eine Meinung, wieso soll ich keine haben? Ich bin nicht bereit, mir alles gefallen zu lassen. Selbst bei den öffentlich-rechtlichen Sendern ist man nicht mehr sicher. In einer Sendung musste ich mich ständig zu irgendwelchen Boulevardthemen äußern, die nichts mit meiner Arbeit als Fußballtrainer zu tun hatten.
Tsp: Wie ist denn der Zugriff auf Ihre Seite?
FG: Sehr hoch. Der Höhepunkt war in der Woche erreicht, als rauskam, dass meine Frau und ich uns getrennt hatten.
Tsp: Also nicht die Entlassung in München, sondern …
FG:… richtig, die Sache mit meiner Frau. Als ich merkte, dass in meinem Privatleben rumgestöbert wurde, wollte ich das Heft des Handelns in der Hand behalten und habe die Trennung dann lieber selbst verkündet, danach aber jeglichen Kommentar dazu unterlassen.
Tsp: Was haben Sie an innerer Einstellung von Ihrer Herkunft mitgenommen?
FG: Ich bin in einem Staat groß geworden, in dem einem fast alles abgenommen wurde. Aber ich bin immer ein Mensch gewesen, der seine Geschicke selbst in die Hand nehmen wollte. Ich habe in der DDR eine hervorragende Ausbildung als Fußballer genossen, nicht nur die sportliche, sondern auch die charakterliche Ausbildung betreffend. Ich habe eine tolle Familie gehabt, die mich immer unterstützt hat. Ich habe das Glück gehabt, auf meinem Lebensweg tolle Freunde kennen gelernt zu haben. Und ich habe eine Frau, die meinen ganzen Weg mitgegangen ist, die selber mal eine Karrierefrau war, die zurückgesteckt hat und mit der ich dann auch die größte Krise meines Lebens bewältigt habe. Es gibt mir ein sehr gutes Gefühl, dass ich die Beziehung mit meiner Frau wieder in den Griff bekommen habe.
Tsp: Sie haben eine sehr bewegte Vergangenheit. Sie sind 1983 aus der DDR geflüchtet und konnten das noch nicht einmal jedem aus Ihrer Familie und Ihrem engsten Freundeskreis mitteilen. Hat Sie das so kontrolliert werden lassen?
FG: Eine gewisse Disziplin und Verantwortung besonders meiner Familie, meinen Verwandten, aber auch Freunden gegenüber, hat das schon verlangt. Sonst hätte das mit der Flucht nicht so reibungslos geklappt. Was ich erlebt habe, gibt mir aber auch eine bestimmte Stärke. Ich habe mich damals auf einen Weg gemacht, der nicht zu überschauen war. Trotzdem ist es ein erfolgreicher Weg geworden. Was soll mir noch passieren?
Tsp: Haben Sie Ihre Stasi-Akte eingesehen?
FG: Ja. Ich bin da hingegangen und war ganz unbeschwert. Ich wusste ja ungefähr, was auf mich zukommt. Mich hat dann auch nichts erschüttert, ich habe auch keine engen Freunde durch neue Erkenntnisse verloren. Was mich erschüttert hat, war allein das Ausmaß der gesamten Überwachung.
Tsp: Hat sich Ihnen je ein ehemaliger Spitzel offenbart?
FG: Nein. Es hat sich niemand bei mir entschuldigt. Ich hätte so eine Entschuldigung auch nicht angenommen. Tut mir Leid, das kann ich nicht.

Die Jüngeren wurden unterdrückt
Interview auf Spiegel Online mit Robert Nikolic, FSV Mainz 05 und vor mehr als einem Jahrzehnt Profi bei Borussia Dortmund, über den Wandel der Bundesliga

SpOn: Herr Nikolic, holen sich Ihre Mitspieler Tipps bei Ihnen ab? Sie sind ja einer der wenigen im Mainzer Kader mit Bundesliga-Erfahrung.
RN: Kaum. Das ist heutzutage nicht mehr so, wie es früher war. Damals hatte man als junger Spieler in der Kabine und auf dem Platz nicht allzu viel zu sagen und hat sich fast nur an den Älteren orientiert. Das war schon fast unmenschlich. Die Jüngeren wurden unterdrückt. Die durften die Klappe überhaupt nicht aufmachen. Das ist jetzt, zumindest in Mainz, ganz anders. Hier dürfen sich die jungen Spieler frei benehmen.
SpOn: An wem haben Sie sich damals in Dortmund orientiert?
RN: Auf dem Platz habe ich geguckt, wer wo was gut macht, und versucht, das selbst umzusetzen. Thomas Helmer zum Beispiel hatte ein geiles Stellungsspiel, Michael Zorc war eine Kampfsau. In der Kabine habe ich nur versucht, ruhig zu sein und abzuwarten.
SpOn: Wer waren beim BVB die Platzhirsche?
RN: Helmer auf jeden Fall, Zorc auch. Michael Rummenigge hat es immer versucht und war schon auch eine Größe. Frank Mill gehörte ebenfalls zu denen, die immer gespielt haben.
SpOn: Sie mussten lange warten, ehe Sie wieder in der Bundesliga auflaufen durften. Wie hat Ihnen Ihr Comeback am vergangenen Sonntag in Stuttgart gefallen?
RN: Wenn ich das Ergebnis einfach mal vergesse, muss ich sagen: Es war ein geniales Erlebnis. Die Stimmung, die Kulisse. Früher war in den Stadien nur in Ausnahmen soviel los.
SpOn: Was hat sich im Vergleich zu 1991 in der Bundesliga noch verändert?
RN: Das Spiel ist schneller und aggressiver geworden. Die Laufbereitschaft eines jeden muss jetzt unheimlich groß sein. Als Vorstopper bin ich früher bis zur Mittellinie gelaufen und nicht weiter. Das geht heute gar nicht. Jeder muss sich in den Angriff einschalten.

Internationaler Fußball

Wie wird sich José Mourinho schlagen?

Die Premier League startet am Wochenende / wie wird sich José Mourinho schlagen? – Zinedine Zidane wird kein Länderspiel mehr bestreiten

Spitzentrainer müssen wie Politiker auch gute Schauspieler sein

Die Premier League beginnt am Wochenende: Zeit für Geschichten und leidenschaftlichen Fußball, Raphael Honigstein (FR 13.8.): „Gut 300 Millionen Euro steckte Öl-Tycoon Roman Abramowitsch in den 14 Monaten seit seiner Übernahme des Vereins in neue Spieler. Die Investitionssucht trug zwar bislang keine Titelfrüchte, eines aber hat sie erreicht: In den Nebendisziplinen Glamour und Strahlkraft ist das Ensemble der Konkurrenz uneinholbar enteilt. There is no other show in town – die Spielzeit 2004/05 gehört, unabhängig von ihrem Ausgang, den Blauen. Dafür bürgt neben dem 34 Millionen Euro teuren Stürmer Didier Drogba (Olympique Marseille) vor allem der neue Trainer José Mourinho. Der Portugiese mit dem eindrucksvollen Lebenslauf – vom Dolmetscher zum Uefa-Cup- und Champions-League-Gewinner mit dem FC Porto brauchte er nur zehn Jahre – tritt seinen neuen Job mit Stoppelbart und einem Maß an Selbstgewissheit an, das in der höflichen Insel-Kultur unerhört ist. Mourinhos knallharte Sätze driften bisweilen in kalte Arroganz ab, allerdings wirkt die Kraftrhetorik sehr aufgesetzt. Der 41-Jährige kultiviert seine Unnahbarkeit wohl auch deswegen, weil er als Spieler nie selbst ganz oben hat mitmachen dürfen. Spitzentrainer müssen wie Politiker auch gute Schauspieler sein. Bisher spielt Mourinho die Rolle des charmanten Bösewichts überzeugend. Im Juni hat er die Rivalen gewarnt, es nicht mit psychologischen Tricks gegen ihn zu versuchen, denn: „Sie würden den Kürzeren ziehen“. Als vor Wochen ausgerechnet der von den Londoner Spielerkäufen beunruhigte Manchester-United-Trainer Alex Ferguson warnte, dass der Titel nicht zu kaufen sei, pflichtete ihm Mourinho clever bei: „Das stimmt, das hat man ja gesehen, als Porto das reiche United in der Champions League besiegt hat“. Mourinho trägt seit seiner Ankunft an der Themse demonstrativ Trainingsanzüge, um zu signalisieren, dass der erste Titelgewinn seit 50 Jahren nur mit viel Arbeit zu erreichen ist.“

Martin Pütter (NZZ 13.8.) kramt in seinem Fußball-Gedächtnis: „Brian Clough scheint endlich einen charismatischen Nachfolger in der englischen Fussballszene gefunden zu haben. Die englischen Medien oder genauer: die wie überall auf Fussball spezialisierte Regenbogenpresse ist der Ansicht, dass Chelseas Neuerwerbung José Mourinho zu ähnlichem, oft auch als Arroganz ausgelegten Sarkasmus neigt wie das „Grossmaul“ Clough, dessen grösste Erfolge der zweimalige Gewinn des Europacups der Landesmeister mit Nottingham Forest (1979/80) gewesen war. Der Portugiese, vom Chelsea-Eigentümer Roman Abramowitsch als Nachfolger für Claudio Ranieri engagiert, setzte sich gleich in Szene, indem er die in der letzten Saison begonnene Fehde mit Alex Ferguson fortsetzte, dem Amtskollegen bei Manchester United. (…) Abgesehen von Chelsea, Arsenal und Manchester United wird keinem anderen Klub eine Chance eingeräumt, am 14. Mai 2005 die Meisterkrone zu empfangen. Um Platz vier werden wohl Newcastle United und der FC Liverpool ringen, vielleicht mit dem Ligacup-Sieger Middlesbrough sowie Birmingham City als Mitstreitern. Die übrigen Premiership-Vereine werden versuchen, so früh wie möglich den Ligaerhalt zu sichern – was, wie allgemein erwartet, den drei Aufsteigern Norwich City, West Bromwich Albion und Crystal Palace am schwersten fallen wird.“

Ende der erfolgreichsten Fußballgeneration Frankreichs

Christian Tretbar (Tsp 13.8.) bedauert den Abschied Zinedine Zidanes aus der Nationalmannschaft: “Es war am 17. August 1994 in Bordeaux. In der 63. Minute im Freundschaftsspiel zwischen Frankreich und der Tschechischen Republik wechselte Aimé Jacquet einen neuen französischen Hoffnungsträger ein: Zinedine Zidane. Und der damals 22-Jährige bewies sofort, dass er einmal ein großer Spieler werden würde. Er erzielte beide Tore für Frankreichs Nationalmannschaft zum 2:2-Endstand. Es folgten 24 weitere Tore in 92 weiteren Einsätzen, ein WM- und ein EM-Titel. Zinedine Zidane hat alles gehalten, was er in jener Augustnacht in Bordeaux versprochen hatte. Gestern, fast genau zehn Jahre später, ist diese Ära zu Ende gegangen. „Ich werde meine Karriere in der französischen Nationalmannschaft beenden“, erklärte Zidane. Diese Entscheidung habe er sich reiflich überlegt, sie habe auch nichts mit Frankreichs enttäuschendem Abschneiden bei der EM in diesem Jahr zu tun. „Es gibt einfach einen Moment, in dem man Stopp sagen muss“, schrieb Zidane. Und dieser Moment sei jetzt gekommen. Auch weil nahezu alle seine Freunde wie Lizarazu, Desailly und Thuram, mit denen er vor sechs Jahren Weltmeister geworden ist, vor einigen Wochen schon ihren Abschied bekannt gegeben haben. Zidane: „Großartige Fußballer sind gegangen, nun bin ich dran.“ Einzig Torwart Barthez denkt noch ans Weitermachen. Trotzdem ist es das Ende der erfolgreichsten Fußballgeneration Frankreichs.“

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